30.4.23

Haustür

Guten Tag, ich möchte mit Ihnen gerne über Politik sprechen.

Wenn andere Menschen von der Idee des Haustürwahlkampfes hören, denken sie sofort an die Zeugen Jehovas. Für euch getestet. Und das Ungebetene, Überfallartige ist ja auch ähnlich. Selbst wenn die Forschung sagt, dass es das Erfolgreichste in Wahlkämpfen überhaupt ist. Zwei bis drei Prozentpunkte Unterschied kann es machen in einer Gegend. 

Trotzdem trauen sich das die Wenigsten. Es ist unangenehm. Mir auch. Aber in so personalisierten Wahlen wie der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein, wo ich keine Parteien wähle, sondern drei Personen im Wahlkreis, wobei die Stimmen dann den Parteien zugeordnet werden, in so personalisierten Wahlen also ist es dennoch wichtig, dass die Menschen einen kennenlernen. 

Gestern wollte ich also an Haustüren. Und merkte, dass ich es doch übergriffig finde, einfach zu klingeln. Die Mischung aus leicht introvertiert und norddeutsch steht mir da im Weg. Aber: bei schönem Wetter in Dörfern unterwegs zu sein, heißt dann auch: viele sind im Garten/auf dem Hof. Habe also trotzdem mit vielen Wähler*innen geredet. Das war total schön, finde ich. Und in den anderen Häusern „meiner“ sieben Dörfer unser Programm und meine Vorstellung eingeworfen. Erstaunlich wenige haben hier glücklicherweise ein Werbeverbotsschild am Briefkasten.

Screenshot der Wahlkampfapp der Grünen: Karte, auf der ich die Haustüren eintragen kann.
Was ich zum ersten Mal beim Verteilen und Sprechen genutzt habe, ist die Wahlkampfapp meiner Partei. Inklusive Gamification-Ansatz. Zumindest theoretisch, wenn nicht immer noch Mecklenburg angezeigt würde. Naja. Aber ich kann die offenen und geschlossenen Türen dokumentieren, die ich aufsuchte. Da kamen einige zusammen. 

Jedenfalls habe ich einige gute Gespräche geführt und das eine oder andere Mal auch diskutiert. Über Tempo 30. Über Heizung. Und viel Freundlichkeit erlebt. Und heute Abend gab es dann Spargel von einem meiner potenziellen Wähler. Mit Kartoffeln von einem Konkurrenten für die Gemeindevertretung. Lecker.

28.4.23

Antwort auf einen offenen Brief (Kommunalwahl)

Am letzten Wochenende hatten drei Familien aus unserer Gemeinde einen offenen Brief an Gemeindevertreter*innen, Bürgermeister und Medien geschrieben, in der sie ihrer (wie ich finde: verständlichen) Enttäuschung Luft machten, wie fahrlässig unsere Gemeinde damit umgegangen ist, dass es erheblich zu wenige Kindergartenplätze gibt – während gleichzeitig immer mehr Grundstücke für Familien verkauft und dann bebaut werden. Weil ich im Ausschuss war, in dem das Problem mal wieder nicht gelöst wurde, habe ich den Familien offen geantwortet. Hier einmal dokumentiert.

27.4.23

Zwischen den Welten

Ich würde nie so weit gehen zu behaupten, dass ich mich mit Digitalisierung auskenne. Mit digitaler Kommunikation bis zu einem gewissen Grad wahrscheinlich ja. Damit, was ein digitaler Lebensstil und eine Freude an digitalem Experimentieren und Erzählen für Kreativität bringt, sicher. Aber auch ohne Digitales wirklich zu verstehen, empfinde ich eine fast kindliche Freude, wenn meine verschiedenen Lebenswelten zusammenfinden: Mein Faible für Digitales, mein jahrzehntelanges Eintreten für die Energiewende – und mein ländliches Leben und Arbeiten als (inzwischen nebenberuflicher und nicht nur Hobby-) Landwirt und Pferdezüchter. 

Gerade rund um neue Energien kommt da viel zusammen. Seien es virtuelle Kraftwerke, mit denen ich mich beruflich beschäftige. Das Verstehen von Strom und Speichern durch jetzt jahrelange Erfahrung mit E-Mobilität. Oder die Planungs- und Rahmensetzungsfragen, mit denen ich in der Gemeindevertretung meiner Dörfer konfrontiert bin. Besonders faszinierend finde ich, wie immer mehr Sensorik und Internet-of-Things-Dinge bei meinen Nachbar*innen in ihren Alltag als Landwirt*innen einziehen. Oder wie immer mehr Nachbar*innen "Landwirtschaft" anders verstehen, nicht mehr nur als Lebensmittelproduktion, sondern auch als Klimaresilienzarbeit und als Energieernte. 

große Landmaschine (Mähdrescher) unter Solaranlage auf Stelzen

Mit denen kann ich über so tolle Ideen wie Agrivoltaic sprechen. Und sie verstehen sofort alle Teile davon, mehr als ich. Guckt euch das mal an, was ich da verlinkt hab, super. Ja, so weit sind wir hier noch nicht, vor allem des Baurechts wegen (wovon ich im Außenbereich ein Lied singen kann), aber wegen so was macht es Spaß, auf dem Land politisch aktiv zu sein. Da kannste wirklich noch was ändern und bewegen. 

26.4.23

Ein Ende nach über zwanzig Jahren

Quarta bei der Einschulung

Gestern war der letzte richtige Schultag, den ich als Vater miterlebt habe. Nach über zwanzig Jahren geht Schule zu Ende. Quarta hat das Pech, dass es immer sie trifft. Das Ende der Kindergartenzeit. Das Ende der Grundschule für alle. Und jetzt das Ende der Schule (also der Schule, die mich als Eltern betrifft, denn die Berufsschule war bei Secundus und Primus irgendwie anders und wird bei Quarta auch anders sein).

