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9.10.23

Verzweifelter Mut

Das letzte Mal, habe ich den Eindruck, ging es mir so, als ich noch ein Jugendlicher war, vor 35 Jahren oder 40. Diese merkwürdige nagende Gleichzeitigkeit von freudiger, die Zukunft liebender Erregung und gleichzeitiger tiefer Verzweiflung angesichts der Welt und der Menschen um mich herum. 

Damals waren es auf der Habenseite eher so Sachen wie Verliebtsein oder Musik oder Lesen. Und auf der Sollseite die entstehende Festung Europa, die Ignoranz der Erwachsenen für Frieden und Umwelt, die immer dreisteren Nazis. Als mir das bewusst wurde, machte mich das in der letzten Woche sehr, sehr traurig. Weil es sich so anfühlte, als wären wir wieder an der gleichen Stelle. Nur irgendwie krasser. 

28.11.21

Advent



GoTT, DU,
Erbarm dich. 
Erbarm dich deiner Menschen.
Erbarm dich in der Ohnmacht.
 
GoTT, DU,
Wieso hast du mich verlassen?
Wieso hast du so viele verlassen?
Wieso lässt du die Kinder im Stich?

DU,
Ich weiß, ich sollte sie nicht hassen. 
Aber ich kann es nicht mehr anders.
Ich fühle mich fern von dir. 
Aber ich kann es nicht mehr anders. 

DU,
Wir warten auf deine Ankunft 
Wie jedes Jahr um diese Zeit. 
Aber wie sollst du hier ankommen?
Wie soll ich dich empfangen, 
Wenn ich so verachte und hasse. 

GoTT, DU, 
Erbarm dich meiner. 
Zeig mir einen Weg hinaus. 
Aus der Verachtung, die ich empfinde,
Für die, die es nicht schaffen, 
eine Impfung zu nehmen. 
Aus dem Hass, den ich empfinde,
Auf die, die sich bewusst entscheiden, 
keine Impfung zu nehmen. 

DU,
Ich schreie zu dir
Weil ich will, dass du die strafst, die ich hasse. 
Ich schreie zu dir
Blind vor Zorn auf die, die deinen Namen 
im Dienst des Bösen führen. 

GoTT, DU,
Ich schreie zu dir. 
Wie kann ich wieder Lust und Mut fassen. 
Wie kann ich denen, die ich so hasse und verachte, anders begegnen. 

DU,
Ich schreie. 
Erwecke sie. 
Lass sie umkehren. 
Lass Licht in das Dunkel meines Hasses scheinen. 

GoTT, DU,
Ich schreie. 
Weil ich nicht verstehe, 
Wie du das zulassen kannst. 
Weil ich nicht ertrage,
Wie mein Hass wächst. 

DU,
Ich schreie. 
Zerschmettere sie und strafe sie. 
Errette die Kinder. 
Errette die Gerechten. 
Fahre dazwischen. 
Wir haben nicht mehr die Kraft dazu. 

GoTT, DU,
Erbarm dich. 
Erbarm dich deiner Menschen. 
Erbarm dich meiner und meines Hasses,
Dass ich ihn hinter mir lassen kann. 

GoTT, DU,
Komm. 

10.8.20

Da sein

Wenn ein Leben sich dem Ende zuneigt, geht es nicht darum, sich zu verabschieden. Das dachte ich irgendwie immer, aber das stimmt nicht. In der einen Woche, die meine Großmutter zum Sterben gebraucht hat, ging es viel mehr darum, da zu sein. Für sie da zu sein. Ihr Hand zu halten. Ihr in ihrer Angst und beim Loslassen Sicherheit und Ruhe zu geben.

Als meine Mutter vor zwölf Jahren starb, war es Nacht, sie ist nicht mehr aufgewacht und war vorher viele Jahre lang nicht mehr da. Zwei Jahr vor ihrem Tod schrieb ich was darüber. Als mein Großvater vor eineinhalb Jahr starb, habe ich ihn ins Krankenhaus begleitet und mit ihm gemeinsam die Entscheidung getroffen, dass er die Operation wagt, die er nicht überstanden hat. So dass er im Grunde starb, wie er lebte – abrupt, im Wissen, dass er sterben will und wird, allein.

Und so war es für mich und auch für die Meinen das erste Mal, dass wir jemanden intensiv in den Tod begleitet haben. 


Das war eine harte Woche, vor allem emotional, aber eine, die für sie und für uns wichtig war. Und ich bin dankbar, dass wir es gemacht haben und uns nicht einfach nur verabschiedeten. Wir haben sie ja auch die letzten Jahre, die sie nicht mehr selbstständig leben konnte, begleitet. Vor Corona zwei- bis dreimal wöchentlich, oft auch so, dass wir sie zu uns geholt haben, dass sie ein bisschen am Leben teilhaben konnte. Glücklicherweise in den letzten Wochen wieder ein bisschen, einmal war sie sogar noch wieder bei uns zu Hause.

Da sein. Am Ende war es vor allem das. Mit ihr singen und beten und ihr versichern, dass hier alles abgeschlossen ist und wir sie gehen lassen. Ihr helfen, den Ausgang zu finden. Sie erinnern, dass sie auf ihre Tochter und ihren Mann nicht hier warten muss und kann – sondern dass sie auf sie warten, drüben.

Meine Großmutter. Die immer selbstbestimmt sterben wollte, die in den 70ern und 80ern klare Vorstellungen davon hatte, wie sie ihrem Leben zur Not selbst ein Ende setzen könnte. Und die am Ende nicht loslassen konnte. Die noch nicht sterben wollte, als klar war, dass ihr Körper und ihr Geist nicht mehr können. Aber doch Gott vertraute, dass er sie holen werde, wenn es sein soll.

Da sein war wichtig in dieser Zeit, das war deutlich zu spüren. Und das war Lohn genug, wenn es denn welchen braucht. Und dass sie sich Zeit gelassen hat, hat den anderen ermöglicht, sich von ihr zu verabschieden. 

Und als der letzte Urenkel, der die Woche über außerhalb arbeiten musste, schließlich da gewesen war, konnte sie gehen. Und hat es auch sofort gemacht. Sie hatte auf ihn gewartet, der eine Zeit lang bei den Urgroßeltern gewohnt und sich um sie gekümmert hatte, bevor sie ins betreute Wohnen gehen konnten und mochten. 

Eine intensive Woche. Mitzuerleben, wie sie wartete, wie das Leben weniger wurde, mühsam. Wie ihre herzensgute Fröhlichkeit immer weniger zu sehen war, auch wenn fast bis zum Schluss noch etwas durchschien. Danke, liebe Großi, dass du mehr als 50 Jahre für mich da warst. Danke, dass du alle Irrungen und Wirrungen unserer Leben immer mit Liebe und Bestätigung begleitet hast. Bis zum letzten Tag fragtest du, ob es allen gut geht, ob wir glücklich sind. Und ja, wir sind es. Wir sind traurig, dass du tot bist. Aber wir sind glücklich, dass wir dich auf diesem Weg begleiten durften. Und werden da sein, wenn du später in dieser Woche deine allerletzte Reise antrittst, die dich zurück an die Seite deines Mannes führt, mit dem du weit über 70 Jahre jeden Abend Hand in Hand eingeschlafen bist.

