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21.5.20

Why Bildung matters und Diversity rulez

Als jemand, der als Geschäftsführer eine kreative Agentur führt (disclosure zu diesem Text am Ende), gucke ich wahrscheinlich noch mal anders auf den offen und zutiefst rassistischen Werbeclip, den Volkswagen diese Woche auf Instagram ausgespielt hat. Nicht nur als politischer Mensch und Eine-Welt-Aktivist sondern auch als jemand, der Kreativität und Kampagnen entwickelt, beurteilt, an Kundinnen verkauft und verteidigt. Und mein Entsetzen ist in professioneller Hinsicht noch größer als in politischer und ethischer.

Ich werde den Film nicht teilen und weiter verbreiten. Aber es schon krass, dass mir beim ersten Ansehen sofort vier zutiefst rassistische Details ins Auge sprangen. Ich war sozusagen in der Situation, in der ich auch beruflich oft bin: Aufmerksames Ansehen, sonst zur Abnahme, hier zur Beurteilung. Also etwas mehr als eine Konsumentin, etwas weniger als eine Kundin.

Es ist schlichtweg nicht möglich, diese rassistischen Symbole nicht zu sehen, wenn ich - das mag allerdings die Voraussetzung sein - eine gewisse Bildung habe und schon einmal vom Thema Stereotype und Rassismus gehört habe. Und genau das ist aus meiner Sicht das Problem.

Das ist nicht zufällig „passiert“

Ich halte es nicht für möglich, dass in einer Agentur und in einer Marketingabteilung so ein Film durch Zufall entstehen kann. Ok, dass die weiße Hand, die einen schwarzen Menschen in ein Haus mit dem Namen Petit Colon schubst, genau in dem Moment das Erkennungssymbol der amerikanischen White Supremacy Bewegung formt, in dem das N-Wort aufblitzt, das mag Zufall sein. Aber alles andere „passiert“ nicht einfach.


Wie es um Bildung, Herzensbildung und Diversity in dem Team bestellt ist, das für Volkswagens Instagram zuständig ist, zeigt auch die Antwort auf die Kritik in diesem Kanal (anders als auf Twitter, wo Volkswagen zwar spät aber halbwegs angemessen reagiert, und beim zuständigen Vorstand, der sich klar und deutlich äußert – auch, wenn es selbstverständlich nicht nur semantisch sondern auch von der Haltung völliger Unsinn ist, sich selbst zu entschuldigen, denn man kann nur um Entschuldigung bitten, Anfängerfehler und auch eine Bildungsfrage, sorry). Auf Instagram brutale und absurde Schuldumkehr plus null Einsicht, dass der Spot objektiv rassistisch ist.


Eigentlich sind nur zwei Szenarien denkbar und beide sind grauenvoll. Und lassen Schlüsse zu, wie meines Erachtens Agenturen sich organisieren sollten, damit das nicht passiert.

Was kann da passiert sein?

Entweder jemand hat mit rassistischem „Humor“ und rassistischen Popkultur-Symbolen gespielt und niemand von denen, die Verantwortung tragen, Abnahmen machen, Milestones freigeben, hat es gemerkt. Oder die Entscheiderinnen haben diesen Rassismus bewusst eingesetzt, weil sie eine Zielgruppe anpeilen, die dafür offen ist - und unterschätzt, dass es andere empört. Das, was ich über die (neuen) Zielgruppen für den neuen Golf weiß, schließt das zweite Szenario glücklicherweise aus.

Bleibt die Kombination aus bewusstem Rassismus und dem Unvermögen aller Seniorinnen, das zu stoppen. Dafür spricht auch, wie die Instagram-Antwort von Volkswagen aussieht. Denn jede Agentur, die seriös ist, wird einen Rassismus-Vorwurf sofort sehr hoch eskalieren. Das heißt, diese Antwort von VW ist, denn ich gehe davon aus, dass Instagram von einer seriösen Agentur betreut wird, mindestens auf Managing Director/Geschäftsführer-Ebene „abgesegnet“ worden, wahrscheinlich auch von einer Leitungsfunktion beim Kunden. Dass keinerlei Problembewusstsein zu erkennen ist (also für das echte Problem, den Rassismus, nicht für das Problem der Kritik), ist ja tatsächlich erschütternd und nur mit einer Kombination aus mangelnder Bildung der Führung und keiner Diversität im Team erklärbar, wenn ich keine Bosheit unterstellen will.

