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18.1.21

Ich liebe Radio

Radio

Ich wollte nie zum Fernsehen. Weil ich immer Radio liebte. Nur mit der Stimme, sehr direkt, sehr intim – und trotzdem für alle zu hören, die zufällig oder bewusst einschalten. Die Zeit als Kirchenfunker im Privatradio war sehr cool, bis hin zu den Experimenten, on air zu beten.

Radio ist aber vor allem auch flüchtig. Weshalb ich noch die Generation Mix-Tapes bin, die Lieder aus dem Radio auf Kassette aufgenommen hat und am Doppelkassettendeck neu zusammenstellte.

Ich mag auch Podcasts und Hörbücher, sehr sogar. Die höre ich beispielsweise bei der Hofarbeit, beim Pferdescheißeschaufeln, beim Zäunebauen, beim Kochen.

Ephemeral Media

Und ich mochte schon immer Ephemeral Media. Damit habe ich mich damals, vor sechs Jahren, als es losging mit Ephemeral Media, intensiv beschäftigt und viel drüber geschrieben und Vorträge gehalten. Das Flüchtige als Antwort auf die unangenehme Erfahrung, dass "das Web nicht vergisst", hat mich die gesamte Zeit fasziniert. Ebenso übrigens, wie dann dieses Flüchtige für uns doch permanent sein sollte - wie die Highlights auf Insta, die eigentlich ephemere Storys haltbar machen.

Radio ist eigentlich auch Ephemeral Media, immer schon. Sogar noch radikaler, weil es eben nur im Moment funktioniert und nicht mal die sonst üblichen 24 Stunden.

Clubhouse

Und nun also Clubhouse. Dieses Wochenende ist es so richtig offiziell in Deutschland angekommen, es sieht so aus, als ob es tatsächlich für fast alle, die ein iPhone haben, geöffnet wird. Clubhouse machte seit rund einem Jahr ein bisschen Furore, vor allem in Nordamerika, weil es zunächst nur für kleine exklusive Zirkel zugänglich war, um auszuprobieren, was da geht und was nicht. 

In aller Kürze: Nur Audio, kein Video, kein Text, keine Bilder. Nur live, nur im Moment. Wer einen Raum öffnet, kann sprechen und entscheiden, wer mit sprechen darf, andere können zuhören und darum bitten, mitsprechen zu dürfen. Also im Grunde eine Mischung aus Talkradio und Open Mic.

Hype oder nachhaltig?

Im Grund ist es egal, ob es "nur" ein Hype ist oder ob da ein neues, nachhaltiges Netzwerk entsteht. Für Hype spricht, dass ich von Freund:innen, die es vor Monaten anfingen zu nutzen und anfangs hell begeistert waren, höre, dass das schnell wieder abflaute und sie noch ein, zwei Mal in der Woche oder sogar nur im Monat die App öffnen. Das scheinen auch andere zu hören. Und es ist auch allzu sehr männlich und weiß und teilweise offenbar auch echt kakke.

Aber: es ist, gerade für einen alten Radiomenschen wie mich, auch irgendwie super aufregend, wie dort eine Community versucht, im Grunde die Brecht'sche Vision vom Radio zum Leben zu erwecken. Und da steckt etwas drin. Ich denke, dass da auch die Nachhaltigkeit liegt.

Erste Überlegungen eines Kommunikationsmenschen 

1. Ask Me Anything
Gerade für Top-Executives kann es eine Umgebung sein (und ist es bisher, als es noch kuschelig war, auch gewesen), in der sie live und "intim", flüchtig, erzählen und Fragen beantworten können. Das haben wir von Leuten aus der Start-Up-Szene gesehen, von einigen wenigen Politiker:innen, das könnten wir auch für andere sehen.

2. Formatierung
Eines der wichtigsten Erfolgsrezepte von Radio ist die Formatierung. Dass ich also weiß, was mich wann erwartet: Von 18 Uhr bis 18.40 Uhr beispielsweise die abendliche Aktuell-Sendung, und dann von 18.40 Uhr bis 19.00 Uhr ein ausführlicher Hintergrund (im Beispiel Deutschlandfunk). Flüchtige Live-Medien werden Formate brauchen. Erste gibt es schon auf Clubhouse. Und hier sehe ich tatsächlich große Chancen. Sowohl für Profis als auch für Marken.