Fast jeden Schultag die letzten über zwanzig Jahre habe ich Schulbrote geschmiert, das war nicht nur meine Aufgabe, sondern das habe ich auch wirklich gerne gemacht. Ja, ich habe immer wieder mit den retournierten Pausenbroten gehadert (wo ist eigentlich das Tumblr-Blog hin??), aber ich habe es treu gemacht. Und seit jenem Blogtext, ich glaube von Frau Antonmann, als es das Blog noch gab, seit jenem Blogtext auch gerne, in dem sie davon erzählte, dass sie sich noch immer gerne daran erinnert, wie ihr Vater ihr jeden Tag stoisch das Pausenbrot gemacht hat und es sie darum heute mit ebensolcher Stoik macht. So wie ich seit dem Tag. Was haben wir experimentiert, damit häufiger mal was gegessen wird davon. Oft hat das auch geklappt, irgendwie.

Jedenfalls eine absurde Situation. Heute die zweite schriftliche Prüfung, dann eine Woche später noch eine, dann nur noch einmal die Woche zwei Stunden im Fach der mündlichen Prüfung, es trudelt irgendwie so aus, komischerweise. Aber es ist vorbei. In diesen Minuten beginnt Quarta, die Prüfung zu schreiben. Drücken wir ihr die Daumen.

Wahrscheinlich bin ich jetzt offiziell alt. Und ein bisschen wehmütig bin ich auch. Tatsächlich. Denn es hat den Tagesanfang so schön strukturiert. Und es hat dem Leben und dem Jahr einen Rhythmus gegeben. Und nun haben wir alle vier Kinder durch die Schule gebracht, die haben es überlebt, mehr oder weniger gut, wir haben es überlebt, ziemlich gut. Kein Elternabend mehr für mich. Wie soll ich Twitter jetzt ertragen?

25.4.23

Es geht los

Dies ist die Zeit im Jahr. Wenn es gerade anfängt. Und die ersten leichten Aromen wie Honig an der einen oder anderen Stelle überraschend herwehen. Ein paar Tage noch – dann ist das Gold des Nordens da. 

Eine erste Rapsblüte im grünen Feld

Und dann fahre ich mit dem Rad in die Kleinstadt und ein leichter warmer Hauch vom ersten Raps streift mich. Meistens ist der Wind stärker, aber wenn er ein paar Sekunden pausiert, ahnen wir schon den Mai, diesen wunderbaren Monat hier bei uns in der Nähe der Ostsee. 

24.4.23

Erster Sonnenbrand

Meine Beine und Füße und ein Teil des Strandkorbs und der Blick auf den noch nicht so grünen Garten.

Wenn nicht der Wind gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich gemerkt, wie groß die Kraft der Sonne bereits war. So hatte ich vergessen, Sonnencreme aufzulegen, als sie im Laufe des Tages richtig rauskam. Viel geschafft, viel gegrillt (einige neue Sorten Grillkäse ausprobiert), viel geritten, ein bisschen Rad gefahren.

Und im Strandkorb gesessen. Auch, wenn die Kirsche über mir es trotz Sonne immer noch nicht geschafft hat.

Kirschbaum, der über mir ist, aber die Blüten sind immer noch nicht ganz geöffnet.



22.4.23

Ich verstehe es wirklich nicht

Auf einmal, zum ersten Mal, versucht Politik zur CO2-Reduktion etwas, das ganz direkt mit Menschen und ihrem Leben zu tun hat. Insofern kann ich taktisch nachvollziehen, wieso die Opposition innerhalb der Regierung hier eine Kampagne begonnen hat. Und nenne es naiv, dass andere davon überrascht wurden. So weit, so klar. 

Was ich nicht verstehe – und ich bin mit allgemeiner Medienschelte eher nicht so schnell –, ist, wieso es fast allen Medien so schwer fällt, von dieser Kampagne wieder zurück zur faktenbasierten Kommentierung zu kommen. Verstehe ich wirklich nicht. 

Morgens bei der Hofarbeit höre ich ja meistens Deutschlandfunk. Und finde die Presseschau total hilfreich. Erschreckt hat mich, als diese Woche immer wieder (und ja, es kann natürlich sein, dass es an den Redakteur*innen des DLF lag, die nur so was rausgesucht hatten) die gleichen Fakesorgen wiederholt wurden, die in der Zwischenzeit von Handwerksinnungen, -kammern und so weiter widerlegt worden waren. 

Sehr lustige Interviews dazu gab es auch, wo die Moderatorin davon ausging, dass ihr Gesprächspartner aus Handwerk oder Industrie ihr sagen wird, dass das alles gar nicht geht mit den Wärmepumpen – und das nicht passierte. Ähnlich wie, ebenfalls diese Woche, als der Betriebsratschef der größten Stahlherstellerin partout nicht sagen wollte, dass das Ende der Atomkraft ein Problem sei. 

Wie kommt diese unglaubliche Lust am vorauseilenden Scheitern? Oder diese falschen Behauptungen auch jenseits der Hetzmedien, worum es beim Gebäudeenergiegesetz geht? Was ist so schwer daran zu verstehen, dass nach asbesthaltigen Heizungen jetzt eben rein fossile Heizungen nicht mehr angeschafft werden dürfen?

Wie kommt diese unglaubliche Lust am faktenaversen Horror? Wie die wahrheitswidrige Behauptung, Heizungsanlagen müssten komplett umgebaut werden? Es könnten die alten Anlagen mit hoher Vorlauftemperatur nicht mit Wärmepumpen genutzt werden? Das stimmt einfach nicht, guckt mal nach Schweden oder Norwegen. 