Agenturen, die so was fabrizieren, haben ein echtes Problem

Ich bin überzeugt, dass so etwas in einer Agentur, die organisatorisch und personell achtsam aufgestellt ist, verhindert werden kann. Prozesse, Rassismen, die unterschwellig in Konzepte und Kreation „sickern“, zu entdecken, sind meines Erachtens in jeder Agentur nötig. Denn gerade in nicht divers geformten Teams (und damit haben wir Agenturen in Europa und Nordamerika immer noch ein Problem) ist es wichtig, „unconscious bias“ zu kontern.

Während einige der rassistischen Elemente des Volkswagen-Films auch ohne so einen Prozess aufgefallen wären, wenn gebildete Vorgesetzte involviert gewesen wären, kann ich mir schon vorstellen, dass die weiße Hand und der schwarze Mann „durchrutschen“ können. Um das zu verhindern, muss ich mich anstrengen. Denn auch ich, der sich seit mehr als 30 Jahren mit Eine-Welt-Fragen, Kolonialismus und Rassismus beschäftigt, habe da immer noch blinde Flecke, in denen mir Dinge nicht auffallen. Und in denen ich Worte und Bilder benutze, die in der rassistischen Tradition stehen, die Europa seit der Aufklärung entwickelt hat.

Unstereotype

Darum bin ich so ein großer Anhänger der Unstereotype Allianz und setze das Framework und die Checklisten in meiner Arbeit ein. Und eine Konsequenz aus dem rassistischen Desaster dieses Films ist, dass ich sie verpflichtend in den Agenturen mache, in denen ich Geschäftsführer bin. Der Konzern, zu dem meine Agenturen gehören, ist Mitglied in dieser Allianz, die eine Initiative der Vereinten Nationen ist. Darüber bin ich sehr glücklich – und die Ergebnisse, die das Framework, das im letzten Jahr in Cannes vorgestellt wurde, in der konkreten Arbeit bringt, sind ziemlich gut. Ich finde es absurd, dass in deutschen Kreativ- (und PR-) Preisen anders als in vielen internationalen die Kriterien der Unstereotype Allianz noch immer nicht als Schwelle eingezogen sind, über die Einreichungen müssen. Und dass mir keine deutsche Agentur bekannt ist, die regelmäßig (also als Standardprozess) diese Kriterien anwendet [falls es welche gibt, freue ich mich über Hinweise; und auch wir werden es ja erst jetzt verpflichtend machen].

Darum ist es so zwingend notwendig, dass wir in der Weiterentwicklung unserer Agenturen darauf achten, dass gemischte Teams entstehen: nach Herkunft, Geschlecht, Alter und Diskriminierungserfahrungen. Da haben die allermeisten von uns massiven Nachholbedarf. Erster Schritt ist, das anzuerkennen – und Prozesse in Gang zu setzen, einerseits, dieses zu ändern, und andererseits, in der Übergangszeit andere Perspektiven zu simulieren oder von extern reinzuholen. Auch dazu kann die Methodik der Unstereotype Allianz helfen übrigens.

Bildung

Da ich mit dem Thema Bildung gestartet bin und das mein Lieblingsthema ist: auch das ist wichtig. Teilweise lässt es sich über altersgemischte Teams zumindest in Ansätzen angehen, weil Erfahrung und jahrelange Beschäftigung mit politischen und Gerechtigkeits-Themen formale Bildung sicher ersetzen und ergänzen können. Ich halte es für möglich (oder wahrscheinlich), dass Teile des Teams, das diesen rassistischen Film entwickelt hat, die Symbole und den Rassismus nicht gesehen haben. Das ist auch individuell nicht unbedingt das größte Problem in dieser Situation (wenn auch bitter für die Betroffenen), wenn die eigene Expertise keine Bildung oder Herzensbildung verlangt. Aber irgendwo in so einem Team müsste mindestens eine Person sein, die entweder genug Bildung oder genug Erfahrung hat, um dies zu erkennen. Es ist ein anderes Thema, aber eben einer der Gründe, wieso Social eben nichts allein für die #diesejungenleute ist.

Edit 17.15 Uhr: Inzwischen hat DDB sich zu dem rassistischen Film geäußert und Maßnahmen zur Veränderung angekündigt. Ich wünsche den Kolleginnen dabei Erfolg. Finde ich gut.


disclosure: Ich führe als Geschäftsführer eine Agentur, die zu einem der Teams gehörte, die sich um den Etat für den neuen Golf beworben hatten. Ich habe noch nie für Volkswagen gearbeitet, wir arbeiten aber für andere Automobilhersteller aus Deutschland, Italien, England, Indien, USA, Korea (und vielleicht noch für andere). Ich wüsste nicht, dass ich jemanden persönlich kenne, der oder die an diesem Film oder der Kampagne gearbeitet hat, ich weiß nicht, welche Agentur Instagram für Volkswagen betreut[Edit 17.15 Uhr].