3. Talkradio
In Deutschland gibt es wenig bis kein echtes Talkradio. Anders als in vielen anderen Ländern. Clubhouse könnte diese Lücke schließen. Es könnte sich zu einem Talkradio entwickeln. Und damit wäre auch alles, was in Talkradios, vor allem live, denkbar ist, hier denkbar. Da lohnt es sich wahrscheinlich, kreativ zu werden. Muss ja nicht alles wie Domian sein.

Erste Erfahrungen
Was mir auffällt: anders als die meisten anderen Formen von Ephemeral Media muss zumindest ich mich auf die Gespräche in den Räumen von Clubhouse konzentrieren. Das geht nicht einfach so nebenbei oder aus dem Augenwinkel. Und während ich Twitter wunderbar neben Filmen, TV-Events oder Wahlberichterstattung nutzen kann und nutze, kann ich das mit diesem Talkradio nicht. Also ich zumindest kann das nicht. Ich muss mir also bewusst und echt Zeit nehmen, um eine Sendung auf Clubhouse zu hören oder an einer Diskussion teilzunehmen. Zumal es eben nicht asynchron ist, was ich beispielsweise an Twitter oder an Messengern sehr mag. Auch das spricht übrigens für Formate, denn dann kann ich mich darauf einstellen.

Kleiner Nebeneffekt – aber ich glaube, das ist super wichtig und kann einer der Treiber sein, dass Clubhouse (oder so was) bleibt – sind darüberhinaus die Zufallsbegegnungen. Menschen, die sich in Gespräche einklinken und die mich begeistern. Andere, die ich nicht kannte, lerne ich kennen, folge ihnen, sehe mehr von ihnen. 

Weil ich Radio so liebe, gebe ich Clubhouse eine Chance. Und habe ihm trotzdem nicht Zugriff auf mein Adressbuch gegeben. Es funktioniert dennoch, übrigens.

[Und auf LinkedIn habe ich noch einen englischen Artikel über Clubhouse geschrieben, etwas anderer Schwerpunkt, aber die Gedanken hier weiterführend.]

2.3.15

Grenzkosten

Ich gehöre nicht zu denen, die quaken, wenn irgendwer die Nutzungsbedingungen ändert. Und ich verstehe wahrscheinlich mehr als die durchschnittliche Nutzerin von Modellen, wie ein Internetservice monetarisiert werden kann und muss. Und auch von Onlinemarketing, Targeting, Data Mining.

Genug jedenfalls, um zu wissen, dass ich dann Teil des Produktes bin, das jemand anbietet, wenn ich deren Service kostenfrei nutze. Ich zahle anders. Das, was ich für mich und für andere, die ich mit meiner Nutzung mit reinziehe, regelmäßig neu überprüfen muss, ist, ob die Kosten in einem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen stehen.


Der Deal ist eigentlich ganz einfach 
Facebook stellt mir (formal kostenfrei) seine Services zur Verfügung. Dafür erstellt es Profile über mich, teilweise summarisch, teilweise persönlich, teilweise nach Art eines Microzensus. Diese Daten vermarktet Facebook, so verdient es Geld. Ok, jetzt etwas holzschnittartig, aber im Prinzip ist es so.

Das Problem ist, dass Facebook in den letzten Monaten sowohl an der Kostenschraube als auch an der Nutzenschraube gedreht hat - leider in entgegengesetzte Richtungen. Ich habe kein prinzipielles Problem damit, dass sie immer mehr wollen von mir und meinen Daten. Ok, die Grenze dessen, was ich unter demokratischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten für maximal erträglich halte, ist inzwischen so gut wie erreicht. Wenn allerdings ein Wert, ein Nutzen dagegen steht, halte ich es noch so eben gerade für legitim, was sie tun.

Nur, dass der Nutzen nicht mehr stimmt. Das muss nicht für alle so sein, ich rede hier erst einmal nur von mir. Aber die Veränderungen, die sich durch Facebooks Pushen von Video für mich als Nutzer ergeben, führen dazu, dass die Kosten, die gleichzeitig stiegen, zu hoch werden. Dass die Kosten höher werden als der Nutzen, war schon einmal fast so, als das, was mir von denen, mit denen ich auf Facebook Kontakt hatte, angezeigt wird, nicht mehr dem entsprach, was ich erwartete oder wollte.