Vielleicht mal ein Beispiel aus unserer Planung: wir bewohnen ja ein Bauernhaus von vor 1900. Seit wir einen Teil umbauten, haben wir für den Teil eine Isolierung, die Standard für Um- und Neubau ist, aber das Haus wurde nie energetisch saniert. Es hat eine klassische Heizungsanlage mit einer so genannten Feststoffheizung und Pufferspeichern aus Ende der 90er. Wir verbrennen also Holz. Nicht geil. 

Die Planung sieht nun genau das vor, was auch vor GEG angestrebt wird: eine Mischung. Also für die meisten Tage eine Wärmepumpe (für maximal 60 Grad Vorlauf, eher etwas weniger). Und für die wenigen Tage, die richtig kalt sind, eine Unterstützung durch die bestehende Holzscheitheizung. Alternativ hätten wir auch mit zwei Wärmepumpen arbeiten können. Aber das könnten wir nicht wirklich bezahlen. Vor allem aber können wir – wie quasi alle – die alten Leitungen und Heizkörper weiter nutzen. Dämmung wäre irgendwann sinnvoll, ist aber keine Voraussetzung für irgendwas. Die CO2-Reduktion ist deutlich größer, wenn wir erst die Heizung umstellen und später dämmen als andersrum. War uns auch nicht klar. 

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es nicht halb so kompliziert ist, wie die meisten denken. Und ob wir eine Wärmepumpe wollen oder eine andere Leistung unseres Handwerksbetriebs, macht keinen Unterschied. Zeit haben die so oder so nicht sofort. 

21.4.23

Inspiration

Tatsächlich bekomme ich ja aus sehr vielen Quellen Inspiration. Da eine meiner Superkräfte ist, auf Anforderung große Ideen zu haben, bekomme ich relativ oft die Frage, wo die herkommen. Und die Antwort darauf ist gleichzeitig simpel und kompliziert. Darum kommt jetzt auch keine (ganze). 

Sondern nur ein Teil. Der damit zu tun hat, dass ich gestern in der großen Stadt war. Und die Fahrt für konzentriertes Schreiben an einem Konzept genutzt hab, bevor ich Menschen traf, die mich anregen. 

Denn es ist wirklich so, dass Gespräche, für die ich mir mehr Zeit nehme und die vordergründig keinem Ziel dienen, beim Sprechen und beim Nachhallen sehr viele Verknüpfungen in meinem Hirn aktivieren, die es für Ideen braucht. Mund und Hirn und ein Tischtuch sind bei mir eng verbunden. 

Ist das schon Flow? Weiß ich nicht. Vor allem ist es Inspiration. Denn ein Teil meiner Inspiration kommt von Menschen. Und ein anderer von harter körperlicher Arbeit auf unserem Hof. Und den morgendlichen Gängen zu den Pferden. 

Blick auf einige Weiden und unsere zwei Aufzuchtherden

20.4.23

Solidarität

Ich gehöre ja noch zu einer Generation, in der Solidarität wichtig war. Politisch heißt das, auch solidarisch zu sein, wenn ich persönlich beispielsweise eine Protestform nicht richtig finde oder – weit häufiger – nicht selbst machen würde. So wird es von mir keine "Distanzierungen" von robusteren Gruppen in solchen widerständigen Demonstrationen geben, deren Anliegen ich teile. Oder aktuell von der Letzten Generation. 

Wobei das sogar ein Grenzfall für diese Haltung ist, weil ich etliche der Protestformen dieser Gruppe für sinnvoll und zielführend halte, aber darum soll es jetzt gerade einmal nicht gehen von mir aus. Sondern darum, dass ich dadurch sehr schlecht beurteilen kann, ob sie in dem, wie sie erklären, was sie tun, gut sind oder nicht. 

So ging es mir gestern früh mit dem Interview mit Clara Hinrichs im Deutschlandfunk (ich wollte das hier einbetten, aber entweder da geht nicht mehr beim DLF oder ich bin zu blöd, den Einbettcode zu finden, müsst ihr also dem Link folgen, falls ihr es hören wollt). Mich haben das, wie Hinrichs da argumentiert, und die Emotionalität bei den persönlichen Fragen beeindruckt. Das fand ich überzeugend, und da waren auch für mich gute Argumente für kommende Diskussionen über die Letzte Generation.

Aber was ich mich frage: Geht das auch Menschen so, dass die Aktionsformen der Letzten Generation deutlich kritischer sehen oder ablehnen? Ich erlebe ja durchaus, wie Menschen, die auch politisch für Klimapolitik einstehen, auch für "richtige" Klimapolitik, dennoch mehr als irritiert sind von der Letzten Generation. Also nicht die, die aggressiv werden oder mit Tritten und Schlägen und Knast drohen, sondern "unsere" Leute, die das ablehnen. Überzeugt euch das Interview? Oder findet ihr es zumindest bedenkenswert? Oder abstrus?

Politisch bin ich in dieser Frage ja eher bei Friedemann Karig und seiner Einschätzung, dass es kommunikativ hilfreich ist, wie und was die Letzte Generation macht. Und darum auch überproportional offen für ihre Argumente. Und ohnehin solidarisch. Wie geht euch das?

19.4.23

Neues Leben

Die Fohlen brauchen noch ein paar Wochen. Anfang Mai ist die erste Stute dran, die anderen beiden werden im Laufe des Mai folgen. Wobei das bei Pferden ja immer so eine Sache ist. Letztes Jahr war es zum Termin, zu dem das Fohlen "fertig" sein sollte, so kalt, dass sie gemeinsam noch vier Wochen gewartet haben. War vielleicht auch gut, die beiden sind groß und kräftig, für Jährlinge wirklich.

Aber es geht trotzdem los mit dem neuen Leben auf dem Hof. Die Henne, die die letzten Wochen überwiegend verschwunden war (weshalb ich mir schon dachte, dass sie irgendwo gut versteckt brütet) kam nun mit neun Küken um die Ecke. Mal sehen, wie viele sie davon durchbringt.