24.4.16

Sexy und sexistisch

So ganz grundsätzlich bin ich komplett gegen Verbote, Regelungen, Gesetze. Weil ich so naiv bin, zu glauben hoffen, dass selbst mittelalte, mittelkreative Männer irgendwann in der Lage wären, zu reflektieren. Ich dachte ja echt, wir haben 2016. Ach lassen wir das.



Wahrscheinlich ist es nur meiner Filterblase geschuldet, dass ich quasi nur ebendiese, nämlich mittelalte und mittelkreative Jungs, gesehen habe, die angesichts der Diskussion, ob Menschen zu Objekten degradierende Werbung verboten werden sollte, nichts anderes zu tun haben als den Untergang der freien Welt zu vermuten.

Eigentlich wollte ich ja nix dazu sagen. Aber erstens muss ich mal wieder was in dieses Blog schreiben. Und zweitens hat es mich dann doch sehr beschäftigt. Denn dicht am Untergang unserer Zivilisation und noch mehr unserer Branche (also der PR- und Werbebranche) ist ja eigentlich eher, dass es überhaupt einen Anlass gibt, zu diskutieren, ob und wie wir Werbung los werden könnten, die nicht nur extrem unkreativ ist sondern eben auch Menschen zu Objekten degradiert. Exemplarisch diskutiert an der sexistischen Objektifizierung von Frauen.

Sexy
Sexy ist toll, finde ich. Selbstbewusste Sinnlichkeit, Aktivität, Schönheit. Da ist so viel Potenzial für Kreativität drin. So viel Intelligenz möglich. Allerdings auch – und das ist dann nach meiner Erfahrung mit den mittelalten mittelkreativen Jungs Teil des Problems – nötig.

Sexistisch
Ich persönlich finde ja sexistische Bilder oder überhaupt sexistisches Verhalten das Gegenteil von sexy. Ist aber logischerweise eine persönliche Sichtweise. Der Vorteil an Sexismus ist unbestritten, dass auch bei nur geringer Begabung schnell effektvolle Dinge in der Kommunikation möglich sein. Platt geht halt immer, wenn ich dann noch schnell eine zu meinen mittelguten und wenig kreativen Ideen passende und wohlklingende Strategie zimmere, kann ich eventuell sogar einen Kunden überzeugen, wenn der an den gleichen Beschränkungen leidet wie ich.

Insofern kann ich den Aufschrei in gewisser Weise verstehen – denn es hat ja auch seine Gründe, warum es Agenturen allzu oft nicht gelingt, auf der Suche nach Sinnlichkeit und Sexyness Sexismus aus dem Weg zu gehen. Es ist einfach echt mühsam und erfordert ein gerüttet Maß an Selbstreflexion und – sic! – Kreativität. Oder zumindest Humor.

Persönlich brauche ich keine gesetzlichen Regeln, die vorschreiben, dass Menschen als Subjekte und nicht als Objekte anzusehen und zu zeigen sind. Wer sexistische Kakkscheiße produziert und das Werbung nennt, ist eh nicht satisfaktionsfähig. Nur haben wir ja inzwischen 2016. Und zwanzig Jahre Diskussion über dieses Thema und unzählige Rügen und noch mehr Beschwerden beim Werberat haben immer noch nicht dazu geführt, dass es weniger geworden wäre.
Werbung hat ein reales Sexismusproblem in Deutschland

Es ist wohl deutlich naiver, anzunehmen, "der Markt" werde es alleine richten, als anzunehmen, Menschen seien lernfähig. Obwohl schon letzteres allzu naiv ist, wie sich rausstellt. Zwanzig Jahre Diskussion, ohne dass sich etwas ändert, ist ein Marktversagen, das dann eben eventuell ein Eingreifen der Gesellschaft (in diesem Fall in Form des Gesetzgebers) nach sich zieht. Jammern oder großes Zensurgeschrei helfen dann eher nicht. Und sind dazu auch noch lächerlich, wenn nur schwer kaschiert werden kann, dass es um die eigene, offen gelebte sexistische Agenda geht. Denn Knotentänze von Geschäftsführern mit sexy jungen Auszubildenden sind schließlich auch ein Menschenrecht.

