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18.1.14

Eine Bischöfin muss auf Facebook sein

Dies ist ein Beitrag, den ich für die Evangelische Zeitung geschrieben habe, die dieses Wochenende erschienen ist. Er ist Teil eines Pro und Contra zu diesem Thema. Das Contra hat Lars Harden geschrieben.
Ob die Bischöfin zum Empfang der Landesregierung geht oder der Regionalzeitung ein Interview gibt, kann sie nicht anhand von Sympathie oder Lust entscheiden. Es gehört zu ihrem Job. Denn egal, ob wir es (theologisch) gut finden oder nicht: die Bischöfin ist eben nicht nur Pfarrerin – sondern in und mit ihrem Amt ein Symbol für Kirche, sozusagen der Kirchturm, den ich auf dem Markt der Meinungen und Deutungsangebote von überall her sehen kann.

Darum haben Bischöfinnen Briefe geschrieben, die von den Kanzeln verlesen wurden. Darum geben sie Interviews in Radio und TV. Darum ist ihre Weihnachtspredigt nicht nur eine von vielen Predigten. Und darum muss eine Bischöfin auf Facebook sein.

Denn Facebook ist heute ein Raum, in dem die Mehrheit der Erwachsenen in diesem Land sich mindestens hin und wieder aufhält (und übrigens nicht, wie oft gedacht, die Jugendlichen, die sind schon weitergezogen). Und egal, ob wir oder die Kirche oder unsere Datenschützer das gut finden oder nicht – Facebook ist ein Raum, in dem viele erwachsene Menschen in ihrer Freizeit gerne sind. In dem sie sich mit Menschen unterhalten, die sie kennen. In dem diejenigen, die keine gedruckte Zeitung (mehr) lesen, einen großen Teil ihrer Nachrichten beziehen, weil sie da jemand verlinkt, also weitersagt. In dem sie Personen, Marken, Stars, Institutionen erlauben, ihnen zu sagen, was gerade passiert – und bei ihnen „gefällt mir“ klicken.

Facebook ist darum heute für die Kirche ein idealer Raum für Mission. Menschen sind aufnahmebereit, können emotional angesprochen werden. Wer Mission als die Mischung aus Rausgehen mit der Botschaft auf den Markt einerseits und einer offenen Tür mit niedriger Türschwelle andererseits begreift, wird und kann einen der größten Marktplätze und eine der weitesten Türen nicht ignorieren, die uns kommunikativ heute zur Verfügung stehen.

Eine Bischöfin ist eine Person der öffentlichen Lebens und der öffentlichen Verkündigung. Neben den anderen und schon länger etablierten Kanälen ist Facebook eine gute Möglichkeit, ihren Auftrag zu erfüllen: Nähe zu zeigen, die persönlich aber nicht privat ist, Botschaft und Positionen zu formulieren und ansprechbar zu sein, ohne sich vereinnahmen zu lassen.

22.8.11

Liebe Yakamoz Karakurt,

du (in der 9. Klasse darf ich noch du sagen, oder? Ich bin da etwas altmodisch und Sieze ältere Schülerinnen gerne) hast in der "Zeit" 34/2011 einen Beitrag ("Mein Kopf ist voll") geschrieben, wie sehr es dich belastet, wie deine Schule organisiert ist. Leider ist der nicht online, so dass ich hoffe, dass ich deinen Namen richtig geschrieben habe. Denn ich habe deinen Artikel nur gehört, im Audiomagazin der "Zeit". Update 23.8.2011 Inzwischen ist dein Artikel hier online. Und diese Antwort wird ist auch bei Zeitonline erscheinen, wie es aussieht... /Update

Warum schreibe ich dir? Weil ich glaube, ziemlich genau zu wissen, was du meinst. Denn ich habe einen Sohn in der 10. Klasse eines Hamburger Gymnasiums und einen in der 9. Klasse einer Stadtteilschule - und bei meinem dritten Sohn steht dieses Schuljahr die Entscheidung an, wo er auf die weiterführende Schule soll oder will.

Und ja, ich kann dich verstehen. Ich kenne Jugendliche wie dich. Nicht allen geht es so, mein Sohn hat das Glück, dass er Sport und Freunde und Hobbys und Job parallel hinbekommt und trotzdem gute Noten schreibt - aber ich weiß, was du meinst. Und ich finde, dass du Recht hast: So geht es nicht.

