20.11.23

Trotz

Ja, Trotz ist das Wort, das mir als erstes einfällt, wenn ich der gerade zurückgetretenen Ratsvorsitzenden der EKD zuhöre. Sie sei mit sich im Reinen, sie habe im Grunde keine Fehler gemacht, ominöse, anonyme Feind*innen schürten, so legt ihre Formulierung nahe, einen Konflikt zwischen Opfern und ihr als Amtsträgerin. Um es klar zu sagen (und ohne dass ich inhaltlich weiß, was Frau Kurschus konkret vorgeworfen wird, was ihre Rolle dabei war, dass Missbrauch in ihrer direkten Umgebung möglich war, und so weiter) – die Art ihrer Rücktrittserklärung und ihre, ja, trotzige Verletztheit lassen mich zu dem Schluss kommen, dass es gut ist, dass sie zurück getreten ist. 

Zumal mich ihre Erklärung und ihr Tonfall erschreckend an den Rücktritt meiner Bischöfin Jepsen damals, im Juli 2010, erinnern. Aber der Reihe nach.

12.11.23

Nie wieder ist jetzt

Rund 150 Menschen auf dem Marktplatz, eine Kerze im Vordergrund

Nach nicht mal einer Woche, in der wir die Idee hatten und dann die Umsetzung planten, fand also am 9. November die Mahnwache statt. Es kamen dann rund 150 Menschen in Eutin auf dem Marktplatz zusammen, um eine überwiegend schweigende Mahnwache gegen Antisemitismus und für Solidarität mit jüdischem Leben hier und in Israel zu halten. Ich war, ehrlich gesagt, überwältigt. Vor allem, weil ich vorher, als ich die Initiative ergriffen hatte, gar nicht einschätzen konnte, wie die Resonanz wäre. 150 in einer so kleinen Stadt wie Eutin mit einer Einladung, die gerade einmal drei Tage vorher losging und fast nur über Medien passierte, finde ich wirklich toll. 

6.11.23

Man müsste mal

Müsste wirklich mal. 

Müsste mal was tun. 

Ist irgendwie wichtig.  

So ging es mir mal wieder, wie wahrscheinlich vielen anderen auch. Gute Ideen, der kurze Impuls, etwas zu tun. Flagge zu zeigen, die über einen empörten Post irgendwo online hinausgeht. In den allermeisten Fällen bleibt es, zumindest bei mir, bei diesem kurzen Impuls. Aber letzte Woche war das anders. Und so habe ich am Freitag zum ersten Mal selbst eine Versammlung beim Ordnungsamt angezeigt. Für kommenden Donnerstag, den 9. November.

24.10.23

Worte und Wörter

Normalerweise schreibe ich ja nicht so viel über meine Arbeit, weil andere den Ruhm dafür einheimsen sollen, das ist mein Konzept. Über einen Aspekt habe ich aber in der letzten Zeit mit vielen Menschen gesprochen – und gemerkt, dass sie interessiert nachfragten. Darum erläutere ich es einmal etwas. Dabei geht es um das Erfinden von Worten, manchmal auch (nur) Wörtern.

11.10.23

Ich frag ja nur

Mich macht es wirklich fertig, wenn ich die Berichte von Menschen in Israel lese oder von ihnen höre. Wie wirklich alle, zu denen ich Kontakt habe, jemanden verloren haben oder jemanden kennen, die jemanden verloren haben. Und schon "verloren" ist so falsch. Denn das klingt so passiv, niemand ist ja wirklich schuld, wenn ich etwas verliere. Mir ist Sprache wichtig, mir sind Worte und ihre Wirkung wichtig. Darum einige Fragen und Anmerkungen. Und im Übrigen ein Verweise darauf, dass ich dazu schon häufiger was geschrieben habe die letzten vielen Jahre.

9.10.23

Verzweifelter Mut

Das letzte Mal, habe ich den Eindruck, ging es mir so, als ich noch ein Jugendlicher war, vor 35 Jahren oder 40. Diese merkwürdige nagende Gleichzeitigkeit von freudiger, die Zukunft liebender Erregung und gleichzeitiger tiefer Verzweiflung angesichts der Welt und der Menschen um mich herum. 

Damals waren es auf der Habenseite eher so Sachen wie Verliebtsein oder Musik oder Lesen. Und auf der Sollseite die entstehende Festung Europa, die Ignoranz der Erwachsenen für Frieden und Umwelt, die immer dreisteren Nazis. Als mir das bewusst wurde, machte mich das in der letzten Woche sehr, sehr traurig. Weil es sich so anfühlte, als wären wir wieder an der gleichen Stelle. Nur irgendwie krasser. 

12.9.23

Niederlage

Einer der grauenvollsten Tage war der, den ich in Lidice verbrachte. Ich habe sehr geweint. Noch nie vorher war mir das Grauen des faschistischen Vernichtungskrieges so nah. 

Peter Stehlik 2009.05.12 Lidice 002aa

6.9.23

Das ist purer Rassismus

Mein Landkreis ist gerade sehr unrühmlich in den Schlagzeilen. Und nun kommt noch ein Landrat dazu, der sich rassistisch äußert. Dazu gleich. Erstmal ganz grob, worum es geht: Kinder sind letztes Jahr Augenzeug*innen eines extrem brutalen Femizids geworden, als ein schon vorher als gewalttätig aufgefallener Mann seine Frau so stark vor den Kindern im Laden der Familie verprügelte, dass sie an den inneren Verletzungen starb. Die Kinder sind in Pflegefamilien und versuchen, mit denen gemeinsam zurück in das Leben zu finden. Sie haben hier und anderswo in Deutschland keine weiteren Verwandten. Jetzt sollen sie in das Land abgeschoben werden, aus dem ihre Eltern ursprünglich eingewandert sind nach Deutschland. Das älteste Kind hat dort bis zum Tod der Großmutter, bei der es aufwuchs, gelebt, die anderen sind hier geboren, wenn ich das richtig verstanden habe.

5.9.23

Kreuzberg

Eine der schönsten Wanderungen, die ich mit der Liebsten gemacht hab, als wir noch wandern waren, ging auf den Kreuzberg. Wir sind in einem Vorort von Gersfeld gestartet, in dem wir in einer Pension waren, und, wenn ich mich recht erinnere, erst über den Himmeldungberg und die Hohe Hölle nach Bischofsheim oder zumindest dran vorbei gelaufen und dann hoch auf den Kreuzberg. Da gab es gutes Bier und gutes Kraut und einen steilen Kreuzweg zum Gipfelkreuz, kurz vor dem Kloster mit seiner Schänke. Und dann wieder zurück, mit etwas schwereren Füßen. Insgesamt mehr als 25km, das weiß ich zumindest noch.

Seit dieser Zeit mag ich die Rhön, vor allem diesen Teil da, Lange Rhön, im Dreiländereck. So schade, dass unser großes Familientreffen dieses Jahr woanders stattfinden muss. Jedenfalls ist es mega schön da am Kreuzberg. Und auch, wenn die Einheimischen weit von sich weisen würden, dass es in Bayern liegt, gehört der Ort zumindest zum Bundesland Bayern.

29.8.23

Kostüm

Bei irgendeinem dieser Internet-Tests, welche Bridgerton-Figur ich sei, kam mal Anthony raus, was mich ziemlich getroffen hat. Fand ich mega unfair. Insbesondere, seit ich die Bücher lese (ich bin gerade bei Francesca). Insgesamt aber muss ich zugeben, dass ich sowohl die Serie als auch die Bücher erstaunlicherweise mag.

28.8.23

Dummerjunge

Was mich besonders ankotzt, excuse my French, sind die Leute, die heute oder damals radikal böses Verhalten von jungen Männern mit Dummerjungenstreich oder Sosindjungsnunmal entschuldklären. Da bin ich schon auf Elternabenden aus der Rolle gefallen, wenn das Teilen von übergriffigen Bildern in der Klassenwhatsappgruppe mehr oder weniger mit Achselzucken beantwortet wurde, sowohl von der Lehrerin als auch von den Eltern der Jungs, anstatt es zur Anzeige zu bringen, um einmal sehr klar zu machen, dass es eben kein Streich ist. Streiche sind nämlich wunderbar.

Antifa tidyman
Und als jemand, der ebenfalls in den späten 80ern in der Oberstufe war, wird es mir so gehen wie allen, die in den späten 80ern in der Oberstufe waren und die politisch nicht völlig verblödet sind. In jeder Klasse oder zumindest in jeder Stufe gab es diese ein oder zwei, die nicht nur wie viele andere hin und wieder miese "Witze" machten und das Kriterium Dummerjunge erfüllten, sondern eben Nazis waren. Die meisten von uns wussten, wer das ist, denke ich. Denn in den 80ern in Westdeutschland, auch in Bayern, ich war da über die politische Antifa-Arbeit halbwegs vernetzt hin, gehörte ein Bodensatz in dieser Größenordnung in die Normalverteilung damals. In der Schule haben sie sich auch nicht immer versteckt. Und sie hatten eine Meinung. 

24.8.23

Sommernebel

Was ich am Spätsommer besonders schön finde, ist der frühe Morgen. Wenn es noch früh genug hell ist, aber die Wechsel schon so intensiv, dass der Nebel aufsteigt und sich noch ein bisschen hält, bis die Sonne und die Temperatur ihn vertreiben. Ich gehe gerne durch den Nebel. 

Und mag dieses Gefühl von Watte, vor allem, wenn ich weiß, dass danach ein warmer Tag kommt, etwas Wind, ganz leicht, etwas Sonne. 

22.8.23

Vom Fach

Groß geworden bin ich mit Fachinformationen, die, als ich sie kennenlernte, noch lose geheftete DIN A4 Blätter waren, die mit der Post geschickt wurden, für eine erheblichen Aufpreis auch per Fax, ich stand mal in einem Ferienjob an dem Faxgerät, über das einer verschickt wurde, bevor ich die Ausdrucke dann eintütete. Preis Punkt: mehrere tausend Mark im Jahr, dafür exklusive Infos, Klatsch, Meinung - und ein erheblicher Wettbewerbsvorteil, beispielsweise in einer Branche wie Rüstungsgüter. Fuchsbriefe, Täglicher Hafenbericht, Platowbriefe, Text Intern. Um nur einige zu nennen. 

