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17.6.21

Antiintellektualismus

Mosaik mit Schrift: Arbeiter-Bildungsverein
Loggediteur (Diskussion), CC BY-SA 3.0 DE

Linke Revolution

Etwas, das ich an linken Bewegungen immer bewundert habe und immer bewundere, ist ihr unbedingter Fokus auf Bildung. Schon lange, bevor die akademische Forschung herausgefunden hat, dass sozialer Aufstieg im Grunde fast nur über Bildung funktioniert, haben linke Bewegungen das schon gewusst. 

Es fasziniert mich, darüber zu lesen und zu hören, wie Menschen, die in ihrem Leben keine Chance hatten, zur Schule zu gehen, lernen. Wie sie neugierig sind. Wie sie das Leben der Menschen in ihrer Umgebung verändern wollen über Bildung. 

Bei aller Kritik an den herrschenden Eliten – und diese Kritik ist ja eines der Kernelemente linker Politik – haben linke Bewegungen und linke Aktivist*innen doch eines immer versucht: in der Bildung zu diesen Eliten aufzuschließen. Nur sehr selten gab und gibt es in linken Bewegungen einen Furor gegen Intellektuelle oder Bildung, mir fallen im Grunde nur Grenzfälle ein, beispielsweise autoritäre Regime, die einmal aus einer linken Bewegung hervorgegangen sind.

Rechte Revolution

Interessanterweise ist das bei rechten Bewegungen komplett anders – zu deren Erzählung von Eliten, die es zu bekämpfen und überwinden gelte, gehören immer auch Intellektuelle. Etwas holzschnittartig lässt sich, denke ich, sagen: Während für linke Bewegungen die Eliten, die bekämpft werden, meistens über ihre wirtschaftliche Macht definiert werden, interessiert diese rechte Bewegungen nur rhetorisch, ansonsten definieren sie Eliten meistens über deren (mindestens empfundene) kulturelle Hegemonie.

Insofern ist es auch klar, dass sich der Zorn und die Kritik von rechts besonders gegen Intellektuelle richtet – denn in liberalen Gesellschaften, in denen Öffentlichkeit vor allem medial hergestellt wird, spielen Intellektuelle eine relativ größere Rolle. Gerade, weil sie oft in der Lage sind, die Klaviatur der jeweils aktuellen Medien und Medientechnologien zu nutzen. Buchdruck, Radio, Blogs, wie auch immer.

Antiintellektualismus als politischer Kitt

Die gemeinsame Feindschaft gegen Intellektuelle schweißt rechte Bewegungen und ihre Vorfeldorganisationen zusammen. Auf die Kritik an Eliten, die sich von "normalen Menschen" abgekoppelt haben, können sie sich einigen. Und es ist nicht nur der Kitt rechter Bewegungen – sondern auch ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Wo sich eine Kritik Bahn bricht an akademischen Diskursen, an sprachlicher Präzision, an auf Bildung basierender argumentativer Überlegenheit, da ist mit sehr hoher Sicherheit ein rechtes bis rechtsextremes Welt- und Politikbild am Werk.

Ob sie es das "gesunde Volksempfinden" nennen oder für sich in Anspruch nehmen, "die normalen Menschen" gegen die Zumutungen von Intellektuellen zu verteidigen – immer geht es darum, das Gefühl über das Argument zu stellen. Die Instinkte über Rationalität. Natürlichkeit über Kulturerrungenschaften.

Das, was rechte Bewegungen zusammenhält, ist ihre Orientierung am "kleinen Mann", an den "normalen Menschen", an der "schwäbischen Hausfrau". Das, was linke Bewegungen antreibt, ist der Ausbruch durch Bildung, das Verstehenwollen, das Ziel, intellektuell zu werden. Und dann ist da noch recht viel dazwischen, logisch.

Die Verachtung aber für Intellektuelle ("Elfenbeinturm") ist ein Kennzeichen des Rechtsextremismus. Und wer sich einmal auf diese Bahn begibt, verabschiedet sich aus dem liberalen und fortschrittlichen Diskursraum. 

Eine Frage der Haltung

Um aktuelle Diskussionen einzuordnen, finde ich es ja meistens ziemlich hilfreich, auf das zurück zu blicken, was andere schon erlebt und gemacht haben. Weil es in vielen Dingen eben doch große Linien gibt und nicht alles immer völlig neu ist. 

Mich begeistern immer wieder die Lesevereine, die aus der Arbeiter*innenbewegung entstanden sind. Die Geduld und die Begeisterung, mit der Menschen versucht haben, Texte zu lesen und zu verstehen – und auch mit ihren Autor*innen zu diskutieren. Zu lernen. Sich unendliche Mühe zu geben.

Und wie anders war der Umgang der Nazis mit dem Thema: sie vertrieben den größten Teil der intellektuellen Elite und ersetzten sie da, wo sie deren Stellen freigemacht hatten, mit einfachen, nicht-akademisch ausgebildeten Leuten. Der bis heute in diesem Land sprichwörtliche "kleine Mann", an dessen Wohlergehen sich aus rechter Sicht alles zu orientieren habe, ist in diesem Zuge übrigens erst eingeführt worden. Als Gegenkonzept zu den intellektuell interessierten Arbeiter*innen. Kein Wunder übrigens, am Rande wenigstens erwähnt, dass bei diesem Traditionsbruch Deutschland (und teilweise Österreich) sich bis heute schwerer damit tut als die meisten anderen europäischen Länder, die "Akademisierung" von Bildung und Ausbildung mitzugehen (und schon das negativ genutzte Wort Akademisierung ist ja Teil der antiintellektuellen Tradition).

Was ich aber am meisten verachte, sind Intellektuelle, die mit diesem rechten Furor spielen. Oder, wie Thomas Mann es so wundervoll formulierte:

Wo der Hochmut des Intellektes sich mit seelischer Altertümlichkeit und Gebundenheit gattet, da ist der Teufel.

22.11.18

Ungefragt

Neulich bereitete ich mich auf ein Interview mit zwei Studentinnen vor, die über Berufseinstiege in Agenturen sprechen wollten. Zu den Fragen, die sie stellten, gehörten auch welche, die meinen eigenen Berufsweg betrafen. Fand ich spannend, denn so fiel mir auf, dass ich keine einzige Aufgabe in meinem bisherigen Leben über eine klassische Bewerbung übernommen habe. Wirklich nicht eine. Und eine Verabredung mit einer künftigen Arbeitgeberin habe ich sogar auf einer Serviette beim gemeinsamen Mittagessen getroffen, mit allen Konditionen und dem ganzen Drum und Dran.

Und weil sie das anregten, habe ich drei Tipps (und einen Bonus Tipp) für den Anfang der Berufstätigkeit gegeben. Die ich hier ungefragt noch einmal aufschreibe.

1.  Durchhalten

Die ersten Jahre sind nicht einfach. Ihr werdet denken, dass ihr nichts könnt. Das macht nichts. Das geht allen so. Und auch mir bis heute immer wieder. 

2. Fragen, fragen, fragen

Nur wer fragt, bekommt Antworten. Kommunikation in Firmen ist de facto eine Holschuld. Wer nicht fragt, wird als Arbeitsbiene eingesetzt. Wer neugierig ist, kann schnell wachsen. Wer Verantwortung übernimmt, macht Karriere. Fragen zu stellen, ist der erste Schritt, um Verantwortung zu übernehmen. Und Verantwortung zu übernehmen, ist der Schlüssel.