Und ich bin unendlich dankbar, dass ich eine so wundervolle Frau an meiner Seite habe, die diesen Weg mit mir gegangen ist. Und Kinder, die ihn mitgegangen sind. Wie bin ich gesegnet. Du hast das gewusst und es mir jedes Mal gesagt, wenn wir uns sahen.

2.10.17

Abendmahl


Es ist irgendwie merkwürdig, dass es immer wieder das Abendmahl ist, das mir in (neuen) Gemeinden für Irritationen sorgt. Es ist das, was mir an Gottesdiensten neben der Musik am wichtigsten ist, vielleicht darum. In der Musik, wenn sie denn gut ist, und im Abendmahl erlebe ich die Gegenwart Gottes. Und gerade das Abendmahl gibt mir auch ganz real Kraft.

Ich bin in einer Gemeinde aufgewachsen, in der es jeden Sonntag, in jedem Gottesdienst, Abendmahl gab. Und war darum sehr irritiert, als ich als Jugendlicher während des Konfirmandenunterrichts in meiner Wohngemeinde erlebte, dass es nur einmal im Monat gefeiert wurde. Ein Gottesdienst ohne Abendmahl war für mich irgendwie keiner. Und auch, wenn ich mich daran gewöhnt habe über die Jahre, ist es mir fremd geblieben, wie eine Gemeinde darauf verzichten kann, es jede Woche zu feiern.

Der Kampf ums Abendmahl

In den letzten Jahrzehnten habe ich, wenn ich aktiv war oder Verantwortung trug in Gemeinden, oft um das Abendmahl gekämpft. Von der Frage, ob Kinder eingeladen sind an den Tisch über die Frage Wein oder Traubensaft bis hin zur Feier selbst, vor allem um den Kelch. Und darum irritiert mich die Abendmahlspraxis in meiner aktuellen Gemeinde in Eutin so sehr.

Während der 80er, als es die AIDS-Hysterie gab, entstanden in vielen evangelischen Gemeinden Ängste rund um die Hygiene des Kelchs und die Ansteckungsgefahr. Machte der Kelch die kleine Drehung, bevor die nächste ihn bekommt? Mag ich überhaupt aus dem einen Kelch trinken? Es begannen die ersten, ihre Oblate in den Kelch zu tunken auch, wenn sie nicht selbst krank waren (und ich es auf Rücksicht auf die anderen vertretbar finde). Viele Gemeinden schafften diese kleinen Schnapsgläser an, in die das Blut gegossen wurde. Ich selbst bin bis heute beim Gemeinschaftskelch geblieben. Und bleibe auch (stur) dabei in Gemeinden, in denen das nicht (mehr) üblich ist.

Eutin ist eine liberale Gemeinde, darum akzeptieren sie, dass es verschiedene Formen gibt während des Abendmahls. Aber die allermeisten tunken hier die Oblate ein, es sind nur ein paar wenige alte Menschen, wir und einige aus einer sehr frommen, fast freikirchlich orientierten Tradition, die es anders machen. Die den Kelch nehmen und trinken.

Gerade jetzt, in dem Jahr, in dem wir den 500. Jahrestag der Befreiung von Kirche und Bibel aus den Fängen einer korrupten Klerikerkirche feiern, ist mir völlig unverständlich, wie wir eine der großen Errungenschaften der Reformation einfach so aufgeben können: den Kelch für alle, Christi Blut, das nicht nur den Priestern gehört sondern allen Christinnen und Christen in Gemeinschaft. Von unseren Vorfahren wurden etliche hingerichtet, weil sie um den Kelch kämpften. Und das geben einige von uns auf? Ok, in reformierten Zusammenhängen vielleicht, wo das Abendmahl mehr symbolisch ist. Aber in lutherischen? Wo wir daran glauben, dass Brot und Wein/Traubensaft eben im Abendmahl nicht nur Brot und Wein sind – sondern dass es zugleich und wirklich Christi Leib und Christi Blut sind? Das zu trinken wir aufgefordert sind? Das Tunken der Oblate finde ich theologisch absurd und historisch fast schon pervers. Es ist glaubens- und geschichtsvergessen. Und ich bin dankbar, dass es bei uns zumindest möglich ist, den Kelch zu nehmen.

Die Unbarmherzigkeit

Der andere Punkt, der mir immer fremd bleiben wird, ist, wie es sein kann, Menschen vom Abendmahl auszuschließen. Zumal die Beichte, die notwendig ist, damit wir uns nicht "zum Gericht essen", ja Teil unserer Abendmahlsliturgie ist. Aber immer noch gibt es Gemeinden, die Kindern diesen wunderbaren Zugang zum Glauben verweigern. Oder unklar sind, wie sie damit umgehen sollen. Vor allem, weil ja fast nur Kinder mit zum Abendmahl gehen, die von ihren Eltern in das Glaubenszeugnis mit hineingenommen werden. Gestern, ausgerechnet an Erntedank, führte das zu einer absurden, peinlichen, sehr verstörenden Situation, als der Küster an einem kleineren Kind, das die Hände ausstreckte, vorbei ging zu seinem größeren Geschwister (das aber auch noch zu jung war, um konfirmiert zu sein, was in vielen Gemeinden immer noch der Zeitpunkt ist, zu dem sie Kinder erst zum Abendmahl "zulassen", was für ein theologisch absurdes Wort). Der Vater teilte daraufhin seine Oblate mit dem Kind. Aber mich machte es sehr zornig und er warf mich völlig raus aus der Gemeinschaft.

Kaum etwas, so scheint mir, ist so sehr ein Zeichen für die geistliche Armut unserer Gemeinden wie ihr Umgang mit dem Abendmahl. Und an ihrer Abendmahlspraxis kann ich sehen, wes Geistes Kind eine Gemeinde ist.

8.9.17

Das cor incurvatum und das Virtuelle

Das in sich gekrümmte Herz

Dass Luther die Figur vom cor incurvatum von Augustin wieder entdeckte, gehört zu dem Wunderbarsten der Theologie der Reformation. Das Bild eines Herzens, das sich so zusammenkrümmt, dass es nur sich selbst sieht und sehen kann (nicht umsonst ist es das in se, was noch dazu gehört), ist die mich vielleicht am stärksten berührende Beschreibung eines Lebens fern von Gott. Es beschreibt nicht nur Egoismus, sondern diesen sich im eigenen Leid suhlenden oder im eigenen Glück badenden Menschen, der Hoffnung, Trauer, Mitleid nur aus sich selbst kennt und auf sich selbst bezogen sieht. Das "und was ist mit mir"-Rufen, das Gefühl, immer die zu sein, die zu kurz kommt, ist das eigentliche Zeichen von Gottesferne. Der Neid, der entsteht, wenn Menschen mit in sich gekrümmtem Herzen ihrer Mitwelt begegnen, ist das, was ich "der Teufel" nenne. Der Hass auf die, denen so ein Mensch begegnet, auf die, von denen der Mensch zu sehen glaubt, dass sie alles bekommen, was er nicht bekommt, dass sie ihm alles wegnehmen, dieser Hass ist im Kern ein Hass auf Gott.