Der Deal ist aufgekündigt
Dass mir in der App seit Beginn dieses Jahres quasi nur noch Videocontent gezeigt wird (kombiniert mit der Tatsache, dass die wenigsten, die mich interessieren, Videocontent veröffentlichen), hat zusammen mit der relativ radikalen Ausweitung der Nutzungs- und Kombinationsrechte, die ich Facebook an meinen Daten einräume (ohne explizit den Nutzungsbedingungen zuzustimmen, was ja aber gerade politisch und juristisch geklärt wird, was aber auf jeden Fall ein besonders krasses Beispiel dafür ist, dass Facebook inzwischen tatsächlich totalitär ist aus meiner Sicht), die Kosten höher steigen lassen als den Nutzen. Facebook hat unseren Deal aufgekündigt.

Andererseits geht Facebook, die Firma, einen interessanten Weg, indem sie Services zwar von der Datenhaltung zusammen führt, von der Nutzung aber trennt. Beispielsweise nutze ich sehr gerne Instagram und den Messenger (den allerdings eher wenig), auch Whatsapp relativ gerne. Und einige Gruppen auf Facebook, dem Netzwerk. Für alle diese Dinge habe ich eigene Apps auf dem mobilen Internetzugangsgerät meiner Wahl. Die eigentliche Facebook-App nicht mehr.

Das ist nicht konsequent, ich weiß. Aber ich bin auch nicht so ein besonders konsequenter Mensch. Meinen Account gibt es noch. Die Browserdaten zu Facebook habe ich gelöscht.

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Wer etwas tiefer einsteigen will in die Kosten-Nutzen-Überlegungen, sei auf Salim Viranis Blogpost verwiesen. Er bereitet das ganz gut auf, dokumentiert es auch gut. Und hat den einen oder die andere aus meinem direkten Umfeld dazu gebracht, komplett die Reißleine zu ziehen.

29.4.14

Instagram ist das neue Leitmedium

Jede Generation hat ihr bestimmendes Medium, heute ihr bestimmendes Social Network. Wir haben als Kinder und junge Jugendliche noch Festnetznummern ausgetauscht.

Manchmal sind die Übergänge zwischen den Generationen dabei fließend. Manchmal radikal. Und machmal echt überraschend. Ohne dass ich Privatempirie überbewerten will, finde ich sehr interessant zu beobachten, wie sehr das Medienverhalten zwischen meinen beiden Großen und meinen beiden Kleinen abweicht. Irgendwo zwischen jetzt 16-Jährigen und 12-Jährigen hat sich etwas verändert.

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Instagram-Logo schwarz-weiß
Instagram-Logo
Damals, als Facebook Instagram kaufte, habe ich in meinen Vorträgen sofort gesagt, dass es ein Schnäppchen gewesen sei. Heute wissen wir, dass es tatsächlich so war und die eine Milliarde eher günstig war für das, was das Unternehmen Facebook davon hat. Denn sie haben auf das richtige Netzwerk gewettet.

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Die Handball-D- und C-Jugend des Walddörfer SV war, wie jedes Jahr, über Ostern beim Holstebro Cup. Mehrere hundert Kinder und junge Jugendliche, Jungs und Mädchen, zwischen knapp 12 und gut 14. Aus vielen verschiedenen Ländern von Norwegen bis Frankreich, überall, wo Handball gespielt wird und von wo aus die Mitte Dänemarks gerade noch so erreichbar ist.

Wenn sie sich kennen lernten und unterhielten - Tertius' Mannschaft hatte das Glück, dass ihr einer Torwart dänisch spricht, so dass sie zu all den tollen Mädchenmannschaften aus Dänemark Kontakt aufnehmen konnten - war die Frage nicht mehr die nach der Mobilnummer (wg. WhatsApp) oder dem Facebook-Account. Sondern danach, wie die jeweils andere auf Instagram heiße. Die meisten Kinder kamen mit mehr als doppelt so vielen Followern nach Hause.

Für die Kinder bei uns, für die 12- und 13-jähringen Jungs im Speckgürtel von Hamburg, ist Instagram das Leitmedium geworden.