12.2.15

Dies ist die Stunde der PR

(english summary below as a tl;dr)

In der Tat. Der Gedanke hinter native advertising ist charmant. Und richtig. Ebenso der Gedanke hinter Content Marketing. Der Gedanke, dass es doch möglich sein müsste, (Marketing-, Werbe-) Botschaften so in Apps, Games, Medienangeboten, Netzwerken unterzubringen, dass sie quasi "natürlich" daher kommen (was eigentlich ein beknacktes Wort ist, weil es suggeriert, menschengemachte Technik sei der Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten ähnlich, was ja auch kein Wunder ist, wenn ich den Kontext bedenke, aus dem das Wort stammt, aber das ist eine andere Geschichte). Dass sie sich, um es präziser zu formulieren, so in ihre Umgebung einfügen, dass sie von den Nutzerinnen als Teil des Angebots wahrgenommen werden und nicht als Störenfriede.

Nun haben wir ungefähr ein Jahr Experimente mit so was hinter uns.
Und die sind sehr ernüchternd. Ehrlich gesagt, war ich tatsächlich gespannt, was den Kolleginnen so einfällt rund um native advertising. Und raus kam entweder das, was wir früher Schleichwerbung genannt haben (und was nicht funktioniert, mal die rechtlichen und/oder ethischen Fragen außen vor) - oder schlecht kaschierte Advertorials, die ihre Wirt beschädigen. Trauriges Beispiel ist die Computerwoche mit ihrem Business Expert Circle. Auf der Startseite ist noch nicht mal das minikleine Wort Anzeige zu sehen, das auf der Detailseite im Header steht aber kaum als dazu verbunden wahrgenommen wird. Native eben. Problem ist (neben allem anderen), dass die Qualität - sprachlich, argumentativ etc - teilweise so schwach ist, dass die native advertising-Artikel tatsächlich nicht etwa als natürlich im redaktionellen Content eingebunden daher kommen. Sondern so stark abfallen (aber nicht als Fremdcontent erkennbar sind), dass die geneigte Leserin am Verstand der Redaktion zu zweifeln beginnt. So zerstört der Parasit den Wirt, um in der Naturmetapher zu bleiben. Die Implosion von YouTube-Vermarktungsnetzwerken wie Mediakraft ist da nur ein weiteres Symptom.

Oder Magazine wie Curved (E-Plus) oder Featured (Vodafone), die versuchen, mit einer Art Wohlfühljournalismussimulation native daher zu kommen, offenbar auch Traffic ziehen durch sehr gute Performance in Suchmaschinen (zumindest bei Curved, Featured ist dafür noch zu jung) und einer gelungenen Vermarktung des Contents (weshalb sie getrost als Beispiel für Content Marketing herhalten dürfen), aber doch so glaubwürdig sind wie es andere Wohlfühljournalismussimulationen schon immer waren.

Beide Ansätze sind bestimmt kurzfristig erfolgreich, wenn ich die richtigen Key Performance Indikatoren zu Grunde lege. Dass sie beim Brand Building (also Marketing) helfen, bezweifele ich.

Dabei finde ich es richtig - um das klar zu sagen -, dass Kommunikatorinnen versuchen, das Problem zu lösen, dass ihre Botschaften und die Art, wie sie präsentiert werden, als störend und irrelevant empfunden werden von zu vielen, die sie erreichen wollen mit eben diesen Botschaften.

Und darum: Ich teile die Idee hinter Native Advertising und Content Marketing.
Aber ich glaube an eine andere Lösung für das Problem. Call me naiv, aber ich glaube an mehr Intelligenz und Substanz. Ich glaube an Argumente und nicht an Relevanzsimulation. Und darum gehe ich zurück in die PR.

Denn moderne, zeitgemäße PR ist die richtige und nachhaltige Lösung für die Herausforderungen des Marketings in der Zeit nach der kurzen, knapp 175 Jahre langen Zwischenepisode der Massenmediendominanz. Etwas holzschnittartig geht es eben nicht darum, Geschichten zu erzählen oder zu tun - sondern in den Geschichten der Menschen vorzukommen.

Wer nur Botschaften weniger störend, mehr native, präsentieren will, wer nur diese Botschaften über eigenen Content besser vermarkten will, hat das, denke ich, nicht verstanden.

______

tl;dr Native Advertising sucks. Content Marketing fails. PR is it.


10.1.15

2015: Das sind die großen Trends in der Kommunikation

I. Wenn PR und Unternehmenskommunikation sich schlau anstellen, werden sie 2015 das Thema "digitale Transformation" in den Unternehmen treiben können. Das Thema liegt da, es muss nur aufgesammelt werden.
2014 war „digitale Transformation“ in aller Munde und in allen Blättern. Jetzt wird es Zeit, dieses Thema in den Unternehmen strategisch und praktisch zu treiben. Neben den Prozessen und dem, was unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ diskutiert wird, ist die Kommunikation dabei entscheidend. Interne und externe Kommunikation werden entscheiden, ob die digitale Transformation gelingt. Die PR bekommt dabei eine entscheidende Rolle und kann die Aktivitäten zusammen binden.