3. Dies ist kein Job, dies ist Leidenschaft

Lest, geht ins Museum, schaut Serien (mein Tipp für alle, die Kommunikation machen: Mr. Robot, die beste Fortbildung sozusagen, und eher The Bold Type als Mad Men), redet mit Menschen, engagiert euch in Vereinen, Parteien. Kreativität und Beratung sind eher eine Frage der Haltung als der Ausbildung. Denn die spannenden Unternehmen und Agenturen stellen mehr und mehr nach Haltung ein und nicht nach "Skills".

Bonus Tipp:

Wenn ihr irgendwann mal Führungsverantwortung übernehmen wollt, lernt reiten. Alles, was ich über Führung weiß, habe ich von meinem Pferd gelernt. Und ich bin mir sehr, sehr sicher: wer es schafft, mit Pferden umzugehen und zu reiten, kann auch führen.


13.1.15

Bildungsfernes Schichten

Jugendliche müssen so was sagen. Wirklich. Sonst liefe was falsch. Keine Kritik also, kein Erheben, kein mildes Lächeln von meiner Seite. Wirklich nicht.
Komisch und verquer wird es, wenn das aber Erwachsene begeistert aufnehmen und wenn deren "Medien" das zum Tweet des Tages erklären.

Es erinnert mich an so ziemlich jede Diskussion über Bildung und Schule, die ich mein Leben lang geführt habe. Bereits ganz großartig während der Schulkämpfe in den 80ern in Hamburg - gipfelnd im legendären Streitgespräch unseres stramm Stamokap geprägten Vorsitzenden der SchülerInnenkammer (so hieß die damals) mit Gerhard Meyer-Vorfelder ("MV"), dem damaligen Schulminister in Baden-Württemberg, der sich im Fernsehen zu der Aussage verstieg, die Masse der jungen Leute brauche nur führerscheinähnliche Kenntnisse, wenn sie die Schule verlasse.

Steuern, Miete, Führerschein - klassisches rechtskonservatives Schulziel für die Masse - während die Gedichtsanalyse den wenigen Kindern der Professoren und Ärzte vorbehalten sind, denn wer braucht so was schon.

Call me Bildungsbürger, aber ich finde es großartig, dass wir da heute weiter sind. Mich hat, zumal ich eben gerade nicht aus Arbeiterinnenfamilien stamme sondern aus einer Mischung von Akademikerinnen und Kleinbürgerinnen, die emphatische Kritik am reaktionären Antiintellektualismus heutiger Pseudoeliten sehr berührt, die Georg Seeßlen im Oktober in der Konkret schrieb. Lest die mal, wirklich.

Wo wenn nicht in der Schule, wenn sie nicht aus falsch verstandenem ökonomischen Druck gehetzt und nur auf Anwendungswissen getrimmt ist, kann ich so zweckfrei und nur aus intellektueller Maniriertheit etwas wie Gedichtsanalysen machen? Wo kann ich, nachdem das akademische Studium durch den Bolognaprozess kastriert und auf Linie gebracht wurde, noch denken lernen.

Das macht vielen Jugendlichen keinen Spaß. Aber selbst wenn ich jetzt wie der alte Sack klinge, der ich bin: Selbst die, die sich darüber mokieren, während sie sich aus schicker Langeweile oder tatsächlichem Desinteresse in der Nase popeln oder ihre Haare durch den Mund ziehen, profitieren langfristig davon.

Steuern, Miete, Versicherungen. Lineare Algebra sogar (obwohl ich erst entsetzt war, dass das ins Studium ausgelagert wurde). Das Leben, die Berufsschule oder der Vorkurs an der Uni sind auch noch da.

Mich gruselt es vor Leuten, die die Schule von ihrem Bildungsauftrag befreien und ihr einen Ausbildungsauftrag verpassen wollen. Denn sie verfolgen eine Agenda. Und die ist bestenfalls reaktionär.

1.8.14

Teilhabe in der digitalen Gesellschaft

Ich bin ja vor einiger Zeit in den Vorbereitungsausschuss der Synode (Parlament) der Evangelischen Kirche in Deutschland berufen worden, weil sie sich im Herbst mit dem Thema Kommunikation* des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft beschäftigen wird. Dabei habe ich mich wieder mehr mit ethischen und kirchlich-praktischen Fragen beschäftigt, die sich aus der Digitalisierung ergeben. Ein paar Gedanken bringe ich jetzt ein - wenn es darum geht, meine Kirche in dieser Frage zu positionieren. Hier seien sie einmal etwas unsortiert und unvollständig geteilt. Der etwas pathetisch-appellative Ton ist dem geschuldet, dass es Entwurfssätze für eine Stellungnahme, ein Papier sind. Mal sehen, was von diesen Gedanken die nächsten Monate und Runden überdauert, bis die Synode im November zusammen kommt und was sagt.

* [Update 20.8.] hier stand zuerst "Verkündigung". Das ist aber falsch und auch irreführend, weil wir zwischen Kommunikation (multidirektional in Worten, Bildern, Taten) und Verkündigung unterscheiden.
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Kirche und digitale Räume

Für eine evangelische Kirche als einer Kirche des Wortes und der Kommunikation ist es notwendig, da aktiv und ansprechbar zu sein, wo Menschen zusammen kommen, um miteinander zu sprechen und zu kommunizieren. Die fortschreitende Digitalisierung von Kommunikation, Texten, Bildern und anderen Medien hat einen neuen Raum geschaffen, in dem Menschen dieses tun.

Kirche hat sich in Verkündigung und Kommunikation in ihrer Geschichte immer schon der jeweils innovativsten Mittel und Orte bedient. Bereits Jesus war mehr unterwegs als es zu seiner Zeit üblich war. Paulus und die frühen Gemeinden nutzten das bis dahin fast nur der römischen Politik vorbehaltene System der Briefe und Kopien. Ohne die revolutionäre Technologie des Druckens wäre die Reformation nicht möglich gewesen. Radio und Fernsehen wurden von missionarischen Kirchen seit ihrer Erfindung eingesetzt. Die Chancen der Digitalisierung und der digitalen Netzwerke und des Internet mit Kraft und Überzeugung zu nutzen, steht in einer guten Tradition und ist für evangelische Kirchen alternativlos.

Eine Herausforderung in jeder Medienrevolution ist es, die richtigen Räume und Sprachen zu finden, um das Evangelium weiterhin kommunizieren zu können. Insbesondere die Ent-Räumlichung von Nähe ist dabei eine Rahmenbedingung, auf die evangelische Kirche noch keine Antwort gefunden hat: Wie können unter der Bedingung der Digitalisierung virtuelle und anfassbare Räume und Orte geschaffen werden, an und in denen sich Gemeinde bilden kann und Kirche und Christinnen und Christen sich finden lassen können? Was ist der Kirchturm in digitalen Welten, die zunehmend Teil der Lebenswirklichkeit der Menschen sind?

Die Digitalisierung schreibt die Entwicklung fort, die seit Erfindung der Schrift begonnen hat: Sie macht Kommunikation unabhängiger von Raum und Zeit. Mit der Digitalisierung ändert sich vor allem die Geschwindigkeit dieser Entwicklung. Eine kirchliche Praxis, die Menschen in der digitalen Gesellschaft erreichen will, muss ihren Erwartungen an Verfügbarkeit und Geschwindigkeit entsprechen. Vor allem die Chance, sich in digitalen Räumen finden lassen zu können, kann nur ergreifen, wer in ihnen präsent ist und ihre Medienregeln beachtet.