Die große Erkenntnis hinter dem cor incurvatum ist doch, dass ein Mensch, der sich – die Philosophie würde sagen: solipsistisch – nur auf sich selbst bezieht, gefangen ist und nur durch Gott befreit werden kann. Nur durch Glauben "gerecht" werden kann. In christlichem Kontext jetzt, klar. Aber dass dieser Mensch eben auch befreit werden muss. Oder sich selbst befreien muss. Dass es unbarmherzig ist, diesen Menschen nicht damit zu konfrontieren, dass er dem Teufel aufgesessen ist. Wir haben im (europäischen) Luthertum schon lange keine Tradition des Exorzismus mehr (und das ist unglaublich gut so, denn das, was damit an Schindluder getrieben wurde und teilweise noch wird von den Kirchen und ihren Pfaffen, ist ein Verbrechen), aber neu über diese Frage nachgedacht, ist eine Handlung, die Menschen ohne falsche Rücksicht auf die Verkrümmung ihres Herzens rüttelt und schüttelt und aufrichtet, die einzige, die aus Barmherzigkeit kommt, finde ich. Eine Handlung, die kein Verständnis hat sondern klar benennt, wo das Böse ist.

Ob die eitle Einsamkeit des cor incurvatum Symptom oder Ursache ist, weiß ich nicht. Dass sie überwinden muss, wer leben will, glaube ich.

Das Virtuelle

In konservativen Kreisen meiner Kirche, auch in links-konservativen, wie unlängst am Reformationsmoratorium von Schorlemmer und Wolff zu besichtigen, wird die existenzielle Einsamkeit und Gottesferne des cor incurvatum heute gerne mit der scheinbaren Vereinzelung von Menschen in heutigen digitalen Netzwerken beschrieben:
Das „Selfie“ mit dem iPhone steht für die zunehmende und alleinige Konzentration des Menschen auf sich selbst. Von Kindesbeinen an daran gewöhnt, führt das zu einer inneren Vereinsamung, lässt menschliche Beziehungen verkümmern und den realen Nächsten zugunsten des virtuellen aus den Augen verlieren.
So schreiben Schorlemmer und Wolff in einem ansonsten überwiegend eher lesenswerten Text. Knut Dahl-Ruddies sagt dazu ein bisschen was.

Da ist er.
Der Schrecken.
Aller, die Nähe nur aus der Kohlenstoffwelt zu kennen glauben.
DAS VIRTUELLE.
Das, was ich nicht berühren kann, wo ich keine Stimme, keine Mimik habe. Wo wichtige Dimensionen der Kommunikation und der Nähe und der Intimität fehlen.

Da sprechen sie wie die Verächterinnen der Religion. Die es absurd finden, dass ich eine lebendige Beziehung zu Gott habe. Dass ich im Gebet in ein Gespräch mit Gott trete. Dass wir bei der Feier des Abendmahls davon überzeugt sind, dass Jesus anwesend ist, dazu tritt, ganz, nicht nur in unseren Gedanken.

virtuell, sehr


Wer das Virtuelle gering schätzt, kann eigentlich keine Christin sein. 

Wirklich nicht. Denn seit Himmelfahrt ist unser Glauben und vor allem unsere Glaubenspraxis sehr wesentlich von einer virtuellen Beziehung geprägt. Vom Ende der kohlenstofflichen Nähe dessen, von dem wir glauben, dass er ganz Mensch und ganz Gott ist. Und der doch nah bleibt und Generationen nah gewesen und geblieben ist.

Wer wenn nicht Christinnen und Christen sollte verstehen, dass Nähe und Intimität nicht auf den Kanal ankommt, auf dem Kommunikation und Gemeinschaft stattfindet? Wer hat so sehr über Jahrhunderte geübt, mit virtuellen Freundinnen und Freunden zusammen zu sein. Und wer wüsste so gut wie Christinnen und Christen, dass weder eine Gemeinschaft von Menschen in der Kohlenstoffwelt noch eine einsame Gemeinschaft mit einem oder einer, die virtuell da sind, ausreichen für die Fülle des Lebens. Dass ich einsam und in mich gekrümmt sein kann, ob ich unter Menschen in der Kohlenstoffwelt bin oder nicht. Dass sogar Menschen zusammenstehen und sich aneinander berauschen können, wenn sie vom Teufel besessen sind und ein in sich selbst gekrümmtes Herz haben. Wie in Finsterwalde und anderswo.

Das Virtuelle gegen das cor incurvatum

Wo das "Selfie" nur auf sich selbst zeigt, wo es nur um mich geht, wo ich meine Einsamkeit durch leere Inszenierung zu übertünchen suche und doch auf mich selbst zurück geworfen bin, da ist es Ausdruck der furchtbaren Entfremdung vom Leben und von Gott. Aber das hat nichts mit dem Virtuellen zu tun. Denn das hatte auch die Stiefmutter von Schneewittchen schon.

Im Gegenteil – wo das "Selfie" der Beginn einer Interaktion mit anderen wird, wo ich Antworten bekomme wie "du Schöne", "HDL" oder "Beste", da trete ich im besten Fall heraus aus meiner Verkrümmung. Denn Liebe und affirmative Kommunikation helfen fast immer, wenn der Teufel Neid oder der Teufel Hass mein Herz verkrümmen. 

Und so, wie für einige von uns Christinnen und Christen kurze, über den Tag verteilte, Kommunikation mit dem Virtuellen dem Tag Rhythmus geben, ohne jedes Mal von besonderer und besonders tiefer Substanz zu sein, wie wir "Danke" sagen für Kleinigkeiten – und die Wärme der Gemeinschaft spüren, so kann, wenn es gut läuft, auch in anderen virtuellen Kommunikationen sein. 

Bleibe bei mir, sagen wir. Und meinen das nicht kohlenstofflich.
In deinem Namen, sagen wir. Und wissen, dass es auch anderswo so ist.
Wir läuten die Glocken, wenn wir das Vaterunser beten, damit andere einstimmen können, die nicht hier sind. Hier, im kohlenstofflichen Sinne.

Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, lernen wir. Und das soll ausgerechnet dann nicht gelten, wenn es Gemeinschaft und Kommunikation gibt, die wir nicht verstehen? Die ihr nicht verstehe, nicht nachfühlen könnt? Es tut mir leid, Friedrich und Christian, liebe Brüder, das kommt mir sehr arm vor. Und sehr kleingläubig. Zumindest von dir, Friedrich, habe ich es anders erwartet. Denn du warst für mich ein wichtiger Lehrer für Glauben im Leben.

31.8.15

Lev19,33f

Gestern wurde in der Evangelischen Kirche der so genannte "Diakoniesonntag" gefeiert. Alle Texte und Themen des Gottesdienstes waren an diakonischen Aufgaben und dem diakonischen Auftrag orientiert. Beispielsweise war die Evangeliumslesung das berühmte Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Bei uns in Meiendorf-Oldenfelde hat Pastor Gastmeier, den ich schon lange kenne, denn ich war damals im Kirchenvorstand, als er nach Meiendorf kam, die Predigt genutzt, um sehr klare Worte in unsere Situation hinein zu sprechen.