Nur verstehe ich nicht, warum du die Antwort, die dir die Schulbehörde gab (sinngemäß: "Es gibt ja auch noch die Stadtteilschule"), so brüsk abtust. Weißt du, mein Zweiter, der war auch erst auf dem Gymnasium. Ich gebe zu, das lag vor allem daran, dass wir (also wir Eltern) nicht nachgedacht hatten. Aber darum haben wir dann irgendwann die Notbremse gezogen - und ihm ermöglicht, das Tempo etwas rauszunehmen und trotzdem das Abitur anzustreben. Heute ist er so gut in der Schule wie noch nie, weiß, was er schaffen und werden will - und hat Spaß an der Schule.

Wenn ich mal ganz offen bin: Die, auf die du wirklich böse sein solltest, sind deine Eltern. Denn die haben dich auf einem Gynmasium angemeldet, obwohl auch jede andere Schule (oder damals: jede Gesamtschule) zum Abitur führt, das überall gleich viel Wert ist, weil es ein Zentralabitur ist. Ich weiß nicht, ob das auf deine Eltern zutrifft, aber ich sehe viele, viele Eltern bei uns in der Umgebung, die aus falschem Ehrgeiz oder Unwissenheit ihre Kinder in das Schnellabitur zwingen. Euch, die ihr die Leidtragenden seid, bedauere ich sehr. Und zwar wirklich. Geht auf die Barrikaden: Gegen falsche Bildungspolitik, vor allem aber gegen eure Eltern, die euch auf die falsche Schule geschickt haben. Wechsele jetzt die Schule, jetzt geht es noch!

Denn aus der Erfahrung mit einer Stadtteilschule (woanders heißen die Gesamtschule oder Gemeinschaftsschule) weiß ich: Vieles von dem, was du möchtest, wie du dir Unterricht und Wissen vorstellst, was du da in deinem Artikel für die "Zeit" aufschreibst, findest du an einer Stadtteilschule. Einige von denen sind Ganztagesschulen ohne häusliche Hausaufgaben, einige, beispielsweise die, auf die mein Sohn geht, die Stadtteilschule Walddörfer in Volksdorf, sind Halbtagsschulen.

Ich hoffe für dich, dass du einen Weg findest zu leben neben der Schule. Und eine gute Schule findest. Und wenn du mal genau hinsiehst, wirst du merken, dass mehr und mehr gute ehemalige Gymnasiastinnen auf die Stadtteilschulen wechseln. Meine Erfahrung die letzten Jahre - und als Elternrat am Gymnasium bekomme ich ja eine Menge mit - ist diese: Wer am Ende von Klasse 4 in allen "Lernfächern" (also Deutsch, Englisch, Mathe, Natur) mindestens eine 2 hat, in zweien davon auch eine 1. Also in allen, nicht im Schnitt. Der oder die wird ohne massives Lernen durchs Gymnasium kommen, wenn sie oder er nicht in der Pubertät mal den Anschluss verliert.

Wer aber auch nur in einem dieser Fächer schlechter als eine glatte 2 ist und nicht in zweien eine 1 hat, wird nicht mehr wirklich leben können, wenn die Gymnasien in Klasse 6 und 8 das Tempo anziehen. Das sind Kinder, die gut Abitur machen können. Auf der Stadtteilschule. Die ohnehin für eigentlich fast alle Kinder viel besser ist, auch weil sie ein besseres Konzept, Unterrichtskonzept und Lebenskonzept hat, mehr Praktika, interessantere Fächer und so weiter.

Liebe Yakamoz, ich hoffe, dass du die Kurve kriegst. Und wünsche dir ein schönes Schuljahr. Frag mal bei der Stadtteilschule in der deiner Nähe an, vielleicht nehmen die dich ja nach den Herbstferien. Die sind ja bald...

Herzliche Grüße
dein Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach

15.12.09

Ich hab nichts gegen Paid Content

Um das ganz klar zu sagen: Ich habe nichts gegen so genannten Paid Content einzuwenden, wenn er seinen Markt hat, wenn er denen, die ihn kaufen, ihr Geld wert ist und so weiter. Dass es zu verkaufende Inhalte online gibt, die funktionieren, wird niemand, der halbwegs beieinander ist, bestreiten, im Massenmarkt ist die Stiftung Warentest sicher das bekannteste Beispiel neben der Pornografie.

Aber wenn heute die Regionalzeitung, die ich (noch) abonniert habe, ankündigt, die Inhalte, die ihr Profil ausmachen, nicht mehr frei zugänglich im Web zu haben, halte ich das für einen Fehler. Und die Begründung für entweder dumm oder eine Lüge. Ich weiß nicht, was ich schlimmer fände.