Später, Mitte der 90er, hab ich selbst auch mal so ein Produkt für einen Verlag entwickelt, jede Woche sechs Seiten, davon ein langes Interview und eine lange Analyse, zu einem neuen Spezialthema und mit eine Zielgruppe von vielleicht maximal 400 Personen deutschlandweit. Flog allerdings nicht, das modische Thema war auch schnell aus der Mode.

19.8.23

Meditation

Ein ganzer Tag auf dem Trecker. 

Meine Hand am Lenkrad des Treckers, Blick in die Ferne über die Hügel.
Das überständige Gras und die Diesteln und Kräuter müssen runter, damit die Weide für die nächste Runde wieder aufwachsen kann. Und der Schnitt ist auch guter und wichtiger Dünger. Heißt aber: stundenlang mulchen mit unserem kleinen Trecker, dieses Mal den Hügel, nachdem die Jungs auf die nächste Weide geschickt wurden. 

Oft nutze ich das für Podcasts, viele Folgen „Alles gesagt“ habe ich auf dem Trecker gehört. Heute einmal ohne etwas auf den Ohren, nur der gleichmäßige Lärm von Motor und Mähwerk. Einmal alle die Ideen, Gedanken, Geschichten, Texte, Eindrücke der letzten zwei Wochen verarbeiten und neue Verbindungen knüpfen zwischen Erfahrungen und Überlegungen. 

Meine Form der Meditation. 

Aber jetzt den Grill anheizen. 

Blick aus dem Trecker auf die Weiden


18.8.23

Tankstelle

Darüber, wieso Ladesäulen und ihre Präsentation so sind, wie sie sind, habe ich noch nie nachgedacht. Ok, ich habe mich häufiger darüber gewundert, dass ich mein Auto verkehrsregelwidrig gegen die Fahrtrichtung parken muss, um an einem der beiden Anschlüsse einer typischen Ladesäule in der Stadt zu laden, aber das ist dann halt so. Hat dafür schon mal jemand einen Strafzettel bekommen? Würde mich interessieren.

Schnelllade-Anordnungen sind dann ganz überwiegend so, dass ich rückwärts (oder bei einigen Autos, wenn da der Anschluss ist, vorwärts) ranfahren muss. Das ist gelernt. Heißt aber, dass ich mit Anhänger nicht laden kann – wobei sowohl Tesla als auch Ionity offenbar die ersten Ladesäulen für Autos mit Anhänger bauen, ich habe von beiden schon welche gesehen. Nun hab ich, wenn ich Pferde dabei hab, auch früher schon das Tanken vermieden, wenn es ging, aber lange Strecken mit dem Volvo und den Pferden werde ich wohl nicht machen können. Erstmal. Dachte ich.

17.8.23

Umstieg

Ich steige von Tesla auf einen Volvo um. Volvo und ich, das ist irgendwie wie Miele. Die hatten mich damals, als im Fachgeschäft dieser kleine Aufsteller stand mit dem Satz: "Irgendwann ist es Zeit für eine Miele" – und ich fand, dass sie Recht haben und genau jetzt diese Zeit ist.

Vier Jahre bin ich nun ein Model 3 von Tesla gefahren, in einigen Tagen geht es zurück. Und seit einer Woche steht der XC40 als vollelektrische Variante bei uns. Und damit sind wir direkt in die Gegend von Eindhoven gefahren. Noch ist alles ganz frisch, aber immerhin schon mehr als 1500km, so dass wir schon ein bisschen was beurteilen können. Und was soll ich sagen: es ist kompliziert. 

16.8.23

Adrett

Ich glaube ja, das Wort adrett ist genau für den Teil von Brabant erfunden worden, in dem wir in der letzten Woche waren. Die Niederlande fand ich ja jedes Mal, das ich bisher da war, schön, bisher war ich meistens in Amsterdam, manchmal auch in dem, was wir hier glaube ich einen Vorort nennen würden. Und in dem Teil von Brabant jetzt das zweite Mal zur Weltmeisterschaft. Da wir dieses Mal etwas weiter auf dem Land ein B&B hatten, sind wir übers Land gefahren. Und da war es überall so adrett. Auch in der Kleinstadt in der Nähe.

Lauter Vorgärten mit akkurat gestutzten Hecken und leuchtend grünem kurzem Rasen. Hortensien in rauen Mengen. Einzelnen Bäumen. Gepflegten Häusern. Nicht eines verwildert oder runtergekommen, wie anders als in unseren Dörfern, egal wo in diesem Land. Fast etwas merkwürdig, fast etwas wie im Legoland, fast etwas steril. Aber vor allem adrett.

7.8.23

Industrielärm

"Wieso ziehst du aufs Land, wenn du es ruhig haben willst?", ist die typische Antwort an Menschen, die sich im Sommer über den Lärm beschweren. Es ist eines der merkwürdigsten Vorurteile, die ich kenne, dass es auf dem Land leise sei oder ruhig. Denn die Natur hier ist ja ganz überwiegend nicht zur Erholung für die Menschen aus der Stadt da, sondern wir leben mit und von ihr.

Diese Wochenende war rund um die Uhr ein Brummen und Piepen. Wie in der Industrie. Denn wir hatten es trocken, anders als in vielen anderen Gegenden. Also musste so viel Getreide und Raps wie irgend möglich rein, bevor der Regen wieder losgeht. Und in den Scheunen laufen dann die Trocknungsanlagen, rund um die Uhr. Und dann wird gegrubbert und Mist gefahren. Und Stroh reingeholt. 

6.8.23

An der Hand

Einmal ist immer das erste Mal. Wir züchten ja seit einiger Zeit Islandpferde, haben aber bisher immer Weidebedeckung gemacht und einmal das Einsetzen von Frischsamen. Jetzt erstmals Handbedeckung. 

Weidebedeckung oder Natursprung heißt, dass ein Hengst mit einer Reihe Stuten auf eine Weide gestellt wird und sie dann deckt, wenn sie rossig, also fruchtbar und willens sind. Damit haben wir inzwischen einige gute Erfahrung, auch damit, wann die Stuten am besten auf die Weide zu ihm kommen. Letztes Jahr und dieses Jahr haben wir dafür einen Hengst ausgeliehen, der bei uns fleißig ist. 

26.7.23

Barbie

Quarta hatte einige wenige Barbies. Die Liebste hatte keine, weil sie, genau wie meine Schwester von unseren, von ihren Eltern aus pädagogischen und politischen Gründen vor ihr bewahrt wurde. Deshalb konnte sie damit nur bei ihren Freundinnen spielen. Quarta hatte genau darum dann eine, als sie sich eine wünschte. Sie hat aber auch nicht soooo viel damit gespielt. Und sie ist trotzdem eine solide Feministin geworden und selbstverständlich queer.

Und: es könnte sein, dass in diesem Text irgendwie ein bisschen der aktuelle Film gespoilert wird. Weiß ich noch nicht genau, aber damit ich es hinterher nicht vergesse, sag ich es lieber gleich. Denn am Montag haben wir den Film als so ein Vater-Tochter-Ding gesehen. Spontan, im Kino in der Kleinstadt, war voll da, gar nicht so wenige Männer drin, und wir haben sehr, sehr viel gelacht. Meistens an den gleichen Stellen. Ich kicherte etwas mehr, sie lachte etwas doller hin und wieder. Jedenfalls.

24.7.23

Südsee

Tatsächlich haben wir für den Tagesausflug in die Südsee den denkbar ungünstigsten Tag ausgesucht. Es hat gestern von morgens bis abends geregnet. Wie gut, dass wir vor allem Familie besuchen wollten, die auf Langeland Urlaub machen. Andererseits ist die dänische Südsee hier direkt nördlich von uns auf der anderen Seite der Ostsee zwar nicht so schön wie die dänische Nordsee im Westen. Aber immer noch toll, auch im Regen. 

Und so haben wir eine Fährtour gemacht. Denn der Weg über zwei Fähren von uns aus nach Langeland dauert zwar genauso lang wie der Weg über Land. Aber nur 90 min Autofahrt. Plus knapp zwei Stunden auf Schiffen. Und zwischendurch fühlt es sich direkt nach Urlaub an. So geht es mir ja immer, wenn ich irgendwo über die Grenze fahre. Vor allem mit Dänemark, vielleicht weil das von Anfang an in meinem Leben der Urlaubsort war, der immer ging.

17.7.23

Dreißig

10.957 Tage sind wir nun verheiratet. Und 10.018 Tage davon haben wir mit Kindern gelebt. Ein Drittel eines Lebens. Das wurde uns mit einem etwas komischen Gefühl in der Magengrube bewusst, als wir vor ein paar Tagen diesen Tag für uns planten. Denn dieser Tag ist schon immer unser Tag. Auch, weil ich dich so liebe.

Dieses Gefühl da unten war wohl ein doppeltes oder dreifaches. Die Freude über die vielen Jahre. Die Wehmut über die Veränderung, die irgendwie so plötzlich passiert, wenn auch nicht überraschend. Der Stolz, die vier Kinder ziehen lassen zu können. 

16.7.23

Neue Rituale

Jetzt sind alle Kinder aus dem Haus. Nach über siebenundzwanzig Jahren werden wir von Familie wieder zu einem Paar. Etwas älter als letztes Mal. Und mit der wunderbaren Aussicht, dass die vier Kinder immer wieder und gern nach Hause kommen. Aber eben auch wieder gehen. 

Und wir machen uns daran, neue Rituale für die neue Zeit zu zweit zu entwickeln. Sauna war schon eines, das auch in der Familienphase unseres alleine war. Gestern haben wir ein weiteres ausprobiert. Wir sind zusammen auf den Markt gegangen und haben in einem der Orte am Marktplatz, die es dafür gibt, gefrühstückt. Das ist insofern neu, als in den letzten Jahren immer ich sehr früh auf den Markt bin, zwischen Familienfrühstück und die Morgenschicht auf dem Hof gequetscht. 