Er hat mir erlaubt, seine Predigt zu veröffentlichen, was ich gerne tue. Ich finde, dass sie es verdient hat, von vielen gelesen zu werden. Und ich hoffe (und gehe davon aus), dass in vielen, vielen Gottesdiensten gestern die Willkommenskultur und die Hilfe für die Vertriebenen ein großes Thema für klare Worte war. Über Hinweise auf anderen gute Texte und Predigten freue ich mich darum. Sagt es weiter, teilt diesen Text, werdet bei euch vor Ort aktiv - fast überall werden die Kirchen euch dabei unterstützen, fast überall sind sie wichtige Anlaufstellen für die, die helfen wollen und nicht wissen, wie.

13.11.14

Der Mensch, die Welt, der digitale Wandel

Meine Kirche hat nun also etwas gesagt zur Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft. Eigentlich sogar noch zu anderen Dingen, vor allem dazu, was aus evangelischer Sicht Teil einer gelingenden digitalen Gesellschaft sein müsste.

Mir waren ein paar Dinge wichtig, weshalb ich aktiv mitgearbeitet habe und dafür gekämpft, Menschen und ihre Haltung zum Thema zu "drehen", teilweise auch in vielen vielen vielen einzelnen Gesprächen:

  • Dass meine Kirche mit einer Haltung der Zuversicht und Freude mit dem digitalen Wandel der Gesellschaft umgeht. Und dass sie auf die Chancen blickt.
  • Dass die Synode, das Bundesparlament sozusagen, ein Zeichen der Ermutigung und der Unterstützung an die sendet, die bereits in der digitalen Gesellschaft angekommen sind. Denn bisher werden einige von ihnen in unserer Kirche noch etwas schräg und misstrauisch beäugt.
  • Dass meine Kirche sich nicht auf die Seite der Diskussion schlägt, auf der der Untergang der Kultur vermutet wird. Und nicht auf die Seite der Verwertungsmafia.

Ich selbst durfte ja an der Vorbereitung des Themas mitwirken, insofern bin ich vielleicht etwas parteiisch. Aber ich freue mich, dass diese Ziele weitgehend erreicht sind - auch wenn die Jugenddelegierten der Synode, die das Thema auf die Tagesordnung gebracht haben, zwischendurch etwas frustriert waren (siehe da hinter dem Link auch meinen Kommentar unter dem Text) und mehr wollten und mit einigen konkreten Anträgen durchgefallen sind.

Die drei Punkte, die mir am wichtigsten sind bei der Bewertung dessen, was die Synode da beschlossen hat, habe ich noch am Abend in aller Kürze zu sagen versucht.
Hier ein bisschen Kontext und Fleisch dazu.


Diese Frage ist theologisch nicht trivial und für Kirche und Kirchenverständnis hoch relevant, wenn auch wahrscheinlich nur für Theologinnen wirklich in ihrer Brisanz spannend. Aber dass die Synode explizit den Antrag des badischen Altbischofs ablehnte, das Wort Gemeinde zu streichen, wenn es um nichtkohlenstoffliche Zusammenkünfte geht, ist ein sehr großer Schritt.

Theologisch geht der Disput um die Frage, ob "zusammen sein" eine physische Anwesenheit erfordert. Ob also Gemeinschaft auch nicht-körperlich möglich ist. Das ist übrigens eine uralte Frage in den Kirchen, zu der sich die orthodoxen Kirchen schon vor dem Mittelalter anders als die "Westkirchen" positionierten, aber das nur am Rande. Wichtigstes Argument für die Position, die die Synode jetzt gefunden hat und vertritt, ist, dass zumindest die Lutheraner an die reale Anwesenheit Jesu Christi im Gottesdienst glauben. Der auch eher nicht so direkt körperlich da ist.

Hier öffnet die Synode den Weg dazu, neue Gemeindeformen zu erproben, die eher über eine personale Beziehung als über eine physikalisch-räumliche Nähe konstituiert werden. Sehr spannend, offener Ausgang. Und die Gegenposition zu dem, was Justizminister Maas auf dem Empfang der SPD am Rande der Synode sagte. Fein.


Bei aller Euphorie über die Medienrevolution und bei aller in der Geschichte unserer Kirche begründeten Begeisterung für neue Medienformen (immerhin gäbe es die evangelischen Kirchen nicht ohne die letzte große Medienrevolution - Buchdruck - , gäbe es überhaupt keine Kirchen ohne die davor - Schrift und Briefe), vergisst die Position, die die Synode bezieht, nicht, dass die christliche Vorstellung vom Menschen immer auch mit seiner Heiligkeit, mit Unverfügbarkeit, mit Geheimnissen zu tun hat.

Zwar konnte sich die Synode nicht dazu durchringen, eine klare und eindeutige (politische) Position zum Handeln der Bundesregierung und der Geheimdienste zu beziehen - aber an vielen Stellen im Text und in den Bitten an den Rat der EKD (sozusagen die Bundesregierung der Kirchen) ist die Position dennoch klar formuliert. Die Realvision der Post-Privacy-Aktivistinnen und das Konzept im Roman The Circle lehnt die Synode sehr klar und eindeutig ab.

Entlang der Frage des Menschenbildes und der Verfügbarkeit und Öffentlichkeit des Menschen, entlang der Frage, was denn der Mensch sei, wird - davon bin ich überzeugt - eine der großen gesellschaftlichen Debatten des digitalen Wandels geführt werden in den nächsten Jahren. Und hier scheint jetzt endlich eine evangelische Stimme in dieser Debatte auf. Das ist der Anfang einer wichtigen theologischen und ethischen Arbeit. Darauf freue ich mich.


Das freut mich ganz besonders. Denn dass so viele Menschen die Diskussion um den digitalen Wandel und die digitale Gesellschaft als eine um Facebook und Social Media führen, nervt mich gewaltig. Die Gefahr bestand auch auf der Synode, denn die Diskussionen und Gespräche drehten sich oft nur um die Frage der Nutzung von Social Media - und sie wählte ja auch den "Facebook-Bischof" zum Chef der EKD. Und Social Media ist ja auch das, was wir erst einmal am besten verstehen, weil es so wunderbar sichtbar ist, weil wir hier sehen, was passiert.

Ich finde es großartig, dass das größere Thema digitale Gesellschaft immer wieder im Mittelpunkt steht, nicht die Äußerungsform Social Media. Weiter so.

Wie geht es weiter?
Es sind einige konkrete Bitten an den Rat der EKD und andere Adressatinnen in der Kirche gerichtet. Aus meiner Sicht ermöglicht die Erklärung der Synode aber vor allem denen, die an der Basis in digitalen Räumen arbeiten und arbeiten wollen, sich auf die Kundgebung zu beziehen. Wenn im Pfarrkonvent Kritik oder Unverständnis laut wird, haben die Leute etwas in der Hand, das wie ein Schutzschild funktioniert.

Bildung und Ausbildung wird ein Schwerpunkt sein, auch mit Geld ausgestattet werden. Internetbeauftragte von Landeskirchen und Kirchenkreisen werden Servicestellen für Praktikerinnen sein können.

Sehr spannend wird sein, ob und wie eine theologische und ethische Weiterarbeit an dem Thema gelingen kann. Die Referate von zwei Professorinnen der praktischen Theologie auf den Synoden sind da ermutigend (Christian Grethlein und Ilona Nord/PDF). Ich persönlich würde mir ja wünschen, dass der Rat der EKD eine Kammer für digitalen Wandel einrichtet, die an dem Thema wissenschaftlich und politisch arbeitet. Mal sehen.