Es sind nicht neun Küken zu sehen, sondern einige verstecken sich. Aber jedenfalls die Glucke mit ihren Kükem im Unkraut.


18.4.23

Grünes Bosau (Kommunalwahl)

Bisher habe ich mich ja vor allem in Eutin, also in der Kleinstadt, in deren Nähe ich wohne, politisch engagiert und dort bin ich auch Mitglied der Grünen vor Ort. Vor allem, weil mir die Offenheit gefällt und wie wir dort gemeinsam Politik und Wahlkämpfe gestalten. Den erfolgreichen Wahlkampf für den tollen grünen Bürgermeister Sven Radestock im letzten Sommer zu entwickeln und zu gestalten, hat irre Spaß gemacht.

Bei der Kommunalwahl am 14. Mai 2023 kandidiere ich aber in meiner Heimatgemeinde Bosau, zu der das Dorf gehört, in dem wir leben, auch, wenn es viel dichter an Eutin ist als an den anderen Dörfern der Gemeinde. Es sind einige "neue" dabei, so wie ich auch, vor allem unsere Spitzenkandidatin ist mega. 

Wir sind angetreten, in unserer Partei echt was zu ändern hier vor Ort, so dass es wieder Spaß macht, dabei zu sein. Und wir können auch in den Dörfern unserer Gemeinde was bewegen. Weil endlich Menschen mitmachen, die was bewegen wollen. Darum habe ich auch am Wahlprogramm für unsere Gemeinde mitgeschrieben und mache in meinen Dörfern Wahlkampf. Das hier ist das Programm:

 

Wahlprogramm: Grünes Bosau

Kommunalwahl in Schleswig-Holstein funktioniert so, dass es zwar Listen der Parteien gibt, aber zu wählen eigentlich Personen in den Wahlkreisen sind. Für uns kleinere Parteien (bisher war nur die CDU eine große Partei) heißt das dennoch, dass die Plätze in der Gemeindevertretung vor allem über die Liste vergeben werden. Aber in "meinem" Wahlkreis will ich es dennoch versuchen, eines der Direktmandate zu bekommen. Dafür legen wir in dem, was wir an den Haustüren verteilen werden, ein Extrablatt bei (in den anderen Wahlkreisen auch, wenn die Kandidat*innen das wollen). Das hier:

Bewerbung Wahlkreis 3 in de...

17.4.23

Umschlagplatz

Es hat gar nicht so lange gedauert, bis ich fester Bestandteil des Marktes in der Kleinstadt wurde. Schon nach wenigen Wochen hatte ich Kredit am Käsestand, aber da lasse ich auch ziemlich viel Geld, jede Woche. 

Als wir aufs Land gegangen sind, habe ich meinen Wunsch seit fast dreißig Jahren wahrgemacht, wieder sonnabends auf den Markt zu gehen. Das war als Kind und Jugendlicher meine Aufgabe, aber das ist noch mal eine andere Geschichte. 

Seit ich politisch aktiv bin (ich hab ja den Bürgermeisterwahlkampf in der Stadt dort entwickelt und gestaltet, und bin jetzt in der Gemeinde rund um die Stadt dort in der Gemeindevertretung, noch bis Mitte Mai), ist der Markt aber noch mehr geworden. Weil ich mehr Leute kenne. Endlich erlebe ich Markt so, wie er eigentlich gehört: als Umschlagplatz für Informationen, Ideen, Gerüchte, Entschuldigungen, alles. 

Jede Woche einen Snack mit den beiden Marktbeschickern, die in meiner Gemeinde auch politisch aktiv sind. Mit gemeinsamem Stöhnen über die Alten und Verhärteten in unseren jeweiligen Parteien. Mit Ideen, die wir unverbindlich austauschen. Und Fragen, die wir uns stellen, einmal abseits der Gremien, eben auf dem Markt. 

Jede Woche ein kurzer Austausch mit ein oder zwei, die in Stadt und Kreis aktiv sind. Einmal wenigstens wissend zunicken mit der Reporterin der Lokalzeitung. Einmal fachsimpeln mit einem der anderen Landwirte. 

Und dann schnell zum Frühstück nach Hause. 

15.4.23

Erste Farben

Ich mag jede Jahreszeit. Aber die ersten Farben auf dem Hof, die mag ich besonders. Hier im Norden regnet es ja gerade nicht durch. Der Vorteil des leichten Windes. Und lustigerweise ziehen auch die Regengebiete zumindest tagsüber oft an uns vorbei. Die Seen, zwischen denen wir liegen, tun uns gut. Nachts regnet es auch gerade genug. 

Jedenfalls Farben. Wunderbar. 




14.4.23

Sauna is ready

Jedes Haus haben wir um die Sauna herum gebaut. Auch das allererste, sehr kleine, als wir noch richtig jung waren. Denn zu unserem großen Glück lieben wir beide die Sauna. Und kannten schon als Kinder dieses Baden aus unseren Herkunftsfamilien, so unterschiedlich die sonst auch waren. 

Als ich damals, wahrscheinlich 2007, mit Twitter anfing, habe ich auch angefangen, zu sagen, wenn ich in die Sauna ging. Es war und ist Teil meines Living Out Loud. Die Chefin unseres italienischen Teams wusste nun immer, wenn ich in die Sauna ging. Das fand sie lustig. 

Dann checkte ich immer ein in der Sauna. Und seit sehr vielen Jahren bekomme ich immer von der gleichen ein Like dafür. Und ich like ihr Einchecken auf der Laufstrecke. Ist das schon Freundschaft?

Das Steuerelement meiner Sauna. 89 Grad heiß.

Heute schreibe ich es weiter in mein Living Out Loud. Das ist nur nicht mehr bei Twitter, weil die Umweltzerstörung dort zu weit fortgeschritten ist. Fediverse is it. Vielleicht auch irgendwann Substack. 

Gestern war ich in der Sauna. Aber das wisst ihr ja schon. 