Erfolgreich werden die Abteilungen und Agenturen sein, die hier mit Selbstbewusstsein und Kompetenz vorgehen und zeigen können, dass sie das Thema und die Anforderungen der digitalen Transformation verstanden haben.

II. Im Content Marketing wird das Pendel wieder etwas zurück schlagen zu Medien, die dichter an den Marken und Unternehmen sind. Turn-on und Curved sind soooo 2014. Spitzere, klarere, transparentere Magazine werden der Trend sein.
In der Anfangseuphorie von Content Marketing sind viele Ansätze entstanden, die wenig sinnvoll erscheinen und bei denen niemand zeigen kann, was sie auf die Kommunikations- oder gar Unternehmensziele einzahlen. 2015 wird das Jahr sein, in dem eine Idee nicht allein deshalb gekauft wird, weil Content Marketing draufsteht.

Im Gegenteil: eine Rückbesinnung auf klare Botschaften und klare Kommunikationsziele wird einsetzen. Die Inhalte und Onlinemagazine werden sich weiter ausdifferenzieren. Mehr vom Gleichen ist einfach kein erfolgversprechendes Konzept. Und einfach nur neues Inventar zu schaffen, in dem ich mich dann selbst vermarkte (anstatt das in bestehendem Inventar zu tun), wirkt auch nicht wirklich wie ein wirtschaftlich überzeugendes Konzept.

III. Die PR wird wieder journalistischer werden, während die Werbung stärker auf PR-Mechaniken setzt. Beides getrieben durch die jetzt abgeschlossene Digitalisierung der Kommunikation.
Seien wir ehrlich: die Digitalisierung der Kommunikation ist durch. Darüber müssen wir nicht mehr reden. Ja, es gibt noch ein bisschen Übergangsschmerzen bei der einen oder anderen, aber im Grunde wissen wir alle, wo es lang geht. Und während sich in der Übergangszeit alle Kommunikationsdisziplinen einander annäherten, werden sie 2015 beginnen, sich wieder auszudifferenzieren.

PR wird wieder erkennbarer werden und sich wieder auf ihre Stärken besinnen, die sie im Kommunikationsmix einzubringen hat – so wie sich Performance-Marketing und Community Engagement wieder auf ihre eigentlichen Stärken besinnen werden. Auf eine Zeit der Konvergenz in den Disziplinen folgt jetzt eine Zeit der Zusammenarbeit, in der wir Kommunikatorinnen und Kommunikatoren zwar Hand in Hand arbeiten, aber unsere jeweiligen besonderen Expertisen besser einzubringen wissen. Das Hauen und Stechen um das „Digitale“, das die letzten Jahre bestimmte, ist vorbei. Denn es ist in allem.

IV. Wearables werden der große Flop 2015 sein, 3D-Drucker der große Hit. Wir werden die ersten Kampagnen sehen, die damit arbeiten, dass in den Haushalten mehr und mehr 3D-Drucker stehen.
Google Glass war der größte Flop des Jahres 2014. Im kommenden Jahr wird der gesamte Bereich der Wearables durch sein. Zwar werden immer mehr Elemente unserer Kleidung und unserer „Körperperipherie“ miteinander digital kommunizieren – aber die Hoffnung auf neue Userinterfaces mit dem Netz, die eine Erweiterung des Körpers darstellen, trügt. Es ist kein Zufall, dass die Wearables wie die Inkarnation von Science Fiction Visionen der 60er wirken. Und darum auch kein Zufall, dass sie jetzt, wo es geht, ausprobiert wurden. Sie werden aber floppen.

Die Kommunikation ist gut beraten, statt auf Spielkram und Wearables zu setzen, den Trend zu umarmen, dass 2015 3D-Drucker den Massenmarkt erreichen. Noch lange bevor sie wirtschaftlich produktiv sind, bieten sie schon jetzt spannende Ideen für Kommunikation und Interaktion von Menschen mit Marken und Produkten.

V. Ephemeral Media werden DAS große Trendthema in der digitalen Kommunikation sein (Yo, Snapchat und Co).
Die mit großem Abstand spannendsten neuen Interaktionskonzepte sind in den letzten Jahren im Bereich von Ephemeral Media (flüchtige Medien) entstanden. Schrieb ich gerade was zu. Yo und Snapchat haben massiv in Funktionen investiert und bilden ein neues Ökosystem für die Kommunikation mit jungen, mobilen Zielgruppen. Musik, Informationen, Lokalisierungsdienste – all das kombiniert mit der Flüchtigkeit der Äußerungen stellt die Kommunikation vor neue Herausforderungen. Gerade der Schritt von Snapchat in Bezahlfunktionen, Musikservices und Co zeigt, wo das Potenzial von nicht in der Suchmaschine indizierten Inhalten liegen kann.