Die Digitalisierung von Inhalten und Beziehungen hat diese durchsuchbar und auffindbar gemacht. Nur wenn Verkündigung und Kommunikation digital vorliegt oder digital übersetzt ist, wird Kirche weiterhin Teil der Gesellschaft und des Alltags der Menschen sein können. Im neu entstandenen Bereich zwischen "privat" und "öffentlich" ist eine Form der Zugänglichkeit entstanden, den die kirchliche und gemeindliche Praxis nutzen wird.

Christin und Christ in der Welt kann ja nur sein, wer in der Welt lebt. Wenn digitale Räume und Netze für immer mehr Menschen aller Generationen fester Bestandteil ihrer Welt sind, muss es kirchliche Verkündigung und christliches Zeugnis in diesen Räumen und Netzen geben. Ohne aktiv in diese Welt zu gehen, scheitert kirchliche Praxis. Unabhängig von der je eigenen Befindlichkeit und Meinung zu ihnen, ist die Ansprechbarkeit in digitalen Räumen und Netzen auf das eigene christliche Bekenntnis für alle notwendig, die sich der Kommunikation des Evangeliums widmen.

Die Digitalisierung der Gesellschaft hat die Entwicklung beschleunigt, dass es neben der Parochie andere, gewählte Gemeindeformen gibt. Das ist nicht neu, sondern schon durch die Urbanisierung und Globalisierung entstanden. Umgemeindungen waren hier ein Instrument und eine Antwort. Jetzt entsteht durch die Ent-Räumlichung von Heimat und Beziehungen das Bedürfnis nach ent-räumlichten Gemeinden. Für Menschen, die Nähe ohne räumliche Nähe suchen und finden, muss und wird evangelische Kirche Gemeinden (er)finden und Gemeinschaft schaffen müssen, die anderen Menschen fremd sind. Hier Verbindlichkeiten und Verlässlichkeit zu entwickeln, wird nur möglich sein, wenn sich diese Gemeinden in digitalen Netzen bilden können.

Wie in den vergangenen Medienrevolutionen wird es auch bei der Digitalisierung der Gesellschaft darauf ankommen, christliches Leben und kirchliche Praxis so zu interpretieren und beispielhaft zu zeigen, dass Freiheit in Gemeinschaft möglich wird.

Bildung als kirchliches Thema

Lesen und Schreiben hat Menschen ermöglicht, sich mehr Teilhabe zu erobern. Die Kirchen der Reformation haben das immer unterstützt. Medienethische Bildung und Wissen über Wirkung und Wirkweisen von Bildern und Texten helfen Menschen, Manipulation zu erkennen. Und heute hilft ein besseres Verständnis von Digitalisierung, Daten und Netzwerken, Freiheit und Teilhabe zu erlangen. Dies ist eine Aufgabe für eine Kirche der Freiheit.

Die evangelische Kirche hat die Alphabetisierung unterstützt und fördert alle Bildungsoffensiven, die zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe führen. Dazu gehört heute, dass in immer mehr Ländern beispielsweise Algorithmen und Programmiersprachen zum Curriculum der Schulen gehören. Jede Entmystifizierung von Daten und Prozessen ist ein Schritt zu freier Entfaltung. Die Gesellschaft darf nicht in "user" und "loser" zerfallen. Teilhabe in der digitalen Gesellschaft darf nicht abhängig sein von Bildung und Einkommen.

Wissen und Rationalisierung sind Voraussetzungen für Freiheit im Umgang mit Technologien und Medien. Darum setzt die evangelische Kirche digitale Bildung im Sinne von "digital literacy" auf die Agenda ihrer eigenen Bildungsangebote und fördert und unterstützt alle Initiativen, digitale Bildung im gesellschaftlichen Bildungskanon zu verankern..

Und Datenschutz? 

Teilhabe in der digitalen Gesellschaft hat unmittelbare Implikationen auf Datenschutz und Datensicherheit. Für die evangelische Kirche stehen dabei der Mensch und seine Freiheit und Autonomie im Mittelpunkt. Die Vorstellung einer naturgesetzliche Eigendynamik digitaler Prozesse widerspricht evangelischer Sicht auf die Gesellschaft. Dennoch sieht und anerkennt die evangelische Kirche, dass sich Vorstellungen von Datenschutz und Privatsphäre im Verlauf der Geschichte immer wieder geändert haben und weiter ändern. Es widerspricht evangelischem Verständnis, den Status Quo per se für besser zu halten als eine Veränderung.

Die eigenen Regeln zum Umgang mit Daten müssen dem Ziel dienen, das Evangelium in digitalen Räumen und Netzen zu kommunizieren. Datenschutz ist kein Wert an sich und kein Selbstzweck, sondern dient dem Schutz der Menschen vor staatlicher Überwachung. Heute muss dieser Schutz gegenüber Unternehmen und nicht-staatliche Organisationen ausgeweitet werden.

Datenschutz kann und darf aber nicht zum Rückzug aus der Welt und der digitalen Gesellschaft führen. Wo kirchliche Richtlinien eine aktive Kommunikation des Evangeliums in digitalen Räumen und Netzen verhindern oder Mitarbeitende von Kirchen in ihrer Arbeit in diesen Räumen und Netzen behindern, bedürfen sie einer Revision.

7.5.14

Kontinuität und Widerstand

Ich interessiere mich schon lange mehr für die Kontinuitäten als für die vermeintlichen Brüche in der Geschichte. Gerade die (biografischen) Linien über Umbrüche hinweg sind mir spannende Forschungsfelder gewesen. Als ich 1991 bei Werner Durth eine unglaublich dichte und inspirierende Sommerakademie zu Städtbau besuchte, habe ich erstmals einen Historiker kennen gelernt, der dieses methodisch so machte. Sein Buch Deutsche Architekten (Leseempfehlung!) habe ich verschlungen und mehrfach gelesen.

Kontinuität
Ähnlich ging mir das mit dem für mich inspirierendsten Buch der letzten Monate: Writing on the Wall von Tom Standage. Kernthese des Buchs, der ich zustimme übrigens: Social Media ist uralt und die "Normalform" von Mediennutzung über die letzten zwei Jahrtausende gewesen - von der zeitlich fast zu vernachlässigenden kleinen Unterbrechung der letzten 150 Jahre seit der Gründung der ersten Massenzeitung 1843 einmal abgesehen, in der das "Broadcast-Modell" kurz einmal vorherrschte.

Was ich so unglaublich erleichternd und erhellend an Standages Buch finde, ist eben dieser Blick in größeren Zusammenhängen und Linien auf ein Phänomen, das Teilen meiner Generation immer noch Angst macht. Und auf die Komik, mit der sich bei jeder (medientechnischen) Weiterentwicklung die selben Argumente wiederholen. So wie Plato schon gegen Schriften wetterte, weil sie das Denken und Argumentieren schädigten. So wie Erasmus gegen die Druckerpresse wetterte, weil es die Leute dazu verleite, zeitgenössische Schriften und nicht die Klassiker zu lesen. So wie im 17. Jahrhundert gegen die Kaffeehäuser gewettert wurde (aus denen die meisten Erfindungen, Erkenntnisse inklusive Newtons Durchbruch, und bis heute wichtigen Firmen wie die Londoner Börse oder Lloyd's of London stammen), weil die die Studenten und Kaufleute zu Müßigang und mangelnde Produktivität verführten und so weiter. Kennt ihr ja alle, die Argumente.