Ich bin gespannt, was wir darüber hinaus für uns zu zweit entwickeln an neuen Ritualen. 

11.7.23

Gerecht

Ok, vielleicht hatte Gyde Jensen schlecht geschlafen, als sie heute früh um zehn vor sieben vom Deutschlandfunk interviewt wurde. Und ok, es spricht für sie, dass sie nicht zu allem was sagen will und kann (und immer wieder darauf hinwies, dass sie zwar gerade zu einem Steuerthema interviewt wird, aber dazu eigentlich nichts sagen kann und will, weil sie keine Steuerpolitikerin sei). Und ok, sie ist auch keine Sozialpolitikerin, sie ist schließlich auch in der FDP, im Interview klingt sie fast so als fände sie es absurd, sich als FDP-Fraktions-Vize mit Fragen der Gerechtigkeit auseinandersetzen zu sollen. Fair enough.

Aber ist es nicht eigentlich sehr entlarvend und ein Zeichen libertärer Politikverweigerung, wenn sie von der Familienministerin fordert, sie solle gefälligst Vorschläge für frühkindliche Bildung und für Gleichstellung machen – aber bitte keine Gerechtigkeitsdebatte lostreten, die immer hinke? Siehe letzte ca. 40sec ihres Interviews?

10.7.23

Kollateralschaden

Letzte Woche bin ich sehr wenig zum Schreiben gekommen. Arbeit vor allem. Und dann auch noch das Abi der Jüngsten. Und die Einrichtung der Wohnung, in die sie zieht, wenn sie zur Ausbildung geht. Und dann noch Abiball und 80er Party bei Freund*innen. Und das Wetter sowieso. Also ist das Tagebuch etwas ins Stocken geraten. Dabei wollte ich doch noch unbedingt über den großen politischen Aufreger der letzten Woche geschrieben haben, also die Frage, wo ich das Problem sehe bei der Diskussion rund um die Kappung des Elterngeldes für hohe Einkommen.

6.7.23

Ja, selbstverständlich

Darf man das, zitiert Gabriele Fischer heute früh einen jungen Mann, dem sie auf einer Veranstaltung begegnete. Darf ich fröhlich sein, darf ich ausgelassen feiern, angesichts des Zustands der Welt und der Situation so vieler anderer Menschen, war seine Frage, wenn ich das richtig verstanden habe. Und tatsächlich ist diese Frage ja nicht neu. Ganz und gar nicht. Am Beginn meines Studiums, rund um den Jahreswechsel 1990 und auch in den Jahren danach haben das sehr viele Menschen, die ich kannte, genau so gefragt.

NoFutureHauk

4.7.23

1923

Beim Herrn Buddenbohm hatte ich über das Buch gelesen und mir dann ebenfalls direkt das Hörbuch gekauft: Volker Ullrichs Buch über das Krisenjahr 1923.  Die Idee, ein Jahr genau hundert Jahre später noch einmal nachzuhören, finde ich mega. Seit einigen Tagen höre ich es nun bei der Hofarbeit und auf dem Trecker.

Faszinierend finde ich vor allem, wie wenig ich über dieses Jahr und die Situation weiß. Die meisten Namen sagen mir etwas, die dort handeln. Auch einige grobe Zusammenhänge. Aber das meiste ist neu und etwas anders als ich dachte. Besonders irritierend finde ich, dass mir die Rolle des Militärs in dieser mittleren Phase der Republik gar nicht klar war. Oder dass Bayern auch damals schon rechtsradikal, Sachsen aber richtig links war. Wie merkwürdig Friedrich Ebert agierte, wo Stresemann herkam. Wie genau die Unternehmer der Schwerindustrie handelten.

1.7.23

Tochter

Es ist einer dieser mega albernen kalenderspruchartigen Allgemeinplätze, dass du nicht deinen Sohn verlierst sondern eine Tochter gewinnst, wenn er heiratet. Und dennoch stimmt es. Für euch getestet. 

Wobei wir sie ja vorher schon in die Familiengruppe im Messenger aufgenommen hatten. Und es auch sonst etwas altbacken ist, so zu fühlen. Macht aber nix. Und die richtige Hochzeit kommt auch erst im Herbst. 

29.6.23

Die Wette

Es ist jedes Jahr eine Mischung aus Wette, Hoffnung und Vabanquespiel. Die Frage, wie wir das mit dem Winterfutter organisieren. Und wann. Letztes Jahr haben wir erstmals entschlossen, auf keinen Fall selbst welches von unseren Wiesen zu machen, weil es sich auch wirtschaftlich kaum lohnt, wenn überhaupt – und hatten dann so viel Gras, dass wir mähen und Heulage machen mussten, weil die Pferde nicht gegenankamen. Denn das sehr hohe Gras fressen sie schlecht, weshalb ja viele Leute ihre Pferde vor allem auf gemähten Koppeln stehen haben, vor allem allerdings solche, die ihre Pferde nicht artgerecht, also in Boxenhaltung mit Weidegang stehen haben. Islandpferde sind da etwas einfacher, die fressen auch Pappe, wenn es sein muss.

28.6.23

Der Feind

Wenn CDU-Chef Franz von Merz* die Grünen als Hauptgegner ausmacht, kann er das haben. Denn dann wissen Grüne immerhin, auf wen sie nicht werden zählen können, wenn in Sachsen oder Mecklenburg ihre Wahlkämpfer*innen zusammengeschlagen oder von Dorffesten ausgesperrt oder im Supermarkt an der Fleischtheke ignoriert werden. Wie es überall da passiert, wo die Nazis sehr präsent sind und die Menschen, die Nazis wählen, völlig indifferent zu Gewalt und Terror stehen. Wo Jungs mit langen Haaren in der Grundschule auf dem Boden getreten und von Lehrer*innen für ihre Frisur kritisiert werden, weshalb ihre Eltern sie auf evangelische Privatschulen schicken. Wo Menschen mit bunten Haaren und zerrissenen Lederjacken sich nicht unbewaffnet hintrauen.

27.6.23

Risse

Es ist irgendwie schade, dass die beste aller aktuellen Landesregierungen so Risse bekommt gerade. Ich meine natürlich unsere hier in Schläfrig-Holstein. 

Zum einen sind, ich sagte es neulich, unsere lokalen Grünen sehr klar in ihrer Haltung zu Demokratie und Menschenrechten. Zum anderen wird die CDU nach dem erstaunlich schlechten Abschneiden bei der Kommunalwahl sichtbar nervös. Die Reaktionen beider Parteien auf die groteske Episode mit dem NDR und Karin Prien waren ebenfalls von rissiger Erregtheit geprägt. 

25.6.23

Kindheitssommer

Als ich heute früh durch das trockene, noch halbwegs hohe Gras ging, rüber auf die Weiden, auf denen die Zucht- und Aufzuchtherden stehen, nervten mich einige Fliegen sehr heftig. Die um meinen Kopf schwirrten, immer wieder in Sturzflügen auf meinen schon um halb acht verschwitzten Nacken sausten, an den Ohren haarscharf vorbei. 


21.6.23

Scham

Ich wollte darüber schon lange schreiben. Vor allem, weil mir einfach nicht in den Kopf will, wie Konservative seit Jahren immer wieder den gleichen Fehler machen, also den strategischen Fehler. Konservative hier im weiteren Sinne, aber dazu gleich mehr. Jedenfalls sind die begeisterten Reaktionen und die Tontaubheit von führenden CDU-Leuten nach dem grotesken Auftritt von Claudia Pechstein auf dem CDU-Konvent, oder wie der heißt, jetzt der Anlass. Denn dass Merz ("brillant") und Co nicht mal merken, was sie da tun, wenn sie reaktionäre, alltagsrassistische Bemerkungen bejubeln, halte ich auf der einen Seite für wenig überraschend. Auf der anderen Seite für ein Problem. Beides hat allerdings mit meinen Erfahrungen in einer Vorort-SPD in Hamburg in den Achtzigern zu tun.

20.6.23

Realität

Manchmal frage ich mich, ob ich der einzige bin, der manchmal denkt, wenn er Nachrichten aus der US-Politik hört, dass es um President Dalton geht. Wobei mit der inzwischen sechsten Staffel langsam die Trauerphase einsetzt, darüber, dass es fast vorbei ist.

Jedenfalls ist Madame Secretary für mich ein ziemlich immersives Erlebnis. Das geht mit nicht immer so mit intensiven Geschichten, aber doch immer wieder. Es ist irgendwie so haarscharf an der Realität, wie es sich ein Mensch, der sich für Politik doll interessiert, vorstellen kann. Und als jemand mit erwachsen werdenden Kindern, der dazu noch Theologe ist, habe ich so viele weitere Anknüpfungspunkte. Vielleicht liebe ich es darum so. 

Nur, dass ich ein bisschen aufpassen muss, es nicht mit der echten Realität zu verwechseln. 

13.6.23

Kein Regen

Letztes Jahr waren wir wetterbegünstigt hier bei uns in Ostholstein. Wir beispielsweise hatten Heu und Gras ohne Ende, viele unserer Landwirt*innen gute Ernten. Das war weiß Gott nicht überall so. Es gab Gegenden, in denen das Getreide vor der Ernte zu Staub zerfiel. Und wo die Pferdeleute kein Heu hatten. 

Dieses Jahr sind wir schlecht dran. Nachdem das Frühjahr zumindest für uns Weidewirt*innen gut anlief und wir ordentlich Gras hatten, hörte der Regen auf. Die direkte Folge des Klimawandels bei uns ist ja nicht etwa in erster Linie ein Temperaturanstieg – sondern die Stabilität der Wetterlagen. Und das ist ein Problem. Entweder haben wir wochenlang zu viel Wasser, oder wie zurzeit wochenlang keines. Entstehen vor allem im Regenwinter große Seen auf den Weiden, die ihnen zu schaffen machen. Und im Sommer Wüsten. 