Das hat mich überrascht, zumindest in der Radikalität. Darum habe ich in den letzten beiden Wochen rumgefragt bei anderen Familien mit jungen Jugendlichen. Und überall das gleiche Bild: Rund die Hälfte der Kinder in den Klassen ist auf Instagram - und für die, die dabei sind, ist es der wichtigste Kanal für das geworden, was ich gerne "affirmative Kommunikation" nenne. Also für Selbstdarstellung und Bestätigung und zwischenmenschliche Kommunikation. War Facebook für meine heute 16- und 18-jährigen Jungs damals die Möglichkeit, gefahrlos mit Mädchen ins Gespräch zu kommen, ist dies heute über Instagram der Fall.

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Die Kinder und Jugendlichen, die ich auf Instagram kenne (über meine Kinder, die Kinder von Freundinnen und über mein Hobby, das auch viele Jugendliche haben, das Reiten und die Islandpferde), wissen alle, dass Instagram zu Facebook gehört. Aber es hat für sie keine Bedeutung. Keine tiefere.

Ich habe einen Heidenrespekt vor Facebook (der Firma), dass sie dieses Potenzial damals bereits erkannten. Und dass sie es schaffen, die nächste Generation über ein anderes Netzwerk an sich zu binden. Der Versuch, WhatsApp zu kaufen, gehört ja auch da mit hinein, auch wenn das etwas verzweifelter ist und nicht halb so hellsichtig. Aber wenn es klappen sollte, dass sie diese Plattform auch kaufen (das steht ja nun noch nicht wirklich fest), haben sie die Kinder und Jugendlichen in ihr Ökosystem hineingeführt.

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Dass Instagram das Leitmedium der jungen Jugendlichen und der Kinder wird, finde ich gut. Vor allem deshalb vielleicht, weil ich es selbst so mag. Aber auch, weil Instagram zwei Eigenschaften hat, die ich für junge Menschen gut und wichtig finde:

Zum einen ist es ein durchweg positives Netzwerk. Sowohl die Bestätigung über ein Herzchen als auch die Art der Kommentare zeigen, dass es vor allem um Zustimmung und Freundlichkeit geht. Menschen zeigen sich - und andere sagen, dass sie sie hübsch finden. Es wird auch hier Mobbing geben wie überall, wo Kinder zusammen kommen. Aber die Grundkonstruktion ist so, dass jeder Mensch hübsch sein kann. Und sei es durch die Retrofilter.

Zum anderen ist es wirklich und tatsächlich international. Weil Sprache keine tragende Rolle spielt, ist eine Verständigung über Sprachgrenzen hinweg einfach und möglich. Und dass die Kinder schon mit 11 Jahren automatisch englisch schreiben, wenn sie Bilder posten, spiegelt genau diese Erfahrung wider - dass sie eben nicht auf ihre Umgebung und ihre Sprache beschränkt sind bei denen, mit denen sie dort zusammen kommen. Stichworte in verschiedenen Sprachen - bei uns in Norddeutschland oft auch in skandinavischen Sprachen - und für verschiedene Signaturen helfen, sich zu sortieren und zu finden. Vielleicht ist es ein bisschen übertrieben und zu optimistisch, aber vielleicht entsteht hier unter Kindern und jungen Jugendlichen auch wirklich der Kern einer europäischen Öffentlichkeit.

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Dass Instagram Facebook als Leitmedium ablöst, halte ich für eine gute Entwicklung. Rein subjektiv, weil ich Facebook nie wirklich mochte. Und darüber hinaus, weil Instagram das beste, was Twitter geschaffen hat, so nutzt, dass Menschen Lust haben, dabei zu sein: die asynchrone und asymmetrische Kommunikation, das Prinzip des Folgens, das auch einseitig sein kann und darf. Das nicht Beziehung oder gar Freundschaft vorgaukelt, wo nur Interesse an den Lebensäußerungen der anderen da ist.

Instagram hat seine größte Zeit noch vor sich, wenn unsere Kinder damit größer werden. Wenn sie lernen, sich auszudrücken, wenn sie ihre eigenen Codes entwickeln. Und das Leben wird bunter und schöner sein, wenn sie es mit Bildern versehen. Darüber freue ich mich in meinem Leben. Und darauf freue ich mich für meine Kinder.