Mit Ephemeral Media entsteht nach dem Such-Web und dem Facebook-Web der dritte Kosmos digitaler Onlinekommunikation. Wer in Ephemeral Media 2015 punktet, ist innovativ und vorne dabei. Darum werden sich Agenturen überschlagen mit kreativen und abgedrehten Ideen für dieses neue Spielfeld.

29.12.14

Was ich 2014 beruflich bemerkenswert fand

Neben dem Blick in die Glaskugel (mal sehen, ob ich den auch noch mal auf deutsch mache), finde ich es ja um dieses Jahreszeit ganz spannend, zu gucken, was mich (beruflich) dieses zu Ende gehende Jahr beeindruckt hat. Darum hier meine fünf ganz spontanen, subjektiven, unvollständigen Dinge, die ich für einen Kommunikationsmenschen mit Schwerpunkt im Digitalen wichtig fand.


I. Facebook veränderte sich von Social Media zu einem Performance Channel.
2014 war Facebook zumindest für die professionelle Kommunikation kein Social Media mehr. Dass die Reichweite massiv zurück geht, war ja schon in der zweiten Jahreshälfte 2013 so und für 2014 mehr als nur absehbar. In diesem Jahr noch irgendwas auf Facebook zu starten, ohne auch Mediabudget in die Hand zu nehmen, war Quark. Hat auch kaum jemand versucht. Und wenn, dann aus anderen Gründen als Reichweite, Sichtbarkeit oder Markenkommunikation. Beispielsweise, um einen Blitzableiter für Krisen an der Hand zu haben. Aber das ist noch mal eine andere Geschichte.

Bild bei Thomas Hutter im Blog

Dafür hat sich herausgestellt, dass Facebook ein sinnvoller und effizienter (im Sinne von Mitteleinsatz) Kanal für Performance Marketing und andere Programme sein kann, die auf Performance setzen. War es im Jahr davor eher für Branding, also Markenbildung etc. zu gebrauchen, ist der Performanceaspekt immer wichtiger geworden und war 2014 wirklich sehr dominant.

Das ist auch kein Problem. Wer über zurück gehende Reichweiten jammerte oder ernsthaft glaubte, dass es stimmen kann, dass es allein um guten Content gehe, hatte eh selbst Schuld...


II. Wearables sind vollkommen gefloppt.
Was waren viele aufgeregt angesichts Google Glass und Co. Und haben sich damit überschlagen, diese Brille einmal aufzusetzen und cool zu finden. Im Nachhinein, jetzt, wo wir wissen, dass dies alles gefloppt ist, ist es etwas billig, darauf hinzuweisen, dass ich das absehbar fand. Mache ich darum nicht.

Aber das Konzept, den Körper und seine Peripherie als Zugangsmodule zum WWW zu nutzen, ist doof. Und das haben die allermeisten auch gemerkt. Ich bin gespannt, wie viele so genannte Expertinnen die peinlichen Bilder und Posts mit Google Glass heimlich gelöscht haben werden.

Dass Kleidung und Körperteile mit dem Internet verbunden werden, ist auch mir klar. An der einen oder anderen Stelle ist das auch sinnvoll (naja, zumindest mit einem erkennbaren Mehrwert verbunden). Aber nicht mit dem WWW, also dem Teil des Internets, der für Menschen zur Interaktion und Kommunikation da ist.


III. 3D-Drucker sind in den Massenmarkt eingedrungen und haben das kreative Denken verändert.
Die Geschwindigkeit, in der 3D-Drucker dieses Jahr erschwinglich wurden - selbst Tchibo hatte jetzt einen im Angebot - war schon enorm. Ich finde spannend, wie sehr das schon die kreativen Überlegungen in unserer Branche beeinflusst hat. Und wie viel weiter wir sind, als die Idee 1972 in Tim und der Haifischsee war - siehe ab 19:30 min...




IV. Die Schockwellen von Snowden haben – fast unbemerkt von Politik und Öffentlichkeit – den Markt für Cloud-Anwendungen durcheinandergewirbelt.
Während ist es fast erstaunlich und zumindest betrüblich finde, wie wenig die Totalüberwachung des Internets bei den meisten Menschen ausgelöst hat (obwohl ich mich aktuell frage, ob nicht auch die ressentimentgetriebenen Verschwörungsanhängerinnen, die seit ein paar Wochen in Deutschland montags auf den Straßen rumlungern, wenigstens teilweise eine Katalyse durch diesen Schock erfahren haben), hat dies bei Unternehmen und bei denen, die Investitionsentscheidungen in der IT treffen, durchaus Folgen.