Und so, wie die historischen Linien in der größeren Sicht spannender werden und Menschen, die sich auch nur rudimentär mit Geschichte und Geistergeschichte beschäftigt haben, angesichts vieler "Diskussionen" heute nur resigniert mit den Achseln zucken lassen, so ist auch der Blick auf Analysen und Begründungen von Widerstand interessant, die es vorher einmal gab.

Widerstand
Darum ist - für mich tatsächlich überraschend, auch wenn ich ihm inhaltlich ja fast immer zustimme, schließlich sind wir eigentlich geklonte Geschwister (sagt man das so?) - Sascha Lobos diesjährige re:publica-Rede der zweite Inspirationspunkt dieses Monats. Zumal er sich an einer entscheidenden, wenn nicht der entscheidenden, Stelle auf den aus meiner Sicht größten Gesellschaftsphilosophen des 20. Jahrhunderts bezieht: Herbert Marcuse. Ich bin mir, auch nachdem ich mit ihm kurz darüber sprach, nicht zu 100% sicher, ob er sich wirklich der disruptiven Kraft bewusst ist, die sein Verweis auf Marcuse in der Diskussion bedeuten kann.

Secundus und sein PferdAber es ist wohl kein Zufall, dass Secundus, noch 16 Jahre alt, sich Marcuses aus meiner Sicht wichtigstes Buch Der eindimensionale Mensch (Lesebefehl! Echt jetzt!) am letzten Wochenende aus meinem Bücherschrank nahm und begonnen hat, es mit Genuss zu lesen. Er trägt ja auch eine ähnliche Frisur wie der Herr Lobo, wenn auch aus anderen Gründen.

Marcuse war schon in der Generation meiner Eltern einer der wichtigsten Denker und Argumentierer des Widerstandes. Und ein brillanter Analytiker von Gewalt (die nach seiner Definition immer nur aus einer Machtposition heraus ausgeübt werden kann, weil das, was andere Gewalt nennen oder Terror, wenn er nicht aus der Führungsmacht der Elite heraus kommt, eben keine Gewalt sei sondern Widerstand) und der Macht in den Strukturen und Technologien. Was ja auch der Punkt ist, den Sascha anspricht und von ihm aufgreift.

Manchmal wünsche ich mir, dass die Diskussion über die Sicherheitsesoteriker und Kontrollfanatiker mit mehr historischen Kenntnissen geführt würde. Eine Lektüre von Standages Buch (kommt wohl dieses Jahr noch auf deutsch raus) und das Ansehen von Lobos Rede kann dazu der erste Schritt sein. Und wer richtige Lektüre ertragen und verstehen kann, sollte dringend Marcuse lesen.

Und dann reden wir weiter, ok?




Update 8.5.:
In dem Sinne: Weitermachen
(Hinweis auf das Bild fand ich bei André Vatter, der es anders sieht als ich)

7.6.13

Das Arschloch ist die arme Sau

Es gibt zwei Arten von Arschlöchern. Die, die arrogante Einzelgängerinnen sind. Und die, die sich als mainstreaminges Mobbing-Arschloch gefallen. Gegen letztere wettert Thomas Gigold.
Arschloch sein hat in meinen Augen nichts damit zu tun, kaltherzig auf Menschen herum zu trampeln. Ihr beiden macht aber gerade genau diesen Eindruck. Prima, wirklich. (Ihr Arschlöcher)
Er richtet sich (und um das gleich zu sagen: ich stimme ihm aber so was von zu) gegen zwei Leute, die ich in ihrer rotzfrechen und arroganten Art eigentlich sehr schätze. Und die ich ja nun auch schon seit rund zehn Jahren online und offline kenne. Und auch als Typen tatsächlich schätze, weshalb ich Thomas' Irritation auch teile. Felix Schwenzel und Robert Basic.

Warum ich Thomas dankbar bin für seinen Artikel: Weil er genauer hingelesen hat als ich. Weil ihm auffiel, dass es zwar launig klang und harmlos, dass es das aber nicht ist. Und weil es eben nicht um eine raue Schale mit einem weichen Kern geht - sondern weil die beiden zwar mehr oder weniger sagen, dass sie so nicht mehr sind (so verstehe ich Felix' Kommentar in Thomas' Blog), aber eben weitgehend unkritisch davon berichten, dass sie als junge Leute echt arme Säue waren mit sehr wenig Selbstwertgefühl.

Denn zum Mobbing wird Arschlochsein ja erst, wenn sich die Arschlöcher in der Gruppe verstecken. Wenn sie nicht arrogant-einsam sind sondern armselig-angepasst. Und genau da setzt das ein, was meine Großmutter "Herzensbildung" nennt. Was nach meiner Erfahrung aber weniger mit Bildung als mit Charakter zu tun hat. Und sich schon früh ausbildet. Zumal ein arme-Sau-Sein keine Entschuldigung ist für irgendwas.

Ich weiß, dass es ein schmaler Grat ist. Sozusagen auch aus eigener Erfahrung. Vielleicht hat mich vor der arme-Sau-Variante des Arschlochs nur geschützt, dass ich immer Außenseiter war, wer weiß. Vielleicht aber auch, dass ich meine Arschlochanfälle eher auf die Mainstreamanführerinnen gerichtet habe. Und richte.

Kritik, auch harte Kritik, auch unsachliche Kritik, auch Kritik, die persönlich wird, ist das eine. Ein lapidares mehr oder weniger unbeteiligtes Reden darüber, dass ich jemanden von der Schule gemobbt habe, etwas anderes.

***

Wie schmal der Grat ist, habe ich selbst vor etwa zwei Jahren erlebt. Ich hatte mich längere Zeit schon mehr oder weniger offen, aber immer öffentlich und mit offenem Visier über einen Mainstreamanführer lustig gemacht, den ich für schlecht hielt in dem, was er tat. Also qualitativ und intellektuell schlecht, als Menschen konnte ich ihn nicht beurteilen. Und mich mit Lust und Freude in sinnlose Diskussionen, teilweise über Bande, geworfen.

Irgendwann hörte ich, dass er sich von mir verfolgt fühle und glaube, ich hätte mich mit zwei anderen gegen ihn verschworen. Das hat mich tatsächlich erschreckt, denn das war weder mein Ziel noch mein Wunsch. Und das macht mich auch nicht stolz, vor allem nicht, dass ich das nicht merkte. Ich denke, dies war tatsächlich hart an der Grenze zum Mobbing, vielleicht auch über die Grenze hinüber. Jedenfalls habe ich in dem Moment alle Kommunikation mit ihm eingestellt, ihn aus allen Strömen herausgenommen, auf denen er mir begegnen könnte, ihn blockiert, so dass er nichts von mir in den falschen Hals bekommen kann oder auf sich beziehen kann, was nicht auf ihn bezogen ist, und so weiter.

Das Thema beschäftigte mich weiter. Und zeigte mir, dass auch eine eigene große Reichweite (seine ist sehr viel größer als meine) nicht immunisiert.