16.4.13

Alte-Leute-Medium

In Abwandlung eines Ausspruches von Don Tapscott lässt sich schon heute sagen:
Facebook is a former mainstream network good for sending birthday greetings to your friends' parents.
Schon im August 2011 schrieb ich ja etwas zu reißerisch, dass ich auf Dauer Facebook keine Chance einräume. Die Gründe mögen fragwürdig sein und gelten heute teilweise nicht mehr so richtig - meine Einschätzung, was die Verschmelzung der Betriebssysteme angeht, stimmt so nicht. Aber dass sich Facebook zu einem Alte-Leute-Medium entwickelt, ist unübersehbar. Und das ist schlecht (für Facebook und die Kommunikatorinnen, die sich langsam endlich daran gewöhnt haben, Facebook ernst zu nehmen, teilweise noch als Jugendplattform lustigerweise, aber das ist beinahe schon eine andere Geschichte).

Die Zeichen mehren sich in fast allen Märkten, dass die nächste Generation sich nicht mehr zu 110% bei Facebook anmelden wird. Und dass schon jetzt ein signifikanter Teil der Jugendlichen, auch der älteren Jugendlichen, Facebook anders nutzt als wir uns das mal so vorgestellt haben.
Die Zahlen von zurückgehendem Wachstum in der sehr jungen Zielgruppe gepaart mit meiner Privatempirie legen mir nahe, dass es jetzt an der Zeit ist, die Augen offen zu halten.

Facebook hat aus meiner Sicht zwei offene Flanken, die sie nicht schließen können. Und nicht schließen werden. Dass sie strategisch auch in eine andere Richtung laufen als diese Flanken zu schließen, zeigt Facebook Home. Aber auch das ist eine andere Geschichte.

1. Facebook ist elternverseucht
Wenn inzwischen mehr als die Hälfte der Eltern von Jugendlichen, die auf Facebook sind, dort auch rumturnen, ist das eher übel für dessen Reputation. Ja, noch nutzen sie massiv vor den Augen ihrer Eltern verborgene Funktionen wie Gruppen und Chat. Aber das wird zurück gehen, wenn das Posing für sie nicht mehr attraktiv ist auf diesem Netzwerk. Und das ist es schon jetzt immer weniger. Die starken Wachstumsraten von Twitter (auch in Deutschland jetzt erstmals, fast nur unter Jugendlichen) und Instagram (was mich weniger überrascht hat) sprechen dafür, dass sie ausweichen auf Netzwerke, in denen bisher nur wenige Erwachsene sind. Oder gleich ganz andere Dinge ausprobieren - ich bin beispielsweise sehr gespannt auf Wachstumsraten von SnapChat, vor allem, wo sie jetzt auch für das bei Jugendlichen sehr beliebte Android verfügbar sind (und ich halte SnapChat für tatsächlich sehr interessant, vor allem das Privatsphärekonzept, das daraus spricht). 
Warum sollten Jugendliche auf Dauer ein Netzwerk nutzen, auf dem die Eltern sind? Wenn, dann werden sie es so "sauber" nutzen wie wir Xing oder LinkedIn.
2. Sollbruchstelle Ausweisstelle
Die Funktion von Facebook, die de-facto-Ausweisstelle des Internet zu sein, trägt viel zu seinem aktuellen Erfolg und Sog, vor allem unter Erwachsenen, bei. Aber sie ist zugleich der Punkt, an dem sich die nächste Generation abwenden wird. Zunächst nur einige Subgruppen, die besonders stark auf Abgrenzung setzen, so wie es in linken Szenen lange schon große Facebook-Aversionen gibt. Und nach und nach weitere. Je mehr Facebook faktisch zu einem Silo wird, egal wie sehr sie den AOL-Fehler zu vermeiden suchen, desto schneller werden sich nachwachsende Gruppen abwenden.
Ich glaube nicht, dass sich Tertius, der jetzt 11 Jahre alt ist und sich sehr für Onlinenetze interessiert und für den selbstverständlich YouTube der First Screen ist, noch bei Facebook anmelden wird. Und wenn, dann nur, um es so zu nutzen, wie meine großen Kinder E-Mail: Als Notfallequipment, um mit Erwachsenen kommunizieren zu können.

Zeit, umzudenken.

Ceterum Censeo: Wer glaubt, mit Facebook Jugendliche zu erreichen, schreibt denen wohl auch noch SMS.

