20.11.23

Trotz

Ja, Trotz ist das Wort, das mir als erstes einfällt, wenn ich der gerade zurückgetretenen Ratsvorsitzenden der EKD zuhöre. Sie sei mit sich im Reinen, sie habe im Grunde keine Fehler gemacht, ominöse, anonyme Feind*innen schürten, so legt ihre Formulierung nahe, einen Konflikt zwischen Opfern und ihr als Amtsträgerin. Um es klar zu sagen (und ohne dass ich inhaltlich weiß, was Frau Kurschus konkret vorgeworfen wird, was ihre Rolle dabei war, dass Missbrauch in ihrer direkten Umgebung möglich war, und so weiter) – die Art ihrer Rücktrittserklärung und ihre, ja, trotzige Verletztheit lassen mich zu dem Schluss kommen, dass es gut ist, dass sie zurück getreten ist. 

Zumal mich ihre Erklärung und ihr Tonfall erschreckend an den Rücktritt meiner Bischöfin Jepsen damals, im Juli 2010, erinnern. Aber der Reihe nach.

12.11.23

Nie wieder ist jetzt

Rund 150 Menschen auf dem Marktplatz, eine Kerze im Vordergrund

Nach nicht mal einer Woche, in der wir die Idee hatten und dann die Umsetzung planten, fand also am 9. November die Mahnwache statt. Es kamen dann rund 150 Menschen in Eutin auf dem Marktplatz zusammen, um eine überwiegend schweigende Mahnwache gegen Antisemitismus und für Solidarität mit jüdischem Leben hier und in Israel zu halten. Ich war, ehrlich gesagt, überwältigt. Vor allem, weil ich vorher, als ich die Initiative ergriffen hatte, gar nicht einschätzen konnte, wie die Resonanz wäre. 150 in einer so kleinen Stadt wie Eutin mit einer Einladung, die gerade einmal drei Tage vorher losging und fast nur über Medien passierte, finde ich wirklich toll. 

6.11.23

Man müsste mal

Müsste wirklich mal. 

Müsste mal was tun. 

Ist irgendwie wichtig.  

So ging es mir mal wieder, wie wahrscheinlich vielen anderen auch. Gute Ideen, der kurze Impuls, etwas zu tun. Flagge zu zeigen, die über einen empörten Post irgendwo online hinausgeht. In den allermeisten Fällen bleibt es, zumindest bei mir, bei diesem kurzen Impuls. Aber letzte Woche war das anders. Und so habe ich am Freitag zum ersten Mal selbst eine Versammlung beim Ordnungsamt angezeigt. Für kommenden Donnerstag, den 9. November.

24.10.23

Worte und Wörter

Normalerweise schreibe ich ja nicht so viel über meine Arbeit, weil andere den Ruhm dafür einheimsen sollen, das ist mein Konzept. Über einen Aspekt habe ich aber in der letzten Zeit mit vielen Menschen gesprochen – und gemerkt, dass sie interessiert nachfragten. Darum erläutere ich es einmal etwas. Dabei geht es um das Erfinden von Worten, manchmal auch (nur) Wörtern.

11.10.23

Ich frag ja nur

Mich macht es wirklich fertig, wenn ich die Berichte von Menschen in Israel lese oder von ihnen höre. Wie wirklich alle, zu denen ich Kontakt habe, jemanden verloren haben oder jemanden kennen, die jemanden verloren haben. Und schon "verloren" ist so falsch. Denn das klingt so passiv, niemand ist ja wirklich schuld, wenn ich etwas verliere. Mir ist Sprache wichtig, mir sind Worte und ihre Wirkung wichtig. Darum einige Fragen und Anmerkungen. Und im Übrigen ein Verweise darauf, dass ich dazu schon häufiger was geschrieben habe die letzten vielen Jahre.

9.10.23

Verzweifelter Mut

Das letzte Mal, habe ich den Eindruck, ging es mir so, als ich noch ein Jugendlicher war, vor 35 Jahren oder 40. Diese merkwürdige nagende Gleichzeitigkeit von freudiger, die Zukunft liebender Erregung und gleichzeitiger tiefer Verzweiflung angesichts der Welt und der Menschen um mich herum. 

Damals waren es auf der Habenseite eher so Sachen wie Verliebtsein oder Musik oder Lesen. Und auf der Sollseite die entstehende Festung Europa, die Ignoranz der Erwachsenen für Frieden und Umwelt, die immer dreisteren Nazis. Als mir das bewusst wurde, machte mich das in der letzten Woche sehr, sehr traurig. Weil es sich so anfühlte, als wären wir wieder an der gleichen Stelle. Nur irgendwie krasser. 

12.9.23

Niederlage

Einer der grauenvollsten Tage war der, den ich in Lidice verbrachte. Ich habe sehr geweint. Noch nie vorher war mir das Grauen des faschistischen Vernichtungskrieges so nah. 

Peter Stehlik 2009.05.12 Lidice 002aa

6.9.23

Das ist purer Rassismus

Mein Landkreis ist gerade sehr unrühmlich in den Schlagzeilen. Und nun kommt noch ein Landrat dazu, der sich rassistisch äußert. Dazu gleich. Erstmal ganz grob, worum es geht: Kinder sind letztes Jahr Augenzeug*innen eines extrem brutalen Femizids geworden, als ein schon vorher als gewalttätig aufgefallener Mann seine Frau so stark vor den Kindern im Laden der Familie verprügelte, dass sie an den inneren Verletzungen starb. Die Kinder sind in Pflegefamilien und versuchen, mit denen gemeinsam zurück in das Leben zu finden. Sie haben hier und anderswo in Deutschland keine weiteren Verwandten. Jetzt sollen sie in das Land abgeschoben werden, aus dem ihre Eltern ursprünglich eingewandert sind nach Deutschland. Das älteste Kind hat dort bis zum Tod der Großmutter, bei der es aufwuchs, gelebt, die anderen sind hier geboren, wenn ich das richtig verstanden habe.

5.9.23

Kreuzberg

Eine der schönsten Wanderungen, die ich mit der Liebsten gemacht hab, als wir noch wandern waren, ging auf den Kreuzberg. Wir sind in einem Vorort von Gersfeld gestartet, in dem wir in einer Pension waren, und, wenn ich mich recht erinnere, erst über den Himmeldungberg und die Hohe Hölle nach Bischofsheim oder zumindest dran vorbei gelaufen und dann hoch auf den Kreuzberg. Da gab es gutes Bier und gutes Kraut und einen steilen Kreuzweg zum Gipfelkreuz, kurz vor dem Kloster mit seiner Schänke. Und dann wieder zurück, mit etwas schwereren Füßen. Insgesamt mehr als 25km, das weiß ich zumindest noch.

Seit dieser Zeit mag ich die Rhön, vor allem diesen Teil da, Lange Rhön, im Dreiländereck. So schade, dass unser großes Familientreffen dieses Jahr woanders stattfinden muss. Jedenfalls ist es mega schön da am Kreuzberg. Und auch, wenn die Einheimischen weit von sich weisen würden, dass es in Bayern liegt, gehört der Ort zumindest zum Bundesland Bayern.

29.8.23

Kostüm

Bei irgendeinem dieser Internet-Tests, welche Bridgerton-Figur ich sei, kam mal Anthony raus, was mich ziemlich getroffen hat. Fand ich mega unfair. Insbesondere, seit ich die Bücher lese (ich bin gerade bei Francesca). Insgesamt aber muss ich zugeben, dass ich sowohl die Serie als auch die Bücher erstaunlicherweise mag.