Zumindest habe ich den Eindruck, dass das Cloud-Thema seitdem in professionellen Zusammenhängen anders diskutiert wird. Und dass die Frage, wo physikalisch Daten gelagert werden und welches Rechtssystem dort herrscht, eine größere Rolle spielt. Finde ich auch eher gut, ehrlich gesagt.


V. Mobiles Internet war zum ersten Mal ein gesamtes Jahr lang dominanter als TV, was die Nutzungszeit angeht.
Mich fasziniert, dass es immer noch viele Menschen überrascht, dass und wie sich die Internetnutzung verändert hat. Und das, obwohl dieselben, die erst einmal überrascht sind, bei näherem Überlegen feststellen, dass es bei ihnen - privat - genau so ist. Witzig. Ähnlich wie damals am Beginn von Social Media fiel es dieses Jahr vielen Kommunikationsverantwortlichen noch schwer, von ihrer eigenen privaten Erfahrung als Verbraucherinnen und Internetnutzerinnen für ihre beruflichen Entscheidungen zu profitieren.

Aber dass dieses Jahr das erste Jahr war, in dem mobiles Internet (im Sinne von: Internet auf Geräten mit so genannten mobilen Betriebssystemen wie iOS oder Android und meistens mit Touchsteuerung) täglich eine höhere Verweildauer hatte als TV, dass also - gerade weil in den meisten Altergruppen TV nicht zurück ging von der Nutzungszeit - die parallele Nutzung mehrerer Medien massiv zugenommen hat, ist schon etwas, das Kommunikation durcheinander gewirbelt hat.

19.12.14

Am Weihnachtsgottesdienst hängt die Zukunft unserer Kirche

Es sind die großen Geschichten, die faszinieren, die wir immer wieder hören können, die uns bewegen – zu Tränen, zum Lachen, zu tief empfundenem Glück. Und es sind die großen Ideen, die uns sofort ansprechen, die uns dazu bringen, innezuhalten, aufzubrechen, zu kommen.

Weihnachten hat alles, was eine große Geschichte braucht – Gut gegen Böse, Überraschung, einen Helden, dem niemand das Heldsein zutraut, die Rettung der Welt oder der Menschheit. Alles süßliche, wunderbare, überfrachtete Brauchtum könnte den Erfolg von Weihnachten nicht erklären, wenn es keine große Geschichte wäre.

Wenn wir als Werberinnen und Kommunikationsfachleute etwas bewegen wollen, sind wir immer auf der Suche nach so etwas wie Weihnachten. Einer großen Geschichte, hinter der eine große Idee steht, aus der die gesamte Kampagne fließt und sich entwickelt.

Wir brauchen große Ideen, um zu bewegen. Und eine große Idee ist eigentlich ganz einfach an drei Punkten zu erkennen (und das wiederum hilft, zu verstehen, wieso Weihnachten so irre erfolgreich ist):

Herrnhuter Weihnachtssterne
(1) Sie muss nicht erklärt werden, sondern leuchtet sofort ein. (2) Aus ihr folgt sofort und quasi wie von selbst, was ich daraus machen kann, wie ich sie umsetze in eine Kampagne. Und sie beruht (3) auf einem Insight, wie wir in verschwurbeltem Agentursprech dazu sagen – was meint, dass sie eine tiefe, emotionale, menschliche Wahrheit anspricht, die sich so anfühlt, als würde ich sie schon immer kennen, selbst, wenn ich sie das erste Mal höre oder erlebe.

All dies trifft auf Weihnachten zu. Auf die Idee und die Geschichte. Und dass dann auch noch die Idee von Weihnachten auf eines der größten und etabliertesten Feste gelegt wurde, die es schon gab, war ein genialer Schachzug, der nur den besten Werbern einfällt. Denn es ist die hohe Kunst der Kommunikation, mit der eigenen Geschichte und Idee nicht etwa eine Welle anzustoßen sondern eine bereits große Welle zu surfen.

Mit der Idee, dass die Welt und vor allem wir Menschen gerettet seien, ausgerechnet an den Tagen um die Ecke zu kommen, an denen wir aufzuatmen beginnen, weil die deprimierenden dunklen Tage langsam wieder heller und länger werden, ist genial. Denn das haben wir aus der Forschung gelernt, wie Werbung wirksam sein kann: Auch die beste und größte Idee und Geschichte muss auf fruchtbaren Boden fallen, um Resonanz auszulösen. Sonst wäre das alles ja viel besser planbar als es ist, sonst wären die großen sogenannten viralen Wellen nicht so sehr von Zufällen abhängig. Und die Wintersonnenwende ist genau das Umfeld, in dem die Hoffnung und der Traum von Weihnachten sofort einleuchtet.