13.4.23

Ratten

Also eigentlich ist der Titel dieses Textes brutal falsch und mies und ich distanziere mich ausdrücklich von ihm. Darum habe ich ihn gewählt. Denn es war ein wichtiger Teil dessen, wie die Nazis in den späten 20ern und den frühen 30ern die Zustimmung der konservativen Mehrheit der Deutschen organisierten. Indem sie von Ratten und Läusen und Asozialen und Arbeitsscheuen fabulierten. Also unter anderem. 

Diese Woche war ich in unserem Dorf in einem Vortrag in unserem Kulturverein, in dem der Leiter der Gedenkstätte Ahrensbök über die frühen Jahre der "Zustimmungsdiktatur" hier im Landkreis erzählte. Denn was ich nicht wusste: Hier, im Landesteil Lübeck des Fürstentums Oldenburg (was unsere Gegend bis zum Großhamburggesetz 1937 war), hatte die NSDAP die absolute Mehrheit in Wahlen gewonnen, lange bevor die Konservativen sie in die Reichsregierung brachten. Hier wurde mit dem ersten Nazi-Regierungspräsidenten, der aus meinem Dorf stammte, schon mal die kommende Diktatur eingeübt, schon 1932 die SA zu Hilfspolizisten gemacht, ausgetestet, wie weit sie gehen konnten, ohne die Zustimmung der Menschen zu verlieren. Ergebnis: sehr weit. 

Was, wie wir heute recht genau wissen, zu der großen Zustimmung geführt hat und dazu, dass die ersten frühen Konzentrationslager mitten in den Kleinstädten unter den Augen der Menschen eingerichtet werden konnten, von denen alle wussten, war, dass die Nazis eben an die Mehrheitsmeinung ("das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen") mit ihren Ängsten und Hoffnungen anknüpfen konnten. Und weil es quasi keine organisierte Arbeiter*innen-Bewegung gab hier im bäuerlich und handwerklich geprägten Land, gab es auch keine Widerstände. Der örtliche Frauenarzt war der Chef der NSDAP, die Kirche hart antisemitisch und chauvinistisch, die Intellektuellen für die harte Hand gegen – eben – die Ratten, Läuse, Arbeitsscheuen, Asozialen. Hier bei uns brauchten die Nazis die Konservativen nicht als Koalitionspartner*innen. Hier wählten die Konservativen die Nazis direkt. Und stimmte die überwiegende Mehrheit der Menschen dem Kurs von "Latten-Böhmcker" zu und war von ihm begeistert.

Daran musste ich heute denken, als ich über die in der "Zeit" dokumentierten politischen Positionen von Springer-Chef und -Mitbesitzer Matthias Döpfner las (Text hinter der Paywall. Auszüge hat der Spiegel abgeschrieben und ebenfalls hinter seine Paywall gestellt, was schon ein ziemlich rattiges Verhalten ist, weshalb ich es nicht verlinke). Nichts davon überrascht jemanden, die sich mit der Zustimmung der konservativen Mehrheit zu den Nazis beschäftigt haben. Weshalb die Forschung ja von den 30ern als Zustimmungsdiktatur in Deutschland spricht.

Wer einmal mit Menschen aus der Schicht von Döpfner in einer Form zusammen war, in der sie dachten, unter sich zu sein, wird nie wieder überrascht sein, nur entsetzt und verängstigt, wenn mal wieder so was wie die wirkliche Überzeugung dokumentiert wird. So ging es mir mehrfach seit 2015. Seid nicht so naiv, zu glauben, dass ein signifikanter Teil der akademisch gebildeten ökonomischen Führungselite dieses Landes bereit wäre, die liberale Demokratie zu verteidigen, wenn ein autoritäres System ihren Interessen dient. Denn darum findet Döpfner ja den Klimawandel prima. Er nutzt ihm.

12.4.23

Einkaufen

Es ist ja wirklich witzig. Seit ich wieder im dem Bloggen beginne, lese ich auch wieder mehr Blogs, also gezielt und nicht nur zufällig, weil der Link durch den Stream bei Mastodon rauscht, und kommentieren wieder mehr Menschen hier und ich bei ihnen. Und inspirieren mich deren Geschichten.  

So wie gestern beim Herrn Buddenbohm. Was mich wiederum dazu bringt, die Geschichte mit Holtex auch hier einmal zu erzählen, die ich dort kommentierte. Denn für Anzüge für den Sohn zu seiner Hochzeit und die Tochter zu ihrem Abitur fahre ich zwar in Herrn Buddenbohms Stadtteil zu Policke. Wird im Mai so weit sein. Aber nachdem mal wieder ein Händler die Bestellung storniert hat, weil er den Wollmantel partout nicht an meine Hausnummer schicken wollte, weil er die weder fand noch glaubte, aber das ist noch mal eine andere Geschichte, muss ich wohl mal wieder offline einkaufen, obwohl unser kleines lokales Kaufhaus seit einiger Zeit zu hat, weil es, anders als die anderen kleinen Kaufhäuser in unserer Gegend, über Jahre unbedingt die gleichen Fehler machen musste wie die großen in den Städten.

Holtex also. Ein Laden, der so aussieht, wie er heißt. Im runtergerockten Betonklotz hinter dem Parkplatz am Rande dessen, was in Eutin „Innenstadt“ heißt. Die ersten Jahre bin ich nicht rein, weil schon die Auslage so hinreißend uninspirierend ist. Um für meine Großmutter, als sie im Pflegeheim war, etwas einzukaufen, kam er uns dann irgendwie richtig vor, so von der Anmutung. Seitdem bin ich da oft.

