31.7.12

Das ist jetzt nicht privat

Neulich bei einer (internen) Veranstaltung beim Kunden. Über die Frage, was sich für die Arbeit ändert, wenn Menschen auf einmal Social Media nutzen. Um die Frage zu illustrieren, ob beispielsweise Facebook eigentlich im Arbeitsalltag vorhanden ist, habe ich - wie so oft, fast schon ein allzu billiger Trick, ich weiß - eine Suche nach Mitarbeiterinnen gezeigt, die unter Arbeitsstelle die Firma stehen haben, bei der ich war. Hunderte. Und das sind ja nur die, deren Privatsphäreeinstellungen zulassen, dass ich sie finde, auch wenn ich sie nicht kenne.


In diesem Zusammenhang weise ich meine Zuhörerinnen immer darauf hin, dass dies von den Menschen, die ich da finde, so selbst gewählt sei. Dass sie sich entschieden haben, ihre Arbeitgeberin für alle freizugeben. So wie ich es auch mache, bewusst und mit Gründen, andere Dinge sind nicht für alle sichtbar. Dass ich hier nicht als Profi unterwegs bin sondern als ganz normaler Facebook-Nutzer, wenn ich nach der Firma suche. Und dass die Mitarbeiterinnen eben deshalb das Bild des Unternehmens mitprägen, ob sie nun in ihrer Arbeitszeit Facebook machen oder abends oder nur am Wochenende.

Am Ende zeige ich dann ein Profil, so weit es für mich sichtbar ist. Ich achte darauf, eines zu zeigen, dass sehr gute (im Sinne von: bewusste, eher restriktive aber nicht neurotische) Einstellungen der Privatsphäre hat. Insbesondere eines, bei dem niemand einen Status oder ein Foto sehen kann, wenn sie dieses Profil hinterher aufsuchen sollte. Eines also, von dem die Mitarbeiterin entschieden hat, dass es so und genau so alle Kolleginnen auch sehen dürfen. Dem ich ansehen kann, dass es nicht Zufall ist, was hier zu sehen ist und was nicht. Das also für sich klar definiert hat, was privat und was auffindbar und was öffentlich ist.

In diesem Fall ist es das Profil einer jungen Frau, die bald beim Unternehmen anfangen wird - und das bereits aufgeschrieben hat. Die sich vielleicht schon freut auf den Job. Die sich bereits jetzt zur Firma bekennt. Und in den Teilen ihres Facebooks, die wir anderen, die wir sie nicht kennen, nicht sehen können, bestimmt auch schon darüber spricht.

Die Reaktionen auf dieses Beispiel waren sehr spannend. Und machen mich teilweise nachdenklich - und teilweise zeigen sie, wie sehr wir uns auseinander entwickelt haben. Dieses Privatsphäreding, ihr wisst schon.

Von "Toll, wie sie sich schon heute zu uns bekennt" über "oh, eine junge hübsche Frau" bis zu "warum macht sie das" gingen die Reaktionen, die ich kenne aus den letzten Jahren der Beratungspraxis und des Coaching. Und ein künftiger Kollege der jungen Frau wurde sehr, sehr böse. Und zwar auf mich.

Sinngemäß schrieb er mir hinterher, ich würde diese Frau (deren Name übrigens aus ihrem Facebook-Profil nicht wirklich erkennbar war) dem Mobbing aussetzen, sie könne jetzt schon einpacken, ich hätte sie zerstört. Und nein, dafür möge ich meine Gründe haben, aber darüber wolle er nicht diskutieren, ich möge ihm bitte nicht zurück schreiben. Absender Firmenadresse, keine weiteren Kontaktdaten.

Tatsächlich habe ich, wie er es sich wünschte, über diesen Punkt nachgedacht. Und denke - stelle das hier aber zur Diskussion, denn vielleicht irre ich mich und wir sind tatsächlich noch nicht so weit - dass seine Reaktion daher kommt, dass für ihn undenkbar ist, irgend etwas von sich ins Internetz reinzuschreiben (er scheint bei Xing zu sein, aber ohne Foto und ohne für Nicht-Kontakte zugängliche Inhalte). Und dass es für ihn nicht nur für sich selbst undenkbar ist sondern auch, dass es andere tun könnten.

Dieser radikal unterschiedliche Umgang mit der Privatsphäre und das Unverständnis beider Seiten füreinander ist das große Thema dieses Jahr. Es begegnet mir überall. Ich denke, dass es der Punkt ist, an dem sich die Revolution manifestiert, die das ubiquitäre Internet bedeutet. Denn, um den großen Clay Shirky zu zitieren:
A revolution doesn't happen when society adopts new tools. It happens when society adopts new behaviors. 
Und genau das passiert hier. Langsam.