12.6.23

Nicht aufgeben

Ist der grauenhafte europäische Beschluss, das Asylrecht abzuschaffen, das 1992 der Grünen? Das habe ich mich die letzten Tage immer wieder gefragt. 1992 war, als die SPD vor den Rechten eingeknickt ist und das deutsche Asylrecht abzuschaffen zustimmte. Danach trat ich aus der Partei aus. Es war meine rote Linie. Das Thema ist es bis heute, es ist eine der mir wichtigsten ethischen Gewissensfragen. 

Was ist dieses Mal anders, dass ich nicht austrete? Vor allem, was ich aus meiner Partei, den Grünen, dazu höre. Schon vor dem Beschluss gab es sichtbaren Protest, unter anderem getragen von der Hamburger Senatorin Anna Gallina, mit der ich schon viele gute Dinge zusammen gemacht hab. Und nach dem unsäglichen Beschluss der Innenminister*innen der EU bin ich dankbar für viele laute Wortmeldungen. 

11.6.23

Herzensort

Als Anne und Ulli vor 50 Jahren den Traum umgesetzt haben, den so viele in der Generation meiner Eltern hatten, haben sie den schönsten Ort geschaffen, den ich kenne. Meinen Herzensort. Und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Viele wunderschöne Wochenenden habe ich dort erlebt. Und drei meiner vier Kinder zig Wochen Reitferien. 

Der ganze Ort atmet bis heute das, was an den 70ern toll war. Etwas Improvisation, viel Handgemachtes, etwas Anarchie. Und parallel zur Robustpferdehaltung, wie sie bei den Islandpferden üblich ist, auch Robustkinderhaltung. Weil der Ort ein Ort ist, der sich treu geblieben ist, ist er immer auch ein Hauch meiner 70er-Jahre-Kindheit. Irgendwie zeitlos. 

7.6.23

Brot und Liebe

Was ja mega ist: Wir haben bei uns eine Bäckerei, die dänisches Weißbrot backt und verkauft. Immer ein um den anderen Tag. Ich weiß nicht wirklich, wieso dänisches Weißbrot so anders und so besonders ist, aber es ist anders und besonders. Weich, mit einem anderen Geschmack und einem anderen Geruch.

Brot ist ja ohnehin etwas, das regional super unterschiedlich und total interessant ist, finde ich. Für mich ist dieses dänische Weißbrot aber mehr. Es ist für mich das Gefühl von Urlaub. Denn zu Hause, in meiner Ursprungsfamilie, gab es quasi nur Schwarzbrot und Vollkornbrot, weil meine Mutter unsere Ernährung ja Anfang der 70er Jahre auf Vollwertkost umgestellt hat.

Das war lange, bevor es überall Bio und Naturkostläden gab, bevor die Reformhäuser diesen Trend mitmachten. Aber das ist noch mal eine andere Geschichte.

6.6.23

Kotzen

Tatsächlich bin ich sehr traurig und sehr wütend. Meine Reaktion auf die Ohnmacht, die dieses Video auslöst, zumindest bei mir.

Und bitte: Seht dieses Video nur, wenn ihr sicher seid, es ertragen zu können. Weil von Vergewaltigung die Rede ist und davon, wie Menschen unter Drogen gesetzt werden, manipuliert (Social Engineering) werden, misshandelt werden. 

5.6.23

Ausflug

Und dann hatte eine unserer Einstellerinnen die Idee, am Sonntag einen gemeinsamen Ausritt zu machen. Also sind wir mit sieben Pferden und Reiter*innen losgezogen zu einem Hofausflug. Gemeinsam durchs Dorf, durch die Felder und um Moor und Mühle herum. 

Schön war es und hat Spaß gemacht. Inklusive einem Spiel und unserer schönsten Aussicht vom Hügel über die Weiten unseres Teils von Ostholstein. Hach.

Wir haben ja nicht viele Einstellerinnen am Hof, weil wir mit Heidhörn vor allem auf die Aufzucht von Jungpferden spezialisiert sind und unsere meisten Einsteller*innen Jung- und Zuchtpferde bei uns haben und einige wenige Oldies, die sich in diesen Herden aus Jungtieren super gut machen. Aber einmal mit diesen wenigen was zusammen zu machen (und nicht nur die gemeinschaftlichen Arbeiten, die immer mal anstehen), war eine tolle Idee. Machen wir mal wieder.  

2.6.23

Zug

Gedanken sortieren, Gedanken schweifen lassen, etwas langsamer erreichbar sein, jede Menge White Noise um mich herum. Es gibt ja Menschen, die Zugfahren nicht mögen. Zu denen gehöre ich nicht. Mein Zugoffice ist mir sehr angenehm. Im Grunde wie ein Coworking-Space, nur eben wie früher auf dem Land, also mit eindeutig zu wenig Internet.

WLAN ist sowohl in den Regionalzügen als auch im Fernverkehr deutlich besser geworden. Selbst auf der notorisch unterversorgten Strecke nach Berlin. Es reicht nicht für Streaming oder Videokonferenzen, aber für das Arbeiten in der Cloud und für Mail reicht es (mir). Und so nutze ich Bahnfahrten für längere Texte, für genaueres Überlegen, für assoziatives Denken.

31.5.23

Gerste

Jetzt ist ein bisschen Ruhe vor dem Sturm. Die ersten Silageschnitte sind drin, das erste Pferdeheu ebenfalls. Der Raps ist verblüht, die Ackerbohnen und selbst der Mais machen die letzten Flächen langsam grün. Und das Wintergetreide dominiert das Bild. 

In dieser Zeit, im Übergang von Frühling und Frühsommer, liebe ich vor allem die Gerstenfelder. Bei der Fahrt übers Land kann ich mich daran kaum sattsehen. Da liegen sie mit ihrem weichen Pelz, der sich im Wind leicht bewegt und die Fläche fast glitzern lässt. Noch ist alles in einem frischen hellen Grün, fast sinnlich, vor allem, wenn ich aus einem Stück Buchenwald komme, diesem warmen, lichten, halbschattigen Ort der Kühle, dann in die flirrende offene Landschaft, wo es wogt und changiert. 

Das Herz will fast zerspringen vor Freude über das Leben. Für einen Moment ist alles vergessen, was Ärger macht oder traurig, wo Arbeit wartet und der Rücken schmerzt. 

Jedes Jahr am Anfang, wenn der Raps in voller Blüte steht, denke ich, es kann nicht mehr schöner werden. Und dann kommt diese Zeit mit der Gerste. 

Hach. 

29.5.23

Sport

Diese Saison bin ich nicht als Turniertrottel unterwegs. Oder Groom, wie es im offiziellen Turniersprech heißt. Quarta macht Abitur, da passen die aufwändigen Campingwochenenden mit Pferd nicht so gut rein. Dafür haben wir gestern den Tag genutzt, um zu dem großen Spitzensport in Norddeutschland zu fahren, auf den Kronshof direkt südlich der Elbe. 

26.5.23

Gewaltlosigkeit ist Gewalt

Bei all den überaus absurden rhetorischen Verrenkungen der letzten Wochen, in denen die Gesetzesbrecher*innen innerhalb der Regierung und von der parlamentarischen Opposition, all diese Radikalen, die wider jedes Wissen sagen, dass wir mit dem Umbau, der Wärmewende, der Dekarbonisierung noch Zeit haben, in denen diese also behaupten, gewaltfreier Widerstand sei Gewalt und Opposition sei organisiertes Verbrechen, musste ich öfter an die radikalen Äußerungen der CSU-, CDU-, vieler SPD- und FDP-Leute während der Auseinandersetzungen in den 80ern um Pershings, Startbahn West, Brokdorf, Kalkar und Wackersdorf denken.

Die Irren unserer Zeit stehen dabei ja wirklich in der Tradition von Friedrich Zimmermann, der mir auch das Vorbild von Olaf Scholz zu sein schien, als der Innensenator in Hamburg war. Zu Zimmermann hat Heinz Rudolf Kunze damals ja ein tolles Lied geschrieben. Aus Mastodon fischte ich dann gestern den Hinweis auf einen anderen intensiven Text von ihm. Damals war er einfach ein wirklich guter Texter. 1984 schrieb und performte er seine Variationen über einen Satz des Bundesinnenministers aus dem Monat Juli des Jahres 1983. Und dem ist auch heute nichts hinzuzufügen.

Mutloses Abwinken
ist Mut
Tatenloses Zusehen
ist Tat
Rechtloser Zustand
ist Recht
Hoffnungslose Anpassung
ist Hoffnung
Rettungslose Verzweiflung
ist Rettung
Skrupelloser Zynismus
ist Skrupel
Schonungslose Ausrottung
ist Schonung
Erbarmungsloses Dreinschlagen
ist Erbarmen
Gnadenlose Zukunftsvernichtung
ist Gnade
So hätten sie's gern
gewaltloser Widerstand
ist Gewalt
widerstandslose Gewalt aber
Ist nur Widerstand
gegen die Gewalt der Gewaltlosen

Und ein ärmelloses Hemd
ist ein Norwegerpullover
Und George Orwell
ist Walt Disney


25.5.23

Glück

Wenn du nach drei Tagen Bahnfahren, Workshops und Kreativarbeit zurück aufs Land kommst – und drei Fohlen auf der Weide spielen. Und du dich auf die Bank setzt, die du da aufgestellt hast, das Gesicht in die Abendsonne hältst, die Füße baumeln lässt. Wenn dann die Fohlen erschöpft ausruhen und ihre Mütter entspannt grasen. Wenn drüben im Haus die Sauna aufheizt und die Hunde unter der Bank liegen. 

Dann denke ich wieder, wie gut die Entscheidung war, aufs Land zu gehen. Wie es mich immer wieder in schnellster Zeit auftankt und besser macht. Wie sehr sich die knappe Stunde lohnt, die sich eine Fahrt seitdem verlängert. 

