28.4.23

Antwort auf einen offenen Brief (Kommunalwahl)

Am letzten Wochenende hatten drei Familien aus unserer Gemeinde einen offenen Brief an Gemeindevertreter*innen, Bürgermeister und Medien geschrieben, in der sie ihrer (wie ich finde: verständlichen) Enttäuschung Luft machten, wie fahrlässig unsere Gemeinde damit umgegangen ist, dass es erheblich zu wenige Kindergartenplätze gibt – während gleichzeitig immer mehr Grundstücke für Familien verkauft und dann bebaut werden. Weil ich im Ausschuss war, in dem das Problem mal wieder nicht gelöst wurde, habe ich den Familien offen geantwortet. Hier einmal dokumentiert.

Liebe Familien,

erst gestern Abend erreichte mich Ihr (offener) Brief. Da ich für die Grünen seit Dezember 2022 in die Gemeindevertretung nachgerückt bin und als Vertreter der Grünen Fraktion im Sozial-, Schul-, Kultur- und Jugendausschuss am 26.1. war, danke ich Ihnen sehr, dass Sie an diesem Thema dranbleiben und uns so deutlich aber konstruktiv schreiben. Um es vorweg zu sagen: Ich teile Ihre Einschätzung und die Dringlichkeit, erlebe es auch genauso in „meinen Dörfern“ am Ostrand der Gemeinde. Übrigens ist es auch ein persönliches Thema, da ich Kinder habe, die gerade planen, eine Familie zu gründen. Unsere Spitzenkandidatin und Direktkandidatin im Wahlkreis 1, Lena Schmölcke, ist außerdem in der gleichen Situation wie Sie. 

Aber: Das ist nicht nur eine persönliche Frage. Dies als Antwort wäre auch allzu billig, das haben Sie nicht verdient. Ich war ebenso wie Sie über die Sitzung des Ausschusses und das Agieren der Mehrheit in Ausschuss und Gemeindevertretung und auch des Bürgermeisters irritiert. Dass ich wieder für die Gemeindevertretung kandidiere, hat auch wesentlich damit zu tun. Es ist mir ein persönliches und politisches Anliegen, die Prioritäten und die Art, wie bei uns in der Gemeinde Entscheidungen gefällt werden, zu verändern. Da ich erst seit Dezember mitgestalten kann, hoffe ich, dass Sie mir abnehmen, dass ich etwas verändern will.

Aus meiner Sicht (und – wie Sie am Wahlprogramm für die Gemeinde Bosau sehen können – inzwischen auch aus Sicht der Grünen hier bei uns) sollen Entscheidungen in der Gemeindevertretung und in den Ausschüssen sich in Zukunft an drei Kriterien orientieren: Bringen sie die Klimaneutralität der Gemeinde voran? Dienen sie den Bedürfnissen von Familien? Welche (ökonomischen) Effekte haben sie auf die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse? Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass vor allem die beiden letzten Kriterien einen radikal zügigen Ausbau der Kindergartenplätze (und nicht, wie von der SPD vorangetrieben, von Tagesmüttern und -vätern, die aus meiner Sicht nur eine Ergänzung sein können) als DIE Top-Priorität fordern.

Als besonders enttäuschend habe auch ich erlebt, wie die Verpflichtung der Gemeinde, genug pädagogisch hochwertige Plätze für Kinder ab dem ersten Lebensjahr zur Verfügung zu stellen, ignoriert wurde. Wenn es zu Klagen der Eltern käme, wäre das ein komplettes Versagen der Politik und der Gemeindevertretung.

Im Ausschuss haben Sie gesehen, dass ich die Containerlösung nicht nur eingebracht, sondern auch mit konkreten Vorschlägen vorangetrieben habe. Insofern teile ich Ihre Enttäuschung darüber, dass dieses von der aktuellen Mehrheit in den politischen Gremien nicht konsequent verfolgt wird. Dass CDU und SPD mal eben mehrere zehntausend Euro für ein überflüssiges Auto für den Bauhof ausgeben, aber ein Container am Haushalt scheitern könnte, halte ich für absurd. Im Übrigen habe ich – vor allem weil die grundfalschen Prioritäten gesetzt werden – als einziger in der Gemeindevertretung gegen den Haushalt gestimmt.

In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind viele falsche Weichen in Bosau gestellt worden. Das merken wir an manchen absurden Dingen: Beispielsweise dass geregelt ist, in Neubaugebieten jeweils zwei Stellplätze auf dem Grundstück zu schaffen – aber nicht geregelt oder zu Ende gedacht wurde, wie wir für die Kinder die richtigen Plätze schaffen, die geboren werden, und wie wir für die Familien eine lebenswerte Umgebung schaffen, die hierher ziehen oder hierher stammen.

Bevor meine Familie und ich nach Braak gezogen sind, habe ich am Hamburger Stadtrand an der Gründung und Ausstattung eines kirchlichen Kitawerkes mitgewirkt. Mir ist klar, wie das funktioniert und wie viel Energie und – ja, auch – Vorlauf das braucht. Darum kann ich Ihnen nicht seriös versprechen, dass es eine schnelle Lösung gibt. Dafür ist jahrelang zu viel versäumt worden. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass ich mich dafür einsetze, die Prioritäten in der Gemeinde zu ändern. Und dass ich mir sicher bin, dass die anderen Grünen ebenfalls zu unserem Wahlprogramm stehen. Sprechen Sie mich bitte gerne an, wenn Sie den Eindruck haben, dass ich etwas für Sie tun kann.

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