13.6.14

Die offene Tür

Dies ist die Geschichte von einem, der ein so genannter distanzierter Christ ist. Und dem sein ehemaliger Pastor eine Tür geöffnet hat. Die Geschichte von mir und Pastor Fahr aus Hamburg-Duvenstedt.

Denn schon bevor wir aus Duvenstedt wegzogen, war mein Kontakt zum Pfarrer etwas abgerissen, als wir uns so über einen Kindergarten stritten, aber das ist eine andere Geschichte. Immer wieder suchte ich einen Anfang mit meiner Kirche, aber ich fand keinen. Ich saß zwischen allen Stühlen, irgendwo zwischen Gemeinden in geistlicher Armut und in evangelikalem Verfolgungswahn. Mir lag meine Kirche, die lutherische, immer irgendwie am Herzen, aber ich distanzierte mich lebensweltlich immer mehr von ihr.

Es war nicht so, dass ich meinen Glauben verlor, gar nicht. Zu Hause blieben die Rituale, die Gebete, die Erziehung, die Konfirmation der beiden Großen. Und mir blieben beispielsweise die Losungen ein Wegbegleiter, auch die Bibel. Witzigerweise würde ich mich als fromm bezeichnen, theologisch ohnehin eher sehr als wenig lutherisch. Nur zu der Kirche und ihren Veranstaltungen fand ich kaum noch Zugänge, allen neuen Versuchen zum Trotz.

Doch dann war es genau andersrum. Dann fand die Kirche einen Zugang zu mir. Ich glaube, als erstes war es Pfarrer Pohl.
Der nicht von irgendwelchen Dingen schwafelte oder mit frommen Sprüchen um sich warf. Sondern jeden Morgen treu alle die Menschen persönlich begrüßte, die er schon in seiner Timeline auf Twitter gesehen hatte. Sozusagen per Handschlag an der Kirchentür.
Und schließlich kam mein "alter" Pastor in meine Heimat. Wie es seine Art ist, auch in der Kohlenstoffwelt seine Art ist, etwas lauter, ein bisschen mit Poltern sozusagen. Aber mit Neugier und mit geraden Worten. Mit einer Sprache, die wir hier verstehen. Nicht verschwurbelt, wie die, die meine Kirche heute die Hochverbundenen nennt (was für ein beknacktes Wort übrigens), es verstehen würden oder die Esoterikerinnen, an deren Sprach- und Erlebnisraum meine Kirche so oft anknüpft (was ironischerweise dazu führt, dass kirchlich hochverbundene Gruppen im Wortsinne auch esoterisch sind, also eingeweiht in die - in diesem Fall - sprachlichen Mysterien).

Wie niemand anders in den letzten Jahren hat Peter Fahr mir so tatsächlich wieder eine Tür geöffnet. Und mich eingeladen, zu ihm zu kommen, wenn ich möchte. Ohne mir einen Vorwurf zu machen, wenn ich es nicht tue. Höchstens mal mit einer sanft-strengen Mahnung, dass ich jederzeit willkommen sei.

Er interveniert auf Twitter oder Facebook, wenn er findet, dass ich zu streng mit Menschen bin. Er fragt nach, wenn ich in Szenejargon verfalle, vielleicht weil er sensibel für den Jargon seiner eigenen Szene ist und den vermeidet. Er widerspricht und begründet. Er mischt sich ungefragt ein, ohne übergriffig zu werden. Auch wenn ich mir am Ende seines Sabbaticals hin und wieder gewünscht hätte, dass er endlich wieder zurück in die Gemeinde geht und weniger Zeit für uns in diesem Lebensraum hier hat.

Ihr seht: Ich mag ihn. Und das macht mich vielleicht ein bisschen offener. Aber noch mehr mag ich, wie er im digitalen Teil meiner Heimat umsetzt, was eine gelingende missionarische Volkskirche heute überall versucht: da zu sein, die Tür sichtbar zu öffnen, einzuladen, aber nicht in meinen Tanzbereich einzudringen, bevor ich sie dazu auffordere. Angebote zu machen, die niedrigschwellig sind aber nicht übergriffig.

So wie er früher im Dorf sichtbar war und mich ein-, zweimal in der Woche, wenn ich ihm bei Rewe oder im Eiscafé begegnete, allein durch die Begegnung daran erinnerte, dass ich jederzeit zu ihm kommen kann, zumal er mich - wie alle, denen er je vorgestellt worden war - jedes Mal mit Namen begrüßen konnte. So ist er heute in meinem Heimatraum sichtbar und erinnert mich, wenn ich ihn aus dem Augenwinkel sehe, daran, dass ich jederzeit zu ihm kommen kann.

In einschlägigen Untersuchungen über Spiritualität oder Frömmigkeit oder Glaubensthemen in Social Media wird er wie Pfarrer Pohl und viele andere nicht auftauchen. Weil er nicht die von den Kaspern, die zurzeit solche Studien anfertigen, ausgesuchten Stichworte benutzt. Weil er nicht mit Bäffchen rumläuft sondern mit Fliege. Weil er das Gespräch sucht und nicht die Verkündigung. Weil er mit uns lebt in dieser Welt und zu uns kommt. Und nicht nur hofft, dass wir zu ihm kommen und ihn verstehen.

Und doch ist da viel Frömmigkeit und viel geistliche Nahrung für mich und für andere. Dafür bin ich dankbar. Und dafür, dass er die Möglichkeiten, die mein digitaler Lebensraum bietet, erkundet.

Und nennt es Eitelkeit, aber zugleich zeigt dies ja doch auch, dass meine Überlegungen für eine Social-Media-Strategie der evangelischen Kirchen nicht völlig doof sind.

9.4.14

Richtiges Leben

These für hier-stehe ich.de
Eines der Dauerthemen, mit denen ich in meinem Leben und meiner (sozialen) Umgebung konfrontiert bin, ist die Frage nach dem "richtigen Leben". Sei es durch die Sorge, das richtige Leben zu verpassen, sei es durch die Frage, was denn Qualitätszeit sei. In der politischen und kirchlichen Arbeit kommen dann noch die Fragen von Gemeinschaft und von Verbindlichkeit als weitere Dimensionen hinzu.

Seit langer Zeit schon spreche ich darum ganz konsequent und auch in beiläufigen Zusammenhängen von der Kohlenstoffwelt (oder von kohlenstofflichen Begegnungen), wenn ich vom dem rede, was mein Umfeld das "richtige Leben" nennt. Ich mache das so wie mit inklusiver Sprache - ich thematisiere es nicht, ich tue es einfach.

Interessanterweise führt das immer wieder zu guten Gesprächen und zu Nachdenklichkeit. Der große Vorteil des Sprechens von der Kohlenstoffwelt ist ja, dass dieses Wort auch für diejenigen unmittelbar verständlich ist, die an sich sehr weit weg sind von meiner Art zu leben und zu arbeiten.

So oder so geht es um Menschen. Ich bin davon überzeugt: Technologie ist nur dann relevant, wenn sie entweder Dinge in der Kohlenstoffwelt einfacher macht. Oder wenn sie mich mit anderen Menschen verbindet. Und genau das - und zwar witzigerweise beides zugleich - macht mein digitaler Lebensraum.