Edit 17.4.
Sozusagen als Fortsetzung ist hier der Beitrag über die am gleichen Tag veröffentlichte scheinbar dem hier widersprechende Studie des mpfs mit uralten Zahlen von vor einem Jahr.

23.6.11

Did u hear me?

Für das Jahr 2011 habe ich vorausgesagt, dass mindestens StudiVZ so am Ende sein wird, dass es entweder verschwinden oder den Weg Mypaces gehen wird, also sein Modell verändern, kein Netzwerk mehr sein will. Das haben sie ja dann auch schneller als gedacht untermauert, als sie zum 1.4. eine Vermarktungsgemeinschaft geschaffen haben. Auf den einen oder die andere wirkte das, als ob zwei Halbtote sich zusammen tun, damit es so aussieht, als ob sie lebendig wären. Aber gut, jeder, wie er mag.

Diese Woche sind nun zwei Dinge passiert, die mich meine These verändern lassen:
Ich bin überzeugt, dass nicht nur StudiVZ dieses Jahr verschwinden wird - sondern auch SchülerVZ.
Um die wirklichen Größenverhältnisse der Social Networks in Deutschland festzustellen, nutze ich den doubleclick ad planner.
Grund: In Statistiken, die auf der IVW beruhen, sind nicht nur die VZs (also Studi-, Schüler- und Mein-VZ) nicht vernünftig ausgewiesen (sondern nur völlig unbrauchbar für Kommunikationsagenturen gemeinsam als "VZ Netzwerke") - sondern Facebook gar nicht. Der ad planner hat seine eigenen Probleme, aber für die Entwicklung von Monat zu Monat und für den Vergleich der Seiten untereinander ist er brauchbar, denn die Fehler und Schwächen gelten ja für alle Seiten, die er ausweist.
Und der zeigt für den Mai dramatische Entwicklungen:
  • StudiVZ ist inzwischen sogar hinter Xing (!!) zurück gefallen und erreichte nur noch 2,4 Mio Visits.
  • SchülerVZ verliert erstmals seit langem im Mai dramatisch an Visits.
  • Allein von März bis Mai verliert SchülerVZ über 30% und StudiVZ noch einmal rund 25% bei den monatlichen Visits.
  • meinVZ ist inzwischen nach Visits das "größte" der VZ-Netzwerke.
  • Facebook ist inzwischen nach Visits zweimal größer als alle anderen Netzwerke in Deutschland zusammen.
  • Auch wenn die Vermarktung der VZs und die IVW und einige Mediaagenturen, die noch mit der VA 2010 (!) operieren, beispielsweise behaupten, SchülerVZ sei eine relevante Onlineplattform für Jugendliche, bin ich da inzwischen nicht mehr nur skeptisch. Und finde es zunehmend absurd, eine Kampagne für das zweite Halbjahr 2011 (um mal ein Beispiel zu nehmen) auf solchen Zahlen zu entscheiden, wenn aktuelle Zahlen nahelegen, dass die VZs weiterhin und radikal abzuschmieren scheinen.

    Aber heute früh ist dann etwas passiert, das noch viel deutlicher als alles andere bisher zeigt, dass auch SchülerVZ am Ende ist. Siehe den Screenshot einer Mail von SchülerVZ hier, die offenbar an alle Mitglieder geht, ebenso wie gestern nahezu gleichlautend (!) an StudiVZ und meinVZ - nur mit etwas anderen Bildern. André Vatter nannte das schon gestern Abend den Start des Ausverkaufs. Und er hat Recht. Und als Vater, dessen ältere Kinder eine kurze Zeitlang dort aktiv waren und noch immer einen toten Account dort haben, setze ich noch eines drauf: Wer so Kinder anspricht, bekommt von mir Hausverbot.

    Bisher konnte ich diejenigen Eltern verstehen, die sagten, dass sie SchülerVZ als im Vergleich zu Facebook geschütztere Umgebung bevorzugen für ihre Kinder. Communitymanagement und so, u know. Jugendschutz. Ethikstandards. Und nun?

    Wie groß muss die Verzweiflung der VZs sein, wenn sie alles über Bord werfen, was sie hätte retten können oder was ihnen hätte helfen können, sich in die Nische "Kinder unter 14" zurück zu ziehen - also in die Nische, in der sie eine theoretische Überlebenschance gehabt hätten (denn ab 14 ist SchülerVZ aufgrund seiner faktisch maximal nationalen Ausrichtung ohnehin irrelevant für alle Kinder, die auf eine weiterführende Schule mit Fremdsprachenangebot gehen, Austausche, Reisen und so).