Warum ich dies jetzt, zwei Jahre später, schreibe? Weil ich zwar empört und entsetzt bin aber nicht selbstgerecht sein will. Weil es einen Unterschied macht, ob ich aus eigener Bosheit oder Freude oder Arschlochigkeit schreibe/handele oder weil ich mich damit in einer Gruppe positioniere. Und weil ich sicher bin, dass ein Aufhören schwerer ist, wenn ich eine arme Sau bin, die ihr Selbstbewusstsein aus der Anerkennung in der Gruppe und auf Kosten anderer zieht.

30.5.13

Bildung oder Untertanen

Als ich meine Überlegungen zum Informatikunterricht schrieb, war mir gar nicht klar, dass das aktuell ist. Dass bei der Zerschlagung des Naturwissenschaftsunterrichts an Hamburger Stadtteilschulen die Informatik für alle dran glauben muss. Es schloss sich dann gestern und heute unter Leuten, die sich in Hamburg mit Bildungspolitik beschäftigen, eine teilweise interessante, teilweise abstruse Diskussion an. Wie so oft mit einem unbestreitbaren Highlight: Herrn Walter Scheuerl (für Nichthamburgerinnen: der Anwalt, der die Elbvorortemuttis gegen die Primarschule mobilisierte und mit dem sich jetzt die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft rumärgern muss, zugleich Vorsitzender des Schulausschusses des Parlaments).
Dieser Tweet ist nur einer von vielen, die zwar wirken, als wäre da schon eine von mir auch oft bevorzugt Flüssigkeitsaufnahme vorher erfolgt, aber nach Auskunft einer sicheren Quelle nüchtern aus der Bürgerschaft heraus erfolgten. Andere Höhepunkte waren Hinweise darauf, dass Informatik nur was für Experten und dass das gesamte Thema eh seit 2000 gescheitert sei. Lest einfach mal Scheuerls Tweets, wenn ihr stark genug seid. Mir geht es an sich nicht um diesen Mann und seine Groupies, denn die Argumente sind bis in meine Partei populär und werden heute auch vom Sprecher des Schulsenators im Abendblatt benutzt, der wiederum bis vor kurzem oberster Elternvertreter der Stadt war.
Was mich an der Diskussion so ärgert, ist, dass zum einen so viele Dinge vermischt werden, dazu mein Beitrag neulich. Medienerziehung, Medienkritik etc. und Informatik sind zwei paar Schuhe, wiederhole ich auch gerne noch mal.

Und dass es bei Informatik zum anderen um etwas anderes geht. Es geht darum, dass wir Rüstzeug bekommen, einige der wichtigsten und mächtigsten Ordnungssysteme unserer Welt nachvollziehen zu können. Nicht um mehr. Im Sinne des exemplarischen Lernens (ok, das werden ideologisch vernagelte Leute, die sich mit Bildung beschäftigen, auch nicht wollen oder verstehen) kann dabei helfen, eine oder mehrere Programmiersprachen zu lernen, einen aktiven und - vor allem - passiven Wortschatz zu entwickeln, um Code zu lesen und sich nicht von Expertinnen abspeisen zu lassen, wenn ich Fragen habe.

Wer nicht wenigstens rudimentäre Kenntnisse darin hat, Code zu lesen (nicht zwingend zu programmieren), ist künftig diesen so genannten Expertinnen genau so ausgeliefert, wie jemand, die nicht die Grundzüge des Zinsrechnens gelernt hat oder (beispielsweise anhand von Sprachunterricht) Quellen- und Kulturzusammenhänge. Was also offenbar will, wer so vehement wie Scheuerl und andere (auch in anderen Parteien, auch in meiner) gegen einen flächendeckenden Informatikunterricht agitiert, sind Untertanen.

Also das Gegenteil von Bildung. Bildung hat immer das Ziel, Menschen mündig und unabhängig zu machen. Das unterscheidet Bildung von Ausbildung. Anders als die Forderung von Handelskammer und Unternehmen nach Informatik- und Wirtschaftsunterricht vermuten ließen, geht es am Ende bei diesen Fächern gar nicht um Ausbildung, um Berufsfähigkeit. Sondern um ein im Kern humanistisches Bildungsideal.

Darum, die Welt zu verstehen, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Darum, die Chance zu bekommen, die Einlassungen so genannter Expertinnen zu überprüfen. Ihren Code lesen zu können, ihre Rechnung nachvollziehen zu können, ihre Prognosen mit der Vergangenheit zu vergleichen.

tl;dr
Zu einer Bildung im klassischen Sinne, die für die heutige Welt ihre Aufgabe erfüllen kann, gehört neben Latein und Englisch und Mathe und Lesen eben auch Informatik.

4.12.12

Der Schoß ist fruchtbar noch

Ich hielt die Bundeszentrale für politische Bildung für eine seriöse Institution, zumindest war sie das in den 80er Jahren nach meiner Erinnerung. Und aus irgendeinem Grund bin ich erst heute über eine kurze, empörte Twitternachricht auf diesen Fall aufmerksam geworden. Da ich mich dann empörte und viele Leute in meinem Umfeld das Video auch noch nicht kannten, sei es hier noch einmal aufgerollt. Denn ich bin so wütend. Aber so was von.

Um es vorweg zu sagen: Ich denke, dass wir es hier mit einem ganz selbstverständlichen Auswuchs des absurden Extremismusbegriffs der Bundesregierung und ganz besonders der Kristina Schröder zu tun haben - etwas, das bei einer so brandgefährlichen reaktionären Politikerin nun mal rauskommt und bei denen, die ihr zu lange zuhören (will ich jetzt mal als Ehrenrettung für die Leute vermuten, die für dieses eklige, dumme und gefährliche Video verantwortlich sind).

Es geht um das Video hier unten, das die Bundeszentrale für "politische" "Bildung" inzwischen wieder zurück gezogen hat, sich aber gegenüber der taz weinerlich über den scharfen Tonfall der Kritik beschwerte und sich mit dem Hinweis auf eine "lernende Organisation" herausredete (wie armselig ist das denn bitte?). Mein Dank gilt ausdrücklich dem epd, der das Thema offenbar in etliche Zeitungen brachte.

Grob zusammengefasst, sagt die bpb in diesem Video: Wenn Nazis Einwanderer umbringen, machen die das nur, weil sie dagegen protestieren, dass "Linke", die aussehen wie einer meiner Söhne, Autos abfackeln. Und darum führen die Nazis einen Privatkrieg gegen meinen Sohn & Co, indem sie in ganz Deutschland Einwanderer erschießen. Man kann gar nicht "bildungs- und politikfern" (O-Ton bpb laut epd-Meldung) genug sein, um das misszuverstehen.



Ja, der Sprecher der bpb hat Recht, wenn er gegenüber epd einräumt, einige Formulierungen seien "unglücklich gewählt". Und ich bin ja PR-Profi genug, um zu wissen, was die Formulierung "unglücklich gewählt" heißt: Schiet, wir haben uns erwischen lassen. Denn die gesamte Reaktion der bpb, jedenfalls so weit ich sie sehen kann, trieft so komplett vor Unverständnis gegenüber der Kritik, dass es sehr schwer fällt, den Leuten, die das Video fabriziert haben, nicht Bosheit und Absicht und einen derart kruden Extremismusbegriff zu unterstellen, dass sie eigentlich ein Fall für den Verfassungsschutz wären.