Das Projekt der Evangelischen Akademie im Rheinland Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Identitätssuche im digitalen Zeitalter finde ich spannend. Und es fordert mich heraus. Teil des Projektes ist, als Vorbereitung auf eine Tagung in der Akademie Thesen zusammenzutragen. Thesen von Menschen über Identität in dieser Welt. Und das Team bringt die dann auf Plakate und ins Blog.

Die ersten Einsendungen, die ich online sah, waren mir viel zu pessimistisch. Von der Hoffnung geprägt, dass etwas nicht verloren gehen möge durch die Digitalisierung. Das ist eine Haltung, die mir fremd ist und auch nicht meiner Erfahrung entspricht. Ich wollte etwas zur Heimat Internet schreiben. Weil mir das wichtig ist. Und dann wurde es etwas zum Thema Beziehungen. Über richtiges Leben. Und über die doppelte Bedeutung des Wortes "Netz", die mir immer wichtiger wird.

Ich bin ja eigentlich ein Distanzmensch und introvertiert. Aber je älter ich werde, desto wichtiger werden mir Menschen. Und ihr Netzwerk, das mich trägt und auffängt. Und für einen Distanzmenschen ist eine digital vermittelte Nähe wunderbar. Darum bin ich so dankbar dafür. Und gibt es mir Sicherheit und Heimat.

Richtiges Leben ist, wo Menschen sind. 
Ihr Netz gibt mir Sicherheit und fängt mich auf. 
Ob digital oder in CO2.

18.1.14

Eine Bischöfin muss auf Facebook sein

Dies ist ein Beitrag, den ich für die Evangelische Zeitung geschrieben habe, die dieses Wochenende erschienen ist. Er ist Teil eines Pro und Contra zu diesem Thema. Das Contra hat Lars Harden geschrieben.
Ob die Bischöfin zum Empfang der Landesregierung geht oder der Regionalzeitung ein Interview gibt, kann sie nicht anhand von Sympathie oder Lust entscheiden. Es gehört zu ihrem Job. Denn egal, ob wir es (theologisch) gut finden oder nicht: die Bischöfin ist eben nicht nur Pfarrerin – sondern in und mit ihrem Amt ein Symbol für Kirche, sozusagen der Kirchturm, den ich auf dem Markt der Meinungen und Deutungsangebote von überall her sehen kann.

Darum haben Bischöfinnen Briefe geschrieben, die von den Kanzeln verlesen wurden. Darum geben sie Interviews in Radio und TV. Darum ist ihre Weihnachtspredigt nicht nur eine von vielen Predigten. Und darum muss eine Bischöfin auf Facebook sein.

Denn Facebook ist heute ein Raum, in dem die Mehrheit der Erwachsenen in diesem Land sich mindestens hin und wieder aufhält (und übrigens nicht, wie oft gedacht, die Jugendlichen, die sind schon weitergezogen). Und egal, ob wir oder die Kirche oder unsere Datenschützer das gut finden oder nicht – Facebook ist ein Raum, in dem viele erwachsene Menschen in ihrer Freizeit gerne sind. In dem sie sich mit Menschen unterhalten, die sie kennen. In dem diejenigen, die keine gedruckte Zeitung (mehr) lesen, einen großen Teil ihrer Nachrichten beziehen, weil sie da jemand verlinkt, also weitersagt. In dem sie Personen, Marken, Stars, Institutionen erlauben, ihnen zu sagen, was gerade passiert – und bei ihnen „gefällt mir“ klicken.

Facebook ist darum heute für die Kirche ein idealer Raum für Mission. Menschen sind aufnahmebereit, können emotional angesprochen werden. Wer Mission als die Mischung aus Rausgehen mit der Botschaft auf den Markt einerseits und einer offenen Tür mit niedriger Türschwelle andererseits begreift, wird und kann einen der größten Marktplätze und eine der weitesten Türen nicht ignorieren, die uns kommunikativ heute zur Verfügung stehen.

Eine Bischöfin ist eine Person der öffentlichen Lebens und der öffentlichen Verkündigung. Neben den anderen und schon länger etablierten Kanälen ist Facebook eine gute Möglichkeit, ihren Auftrag zu erfüllen: Nähe zu zeigen, die persönlich aber nicht privat ist, Botschaft und Positionen zu formulieren und ansprechbar zu sein, ohne sich vereinnahmen zu lassen.

31.12.12

Von Heiden und vom Gericht

In der heiligen Nacht habe ich auf Twitter und Facebook - wie auch schon mehrfach vorher zu diesem und ähnlichen Anlässen - was geschrieben, das darauf hinwies, dass dieses ein christliches Fest sei. Mit all den Implikationen, die das hat. Bewusst etwas kontrovers geschrieben. In diesem Fall: "Gut für die Christen. Doof für die Heiden". Übrigens fast wörtlich die Formulierung, die ich letztes Jahr auch gewählt hatte. 

Dieses Mal hat das Reaktionen hervorgerufen. Beispielsweise auf Facbeook diese beiden Kommentare von +Erik und +Timo. Beide haben zugestimmt, dass ich ihre Kommentare hier reinschreibe oder vielmehr als Bild einbinde: 

(Screenshot von Facebook, 26.12.2012, 16.37 Uhr)

Was ich daran interessant finde: Die beiden Kommentare sind zwar sehr unterschiedlich aber doch im Ton ähnlich - in ihrem Unverständnis für das, was ich da schrieb. Vergleichbar waren auch einige Reaktionen auf Twitter auf den gleichen Satz. Bis hin zu der Frage, ob das nicht eher wie die Zeugen Jehovas klinge.

Aber ehrlich: Ich meine den Satz tatsächlich ernst. Und denke schon, dass ich die Weihnachtsbotschaft verstanden habe, so weit ich als Mensch sie verstehen kann, Erik. Und nein, Timo, ich bin weiß Gott nicht katholisch - aber lutherisch (was ein lebenslanger Konflikt mit meiner reformiert geprägten Frau ist, gemischtreligiöse Ehen, you know).

Allerdings gehöre ich unter den Lutheranerinnen zu denen, die sich weigern, die Sperrigkeit der Botschaft der modischen Wohlfühlideologie theologisch anzupassen. Denn mein Glaube und unsere Religion ist eben kein Kinderkram, kein Kinderglaube - sondern liegt quer zu den Selbstverständlichkeiten dieser Welt. Vor allem aber zielt er, obwohl es sehr, sehr wichtig ist, wie wir diese Welt gestalten und wie wir in dieser Welt das Reich Gottes (also die Gerechtigkeit, jetzt mal etwas holzschnittartig formuliert) erfahrbar machen, trotzdem also zielt er auf die andere Welt, auf die jenseitige Welt, die nach dem Tod in dieser Welt kommt. Das mag dem einen oder der anderen merkwürdig vorkommen, aber tatsächlich ist eine der wichtigste Triebfedern für das Handeln (und teilweise gar für das Glauben) in dieser Welt für viele Lutheranerinnen und auch für mich das Leben in der Ewigkeit, das uns verheißen ist.