    Dann geht halt sterben. OK. Aber hört wenigstens auf, unsere Kunden zu verwirren.

    25.2.10

    Elternfortbildung, erster Aufschlag

    Gegen die politischen Zensur- und vermeintlichen Jugendschutzbegehren gegen das Internetz gibt es meiner Meinung nach nur ein Mittel (also neben der politischen Arbeit): Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung. Das war einer der Gründe, warum ich im Januar die Facebook-Gruppe und Initiative digital dads gegründet hatte. Nun habe ich die erste Elternfortbildung durchgeführt - an Primus' Schule bei uns draußen. Hier die Präsentation, mit der ich durch den Abend geführt habe:



    Mein erstes Fazit:

    Es war super spannend, mit anderen Eltern, die ganz überwiegend sehr anders mit dem Internet leben und umgehen als ich, über diese Fragen zu sprechen. Ich hatte mehr Protest dagegen erwartet, dass ich die Botschaft hatte, sich das einmal vorurteilsfrei anzusehen - und dass ich der Meinung bin, dass für unsere Kinder auch sehr vieles sehr viel besser wird durch die Art, wie sie das Internet nutzen. Dieser Protest ist vollständig ausgeblieben, sondern die über 150 Eltern waren ernsthaft interessiert und bereit, sich darauf einzulassen. Vielleicht sind nur bestimmte Eltern bereit, zu so einer Fortbildung zu kommen - aber die, die da waren, teilten meine Einschätzung, dass es nicht darum geht, die Kinder beispielsweise an SchuelerVZ oder Facebook zu hindern, sondern eher, ihnen Hilfestellung zu geben, wie sie es sinnvoll und gefahrloser nutzen können.

    Über zwei Punkte war ich überrascht, die ich etwas anders eingeschätzt hätte: Nur drei oder vier der Eltern, die dort waren, haben ein eigenes Facebook-Profil (oder es zumindest zugegeben). Aber bestimmt zwei Drittel haben in ihren Wohnungen oder Häusern WLAN.

    Mir hat es Spaß gemacht und es hat mich gefreut, dass ich auch positive Rückmeldung bekam von vielen Eltern, die dabei waren. Es war mit Sicherheit nicht das letzte Mal, dass ich diesen Vortrag und diese Diskussion geführt habe (und ich komme auch gerne woanders vorbei, Kontaktdaten sollten zu finden sein).

    Hier findet ihr übrigens die Facebookgruppe digital dads....

    12.11.09

    Die Glaskugel

    Erster!

    Ha, bevor die 2010-Vorschau-Hysterie ausbricht, durfte ich schon mal ran. Zum Einstand bei achtung haben wir ein Interview mit mir gedreht - und weil ich ein großer form-follows-function-fan bin, kam die Idee auf, das mit zwei iPhones und Bordmitteln, also iMovie und so, zu machen. Normalerweise sind die achtung-Videos ja ausgeleuchtet und mit Profifilmern, aber das ist bei diesem Thema (und mir) eher albern, oder?

    Kommt jedenfalls in den Newsletter, der wohl heute rausgeht. Hier schon mal meine Voraussagen und Tipps für die Planung von 2010 (meine persönliche Planung läuft auch schon, Umzug im März und so):

    21.8.09

    Verrohung der Sitten

    Ich werde in meinen Seminaren oft gefragt, warum ich so viel ins Internet reinschreibe, warum andere Menschen und ich so relativ viel von uns preisgeben. Nun finde ich gar nicht, dass ich sooo viel von mir preisgebe, aber das ist ja Geschmackssache. Nicht mehr Geschmackssache ist es, wenn Medien und Arbeitgeber detektivisch vorgehen, um sich über Menschen zu informieren, die ihnen diese Infos nicht freiwillig gegeben haben.