Überhaupt die Ästhetik und Sprachwahl des Videos (mal abgesehen von den komplett verdrehten Fakten und den Unworten, die sie verwenden). Ein guter Freund, der sich mit der Ästhetik von Propagandafilmen gut auskennt und selber auch Filmer ist, kommentierte heute Abend dazu:
"Es herrscht Bombenstimmung in Deutschland. Und wie sehen Extremisten aus? Die Linken riechen ein bisschen besser." Ehrlich gesagt: Das klingt (und sieht auch so aus, und ist wirklich ähnlich gemacht) wie das Zeug der Nationalsozialisten aus den 40er Jahren. Das kann mit einer lernenden Institution so nichts zu tun haben. Das hatten wir schon. Da gibt es nichts mehr zu lernen.
Über die krude Benutzung der Worte "rechts" für Nazis und "links" für  - ja, was eigentlich? - will ich an dieser Stelle kein Wort weiter verlieren, dass sich diese Worte gerade im Sprachgebrauch ändern, ist bedauerlich aber wohl Fakt. Aber so komplett Verdummung zu betreiben, ist selbst, wenn Pro Sieben wirklich Ko-Produzent des Videos ist, krass.

Nur eines ist gut an diesem Video: Es zeigt sehr deutlich, dass der ideologische Extremismusbegriff der Bundesregierung und von Frau Schröder, der ja ohnehin von nahezu niemandem geteilt wird, der oder die mit Nazis oder mit linksradikalen Menschen arbeitet, genau das ist, was er ist: eine reaktionäre Propagandaschöpfung, die keine Verbindung zur Realität hat.

Und was meinen Sohn freuen wird: Ich bin ob seiner Provokation mit seinem Haar"schnitt" nicht mehr so - äh - provoziert. Und dank bpb weiß ich nun, dass ich sehr aufpassen muss, wenn ich ihn oder meinen Neffen in unserem SUV rumkutschiere. Nicht, dass die noch ihrer normalen Tätigkeit nachgehen und es abfackeln, damit die Nazis endlich wieder Einwanderer umbringen dürfen. Oder so.



Sagte ich schon, wie wütend ich bin?

18.2.11

Alle Kreter sind Lügner

Immer. Sagt Epimenides der Kreter.

Guttenberg hat also offenbar bei seiner Doktorarbeit betrogen*. Er wurde promoviert, obwohl er die Arbeit, nach allem, was bis heute an nicht belegten Zitaten aufgetaucht ist, nicht der Promotionsordnung entsprechend angefertigt hat, also nicht hätte promoviert werden dürfen.

Ob das ein Rücktrittsgrund ist, ist mir im Grunde egal, auch wenn ich persönlich, aufgrund meiner persönlichen Vorlieben, dieses für schwerwiegender halte als beispielsweise ein Empfehlungsschreiben auf Ministerpapier, also als den Rücktrittsgrund von Möllemann damals.

Was mir ganz und gar nicht egal ist sondern mich - auf deutsch gesagt - tatsächlich und massiv ankotzt, ist der Versuch mancher seiner Verteidiger oder so genannter "Neutraler", sein akadamisch unfragwürdiges Verhalten als Regelfall hinzustellen. Denen, die glauben, das machten doch alle Leute so, die sich promovieren lassen wollen, sei der ruhige und abgewogene Blogeintrag von Anatol Stefanowitsch im Wissenslog empfohlen.

Ich finde es ein Unding, dass hier alle oder zumindest viele Akademiker in Sippenhaft genommen werden sollen für ein individuelles Fehlverhalten. Dafür, dass ein offenbar schwacher Mensch so schludrig eine "wissenschaftliche" Arbeit anfertigt, dass er ganze Passagen - und hey, dabei handelt es sich nicht um marginale Einzelsätze, das kann einem nachlässigen und flusigen Menschen sicher mal passieren - abschreibt, vor allem solche, die er als seine Meinung und Schlussfolgerung verkauft, dafür also gibt es keine akademisch vertretbare Entschuldigung. Das ist einfach nur frech oder schlecht oder Betrug. Egal welche dieser drei Möglichkeiten am dichtesten an der Realität ist: Es ist nicht das akademische System an sich. Es ist das Fehlverhalten eines möglicherweise Überehrgeizigen.

Guttenberg allein beschädigt das wissenschaftliche System nicht damit. So was kommt vor, die Arbeit wird zurück gezogen werden, der Titel wird als nicht gegeben gelten, Ende. Aber weil er der einzige ist, der Frau von der Leyen als künftige Führungsfigur der Union verhindern kann, springen ihm - ich hoffe wider besseres Wissen - nun viele bei, die damit, dass sie ihn verteidigen, dass sie sein Vergehen vielleicht sogar als (aus akademischer Sicht, und nur um die geht es hier) nicht so schlimm oder gar üblich beschreiben (werden), den Wert akademischer Arbeit an sich verächtlich machen.

Was ich daran besonders pervers finde (und was mich wirklich zornig macht): Wer immer jetzt die Nicht-So-Schlimm- oder Das-Machen-Doch-Alle-Karte spielt, bedient die populistischen Vorurteile, alle Akademiker seien faul. Wissenschaft sei Humbug, Forschung und Forschungsarbeit (die beispielsweise mit Promotionen belohnt wird) eigentlich dämlich oder irrelevant. Und die Akademiker kupferten doch eh alle nur voneinander ab.

In der ganzen Plagiatsdingens gibt es nur einen Sieger: Guttenberg, der populärer sein wird als vorher. Und zwei Verliererinnen: Bildung und Wissenschaft. Und damit schadet Guttenberg mit seiner Leugnung und schaden seine Verteidiger und die, die seine Verfehlung kleinreden, unserem Land, das Bildung und Wissenschaft braucht.

Ich glaub, ich kotz noch ne Runde.


* Ja, ich bleibe bei meiner Formulierung, denn ich halte es für einen wissenschaftlichen Betrug, in einer wissenschaftlichen Arbeit (die hier der Promotion zugrunde liegen soll) Zitate nicht als solche sichtbar zu machen. Außerdem verstößt dieser Betrug gegen die guten Sitten und führt dazu, dass unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ein (materieller, gesellschaftlicher) Vorteil erlangt wird, den eine Promotion in diesem Land immer noch darstellt.

21.9.10

Das leuchtet mir nicht ein

Ich bin ja als Vater von vier Kindern und Höchstsatzzahler von allem, was Kingergärten in dieser Stadt betrifft, überproportional betroffen. Und trotzdem leuchtet mir die Volksinitiative für kostenfreie Kindergärten nicht ein.

Einerseits klingt es verlockend: Kostenfrei, sechst Stunden, ab zwei Jahren - alles Punkte, von denen ich profitieren würde, zweifellos. Aber: kostenfrei stimmt ja nur oberflächlich. Denn auch der (wie immer man ihn selbst empfindet, aber trotz allem angesichts der Gesamtkosten noch) moderate Elternbeitrag muss dann aus dem Haushalt finanziert werden - und das heißt aus Steuern.

Und hier liegt ein Problem: Denn das Steuersystem ist in diesem Land grundsätzlich nicht gerecht. Faktisch (angesichts der jeweiligen Leistungsfähigkeit) bedeutete eine Steuerfinanzierung der Kindergärten, dass die Mittelschicht die Kindergärten alleine finanzieren wird, während die einkommensstärksten Gruppen faktisch entlastet werden (die Eltern, die keine Steuern zahlen, weil sie zu wenig verdienen, zahlen auch jetzt kaum Kingergartenbeiträge).