Denn einerseits finde ich es charmant, dass Iken, der stellvertretende Chefredakteur, offensiv und auch recht offen auf das Thema zumarschiert. Aber die Argumente sind einfach irreführend (alle Zitate aus dem oben verlinkten Artikel im Abendblatt):
Qualitätsjournalismus ist per se eben nicht kostenlos, sondern kostenintensiv. Wer Qualitätsjournalismus zum Nulltarif will, will keinen Qualitätsjournalismus.
Ja, aber voll am Thema vorbei, Herr Iken. Setzen, sechs. Denn auch bei einer Papierzeitung zahle ich eben NICHT für den “Content” oder den Journalismus, sondern ich zahle einen Teil der Distributionskosten. Druck und Auslieferung und Zustellung kosten in der Regel mehr als mein Abo oder der Einzelverkaufspreis. Journalismus an sich ist historisch betrachtet noch nie von den Konsumenten der journalistischen Erzeugnisse bezahlt worden. Warum also sollte das im Web anders sein? Hier übernehmen schon heute die Lesenden einen großen Teil der Distributionskosten - die Kosten, die ihnen durch das Aufrufen der Seiten entstehen. OK, das ist nicht mehr viel. Aber die Kosten für die Distribution sind es nun mal auch nicht mehr.

Ich wüsste nicht, dass die Lesenden daran schuld wären, dass es den Verlagen nicht gelungen ist, ein Refinanzierungsmodell zu entwickeln, das ähnlich profitabel wäre wie die Werbung auf bedrucktem Papier. Vielleicht, ich weiß es nicht, liegt es daran, dass der Voodoo, der bei linearen Medien und Papier noch funktioniert, nicht mehr geht, weil eben wirklich und echt gemessen werden kann, was der Versuch bewirkt, klassische Werbung im Internet zu zeigen. Aber niemand hat die Verlage gezwungen, sich einen ruinösen Preiskampf bei der Onlinevermarktung zu geben. Und niemand hat sie gezwungen, so sehr mit selbstzerstörerischen Werbeformaten zu experimentieren, dass sie sich ihren Werbemarkt und die Akzeptanz der Lesenden für Werbung vollständig zerstört haben.
Als das Internet aufkam, war die Begeisterung für die neue Technik lange größer als der Sachverstand. Berauscht von den Möglichkeiten des weltweiten Webs vergaß man das Naheliegende, nämlich Geld zu verdienen. Ein schwerer Webfehler im Netz, der sich rächen sollte.
Das ist ja nun mal grotesker Unsinn. Siehe oben, siehe all die Unternehmen, die mit und im Web Geld verdienen, die rund um ihre Shops journalistische Produkte bauen (DAS wäre aus meiner Sicht die eigentliche Gefahr für die Verlage gewesen, aber wahrscheinlich kennen sie diese Angebote nicht einmal, weil sie so sehr fixiert sind auf ihre bisherigen Wettbewerber im Papiermarkt).

Niemand, den ich kenne, bestreitet, dass Journalismus Geld kostet. Niemand, der bei Verstand ist, will den Verlagen verbieten, im Internetz Geld zu verdienen. Und niemand, den ich mir vorstellen kann, wird ernsthaft in Erwägung ziehen, für die kampagnenartige Lokalberichterstattung des Hamburger Abendblattes Geld zu bezahlen.

Was mich ärgert: Mit fadenscheinigen Argumenten, die falsch sind, einen Versuch zu begründen, ob Menschen online für etwas bezahlen wollen, was sie offline nicht bezahlen würden. Schräg, aber denkbar, warum nicht. Ich bin gespannt auf den Ausgang des Experiments. Nur eines weiß ich jetzt schon sicher: Meine Jungs, die gerade an die Kulturtechnik Zeitungslesen herangeführt werden, indem sie den Sportteil durchblättern, wird das Abendblatt so nicht gewinnen, wenn es mal so weit sein wird.

PS:
Andere dazu:
Stefan Niggemeier
Erik Hauth
im weitesten Sinne Thomas Knüwer

14.7.09

Ich bin Zeitungskäufer

Und fühle mich gut. Nicht nur, weil ich meine Kinder (zwischen vier und dreizehn Jahren inzwischen) nach und nach an eine alte und mir liebe und vertraute Kulturtechnik heranführe, sondern auch, weil ich weiß, dass ich nicht allein bin:



had tip via Twitter (Mario Sixtus)

20.12.07

Lesehinweise angesichts freier Tage

Seit langem mal wieder das Bedürfnis, auf zwei Artikel ais der Zeit hinzuweisen, die mir ausnehmend gut gefallen haben - ich hab sie bisher "nur" gehört (auf dem Fahrrad, was ich sehr genieße - ich hab ja ein Zeit-Abo bei audible):
Beides gut, beides lesenswert, beides online. Lesen!

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