Denn der Laden ist mega und völlig überraschend. Zunächst schon, weil ich mich sofort an meine Kindheit erinnere. Hin und wieder waren wir im C&A in Wandsbek, da auf der Ecke Brauhausstraße, schon lange weg. Meine irre silberne Übergangsjacke war von dort, die ich mit vollem Köperflüssigkeits- und Lautstärkeeinsatz bei meiner Mutter durchsetzte. Und Holtex, vielleicht ist das allerdings unfair und es stimmt nicht, aber so fühlt es sich für mich an, Holtex präsentiert seine Waren so, wie ich es von C&A in den 70ern zu erinnern glaube. Da liegt sogar noch Teppich, kurzer Flor. Es riecht sogar irgendwie genau so, bilde ich mir ein.

Am besten ist aber, dass ich da wirklich Dinge finde, die ich suche. Gar nicht nur Omamode. Wobei Omas heute ja auch keine Omamode tragen. Aber das ist eine andere Geschichte. Hemden, Jeans, Anzüge, Wäsche, sogar Nachthemden, die für Männer ja wirklich nicht leicht zu bekommen sind. Neben dem Zahnradaufzug, an dem die Anzüge auf dem Bügel durch das Loch von oben nach unten zur Kasse transportiert werden, und den ich so auch seit Jahren sonst nicht mehr gesehen habe, sind es vor allem die vielen Menschen, die dort arbeiten. Die jüngsten in meinem Alter, alle mit viel Erfahrung. Das ist sehr angenehm. Auch, weil sie nicht dumm rumschnacken. Und weil Anzüge bei Anzügen hängen und Hosen bei Hosen, nicht dieses alberne, völlig dysfunktionale Sortieren nach Farben oder Marken oder so, das mich zwingt, mich jedes Mal in einem Laden neu zu orientieren. Das ist übrigens bei C&A auch bis heute noch so, was ich sehr gut finde und was mich diesen Laden hat wiederentdecken lassen neben der Bio- und fairen Baumwolle und den Jeans mit Recyclinganteilen. 

Jedenfalls hoffe ich sehr, dass die Menschen, die sich trauen zu Holtex reinzugehen, nicht alle bald sterben und dass es auch andere junge Leute wie ich ausprobieren, denn es wäre doch sehr schade, wenn es die noch zu meinen Lebzeiten nicht mehr geben würde.

11.4.23

Sehr viel Arbeit

So wie die meisten Menschen finde ich es wunderbar, dass der Frühling so viele Feiertage und lange Wochenenden kennt. Dass es immer wieder diese Wochen gibt, in denen meine Kund*innen ihr Tempo runter- und einige Tage wegfahren. 

Denn die Kombination aus freiberuflicher und landwirtschaftlicher Unternehmertätigkeit ist so in dieser Jahreszeit besser möglich. Das Frühjahr braucht mich als Landwirt viel intensiver als beispielsweise der Sommer - weil ich ja „nur“ Pferde züchte, also nicht ernte. Jetzt ist die Zeit, in der die Weiden flott gemacht werden, die Zäune repariert oder neu gesetzt, die diesjährigen Stuten auf den Hengst vorbereitet und so weiter. Gestern hieß das: ein halber Tag auf den Weiden, ein halber Tag mit Besuch. Denn auch das muss ja hin und wieder sein. 

Ähnlich wie die Feiertagszuschläge in den Careberufen sind für mich die langen Feiertagswochenenden wirtschaftlich hilfreich. Nur dass ausgerechnet jetzt parallel auch noch ein Wahlkampf sein muss (Kommunalwahl bei uns Mitte Mai, ich kandidiere als Direktkandidat unserer kleinen Dörfer hier am Rand der Gemeinde für die Gemeindevertretung), ist ätzend. Dafür hab ich neben zwei Berufen irgendwie gerade nicht auch noch Zeit. 

Aber jetzt erstmal an den Schreibtisch. Ein Kampagnenkonzept für den Herbst für eine Kundin entwerfen. 

10.4.23

Dummdreist

Tatsächlich waren das ja Menschen, die wie die Definition des Wortes dummdreist sind. Und die der Anlass waren, um die deutlichen Hinweise wieder auszudrucken, zu laminieren und anzubringen, die wir letztes Jahr an den Weiden montieren mussten. 

Schild, auf dem „Füttern strengstens verboten! Die Pferde sterben davon!“ steht. Im Hintergrund zwei unserer Jungpferde auf der Weide

Dieses Mal waren es zwei Frauen mit ihren vier Kindern, die dran vorbei kamen und anfingen, die Pferde mit irgendwas zu füttern. Eine unserer Einstellerinnen war glücklicherweise gerade da und sprach sie an, dass das nicht geht und für die Tiere gefährlich sein kann und dass so was nicht gemacht werden sollte. 

Das sahen sie gar nicht ein. Und sagten, dass das ja nicht sein könne – denn letztes Jahr hinge da ja ein Schild und dieses Jahr nicht. Also sei es ja wohl in Ordnung. 

Gleiches Schild wie oben. Diesmal am Zaunpfahl.

Nur mit Mühe ließen sich diese Menschen daran hindern, weiterzumachen. Und irgendwann grummelnd weiterzuziehen. 

Das Problem ist, dass insbesondere solche Leute nicht wissen, was Pferden schadet. Oft füttern sie, was sie gerade dabei haben oder finden. Gras, das sie abrupfen, frisches Brot. Zucker. Mal abgesehen davon, dass es ungehörig und auch für die Kinder nicht ungefährlich ist, weil die Pferde schnappen können und auf dem Zaun extrem viel Strom ist, kann ein Pferd, wenn es doof läuft, tatsächlich eine Kolik davon bekommen. Und weil Pferde einen sehr langen komplizierten Darm haben, elend daran zugrunde gehen, wenn wir es nicht rechtzeitig merken. 

Also mussten wir doch wieder die Schilder anbringen. 