20.7.12

Toleranz endet mit z

Irgendwann ist dann ja auch spätestens mal genug. Und ich werde hier jetzt nicht über die dreihundert verschiedenen Toleranzbegriffe diskutieren, ich definiere Toleranz in dem Sinne, dass etwas nicht nur hingenommen sondern auch akzeptiert wird.

Auch wenn Toleranz keine christliche Tugend ist, hat sie ja durchaus ihren Sinn. Aber sie endet mit z. Das ist mir bei drei mehr oder weniger kleinen Dingen diese Tage wieder bewusst geworden.
Aus dem weiteren Familienkreis (also nicht so nah, und nein, nicht eines meiner Kinder) - Wenn der Sohn sich auf einmal einen neuen besten Freund sucht, mit dem rumhängt, Anabolika schluckt, in den Geräteschuppen geht, Schule schwänzt. Und sich herausstellt, dass der ein dorfbekannter Nazi ist.
Aus der Partei - In der Pseudodiskussion um die Spitzenkandidaturen für die Bundestagswahl kritisierten, als Katrin Göring-Eckardt mal wieder kolportiert wurde (die ich für die richtige Kandidatin hielte, aber das nur mal am Rande), die üblichen Religionsverächterinnen diese Idee mit dem Anwurf, neben einer Pastorentochter (Kanzlerin) und einem Pfarrer (Bundeshorst) hätten sie keinen Bock und keinen Bedarf auf eine weitere "Kirchenmaus". 
Aus dem Stadtteil - Sylvia Hellwege, Peter Jacobsen und Karin Syring aus Hamburg-Sasel wollen dagegen klagen, dass in ihrer Straße (oder Nachbarstraße) eine familienartige Wohngemeinschaft einzieht, die Kinder mitbringt, deren ursprüngliche Familien sie beispielsweise misshandelt haben oder ihre Geschwister verhungern ließen oder vergleichbare Dinge.
Drei ganz verschiedene Fälle. Kleine und große Dinge. Alle ekelhaft (ok, der letzte Fall ganz besonders ekelhaft). Und alle hinter dem z.

Ich denke, dass es sich immer wieder lohnt, die eigene und auch die gesellschaftliche Grenze zu finden, bis zu der Toleranz (verstanden wie oben angedeutet) gilt. Und auch klar zu definieren, wo sie endet.

Das heißt nicht, dass nicht jemand Nazi sein "darf" (dafür, dass jemand Nazi sein darf, würde ich sogar demonstrieren, ich bin auch gegen Verbote). Dass jemand nicht religiöse Menschen und Religionen verachten darf oder dass Sylvia Hellwege, Peter Jacobsen und Karin Syring nicht klagen dürften. Ich nehme alles das auch hin. Aber ich habe weder Verständnis dafür noch bin ich bereit, es zu tolerieren.

Sagte ich schon, dass es gut ist, dass Toleranz mit z endet?

13.7.12

Finnland 2012

Vielleicht unser letzter Familienurlaub mit allen Kindern - immerhin sind die beiden Großen langsam aus dem Alter raus, in dem wir erwarten oder auch nur damit rechnen können, dass sie mitkommen. Aber einmal noch dahin, wo wir es lieben - nach Finnland. Ein paar Fotos habe ich auch gemacht.



Erstaunlicherweise war die finnische Wildnis dann ja so wild, dass ich nicht wirklich oft Datennetz hatte. Wer hätte das gedacht. In Finnland! Ok, nicht so schlimm wie in Brandenburg, aber doch so, dass ich nur hin und wieder twitterte.



Ansonsten in Kurzfassung:

  • Also die Fähre (Finnlines) von Travemünde nach Helsinki hat ja schon massiv abgebaut die letzten zehn Jahre. Die neuen Schiffe haben mehr von einem Viehtransport. So nannte es jedenfalls ein erfahrener Finnlandfahrer neben mir auf dem Parkdeck.
  • So viele Mücken wie dieses Jahr hatten wir noch nie. Machte aber nix.
  • Die Ruhe zusammen mit dem Licht. Das ist es, was Finnland so einmalig macht. Für mich jedenfalls.
  • Und die Sprache natürlich. Großartig.
  • Warum haben wir eigentlich 11 Jahre gewartet, bevor wir wieder da waren? Hä?
Nun bin ich wieder da. Und wie war euer Sommer so?