Anders als viele moderne Theologinnen und anders als vor allem die reformierte (calvinistische) Tradition, geht die lutherische Orthodoxie, in deren theologischer Tradition ich stehe, nicht von der so genannten "Allversöhnung" aus, also von der kindischen Vorstellung, dass alle Menschen das ewige Leben erlangen werden und Gott alle Menschen nach ihrem Tod in das Paradies führen wird.

Im Gegenteil. Ich glaube, dass viele Menschen in die ewige Verdammnis gehen werden nach ihrem Tod. Nämlich alle die, die ich "Heiden" nenne. Warum sollten Menschen gerettet werden, die die Botschaft vom Erlösungswerk Gottes aktiv verwerfen?

Gott möchte, dass alle Menschen gerettet werden, das ist auch die Weihnachtsbotschaft. Dass Gott Mensch wurde, so dass die Zweiflerinnen es glauben konnten. Ihn anfassen. Dass Jesus gelebt hat, ist ja weitgehend unstrittig in der Forschung. Dass er der Christus war, ist etwas, das wir glauben können oder nicht - aber nichts, was Menschen in unserem Land nicht wissen könnten, wovon sie noch nie gehört haben. Das so genannte Erlösungswerk Gottes, das allen Menschen gilt, ist ja eben dies: Dass er seinen Sohn, ganz Gott und ganz Mensch, geschickt hat. Dass alle Menschen, die nach Jesus gelebt haben und leben, die Chance haben sollen, von ihm zu hören und an ihn zu glauben. Darum übrigens konnten Leute gerettet werden, die anderen Religionen angehörten - bevor Jesus geboren wurde oder wenn ihnen nie jemand von Jesus erzählte. Denn die sind und waren keine Heiden in diesem Sinne. Sie konnten ja nicht von Jesus Christus wissen.

Aber so haben wir die Wahl, zumindest alle, die von Jesus und seinem Geborenwerden, Leben und Sterben gehört haben. Entweder wir glauben es - dann können wir, ein Leben vorausgesetzt, das nicht in Widerspruch zu seiner Botschaft steht, nach unserem Tod darauf vertrauen, dass wir das ewige Leben bekommen. Oder wir glauben es nicht, sind Heiden - dann werden wir, egal wie wir gelebt haben, leider nicht durch das Gericht kommen. Denn, das ist die wichtigste Botschaft, die die Reformation Luthers wiederentdeckt hat, nachdem die Papisten sie verschüttet hatten, allein der Glaube ist der Schlüssel zum ewigen Leben. Sozusagen (mathematisch gesprochen) die notwendige Bedingung, wenn auch keine hinreichende. Das ist gemeint, wenn Luther im Anschluss den Römerbrief des Paulus und an die Interpretation des Augustinus formuliert, wir würden "allein aus Glauben gerecht".

Darum sage ich, Weihnachten sei "doof für die Heiden". Also für alle* die, die - obwohl sie es besser wissen könnten - Jesus nicht als den Christus ansehen. Nach Weihnachten und dann später nach Karfreitag gibt es die Ausrede nicht mehr, ich hätte es nicht gewusst, hätte es nicht wissen können, dass der Christus geboren und gestorben sei. 

Wer von Weihnachten gehört hat, wer die Weihnachtsbotschaft gehört hat, und sich dennoch dem Glauben verweigert, ist doof dran, so auf Dauer. Denn die Ewigkeit ist unglaublich viel länger als das Leben auf dieser Erde. Und die in der Hölle statt im Himmel zu verbringen (was immer sich konkret hinter diesen beiden Worten verbergen mag), ist wahrscheinlich eher doof.

Das alles mag streng klingen und irgendwie aus der Zeit gefallen. Aber das ist es nur, wenn ich es als Drohung wahrnehme. Es ist aber keine Drohung sondern eine Verheißung. Darum reden wir auch so selten von der Hölle und dem Gericht und so viel vom Leben und der Rettung. Denn die steht jeder offen. Seit Weihnachten, seit die Möglichkeit des Bundes vom Volk Gottes auf die ganze Welt ausgeweitet wurde. Aber diese Verheißung ist eben auch kein Selbstläufer, das wäre kindisch und billig. Und billig ist Gott nicht, keine Geschichte, die Menschen sich von ihm und ihren Erfahrungen mit ihm erzählen, ist eine, in der Gott und seine Gnade billig gewesen wäre. Unverdient, das ja - aber nicht billig. Kindlich ja - aber nicht kindisch.

Dass wir in dieser Welt das Reich Gottes bauen können und dass wir in der nächsten Welt in diesem Reich Gottes ewig leben dürfen, ist toll und gut für diese Welt und ihre Menschen. Doof, wer nicht mitbaut und wer sich den Weg in dieses Reich verbaut.


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* Eine Ausnahme von "alle" hat Gott übrigens gemacht, als er mit Israel seinen Bund schloss, der nie aufgehoben wurde und für alle Zeiten gilt. Weshalb, aber das nur am Rande, auch unter Lutheranern Judenmission mindestens umstritten ist. Denn das Volk Israel, das Volk Gottes, ist unabhängig vom Glauben an den Christus bereits gerettet.

18.4.10

Nun ist er groß

Erste Konfirmation in da house. Irgendwie war ich am Ende gar nicht so aufgeregt, wie ich dachte. Früher sagte man ja, dann ist das Kind erwachsen, irgendwie stimmt das auch, wenn man sich die Bilder anguckt:



Es war entspannt, erste Feier im neuen Haus, bei gutem Wetter, mit Grillen und Lasagne (was tut man nicht alles, um Wünsche zu erfüllen), mit der engsten Verwandtschaft und den Paten mit ihren Familien. Als wir das Abendmahl gestürmt haben, war es voll...

Im Grunde ändert sich ja nichts so direkt durch dieses Fest. Aber trotzdem ist es ein Abschnitt und ein mir irgendwie wichtiger Teil des Erwachsenwerdens, das mit Glück nicht ganz noch mal 14 Jahre dauern wird. Und für uns das erste Mal, übernächstes Jahr geht es weiter.

Primus, du bist so groß. Und manchmal schon so erwachsen. Glücklicherweise nicht immer. Aber - auch wenn ich dich latent peinlich mache, wenn ich das jetzt sage - ein richtig guter Kerl auf dem Weg.

30.11.09

Demut und Dankbarkeit

Wenn nacheinander die Hälfte der Familie krank ist, wenn die Arbeit viel ist, das Haus und alles, dann fühlt es sich manchmal an wie Stress, dann ist es manchmal auch mühsam. Und dann kommt das Danken oft zu kurz. Denn bei allem Trubel darf ich, dürfen wir nicht vergessen, wie gut es uns geht.

Dann erschrecke ich wieder, wie es dieses Jammern auf hohem Niveau geben kann, wie uns das passieren kann. Für das kranke Kind, das seit Wochen hustet und nicht zur Schule kann, ist es schrecklich, ja. Aber es hat zwei Eltern und drei Geschwister, die da sind und da bleiben.

Im direkten Umfeld kämpft eine Frau, Mutter von zwei kleinen Kindern, Ehefrau, Schwiegertochter, mit dem Tod. So geht es seit Jahren und nun hat sie keine Chance mehr: Der gesamte Körper ist unter der Chemo- und Strahlentherapie von Krebszellen zersetzt worden, es geht nicht mehr, sie hangelt sich von Tag zu Tag und hofft für ihre Kinder auf Weihnachten, will das noch unbedingt erleben.