Jede Umschichtung des einkommenabhängigen Elternbeitrags ins Steuersystem kommt also eine Umschichtung der Lasten von oben nach unten gleich. Das kann nicht im Sinne von Eltern sein, die ihre Sinne beieinander haben (und schon gar nicht von Linken und SPD, die entweder schon ihre Unterstützung angekündigt haben oder noch schwimmen. Kein Wunder, dass die Neokonservativen um Scheuerl auf den Zug aufspringen, passt ihm zumindest wirtschaftlich in den Kram).

Das heißt nicht, dass ich die letzten Beitragserhöhungen nicht für einen Fehler halte, der dringend korrigiert werden muss. Aber die mittlere und untere Mittelschicht zu faktischen Alleinfinanzierern der Kindergärten zu machen, halte ich für noch falscher.

Update 22.9.
Im Verlauf der Debatte über die Initiative des LEA sind noch einige weitere wichtige Argumente aufgetaucht, die mich zweifeln lassen, dass dies der richtige Weg ist, den die Initiatoren vorschlagen. Also wenn die sozialen Gründe nicht stimmen sollten (siehe Kommentare, ich bin da auch noch unsicher), dann gibt es mindestens zwei weitere:
(1) Wenn es wirklich um frühkindliche Bildung geht, die kostenfrei und wichtig sein soll, dann muss sie auch verpflichtend sein. Kindergartenpflicht = Kostenfreiheit. Zugleich bedeutet das dann aber auch, dass anders ausgebildetes Personal nötig ist.
(2) Wenn es um sechs Stunden geht - und das fordert die Initiative als Rechtsanspruch - kann es nicht ausschließlich um Bildung gehen, sondern dann geht es eben auch um Kinderbetreuung. Und es ist zwar vielleicht wünschenswert für uns Eltern, aber schlicht nicht einzusehen, warum wir für die Betreuung unserer Kinder nicht auch einen (kleinen) Beitrag leisten sollen. Und weil das "klein" in diesem Zusammenhang so oft bestritten wird: Wo bitteschön könnte ich für 500 EUR im Monat (Höchstsatz, also als Gutverdiener) eine 12-Stunden-Betreuung für mein Kind an fünf Tagen in der Woche bekommen (mal abgesehen davon, ob das wünschenswert ist)? Wie will ich mein Kind für 21 EUR vier Wochen lang voll mit allen Mahlzeiten versorgen?

Ich denke, dass die Diskussion schief ist. Ich könnte ja auch freie Heimplätze für meine Großeltern fordern, damit ich da nicht bei Pflegestufe 3 noch 2.000 EUR im Monat zubezahlen muss (meine Großeltern, so sie noch leben, sind noch nicht pflegebedürftig, das war nur ein Beispiel).

Es ist viel im Argen in Kindergärten und im Gutscheinsystem. Die Initiative greift aber die falschen Punkte an.

10.2.10

Wer das Internet für überwiegend schädlich hält, muss ein Menschenfeind sein

Christian Stöcker von Spiegel Online hat vorgestern einen großartigen, knackigen und allgemein verständlichen Vortrag gehalten, dessen 13 min sich jede und jeder einmal kurz antun sollte. No further comment. Full ACK.



(via Carta, gefunden über buzz, ist es also doch zu was gut, dieses neue Googleding)

14.7.09

Ich bin Zeitungskäufer

Und fühle mich gut. Nicht nur, weil ich meine Kinder (zwischen vier und dreizehn Jahren inzwischen) nach und nach an eine alte und mir liebe und vertraute Kulturtechnik heranführe, sondern auch, weil ich weiß, dass ich nicht allein bin:



had tip via Twitter (Mario Sixtus)

6.6.09

Krebskanon visualisiert

Mehr oder weniger durch Zufall bin ich zum ersten Mal seit Jahren wieder bei Jörg Kantel im Blog gewesen und auf diese großartige Visualisierung eines der faszinierendsten Stücke der Musikgeschichte gestoßen:



via Gödel, Escher, Bach revisited – Der Schockwellenreiter

Un dabei ist mir angesichts der Überschrift wieder aufgefallen, dass ich Gödel, Escher, Bach immer noch nicht gelesen habe, ja es noch nicht mal besitze....

Muss ich irgendwann ändern. Unbedingt.

1.1.08

Ich liebe Kochen

Aber den Koch finde ich widerlich (bitte auch die Kommentare lesen, da ist auch viel widerlich). Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn rassistisch nennen will oder "nur" widerlich. Aber widerlich finde ich ihn wirklich.
Ach ja: Sagte ich schon, dass ich Roland Koch schon immer widerlich finde?

Ich bin Cem dankbar, dass er das Thema weiterverfolgt hat, als ich politisch schlief.
Wer aus Machtgier und aus Kalkül absichtlich oder auch nur fahrlässig mit dem Feuer spielt, ist ein Brandstifter und gehört nicht in die Verantwortung. Solche Texte und diese Gesinnung stärken nur Rechtsradikale und Neo-Nazis. Eine Frau Merkel oder ein Ole von Beust in Hamburg haben ihrem Parteifreund Koch nicht widersprochen und haben sich von ihm nicht distanziert. Landtagswahlen: Demokratie gegen Rechtspopulismus « Sprechblase
Was mich als Vater jugendlich werdender Kinder und Verwandter von Jugendlichen in Städten mit sehr hohen Ausländeranteilen besonders verstört und anwidert, ist, wenn ich sehe, wie fruchtbar der Boden ist, auf den einer wie Koch da spekuliert.

Es ist angesichts dieser Hetze (und ja, das ist Hetze) schon schwierig und erfordert ein gerüttet Maß an Abstraktionsvermögen, individuelle negative Erfahrungen mit Gleichaltigen mit Migrationshintergrund nicht pauschal rassistisch zu interpretieren.


Das gelingt nicht sehr vielen Jugendlichen, die ich kenne - und das erschreckt mich. Und das ist imho das eigentlich Widerliche an Kochs Kampagne. Und erschwert die Bildungs- und Erziehungsaufgabe unglaublich, vor der jede von uns steht.


Und unser Bürgermeister? Wie immer
(Haaaaalloooo!!! - der nette Ole hat damals den Schill ins Amt gehievt, das sollten wir nicht vergessen):

Der tut nix.
Der will nur (weiter) spielen…

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30.10.07

Teufelszeug

Ja, ich weiß - für Katholiken mag es kaum einen Unterschied machen, weil beides Teufelszeug ist. Aber für uns Evangelen, erst Recht für einen orthodoxen Lutheraner wie mich, ist morgen nicht etwa dieser komische irische Totentanzdingens sondern Reformationstag. Zwar haben wir nicht mehr frei und ich bin auch stressig unterwegs, aber es ist doch immerhin der 490ste Jahrestag des faktischen Auftakts zur Reformation.

Aber weil ich zwar Fundamentalist bin aber nicht weltfremd, dürfen meine Jungs (naja, die beiden großen zumindest) trotzdem auf die Partys gehen, die die Heiden rund um diesen anderen Kommerzkram veranstalten. Sagen, was wir davon halten (also nicht von ihrem Partygehen sondern vom Anlass der Party), tun wir dennoch.