Dann merke ich, was für Glück ich habe. 

24.5.23

Orban gefällt das

Vor allem in frühen Phasen ist ein Terrorregime schwer zu erkennen. Aber zu den untrüglichen Signalen gehört wohl, dass es seine Gegner*innen als Terroristen bezeichnet. Dann sollten wir hellhörig werden. Ein weiteres untrügliches Zeichen ist eine geduldete, schleichende Aushöhlung der Gewaltenteilung, so wenn die Exekutive agiert, als wenn beispielsweise eine Verhaftung bereits ein Schuldspruch sei. Oder wenn Regierungsmitglieder von ihren Gegner*innen sprechen, als wären sie verurteilte Straftäter*innen. Wenn sie den Versuch unternehmen, Gerichten Entscheidungen zu diktieren. 

Am Ende der frühen Phase eines Terrorregimes wird es dann deutlicher. Regierungsmitglieder schlagen dem Parlament nicht mehr vor, Gesetze zu ändern, sondern ignorieren sie einfach. Der Übergang in die Zustimmungsdiktatur wird dann davon begleitet, Entscheidungen mit Umfrageergebnissen zu begründen. Dann ist Widerstand nicht nur legitim sondern geboten. Dann ist das Terrorregime etabliert. 

Oder, wie Orban sagen würde: eine illiberale Demokratie. 

21.5.23

Die Deutsche Religion

Die deutscheste aller Religionen ist ja wohl der Spargelkult. Ich bin ein Anhänger dieses Glaubens. Aber nach Jahren einer geradezu zelotischen Richtung bin ich in die etwas lockerere, synkretistische Denomination gewechselt.

Und so haben wir eine Vielzahl großartiger Gerichte entdeckt. Aktuell mein liebstes gab es gestern. 

20.5.23

Musik und Menschen

Vor sehr viele Jahren waren wir ein paar Mal bei den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker, damals das interessanteste Kammermusikfest im Norden Deutschlands, inspiriert von Donaueschingen im Grunde. Letztes Jahr hat Constantin Stahlberg mit seiner Stiftung und seinem Kultur Gut Hasselburg ein neues Kammermusikfest gegründet, dessentwegen wir in den Freundeskreis eingetreten sind – und das dieses Wochenende seine zweite Auflage erlebt.

17.5.23

Beobachtungen (Kommunalwahl)

 Mit zwei Tagen Abstand doch noch ein paar Überlegungen zur Kommunalwahl in Schleswig-Holstein und ganz konkret bei mir auf dem Land. Denn ich finde es fast etwas schade, dass diese Wahl so wenig im medialen Fokus ist außerhalb unserer Lokalmedien – lassen sich doch einige Dinge daraus lernen für die aktuellen Debatten und Strategien auch über die kommunale Ebene hinaus.

16.5.23

Es geht los

Das erste Fohlen ist da, drei sollen es dieses Jahr werden, wenn alles losgeht. Passend am ersten Tag, der nicht mehr schön und warm war, wollte es also raus. Naja. Wir freuen uns trotzdem. Es ist ein Falbe und ein Hengst. Auch, wenn ich erst dachte, es werde ein Braunfalbe sein, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass es ein Mausefalbe ist. Zumal seine Mutter wahrscheinlich auch mausfalben ist. 

Herzlich Willkommen, kleiner Áli. Mehr Fotos im Pferdeblog.

Áli von Heidhörn mit seiner MutterÁli von Heidhörn mit seiner MutterÁli von Heidhörn mit seiner Mutter



13.5.23

Erstaunlich

… finde ich, wenn eigentlich vernunftbegabte Menschen, die ein gerüttelt Maß an Haltung haben, all dies über Bord werfen, wenn ihnen ein billig-effektvoller Text über den Weg läuft, der ihr Gruppenunbehagen halbwegs elegant formuliert. 

Zumindest vermute ich, dass es darum geht, wenn sie einen Link auf dieser facebookigen Plattform drüben teilen, in dem es offenbar um diese Plattform geht. Große Selbstbefriedigungsvermutung. 

Aber was weiß ich. Ich klicke nicht. Nicht mal, wenn ihr alle sagt, das sei ein toller Text. Wenn ihn jemand auf einer demokratiezersetzenden Plattform eines ehemaligen Verlages publiziert, dann ist mir das egal. Denn dafür hat sie sich ja entschieden. Sie ist ja bewusst Ressortleiterin einer Hetz- und Desinformationsseite. Dann können wir dies eine sprichwörtliche Korn auch aussortieren, das sie vielleicht gefunden haben könnte. Wenn wir einen Kompass zur Hand haben, werden wir das sicher tun, oder?

12.5.23

Parallelgesellschaft

Am meisten fasziniert mich in den letzten Wochen, wie sehr quasi alle journalistischen Medien mitsamt einem Teil "der Politik" nur noch eine Parallelgesellschaft abbilden – und wie verschwindend deren Relevanz in der Breite zu sein scheint. Aufgefallen ist mir das als Medienextremnutzer inklusive Diskussionsmedien im Kommunalwahlkampf auf dem Land in einer CDU-Hochburg.

Beispielsweise spielte die Desinformationskampagne der CDU über privates Heizen exakt keine Rolle in Gesprächen. Und wenn jemand das Thema ansprach, war es ganz anders als erwartet – eher ein "Ist irgendwie doof für mich, aber muss ja sein". Selbstverständlich haben einige CDU-Kandidaten hier auf den Dörfern in ihren alten Häusern in den letzten Jahren Photovoltaik und Wärmepumpen eingebaut. Was zum Teil auch daran liegt, dass eine bestimmte soziale Schicht für die kandidiert, klar. Selbstverständlich waren nur drei CDU-Gemeindevertreter als befangen rausgegangen, als das Konzept für die PV-Freiflächenanlagen in der Gemeinde beraten wurde. Weil sie nämlich schon mal ihren Bedarf angemeldet haben. So wie die meisten Landwirt*innen.

11.5.23

Gold

Ich finde wenig so schwer in Worte zu fassen wie Düfte. Vielleicht habe ich darum auch nicht so gute Dufterinnerungen. Ja klar, wenn ich etwas wiederrieche, erinnere ich mich. Aber wenn ich im Winter an Raps denke, habe ich nur Honig in der Nase, weil das die völlig unzureichende Beschreibung ist, die ich dafür kannte. 

Ist das eigentlich normal, im Sinne von: geht das vielen so, dass sie Gerüche nicht imaginieren können?

Jedenfalls Raps, unser Gold. In diesen Wochen ist es nicht nur wunderschön anzusehen - sondern jeder Schritt vor die Tür, jedes Öffnen eines Fensters bringt den ganz besonderen Duft heran. Für mich riecht es gelbgold. So riecht gelbgold. So intensiv wie englische Rosen, aber eben nicht zartrot sondern massivgelb.

Massiv, weil es irgendwie schwer riecht. Schwer, blumig, auch etwas nach Honig, nach Nektar, ein bisschen wie der Geschmack, wenn wir als Kinder an den Blüten der Taubnesseln lutschten. Aber immer noch bleibt es ungelenk beschrieben.

Eines aber ist toll damit: in diesen Tagen riecht es überall, im ganzen Landkreis, immerzu danach.

Der Kopf meines Pferdes vor einem Rapsfeld, aus dem Sattel aufgenommen


10.5.23

Nicht woke

Ach ja. Ich weiß es wirklich nicht. Hatte ja gerade ein, ja, leicht geschwätziges, aber sehr gutes und amüsantes Buch zu dem Thema gelesen gehört, fühle mich also nicht so direkt angesprochen, wenn die Frage aufkommt, wieso erst ein mittelalter Mann ein Buch über #metoo schreiben muss, damit das alle lesen wollen. Mich interessierte es auch und vor allem, weil ich in dem Laden da ja Leute kenne, weil ich nah genug am Medienzirkus bin, weil ich die Berichterstattung über den Chefredakteur relativ intensiv verfolgt habe, weil ich „den Freund“ von früher kenne, aus seiner Hamburger Zeit.

9.5.23

Gefahr

Ungefähr drei Wochen, bevor die Kampagne losging, die zumindest für mich erst im Laufe der Zeit und mit der plötzlichen Erinnerung an dieses drei Wochen vorher als Kampagne wirklich erkennbar wurde; mit ungefähr diesem Vorlauf hörte ich die ersten Gerüchte und „Fragen“ aus dem Umfeld einiger Verbände. 

Interessanterweise als erstes über die Finanzierung des Think Tanks oder wie immer man das bezeichnete. Erstmal nur Geraune über amerikanische Philanthropen und so was. Wahrscheinlich testweise, ob es nicht eine gute Vaterlandslosegesellengeschichte werden könnte. 

8.5.23

Gutes Wetter

Und fällt immer wieder auf, wie sehr sich unsere Vorstellung von „gutem Wetter“ verändert hat, seit wir in Weidewirtschaft machen. Ja, so was wie Sonnabend mit 7 Grad und Feuchtigkeit, Regen war es dann ja irgendwie nicht mehr, finden wir auch nicht so cool. Das gleiche Wetter bei 10-15 Grad aber nennen wir „gutes Wetter“. Jedenfalls eher als 20 Grad mit leichtem Wind und null Regen über Tage im Frühjahr. Das ist kein gutes Wetter. Da wächst dann zu wenig, da vertrocknet zu viel. 

Darum sind auch unsere Emotionen dem Wetter gegenüber oft andere als die im Radio. Das sind ja meistens Menschen aus der Stadt, die sich über wochenlange Trockenheit bei strahlender Sonne freuen. Glücklicherweise finden unsere Pferde übrigens Regen und auch Kälte sehr viel besser als Sommer und Staub. Passen wir halbwegs zusammen. Und wenn wir sie zur Ausbildung ans Haus holen, können wir sie bei so mittelgutem Wetter durchs Fenster beobachten. 

Zwei Pferde im Garten durch das Fenster fotografiert


6.5.23

Irre oder dumm?