Das Leid, wenn man in ihre Augen und die Augen ihrer Familie guckt, ist unbeschreiblich. Der jahrelange Kampf so grausam und am Ende so vergeblich. Die Verzweiflung der Kinder, die ihre Mutter kaum noch erkennen und Angst vor ihr haben, weil sie so anders aussieht und das Bett kaum noch verlassen kann. Die Stärke der Mannes, der das, was möglich ist, an Leben aufrecht erhält. Die himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass er sein Leben lang getrunken und geraucht hat und sie sterben muss.

Wenn er erzählt, wie sie den Alltag oder was davon übrig ist, zu meistern versuchen, wie sie immer wieder auch einmal Kraft und Ruhe finden, und sei es für ein paar Minuten, dann beschämt mich mein Jammern, wen es zu Hause mal wieder zu wild, zu laut, zu chaotisch ist. Dann rückt das die Perspektive zurecht. Dann lehrt mich das Demut und Dankbarkeit.

Beides kann ich nicht so gut im Alltag, weil ich unruhig bleibe und immer mehr und mehr will. Und beides ist trotzdem wichtig.

Ich habe nach dem Schock, dass es ihr wieder und immer schlechter geht, im Gottesdienst gesessen und gebetet. Und war dankbar, ja wirklich. Und werde mich in Demut üben.

22.5.09

Bibeltwittern

Ich finde den Versuch gut, den das Team von evangelisch.de unternimmt (disclosure: ich hab das Team beraten). Die Bibel in 3.000 Abschnitte unterteilt und jeden Abschnitt twitterkompatibel zusammen gefasst. Hab ich auch mitgemacht:

Wer glaubt, wird gerettet. NUR wer glaubt. NIx mit Gesetz. So war es schon bei Abraham und so soll es auch für uns sein. 3459 #ebl Tweet
Nun müsst ihr nur noch raten, welche Stelle das ist...

Und nein, das ist nicht meine "Lieblingsstelle" - was ich ohnehin nicht habe, sondern "nur" zwei, drei Verse, die mich einen großen Teil meines Lebens begleitet haben, allen voran 2Tim1,7 -, sondern eine mehr oder weniger willkürliche aus dem (theologisch) wichtigsten Buch der Bibel und dort aus dem (längeren) zentralen Abschnitt....

18.12.08

Zeit, Jahresrückblicke zu beginnen

Ich weiß nicht, ob ich es dieses Jahr schaffen werde, den einen oder anderen Gedanken zum Jahresrückblick zu schreiben. Aber da mich eine Freundin, die auch bei uns draußen wohnt, gerade fragte, ob ich eine Idee hätte, wo sie mit ihren Kindern gut in den Gottesdienst gehen könnte, fiel mir wieder ein, dass ich Anfang Januar geschrieben hatte:
Eines der Projekte, die ich mir und uns als Familie für dieses Jahr vorgenommen habe, ist, eine Gemeinde zu finden, in der die Gottesdienste einerseits geistlich nahrhaft sind - und andererseits ein paralleler Kindergottesdienst stattfindet, auf den unsere vier Kinder Lust haben (und das theologisch nicht völlig gaga ist).
Auf dem Weg
Und dass ich nun zugeben muss, dass wir, also vor allem ich, daran grandios gescheitert bin. Denn schon Ende Februar haben wir den ersten Versuch aufgeben müssen, weil es gar zu schrecklich war. Und dass ich seitdem eher zögerlich weiter gesucht habe und eher verzagt war. Die wenigen Gottesdienste, die ich danach noch besucht habe, waren - von der Beerdigung meiner Mutter und vom Ewigkeitssonntag abgesehen (die ja eine andere Funktion haben) - schrecklich und entmutigend. Die Kandidaten zur Kirchenwahl in unserer Ortsgemeinde waren dazu angetan, aus der Kirche auszutreten (nicht alle, aber doch viele). Die geistliche Armut in unserer Region ist erschütternd und traurig.

Entweder ich mache nach der Weihnachtszeit einen neuen Anlauf. Oder ich weiß auch nicht. Vielleicht passt es lebensweltlich zurzeit auch nicht rein bei uns. Obwohl Primus jetzt in den Konfirmandenunterricht gehen wird. Aber wie soll er in dieser Gemeinde ernsthaft eine Beziehung zur kirchlich geprägten Religion bekommen?

(Das klingt jetzt verzweifelter, als es ist - denn ich merke, dass mir nicht wirklich im Alltag und am Sonntag etwas fehlt, weil ich persönlich einen Glauben habe. Aber das, was ich als geistliche Heimat bezeichnen würde, das fehlt mir schon eher. Und dass meine Kinder auch an unseren Glauben herangeführt werden könnten, ohne dass sie alles nur von uns oder ihren einen Großeltern hörten.)

8.12.08

Nikolaus und Weihnachtsmann

Es hat  mich ja wieder gewundert, wie viele Nikoläuse als Weihnachtsmann verkleidet auf den Straßen waren. Und ich bin stolz, dass meine Jungs genau das erkannt haben, als sie beim Sky bei ihren Großeltern in Neustadt eigentlich den Nikolaus abgreifen wollten. Ob das an Rolf Zuckowski liegt?



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Und dann waren wir in der Kirche, weil es seit fast 30 Jahren Tradition ist, dass am Sonntag vor den Weihnachtskonzerten meiner alten Schule (und der Schule meiner beiden Großen) Chöre und Orchester im Gottesdienst mitmachen. Eigentlich gehört Pastor Christiansen ja zu den sehr wenigen genießbaren Predigern in unserer Ortsgemeinde. Aber noch nie hat mich so genervt, dass er immer so besoffen ob seiner eigenen (linken) Frömmigkeit ist, wie gestern. Es war (zumindest für mich) nicht zum Aushalten. Dass er immer erste den dritten guten Schluss findet, den er in seiner Predigt versteckt hat, macht es dann nicht besser.

Richtig geärgert aber habe ich mich, dass er - mal wieder, wie es so oft der Fall ist in der Szene, in der ich ja auch groß geworden bin, also bei den spirituell ambitionierten Linken in meiner Kirche - am Glaubensbekenntnis rumgeschraubt hat. Ich finde es unerhört, wenn ich als Gottesdienstbesucher gezwungen werde, meinen Glauben mit Worten zu bekennen, die ich zum ersten Mal lese, während ich sie spreche. Und wenn dann wie gestern die Auferstehung Jesu und auch die Auferstehung der Toten "vergessen" werden, weil sie verschwurbelt in irgendso ein mitten im Leben Dingens reingetextet wurden, könnte ich heulen.

Für mich war es schon vor vielen Jahren Augen öffnend, als nach einem Gottestdienst, den ich mitgestaltet hatte, jemand auf mich zukam mit genau dieser Beschwerde. Denn er hatte Recht - nicht umsonst haben sich unsere Kirchen auf gerade mal zwei Bekenntnisse wirklich einigen können (und sind die Ost- und die Westkirchen 381 schon am filioque des Nicänums zerbrochen). Daran zu rütteln und zu schrauben, gehört sich nicht. Jedenfalls nicht so aus dem Off.