3.10.07

dritter Oktober

Was für ein zufälliger Zufall, dass ich gerade gestern meiner impertinenten Gleichgültigkeit der deutschen Einheit gegenüber einen Beitrag gewidmet hatte. Denn es ist ja wirklich so, dass mir dieser Feiertag gerade jetzt, wo wir alle angeschlagen sind, sehr zu Pass kam, aber ich mit ihm nichts verbinde.

Dabei weiß ich noch genau, wie ich ihn damals vor 17 Jahren erlebt habe:

Ich war auf einer Sommerakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes in Molveno im Trentino. Und nahezu allen von uns, so unterschiedlich wir waren (wir hatten im Grunde kaum mehr gemeinsam als dass man uns allen immer wieder erzählte, dass wir die kommende Elite dieses Landes seien), ging die Feier und das Feuerwerk daheim am Allerwertesten vorbei. Wir saßen am Ufer des Sees und hatten ein paar Flaschen Hauswein und etwas Grappa dabei, vielleicht waren wir an dem Abend auch oben auf der Hotelterrasse geblieben. Einige von uns Jungs haben Barbershop geprobt. Es waren zwei tolle Wochen.

Was ich witzig finde, ist, dass auch die wenigen Teilnehmer aus der DDR (als wir losfuhren, gab es die ja noch) da nicht euphorischer waren. Im Gegenteil, kam es mir sogar vor.

Heute haben wir nun ganz standesgemäß auf dem Fahrrad in einem Naherholungsgebiet verbracht, dass wir der deutschen Einheit verdanken - denn der Truppenübungsplatz Höltigbaum war ja nun nicht mehr nötig.



Die Pause hat Quarta verschlafen. Und Tertius war gar nicht erst dabei, sondern mit einem Freund unterwegs. Und abends dann Vacherin aus dem Ofen mit selbst gebackenem Baguette und ein paar Pfifferlingen. Nun aber Sauna...

19.6.07

Kein Wunder

Manchmal wundere ich mich überhaupt nicht, dass das mit der Schule so ist, wie es ist. So mühsam und so - hmm - gestaut. Wenn den jungen Wilden schon in der Ausbildung jede Motivation genommen wird. Wenn praxisfern theoretisiert wird. Wenn es von Anfang an so schwerfällig ist.

Wen wundert da noch, dass viele Lehrerinnen und Lehrer schon halb ausgebrannt anfangen, wenn sie dann fertig sind? Nein, da wollte ich nicht tauschen.

Ich erlebe Schule ja jetzt wieder von Innen - als Mitglied im Elternrat und Beobachter dessen, was meinen beiden Großen passiert. Und von Weitem über Familie und Freunde, die in Schulen arbeiten.

Irgendwas läuft das gewaltig schief - von der Ausbildung angefangen über die Arbeitsorganisation bis hin zum "Reform"tempo. Mein Eindruck ist, dass es eher eine Systemfrage als eine der persönlichen Leistung einzelner Kollegen ist. Und wenn dann die Lehrer, die ich als Vater als besonders toll erlebe, auch besonders umstritten unter Eltern sind, dann wird mir klar, wie sehr gerade wir Eltern ein weiterer Belastungsfaktor sind. Selbst wenn wir keine Psychopathen sein und den Lehrerinnen unserer Kinder nicht mit Schlägen drohen sollten...

Ich denke, es wird wirklich Zeit für einen radikalen Systemwechsel, denn das fünfgliedrige Schulwesen kann nicht mehr.

7.6.07

Cicero

Latein wird ja in dem Moment spannend, in dem man die holperige Sprache Caesars hinter sich lässt und über das Kleine Latinum hinaus kommt. Elegante Reden von Cicero, Lyrik von Horaz und anderen. Ich hatte außerdem einen Lehrer, der brillante Stehgreifreden in gutem Latein halten konnte.

Cicero haben wir recht viel gelesen damals. Und jetzt habe ich es wieder getan - allerdings nicht auf Latein, das kann ich nicht mehr gut genug. Robert Harris hat einen faszinierenden Roman über Ciceros Aufstieg ins Konsulat geschrieben, mit dem eleganten Kunstgriff, Ciceros Sekretärsklaven als Ich-Erzähler auftreten zu lassen. Ohne dass ich mich in den letzten Jahren wirklich und intensiv an Ciceros Reden hätte erinnern können, kam mir das alles wunderbar vertraut und bekannt vor. Es war ein merkwürdiges Gefühl, aber schön, es hatte was von nach Hause kommen.

Und da Harris' Buch gefällige Alltagsliteratur ist, ging es schnell und entspannt. Sein erstes Römer-Buch (Pompeji) habe ich mir nun im Original als Audiobook vorgemerkt und werde es mit meinem Abo Mitte des Monats einlösen...

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22.5.07

Ein Held nicht nur meiner Jugend

Heute hat der großartige Zeichner Hergé Geburtstag. Nicht wirklich, weil er 1983 gestorben ist, aber er wird im Prinzip 100.

Ich liebe bis heute seine Tim und Struppi-Abenteuer, als sie neu übersetzt und handgelettert rauskamen, hab ich sie mir endlich schenken lassen, inklusive dem schrägen und latent rassistischen "Tim bei den Sowjets", mir feht nur noch "Tim und die Alphakunst" (warum eigentlich?)...

Meine Jungs, zumindest die beiden großen, zunehmend auch der dritte, obwohl der noch nicht lesen kann, haben mit meinen Timm und Struppis ihre ersten Leseschritte gewagt, für mich waren die Bände früher ein Hauptgrund, in die Bücherhalle zu gehnen (neben so dünnen Büchern wie Tolstois Krieg und Frieden und so). Mit ihnen habe ich Stunden bei Bs Bruder zugebracht.

Ja, ich weiß - Tim ist aus heutiger Sicht alles andere als politisch vertretbar, zumindest seine frühen Abenteuer. Tim in Afrika ist eine krude und rassistische Geschichte, die allzusehr an die Weißenromantik Karl Mays erinnert. Aber trotzdem ist es ein toller Comic, der mehr noch als Asterix meine Begeisterung für diese Literaturform geweckt hat (Ich mein, Asterix war unter uns Bildungssnobs ein Selbstgänger, die frühen Bände auch unbetritten um Klassen besser als Tim und Struppi. Aber Hergé war eben ein richtiger Comic-Autor).

Bis heute lese ich bestimmt einmal in der Woche in einem der Bände. Und ich liebe sie noch immer. Vielleicht auch wirklich immer mehr...

5.4.07

Bildungsnotstand

Da haben wir unseren Dritten in einem Kindergarten, den er glücklicherweise im Sommer in Richtung Vorschule verlassen wird. Es ist in den letzten Monaten immer schlimmer geworden dort, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Leitung ein eher eigenwilliges (soll man sagen skandinavisches?) Verhältnis zur Elternmitbestimmung und zu Diskussions- und Informationswünschen hat.

Bizarr aber ist die Tatsache, dass sprachliche Förderung der Schwerpunkt ist - und beide "Haupt"erzieherinnen grammatikalisch nicht sattelfest sind. Oder dass der Kindergarten nicht mal in der Lage ist, uns auf einen Gesprächswunsch hin einen fehlerfreien Brief zu schreiben (Komma und Ausdruck).

Ja, ok, ich bin ein Snob. Aber muss das sein?
*stöhn*

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