Tatsächlich frage ich mich in der letzten Zeit immer häufiger, ob unser Finanzminister irre, politisch panisch oder dumm ist. Jüngstes Beispiel ist diese Äußerung (zwar als "Team Lindner" gelabelt, aber in Varianten immer wieder gesagt, ich vermute, dass es auch hier eine Art Mitschrift einer Rede von ihm ist):

Tweet von Christian Lindner: "Bevor wir über soziale und ökologische Ziele in dieser Gesellschaft diskutieren, müssen wir uns vergewissern, dass unser wirtschaftliches Fundament funktioniert und dauerhaft stabil ist. Erst kommt das Erwirtschaften, danach kommt das politische Verteilen. TL #Dialogtour #JETZT"

Vorsichtshalber als Screenshot eingebaut, hier ist der Tweet zurzeit online. Was mich so irritiert an dieser Äußerung, ist, dass sie in sich komplett irre ist. 

Denn zum einen konstruiert sie einen Widerspruch, der keiner ist. Sie behauptet eine zeitliche Abfolge ("bevor"), die es nicht gibt – weil, einmal etwas verkürzt ausgedrückt, gerade so soziale und ökologische Ziele einer Gesellschaft ein dauerhaft stabiles wirtschaftliches (und politisches) Fundament schaffen. Mindestens aber hängen beide Dinge (wenn ich sie als getrennte Dinge betrachten will) doch direkt zusammen.

5.5.23

Freizeitstress

So ein Landleben hat genau so einen Freizeitstress wie das Leben in der Stadt. Diese Woche beispielsweise, diese kurze, werden wir nicht einen Abend zusammen verbracht haben. Dienstag war Männerstammtisch. Mittwoch Feuerwehr. Gestern Frauenstammtisch. Heute Vorstand des Kulturvereins. Und nächste Woche geht es weiter: erst Gemeindevertretung, später noch Ortsverbandsmitgliederversammlung der Partei. 

Wie Mrs Bennett so empört feststellt in Stolz und Vorurteil: Eintönig? Das Leben auf dem Land ist doch nicht eintönig. 

Das stimmt. 

Gestern habe ich Spagetti mit Kartoffeln und Pilzen gekocht. Heute wird es ein Pilzrisotto geben. Und letztes Wochenende lag erstmals nur ein Stück Fleisch auf dem Grill. Sonst Käse und Veggiburger und so. Auch alles wie in der Stadt. Nur ohne den anderen Stress der Stadt. Nämlich. 

4.5.23

Morgengang

Ich mag jede Jahreszeit. Seit ich aber mit Klima, Wetter und dem Land lebe, seit ich jeden Morgen nicht nur die Tiere versorge, sondern die Herden kontrolliere, seit mein Morgengang drei Kilometer über die Wiesen ist - seitdem liebe ich am Frühling, dass jeder Morgen anders ist. 

Den einen Tag beginne ich mit einer Sonne, die schon Kraft hat. Den nächsten mit Wolken vorm Mund und eisigen Fingern. Am einen Morgen zieht der Nebel durchs Moor. Den anderen liegen die Junghengste entspannt auf dem Heu. Und am dritten sind die Weiden weiß vor Raureif. Da ist der Tag, an dem es Bindfäden regnet und nicht richtig hell ist. Und der, an dem es nach Sommer riecht. 

Und an der Senke, wo sich dieser natürliche Teich bildet, riecht es immer nach Fuchs. Wie gut, dass die Hühner eine Wohngemeinschaft mit den Ziegen bilden. 

Unsere Weiden im Morgennebel


3.5.23

Korruption

Es gibt ja zwei Gelegenheiten, zu denen ich alles über Korruption, Vermeidung von Korruption und Vermeidung des Anscheins von Korruption gelernt habe. Ob es noch andere gibt, weiß ich nicht. Aber beides sind Dinge, die (denke ich, zumindest für die, die nicht an sich Böse sind) künftige Korruption und vor allem die Grauzonen wie so genannte Vetternwirtschaft (gibt es dafür eigentlich ein modernes, für jüngere Menschen verständliches Wort?) relativ zuverlässig verhindern. Und wenn ich beide Gelegenheiten nicht hatte, ist das vor allem in den Naivität geschuldeten Fällen wahrscheinlich ein echtes Problem.

Das eine ist die Arbeit in einem internationalen Unternehmen, das seine Ethik-Standards aus den USA bezieht. Denn während viele Menschen, die sich gerne unwidersprochen widerlich benehmen wollen, oft sagen, Deutschland sei ja so schlimm und korrekt und so was, ist das nichts – in Worten: nichts – im Vergleich zu Kulturen, die von Achtsamkeit oder von hohen Strafen für widerliches Verhalten geprägt sind. In jedem US-Unternehmen, in dem ich war, sind ausführliche, jährliche Ethiktrainings und Antikorruptionstrainings Pflicht für alle Mitarbeiter*innen. Und vor allem in den Antikorruptionstrainings lernen Deutsche dann, dass vieles, was wir als völlig normales Verhalten empfinden, eigentlich schon mindestens auf halbem Weg in die Korruption ist. So wie auch nur befreundet zu sein oder mal zusammen Handball gespielt zu haben, angezeigt werden muss, wenn ich mit jemandem als Lieferant*in oder so was zusammenarbeiten will. Sonst ist das Korruption. Lernten wir alle in den Trainings dieser Unternehmen.

Das andere ist Kommunalpolitik. Weil direkt und unmittelbar vor Ort jede jeden kennt irgendwie, achten alle gemeinsam sehr darauf, dass niemand über irgendwas bestimmt, das dann zu eng an ihnen dran ist. Verwandt (was ja auch sehr oft der Fall ist auf dem Land) geht gar nicht. Bei sehr vielen Entscheidungen in kommunalpolitischen Gremien, Ausschüssen etc. ist immer irgendjemand befangen und geht raus und diskutiert nicht mit. Auch kommunalpolitisches Engagement ist also eine gute Schule dafür, nicht einfach durch Nicht-Nachdenken und Freundlichkeit auf abschüssige Pfade zu kommen.

Wenn ich beide Gelegenheiten nicht hatte, muss ich wahrscheinlich irgendwie anders an so Trainings kommen. Denn der "normale" (jaja, geht gar nicht das Wort) "gesunde" (auch das geht gar nicht, ich weiß) Menschenverstand reicht in unserer traditionell von Abhängigkeiten und Gefälligkeiten geprägten Kultur eben gerade nicht aus, um hier die richtigen Leitplanken für das eigene Verhalten zu finden. Finde ich interessant.

Aber zum Schluss noch was Schönes. Islandpferdeparadies sozusagen.

unser Hund vor der Stutenherde auf der hügeligen Weide in der Morgensonne


2.5.23

Sonne

Ich hatte mir so fest vorgenommen, dass ich keine Sonnenbrände mehr bekomme. Dass ich mich immer richtig eincreme. Und doch habe ich es an den ersten Tagen, an denen die Sonne richtig Kraft hat, wieder geschafft. Ich glaube, es ist der Wind.

Denn ja, es war richtig warm am langen Wochenende. Und ja, ich konnte endlich im T-Shirt auf den Weiden arbeiten, den Zaun fertig stellen, die Stromversorgung aufbauen, die Pferde umweiden, die Deckweide einrichten, die Zuchtstuten auf die Sommerweide treiben. Und so weiter. Und wieder habe ich nicht gemerkt, wie stark die Sonne ist, weil es schön, warm aber nicht zu warm war. Und der leichte Wind, der bei uns an jeder Stelle geht, die Haut wunderbar gestreichelt und gekühlt hat. 

Also sehe ich jetzt aus wie früher nach den ersten Tagen Strandurlaub, als ich so was noch machte. Oups. Nicht gut. Ab zweiter Tageshälfte Sonntag war ich dann mit der tollen Anti-Aging-50er-Sonnendings der Liebsten eingecremt. Viel besser.

Beschweren will ich mich aber nicht. Die Sonne tut ansonsten wirklich gut. Uns allen hier. Und nächstes Jahr denke ich bestimmt auch am ersten Tag dran. 

30.4.23

Haustür

Guten Tag, ich möchte mit Ihnen gerne über Politik sprechen.

Wenn andere Menschen von der Idee des Haustürwahlkampfes hören, denken sie sofort an die Zeugen Jehovas. Für euch getestet. Und das Ungebetene, Überfallartige ist ja auch ähnlich. Selbst wenn die Forschung sagt, dass es das Erfolgreichste in Wahlkämpfen überhaupt ist. Zwei bis drei Prozentpunkte Unterschied kann es machen in einer Gegend. 

Trotzdem trauen sich das die Wenigsten. Es ist unangenehm. Mir auch. Aber in so personalisierten Wahlen wie der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein, wo ich keine Parteien wähle, sondern drei Personen im Wahlkreis, wobei die Stimmen dann den Parteien zugeordnet werden, in so personalisierten Wahlen also ist es dennoch wichtig, dass die Menschen einen kennenlernen. 

Gestern wollte ich also an Haustüren. Und merkte, dass ich es doch übergriffig finde, einfach zu klingeln. Die Mischung aus leicht introvertiert und norddeutsch steht mir da im Weg. Aber: bei schönem Wetter in Dörfern unterwegs zu sein, heißt dann auch: viele sind im Garten/auf dem Hof. Habe also trotzdem mit vielen Wähler*innen geredet. Das war total schön, finde ich. Und in den anderen Häusern „meiner“ sieben Dörfer unser Programm und meine Vorstellung eingeworfen. Erstaunlich wenige haben hier glücklicherweise ein Werbeverbotsschild am Briefkasten.

Screenshot der Wahlkampfapp der Grünen: Karte, auf der ich die Haustüren eintragen kann.
Was ich zum ersten Mal beim Verteilen und Sprechen genutzt habe, ist die Wahlkampfapp meiner Partei. Inklusive Gamification-Ansatz. Zumindest theoretisch, wenn nicht immer noch Mecklenburg angezeigt würde. Naja. Aber ich kann die offenen und geschlossenen Türen dokumentieren, die ich aufsuchte. Da kamen einige zusammen. 