    Hier sind - da hat Christian Stöcker auf SpOn Recht gehabt - die Spielregeln unserer Gesellschaft noch nicht fertig ausgehandelt. Ich bin mir nicht zu 100% sicher, wie ich diese Regeln gerne hätte, aber das, was eine Umfrage für die Bundesregierung herausgefunden haben soll, finde ich bedenklich und bezeichne ich als "Verrohung der Sitten". In der Berliner Zeitung lese ich:
    Die Arbeitgeber in Deutschland greifen bei ihrer Personalauswahl immer häufiger auf persönliche Daten von Bewerbern aus dem Internet zurück. Dabei werden die Stellensuchenden zum Teil systematisch auf ihre Hobbys, Interessen, Meinungsäußerungen oder auch private Vorlieben hin getestet. Viele von ihnen werden wegen dieser oft arglos ins Internet gestellten Angaben später nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. (Berliner Zeitung, Tipp von @50hz)
    Was ich fast noch interessanter finde als die Umfrageergebnisse, ist die Reaktion der Verbraucher(schutz)ministerin:
    Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), deren Haus die Studie in Auftrag gegeben hatte, warnte die Bürger vor einem allzu freizügigen Umgang mit persönlichen Informationen im Internet. „Die unbekümmerte Preisgabe persönlicher Daten im Netz kann zum Stolperstein für die berufliche Karriere werden“, sagte Aigner dieser Zeitung. (Berliner Zeitung)
    Nennt mich naiv - aber für mich wird eher andersherum ein Schuh draus: Ich möchte nicht bei einem Unternehmen arbeiten, das mich nicht zu einem Gespräch einlädt, weil ich meine Meinung online äußere oder weil ich Bilder meine Kinder irgendwo poste oder sich Bilder von mir auf Partys finden lassen. Ich wäre mir ziemlich sicher, dass ein solches Unternehmen und ich nicht zusammen passen.

    Mittelfristig werden sich Unternehmen, die so handeln, wie es die Umfrage für einen Teil (immerhin nur eine Minderheit) beschreibt, ganz sicher Probleme haben, gute und engagierte Mitarbeiter zu finden. Denn Bewerber, die ängstlich auf dieses Thema starren ("Karrierefalle") wie das Kaninchen auf die Schlange, werde ich in vielen Bereichen nicht wirklich brauchen.

    9.7.07

    Meta Social Network

    Unabhängig vom Sponsoring durch Google ist das, was Socialstream über ihr Projekt schreiben, spannend, finde ich: Eine Art Meta Social Network, mit dem ich - in der Theorie - über eine Oberfläche in andere Networks posten kann (was beispielsweise für MySpace noch nicht geht, da die (noch?) keine offene Schnittstelle haben).

    Mal abgesehen von den für mich auch beruflich lustigen Veränderungen in der Nutzung von Social Networks und der Frage, ob nicht bereits Facebook das eigentliche Meta Network ist, klingt auch das Präsentationsvideo vielversprechend:



    Lohnt sicher auf jeden Fall die Beobachtung...


    (via Mashable)


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    17.1.07

    Da bin ich mal gespannt

    Irgendwie gemein, dass Guillaume nicht mal mir sagen will, wo er hinzieht. Ich mein, ich könnte ja auch mitziehen, echt jetzt. Aber nein, er schreibt in The best place for a community :

    it's crazy. I love it. The name will be revealed here in 2 weeks… Stay tuned…;o)


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    14.1.07

    SpackoVZ, die Antwort auf notgeile Idioten

    Sehr schöne Idee: SpackoVZ, das Verzeichnis aller Nervensägen und notgeilen Vollpfosten, die in "Sozialen" Netzwerken ihr Unwesen treiben. Diese Woche haben sie ihr Blog gestartet und schon hübsche Blüten zusammenbekommen.

    Ich finds spannend und eine gute Idee, gerade weil ich mich zurzeit intensiver mit Fragen rund um den Aufbau von Social Networks beschäftige...

    EDIT 15.1.:
    Einen anderen Aspekt von Social Networks, der aber irgendwie mit dem hier zusammenhängt, hat meine Kollegin Leah ausprobiert. Ein neues Foto, das einen groß aufmerksamkeitsstarken Körperteil betont. Und schwupps lauter Kerle:
    Oy, the emails from men. So far, sorry guys, nobody I could be interested in. But apparently, according to the guys, they are someone that a girl in that shirt would be interested in. And I think they are reacting to my profile. THEY AREN'T. They are responding to the shirt or what is in the shirt. (Leah Jones)
    via OliverG