26.2.09

Es gibt keine Entschuldigung für Antijudaismus und Antisemitismus

In meinem politischen und religiösen Umfeld gibt es - wie neulich schon beschrieben - die unselige Tendenz, aus falsch verstandener Toleranz* bei Einwanderern oder Anhängern anderer Religionen etwas zuzulassen, was im eigenen (soziologischen, kulturellen, religiösen) Milieu nicht geduldet würde. Krassestes Beispiel dafür ist und bleibt für mich der Antijudaismus unter muslimischen oder muslimisch geprägten Einwanderern. Ich hätte vor Zorn heulen können, als ich diese Woche den sehr berührenden Zeit-Artikel las hörte, der das soziale Jahr einer Berlinerin mit familiären Wurzeln in Palästina beschrieb, das sie in Israel verbringt. Bevor Lora nach Israel fuhr, hatte sie mit viel Unverständnis zu kämpfen (was an sich noch nicht zornig macht, denn die Angst, in ein von Terror und Krieg bedrohtes Land zu gehen, kann ich verstehen). Aber:
Lora musste den Satz sagen: »Juden sind doch ganz normale Menschen – mit denen du normal reden kannst.« Sie kennt dieses israelfeindliche Klima in den Straßen von Neukölln. Sie selbst hörte, wie sich Jugendliche auf Arabisch über die Israelis lustig machten, als sie in einem Gefangenenaustausch an der Grenze zum Libanon vier Hisbollah-Kämpfer freiließen und dafür zwei tote Soldaten zurückbekamen. »Du Jude!«, sagt Lora, sei in Neukölln ein gängiges Schimpfwort. Und das arabische Satellitenfernsehen hetzt auch in Loras Fernseher in Berlin gegen Israel.

Soziales Jahr: Ein Jahr in der Heimat | Bildung | Nachrichten auf ZEIT ONLINE
Das ist etwas, das nicht toleriert werden darf. Rassismus und Antijudaismus gehören zu den Dingen, die bei uns nicht nur gesellschaftlich geächtet sind, sondern von denen ich denke, dass wir sie auch aktiv bekämpfen müssen. Ein erster Schritt muss eine klare und auch klar benannte Null-Toleranz-Haltung sein, wenn solche Sprüche öffentlich fallen. Und dazu gehört auch, dass es keine Toleranz für eine politische Verharmlosung des Problems geben darf, zu der in Sachen Menschenrechte und Einwanderung engagierte Menschen hin und wieder neigen.

In dem Zusammenhang ist auch die - sehr lange, sehr ausführliche - Studie der Amadeu-Antonio-Stiftung sehr instruktiv, die das Problem des Antujudaismus unter muslimischen Jugendlichen in Deutschland von vielen Seiten und mit genua so wenig künstlicher Aufgeregtheit wie Bagatellisierung analysiert:
"Die Juden sind schuld" - Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft am Beispiel muslimisch sozialisie...
Die Angst vor Beifall von der falschen Seite darf nicht dazu führen, blind zu werden. Niemals.

* denn wie meine Süße immer sagt: "Toleranz endet mit Z". Oder wie ich immer sage: "Toleranz an sich ist keine christliche Tugend". Ich mag das Konzept von Toleranz nicht so sehr, weil es ein indifferentes Desinteresse inkludiert, denke ich, wenn man es konsequent betrachtet. Was ganz und gar nicht gegen die historische Errungenschaft der (religiösen und politischen) Toleranz spricht, die aber in einen bestimmten historischen Kontext gehört imho.

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