Jedenfalls habe ich einige gute Gespräche geführt und das eine oder andere Mal auch diskutiert. Über Tempo 30. Über Heizung. Und viel Freundlichkeit erlebt. Und heute Abend gab es dann Spargel von einem meiner potenziellen Wähler. Mit Kartoffeln von einem Konkurrenten für die Gemeindevertretung. Lecker.

28.4.23

Antwort auf einen offenen Brief (Kommunalwahl)

Am letzten Wochenende hatten drei Familien aus unserer Gemeinde einen offenen Brief an Gemeindevertreter*innen, Bürgermeister und Medien geschrieben, in der sie ihrer (wie ich finde: verständlichen) Enttäuschung Luft machten, wie fahrlässig unsere Gemeinde damit umgegangen ist, dass es erheblich zu wenige Kindergartenplätze gibt – während gleichzeitig immer mehr Grundstücke für Familien verkauft und dann bebaut werden. Weil ich im Ausschuss war, in dem das Problem mal wieder nicht gelöst wurde, habe ich den Familien offen geantwortet. Hier einmal dokumentiert.

27.4.23

Zwischen den Welten

Ich würde nie so weit gehen zu behaupten, dass ich mich mit Digitalisierung auskenne. Mit digitaler Kommunikation bis zu einem gewissen Grad wahrscheinlich ja. Damit, was ein digitaler Lebensstil und eine Freude an digitalem Experimentieren und Erzählen für Kreativität bringt, sicher. Aber auch ohne Digitales wirklich zu verstehen, empfinde ich eine fast kindliche Freude, wenn meine verschiedenen Lebenswelten zusammenfinden: Mein Faible für Digitales, mein jahrzehntelanges Eintreten für die Energiewende – und mein ländliches Leben und Arbeiten als (inzwischen nebenberuflicher und nicht nur Hobby-) Landwirt und Pferdezüchter. 

Gerade rund um neue Energien kommt da viel zusammen. Seien es virtuelle Kraftwerke, mit denen ich mich beruflich beschäftige. Das Verstehen von Strom und Speichern durch jetzt jahrelange Erfahrung mit E-Mobilität. Oder die Planungs- und Rahmensetzungsfragen, mit denen ich in der Gemeindevertretung meiner Dörfer konfrontiert bin. Besonders faszinierend finde ich, wie immer mehr Sensorik und Internet-of-Things-Dinge bei meinen Nachbar*innen in ihren Alltag als Landwirt*innen einziehen. Oder wie immer mehr Nachbar*innen "Landwirtschaft" anders verstehen, nicht mehr nur als Lebensmittelproduktion, sondern auch als Klimaresilienzarbeit und als Energieernte. 

große Landmaschine (Mähdrescher) unter Solaranlage auf Stelzen

Mit denen kann ich über so tolle Ideen wie Agrivoltaic sprechen. Und sie verstehen sofort alle Teile davon, mehr als ich. Guckt euch das mal an, was ich da verlinkt hab, super. Ja, so weit sind wir hier noch nicht, vor allem des Baurechts wegen (wovon ich im Außenbereich ein Lied singen kann), aber wegen so was macht es Spaß, auf dem Land politisch aktiv zu sein. Da kannste wirklich noch was ändern und bewegen. 

26.4.23

Ein Ende nach über zwanzig Jahren

Quarta bei der Einschulung

Gestern war der letzte richtige Schultag, den ich als Vater miterlebt habe. Nach über zwanzig Jahren geht Schule zu Ende. Quarta hat das Pech, dass es immer sie trifft. Das Ende der Kindergartenzeit. Das Ende der Grundschule für alle. Und jetzt das Ende der Schule (also der Schule, die mich als Eltern betrifft, denn die Berufsschule war bei Secundus und Primus irgendwie anders und wird bei Quarta auch anders sein).

Fast jeden Schultag die letzten über zwanzig Jahre habe ich Schulbrote geschmiert, das war nicht nur meine Aufgabe, sondern das habe ich auch wirklich gerne gemacht. Ja, ich habe immer wieder mit den retournierten Pausenbroten gehadert (wo ist eigentlich das Tumblr-Blog hin??), aber ich habe es treu gemacht. Und seit jenem Blogtext, ich glaube von Frau Antonmann, als es das Blog noch gab, seit jenem Blogtext auch gerne, in dem sie davon erzählte, dass sie sich noch immer gerne daran erinnert, wie ihr Vater ihr jeden Tag stoisch das Pausenbrot gemacht hat und es sie darum heute mit ebensolcher Stoik macht. So wie ich seit dem Tag. Was haben wir experimentiert, damit häufiger mal was gegessen wird davon. Oft hat das auch geklappt, irgendwie.

Jedenfalls eine absurde Situation. Heute die zweite schriftliche Prüfung, dann eine Woche später noch eine, dann nur noch einmal die Woche zwei Stunden im Fach der mündlichen Prüfung, es trudelt irgendwie so aus, komischerweise. Aber es ist vorbei. In diesen Minuten beginnt Quarta, die Prüfung zu schreiben. Drücken wir ihr die Daumen.

Wahrscheinlich bin ich jetzt offiziell alt. Und ein bisschen wehmütig bin ich auch. Tatsächlich. Denn es hat den Tagesanfang so schön strukturiert. Und es hat dem Leben und dem Jahr einen Rhythmus gegeben. Und nun haben wir alle vier Kinder durch die Schule gebracht, die haben es überlebt, mehr oder weniger gut, wir haben es überlebt, ziemlich gut. Kein Elternabend mehr für mich. Wie soll ich Twitter jetzt ertragen?

25.4.23

Es geht los

Dies ist die Zeit im Jahr. Wenn es gerade anfängt. Und die ersten leichten Aromen wie Honig an der einen oder anderen Stelle überraschend herwehen. Ein paar Tage noch – dann ist das Gold des Nordens da. 

Eine erste Rapsblüte im grünen Feld

Und dann fahre ich mit dem Rad in die Kleinstadt und ein leichter warmer Hauch vom ersten Raps streift mich. Meistens ist der Wind stärker, aber wenn er ein paar Sekunden pausiert, ahnen wir schon den Mai, diesen wunderbaren Monat hier bei uns in der Nähe der Ostsee. 

24.4.23

Erster Sonnenbrand

Meine Beine und Füße und ein Teil des Strandkorbs und der Blick auf den noch nicht so grünen Garten.

Wenn nicht der Wind gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich gemerkt, wie groß die Kraft der Sonne bereits war. So hatte ich vergessen, Sonnencreme aufzulegen, als sie im Laufe des Tages richtig rauskam. Viel geschafft, viel gegrillt (einige neue Sorten Grillkäse ausprobiert), viel geritten, ein bisschen Rad gefahren.

Und im Strandkorb gesessen. Auch, wenn die Kirsche über mir es trotz Sonne immer noch nicht geschafft hat.

Kirschbaum, der über mir ist, aber die Blüten sind immer noch nicht ganz geöffnet.



22.4.23

Ich verstehe es wirklich nicht

Auf einmal, zum ersten Mal, versucht Politik zur CO2-Reduktion etwas, das ganz direkt mit Menschen und ihrem Leben zu tun hat. Insofern kann ich taktisch nachvollziehen, wieso die Opposition innerhalb der Regierung hier eine Kampagne begonnen hat. Und nenne es naiv, dass andere davon überrascht wurden. So weit, so klar. 

Was ich nicht verstehe – und ich bin mit allgemeiner Medienschelte eher nicht so schnell –, ist, wieso es fast allen Medien so schwer fällt, von dieser Kampagne wieder zurück zur faktenbasierten Kommentierung zu kommen. Verstehe ich wirklich nicht. 

Morgens bei der Hofarbeit höre ich ja meistens Deutschlandfunk. Und finde die Presseschau total hilfreich. Erschreckt hat mich, als diese Woche immer wieder (und ja, es kann natürlich sein, dass es an den Redakteur*innen des DLF lag, die nur so was rausgesucht hatten) die gleichen Fakesorgen wiederholt wurden, die in der Zwischenzeit von Handwerksinnungen, -kammern und so weiter widerlegt worden waren. 

Sehr lustige Interviews dazu gab es auch, wo die Moderatorin davon ausging, dass ihr Gesprächspartner aus Handwerk oder Industrie ihr sagen wird, dass das alles gar nicht geht mit den Wärmepumpen – und das nicht passierte. Ähnlich wie, ebenfalls diese Woche, als der Betriebsratschef der größten Stahlherstellerin partout nicht sagen wollte, dass das Ende der Atomkraft ein Problem sei. 

Wie kommt diese unglaubliche Lust am vorauseilenden Scheitern? Oder diese falschen Behauptungen auch jenseits der Hetzmedien, worum es beim Gebäudeenergiegesetz geht? Was ist so schwer daran zu verstehen, dass nach asbesthaltigen Heizungen jetzt eben rein fossile Heizungen nicht mehr angeschafft werden dürfen?

Wie kommt diese unglaubliche Lust am faktenaversen Horror? Wie die wahrheitswidrige Behauptung, Heizungsanlagen müssten komplett umgebaut werden? Es könnten die alten Anlagen mit hoher Vorlauftemperatur nicht mit Wärmepumpen genutzt werden? Das stimmt einfach nicht, guckt mal nach Schweden oder Norwegen. 

Vielleicht mal ein Beispiel aus unserer Planung: wir bewohnen ja ein Bauernhaus von vor 1900. Seit wir einen Teil umbauten, haben wir für den Teil eine Isolierung, die Standard für Um- und Neubau ist, aber das Haus wurde nie energetisch saniert. Es hat eine klassische Heizungsanlage mit einer so genannten Feststoffheizung und Pufferspeichern aus Ende der 90er. Wir verbrennen also Holz. Nicht geil. 