9.4.23

Zum Schämen

Aufgewachsen bin ich in der Friedensbewegung der 80er und mit den Ostermärschen. Ich war nie Pazifist, weil mir klar war, dass eine Revolution die Unterstützung bewaffneter Kräfte braucht. Ernesto Cardenal war ein Idol meiner Jugend (ich durfte ihn kennen lernen) und sein Weg an die Seite der bewaffneten Revolution seines Landes hat mich beeindruckt. Viele Menschen in meinem Umfeld waren in Nicaragua zum Arbeitseinsatz. 

Aber ich war gegen Waffen, bin es bis heute. Schwerter zu Zapfhähnen, sagt eines meiner Lieblingsbiere, Paxbräu aus der Rhön. 

Aber schon vor der Eskalation des Krieges gegen die Ukraine vor einem Jahr habe ich mich für die Ostermärsche von heute geschämt. Ihren Antisemitismus. Ihre Verbissenheit. Letztes Jahr sind sie dann endgültig durchgedreht. Haben uns am Wahlkampfstand als Kriegstreiber*innen beschimpft. 

Ich schäme mich nicht für mein Friedensengagement. Weder damals noch heute. Aber ich schäme mich für die, die heutzutage als Ostermarsch durch unsere Kleinstadt ziehen. 

8.4.23

Auftanken

Wir gehen fast nicht mehr in die Kirche. Seit Corona noch weniger. Und dass die Liebste auf den Bänken nicht sitzen kann und sich zurzeit nicht anstecken sollte, lässt es noch weniger zu. Es gibt aber Tage, an denen es mir wichtig ist. Und darum war ich dann allein im Karfreitagsgottesdienst. 

Es ist ja der mir allerwichtigste religiöse Tag, schrieb ich neulich was zu. Viele Jahre war ich in den Andachten zur Sterbestunde, bis mir die grotesken antisemitischen Improperien in ihrer mittelalterlichen Text- und Musikform, die der linke Pfarrer meiner Heimatgemeinde mit einer Schola zelebrierte, das final verleideten. 

Gestern darum der Morgengottesdienst, 9.30 Uhr in der sehr schönen Kirche in Fissau. Ohne Orgel, dafür mit Abendmahl. Karfreitag ist ja vor allem ein Genuss für Menschen, die sicher in der Liturgie sind und halbwegs singen können. 

Sehr angetan war ich von den modernen Improperien, die die Klage über „mein Volk“ nicht wie im Mittelalter auf die Juden bezog (weshalb es ja immer zu den Karfreitagspogromen kam durch aufgepeitschte Gottesdienstbesucher*innen) sondern auf das gesamte Gottesvolk. Kein Vorwurf des Gottesmords wie sonst üblich. Das war wunderbar. Und hat mir zusammen mit dem Abendmahl und den Liedern und Gebeten Kraft gegeben. 

7.4.23

Spooky

Dies ist die Jahreszeit, in der es früh morgens so kalt ist, dass der Nebel sich nicht wie Watte anfühlt sondern wie Eis irgendwie. 

Tannen im Nebel

Der Morgengang zu den Aufzucht- und Zuchtherden ist schon darum besonders, weil er trotzdem eine Ahnung aufkommen lässt, dass es ein schöner sonniger Tag wird. 

Jungstuten im Nebel, teilweise liegend

Und auch die Geräusche der Straße sind irgendwie vereist. Was nicht nur an Ferien und Feiertagen liegt. Ich liebe diese Morgende. 

Stuten und Jungstuten im Nebel, im Hintergrund Tannen.

6.4.23

Mit Wasser spielen

Was viele nicht wissen: neben den Einsätzen sind es die Übungen, die die Freiwillige Feuerwehr ausmachen. Je nach Wehr ein- bis zweimal im Monat kommen wir Feuerwehrleute abends zusammen und lernen, üben oder pflegen das Gerät. Gestern Abend/Nacht haben wir eine solche Übung bei mir am Hof und an den Weiden gehabt. 

Einsatz der Feuerwehr an unseren Weiden. Mit Bevölkerung.

Es war eine besondere und etwas aufwändigere Übung, weil wir einmal ausprobieren wollten, Wasser aus einem Bach zu holen, um einen „Stoppelfeldbrand“ zu löschen. Wir haben ja immer noch ein antikes Fahrzeug (aber das ist eine andere Geschichte), das kein Wasser führt – so dass wir immer Hydranten brauchen oder eben einen Teich oder Bach. Aber ob wir das können? Und ob wir da genug rausbekommen?

Die Feuerwehr tritt hinter dem Wagen an, nachdem der A-Schlauch zusammengesetzt ist.

Also haben wir den Bach mit dem, was wir so an Bord haben, aufgestaut. 

Wir bauen eine Wasserversorgung am Bach auf. Mit Leiter und Schlauchbrücke und A-Schläuchen.

Und auf einer der Weiden dann den „Stoppelfeldbrand“ aufgebaut und gelöscht. Einer unserer Atemschutzträger hat es auch gleich zu einer Atemschutzübung genutzt. So was macht eine kleine Freiwillige Feuerwehr wie unsere ja nicht jeden Tag. Wir haben nicht mal jedes Jahr einen Einsatz, bei dem es brennt. Auch darum ist es wichtig, immer wieder auszuprobieren, wie es geht – und eben zu üben, wie alles zusammenpasst. Damit es im Ernstfall funktioniert. 

Denn neben erfahrenen Leuten, die wissen, was sie tun, sind ja auch so Leute wie ich dabei, die sonst eher am Schreibtisch sitzen und für die vieles neu ist. (Wobei sich genau daran zeigt, dass es eben auch für uns möglich und sinnvoll ist, bei der Feuerwehr mitzumachen. Nicht nur wir hier in Braak-Klenzau brauchen unbedingt noch ein paar Menschen aus unseren Dörfern, die mitmachen, das geht allen Freiwilligen Feuerwehren so, die ich kenne. Darum kleiner Werbeblock: Das ist wichtig und macht auch noch Spaß, bitte überlegt mal, ob ihr nicht bei euch zu Hause mitmachen könnt, selbst wenn ihr so alt seid wie ich und so unsportlich und übergewichtig und handwerklich unbegabt.)