Die Planung sieht nun genau das vor, was auch vor GEG angestrebt wird: eine Mischung. Also für die meisten Tage eine Wärmepumpe (für maximal 60 Grad Vorlauf, eher etwas weniger). Und für die wenigen Tage, die richtig kalt sind, eine Unterstützung durch die bestehende Holzscheitheizung. Alternativ hätten wir auch mit zwei Wärmepumpen arbeiten können. Aber das könnten wir nicht wirklich bezahlen. Vor allem aber können wir – wie quasi alle – die alten Leitungen und Heizkörper weiter nutzen. Dämmung wäre irgendwann sinnvoll, ist aber keine Voraussetzung für irgendwas. Die CO2-Reduktion ist deutlich größer, wenn wir erst die Heizung umstellen und später dämmen als andersrum. War uns auch nicht klar. 

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es nicht halb so kompliziert ist, wie die meisten denken. Und ob wir eine Wärmepumpe wollen oder eine andere Leistung unseres Handwerksbetriebs, macht keinen Unterschied. Zeit haben die so oder so nicht sofort. 

21.4.23

Inspiration

Tatsächlich bekomme ich ja aus sehr vielen Quellen Inspiration. Da eine meiner Superkräfte ist, auf Anforderung große Ideen zu haben, bekomme ich relativ oft die Frage, wo die herkommen. Und die Antwort darauf ist gleichzeitig simpel und kompliziert. Darum kommt jetzt auch keine (ganze). 

Sondern nur ein Teil. Der damit zu tun hat, dass ich gestern in der großen Stadt war. Und die Fahrt für konzentriertes Schreiben an einem Konzept genutzt hab, bevor ich Menschen traf, die mich anregen. 

Denn es ist wirklich so, dass Gespräche, für die ich mir mehr Zeit nehme und die vordergründig keinem Ziel dienen, beim Sprechen und beim Nachhallen sehr viele Verknüpfungen in meinem Hirn aktivieren, die es für Ideen braucht. Mund und Hirn und ein Tischtuch sind bei mir eng verbunden. 

Ist das schon Flow? Weiß ich nicht. Vor allem ist es Inspiration. Denn ein Teil meiner Inspiration kommt von Menschen. Und ein anderer von harter körperlicher Arbeit auf unserem Hof. Und den morgendlichen Gängen zu den Pferden. 

Blick auf einige Weiden und unsere zwei Aufzuchtherden

20.4.23

Solidarität

Ich gehöre ja noch zu einer Generation, in der Solidarität wichtig war. Politisch heißt das, auch solidarisch zu sein, wenn ich persönlich beispielsweise eine Protestform nicht richtig finde oder – weit häufiger – nicht selbst machen würde. So wird es von mir keine "Distanzierungen" von robusteren Gruppen in solchen widerständigen Demonstrationen geben, deren Anliegen ich teile. Oder aktuell von der Letzten Generation. 

Wobei das sogar ein Grenzfall für diese Haltung ist, weil ich etliche der Protestformen dieser Gruppe für sinnvoll und zielführend halte, aber darum soll es jetzt gerade einmal nicht gehen von mir aus. Sondern darum, dass ich dadurch sehr schlecht beurteilen kann, ob sie in dem, wie sie erklären, was sie tun, gut sind oder nicht. 

So ging es mir gestern früh mit dem Interview mit Clara Hinrichs im Deutschlandfunk (ich wollte das hier einbetten, aber entweder da geht nicht mehr beim DLF oder ich bin zu blöd, den Einbettcode zu finden, müsst ihr also dem Link folgen, falls ihr es hören wollt). Mich haben das, wie Hinrichs da argumentiert, und die Emotionalität bei den persönlichen Fragen beeindruckt. Das fand ich überzeugend, und da waren auch für mich gute Argumente für kommende Diskussionen über die Letzte Generation.

Aber was ich mich frage: Geht das auch Menschen so, dass die Aktionsformen der Letzten Generation deutlich kritischer sehen oder ablehnen? Ich erlebe ja durchaus, wie Menschen, die auch politisch für Klimapolitik einstehen, auch für "richtige" Klimapolitik, dennoch mehr als irritiert sind von der Letzten Generation. Also nicht die, die aggressiv werden oder mit Tritten und Schlägen und Knast drohen, sondern "unsere" Leute, die das ablehnen. Überzeugt euch das Interview? Oder findet ihr es zumindest bedenkenswert? Oder abstrus?

Politisch bin ich in dieser Frage ja eher bei Friedemann Karig und seiner Einschätzung, dass es kommunikativ hilfreich ist, wie und was die Letzte Generation macht. Und darum auch überproportional offen für ihre Argumente. Und ohnehin solidarisch. Wie geht euch das?

19.4.23

Neues Leben

Die Fohlen brauchen noch ein paar Wochen. Anfang Mai ist die erste Stute dran, die anderen beiden werden im Laufe des Mai folgen. Wobei das bei Pferden ja immer so eine Sache ist. Letztes Jahr war es zum Termin, zu dem das Fohlen "fertig" sein sollte, so kalt, dass sie gemeinsam noch vier Wochen gewartet haben. War vielleicht auch gut, die beiden sind groß und kräftig, für Jährlinge wirklich.

Aber es geht trotzdem los mit dem neuen Leben auf dem Hof. Die Henne, die die letzten Wochen überwiegend verschwunden war (weshalb ich mir schon dachte, dass sie irgendwo gut versteckt brütet) kam nun mit neun Küken um die Ecke. Mal sehen, wie viele sie davon durchbringt.

Es sind nicht neun Küken zu sehen, sondern einige verstecken sich. Aber jedenfalls die Glucke mit ihren Kükem im Unkraut.


18.4.23

Grünes Bosau (Kommunalwahl)

Bisher habe ich mich ja vor allem in Eutin, also in der Kleinstadt, in deren Nähe ich wohne, politisch engagiert und dort bin ich auch Mitglied der Grünen vor Ort. Vor allem, weil mir die Offenheit gefällt und wie wir dort gemeinsam Politik und Wahlkämpfe gestalten. Den erfolgreichen Wahlkampf für den tollen grünen Bürgermeister Sven Radestock im letzten Sommer zu entwickeln und zu gestalten, hat irre Spaß gemacht.

Bei der Kommunalwahl am 14. Mai 2023 kandidiere ich aber in meiner Heimatgemeinde Bosau, zu der das Dorf gehört, in dem wir leben, auch, wenn es viel dichter an Eutin ist als an den anderen Dörfern der Gemeinde. Es sind einige "neue" dabei, so wie ich auch, vor allem unsere Spitzenkandidatin ist mega. 

Wir sind angetreten, in unserer Partei echt was zu ändern hier vor Ort, so dass es wieder Spaß macht, dabei zu sein. Und wir können auch in den Dörfern unserer Gemeinde was bewegen. Weil endlich Menschen mitmachen, die was bewegen wollen. Darum habe ich auch am Wahlprogramm für unsere Gemeinde mitgeschrieben und mache in meinen Dörfern Wahlkampf. Das hier ist das Programm:

 

Wahlprogramm: Grünes Bosau

Kommunalwahl in Schleswig-Holstein funktioniert so, dass es zwar Listen der Parteien gibt, aber zu wählen eigentlich Personen in den Wahlkreisen sind. Für uns kleinere Parteien (bisher war nur die CDU eine große Partei) heißt das dennoch, dass die Plätze in der Gemeindevertretung vor allem über die Liste vergeben werden. Aber in "meinem" Wahlkreis will ich es dennoch versuchen, eines der Direktmandate zu bekommen. Dafür legen wir in dem, was wir an den Haustüren verteilen werden, ein Extrablatt bei (in den anderen Wahlkreisen auch, wenn die Kandidat*innen das wollen). Das hier:

Bewerbung Wahlkreis 3 in de...

17.4.23

Umschlagplatz

Es hat gar nicht so lange gedauert, bis ich fester Bestandteil des Marktes in der Kleinstadt wurde. Schon nach wenigen Wochen hatte ich Kredit am Käsestand, aber da lasse ich auch ziemlich viel Geld, jede Woche. 

Als wir aufs Land gegangen sind, habe ich meinen Wunsch seit fast dreißig Jahren wahrgemacht, wieder sonnabends auf den Markt zu gehen. Das war als Kind und Jugendlicher meine Aufgabe, aber das ist noch mal eine andere Geschichte. 

Seit ich politisch aktiv bin (ich hab ja den Bürgermeisterwahlkampf in der Stadt dort entwickelt und gestaltet, und bin jetzt in der Gemeinde rund um die Stadt dort in der Gemeindevertretung, noch bis Mitte Mai), ist der Markt aber noch mehr geworden. Weil ich mehr Leute kenne. Endlich erlebe ich Markt so, wie er eigentlich gehört: als Umschlagplatz für Informationen, Ideen, Gerüchte, Entschuldigungen, alles. 

Jede Woche einen Snack mit den beiden Marktbeschickern, die in meiner Gemeinde auch politisch aktiv sind. Mit gemeinsamem Stöhnen über die Alten und Verhärteten in unseren jeweiligen Parteien. Mit Ideen, die wir unverbindlich austauschen. Und Fragen, die wir uns stellen, einmal abseits der Gremien, eben auf dem Markt. 

Jede Woche ein kurzer Austausch mit ein oder zwei, die in Stadt und Kreis aktiv sind. Einmal wenigstens wissend zunicken mit der Reporterin der Lokalzeitung. Einmal fachsimpeln mit einem der anderen Landwirte. 

Und dann schnell zum Frühstück nach Hause. 

15.4.23

Erste Farben

Ich mag jede Jahreszeit. Aber die ersten Farben auf dem Hof, die mag ich besonders. Hier im Norden regnet es ja gerade nicht durch. Der Vorteil des leichten Windes. Und lustigerweise ziehen auch die Regengebiete zumindest tagsüber oft an uns vorbei. Die Seen, zwischen denen wir liegen, tun uns gut. Nachts regnet es auch gerade genug. 

Jedenfalls Farben. Wunderbar.