Hinterher, als das Feuer aus war, die letzten Glutnester gelöscht – und alle Schläuche und die Tragkraftspritze wieder abgebaut –, sind wir noch auf unserem Hof zum Grillen gewesen. Saukalt, aber schön. Hat Spaß gemacht gestern. Und SEHR gut, dass es nur eine Übung war. Feuer ist nicht witzig und wir könnten gerne ein paar mehr Leute sein bei der Feuerwehr. Und beim Üben geht alles ja auch etwas langsam. Das ist der Sinn der Übung.

(Fotos übrigens von unserer Dorfvorsteherin und eines von der Frau unseres Wehrführers. Ich war ja beschäftigt. Habt ihr mich auf zwei der Fotos entdeckt?)

Der Angriffstrupp löscht das Feuer.

5.4.23

Raus müssen

Ich fand ja schon, als wir nur einen Hund hatten, irgendwie gut, dass er mich nach draußen trieb. Egal wie das Wetter war: der Hund musste morgen erstmal raus. Und abends am Ende ebenso noch mal. 

Seit wir mit den Pferden zusammengezogen sind, und mehr noch seit wir eine Zucht und Aufzucht haben, hat sich das radikalisiert. 

Pferde an der Heuraufe, im Dunkeln

Der erste Gang, morgens um sechs, ist mit Heu auf den Paddock. Dann zu den Außenweiden, Kontrolle. Und der letzte Gang, kurz nach zehn, ist noch mal raus, das Nachtheu geben. Und an sternenklaren Abenden der Blick auf die Milchstraße. An anderen werde ich dafür nass. 

Nicht jeden Tag ist es die reine Freude, erstmal. Und oft fällt der Schritt vor die Tür schwer. Aber bin ich erstmal draußen, merke ich immer, egal wie das Wetter ist, wie gut es tut, mit den Tieren und der Natur und dem Wetter zu leben. 

4.4.23

Kaffeehaus

Ich bin ja Kaffeetrinker. Erwähnte ich das schon? Und ich mag Kaffeehäuser. Darum freue ich mich immer, wenn ich rund um Meetings, Workshops, Tage bei Kund*innen Verabredungen in Kaffeehäusern schaffe. In Berlin beispielsweise, wo es so viele so verschiedene Orte dieser Art gibt. 

Meistens ist es ein Milchkaffee, den ich nehme und an dem ich mich über ein gutes Gespräch festhalte. Mit beiden Händen an der Tasse. Und es ist toll, wie unterschiedlich diese Milchkaffees sind. Vom französischen über den Wiener bis hin zum selbst ausgedachten. 

Kaum etwas animiert mich mehr zu einem guten, kreativen, dichten, persönlichen Gespräch als ein Milchkaffee in einem anachronistischen Kaffeehaus. 

3.4.23

Endlich hören wir das Gras wachsen

Eigentlich ist mir das Wetter ja fast egal. Hat alles seine Vor- und Nachteile. Nicht zu verwechseln mit dem Klima allerdings. Aber hier in Ostholstein sind wir auch im Klimawandel bisher eher wetterbegünstigt. Hatten ganz gute Ernten und viel Heu letztes Jahr.

Aber in dieser Jahreszeit gucken wir mit den Pferden immer etwas bang aufs Wetter. Denn es wird Zeit, dass das Gras wächst. Sie müssen von den Winterweiden auf das neue Gras. Denn es ist gestriegelt und nachgesät. Und obwohl es noch meistens was geworden ist, bin ich um den Monatswechsel zu April immer etwas hibbelig.

Neues Gras, gewachsen

Aber nun wächst es. Obwohl es die letzten Tage auch immer sehr kalt war, ist das Gras gekommen. Jeden Morgen beim Gang über die Weiden ist mehr zu sehen. Das macht mich glücklich.

Und darum konnten wir auch endlich die Stuten umweiden. Was nötig war, weil wir ein anderes Stück, hinter der Winterweide, für den Hengst brauchen, der diese Woche kommen wird, um diese Saison bei uns zu decken.

Die Stuten rennen auf die neue Weide

1.4.23

Kardamom

Weil mein alter Bloggerkumpel meine Vorliebe für morgendlichen Kardamomespresso erwähnte, sollte ich wahrscheinlich wirklich mal was dazu sagen. Denn wenn ich, früher auf Twitter, heute im Fediverse, auf norden.social, viele Tage mit dem Hinweis auf den ersten oder den dritten Kardamomespresso beginne, ernte ich oft Fragen. Wie macht du den? Und wieso?

Machen ganz schlicht. Ich kippe eine Messerspitze gemahlenen Kardamom in die Tasse, einen Espresso drauf (ich schwöre auf den Organico von der Gepa, schmeckt mir viel besser als all der fancy Kram, den ich auch probiert habe), fertig. Manchmal mit Zucker oder Süßstoff. 

Und wieso? Weil ich Kardamom im finnischen und skandinavischen Gebäck liebe. Ihr kennt den Geschmack bestimmt. Dieses etwas erdige, besondere, was sowohl die Quarkteige als auch die Zimtkringel so besonders macht. Insofern gehörte Kardamom, der auch in den meisten Weihnachtsmischungen oder Würzmischungen für Gewürzkuchen ist, schon lange zu den Backzutaten, die wir zu Hause haben. 

Und dann las ich über Kaffee in Hamburger Kaffeehäusern des 18. Jahrhunderts. Der oft mit Gewürzen getrunken wurde. Unter anderem auch mit Kardamom. Also hab ich es probiert, siehe oben. Und trinke seitdem meine drei bis fünf morgendlichen Espressos eben mit Kardamom. Nichts besonderes also.