Gegen allen Kitsch, gegen alles moderne Schimpfen auf den falschen Schein von Friede-Freude-Eierkuchen, gegen jede der Statistiken, die über Weihnachten besonders viel Streit in den Familien behaupten, gegen all dies steht die Idee und die Geschichte von dem kleinen, verletzlichen Kind im Stall, das unvorstellbar groß ist und eine so radikale Veränderung bedeutet. Und trifft auf eine tiefe Sehnsucht und eine tiefe emotionale Wahrheit. Die Wahrheit davon, dass es anders sein kann als im hektischen Alltag. Und dass es möglich ist, in dieser Welt bereits anders zu leben. Die Sehnsucht nach Frieden und Veränderung und – ja, auch – Erlösung.

Deutsche und britische Soldaten am 26.12.1914
Jedes irgendwie gelingende Weihnachtsfest ist ja tatsächlich ein Vorgeschmack auf das Reich Gottes. So klein es uns scheinen mag. Und so wenig substanziell es daher kommt. Wie oft hat es wirklich den Weihnachtsfrieden gegeben? Wir mögen ihn vergessen im Stress des Geschenkejagens und Essenkochens. Aber gerade in diesem Jahr, in dem sich der Beginn der großen europäischen Katastrophe des ersten Weltkrieges zum einhundertsten Mal gejährt hat, lohnt es sich, auf die Geschichten vom Weihnachtsfest über den Gräben der Front in Frankreich zu hören, um zu erahnen, was Weihnachten sein kann.

Tief in uns schlummern diese Geschichten und Erinnerungen. Sonnenlauf, Kindheitserinnerungen, kollektive Erlebnisse – all das bildet den Resonanzraum für die erfolgreichste Mobilisierungskampagne des Jahres, die unsere Kirchen zu bieten haben: Weihnachten wird in der Krippe entschieden.

So kommen Menschen über unsere Kirchentüren. Getrieben von einer Mischung aus Erwartung, Tradition und tiefen Sehnsüchten. Sie haben sich vorbereitet, wie man sich auf ein Fest vorbereitet – geschmückt mit ihrer besten Kleidung, die Wohnung geputzt, das Essen geplant, die Familie zusammen getrommelt. Voll freudiger Erwartung.

Mein Kommunikatorenherz schlägt schneller, wenn ich an diese Chance denke. Menschen, die bereit sind, zuzuhören, aufzunehmen, zu fühlen. Die wissen und erwarten, dass etwas passiert, das nicht wirklich und voll in diese Welt und Gegenwart passt. Offen für die Magie der großen Geschichte. Für das Heilige. Bereit für die Begegnung.

Aus Sicht eines Christen, der in Werbung und Kommunikation arbeitet und Ideen und Kampagnen entwickelt, ist Weihnachten ein Geschenk. Im Grunde so etwas wie der Elfmeterpfiff – es legt uns den Ball auf den Punkt, wir, die Kirche, die Gemeinde, die Pastorinnen, müssen ihn nur noch reinmachen. Die beste Werbung sind gute Produkte, das wissen wir. Was wir mit Kampagnen und Ideen machen, ist, Menschen dazu zu bringen, sie auszuprobieren. Wir stellen die Menschen sozusagen an die Rampe. Danach muss das Produkt überzeugen, mehr kann eine gute Geschichte, eine große Idee nicht leisten.

Weihnachten bringt so viele Menschen wie nie über die Schwelle der Kirchentür. Danach muss Kirche, muss das Bodenpersonal überzeugen und begeistern. Nur dann hat die große Geschichte einen Sinn. In der großen Kampagne, die wir Mission nennen könnten, ist Weihnachten der wichtigste Baustein, dicht gefolgt von Hochzeiten und Taufen. Sie sind die großen Leuchtturmprojekte der Kampagne. Und sind doch nur so viel Wert, wie das, was wir mit unserem „Produkt“ daraus machen.

Gelingt es uns, die Menschen, die so offen zu uns kommen, anzurühren? Mit dem etwas widerständigen, aus der Zeit gefallenen, irgendwie etwas von der Ewigkeit erzählenden Erleben und Hören und Singen im Gottesdienst? Es ist alles bereitet. Und doch erkennen so viele dieser Menschen nicht, sehen nicht, schmecken nicht, fühlen nicht, wie freundlich und anders und quer zum Alltag Gott ist.

Mein Kommunikatorenherz blutet, wenn ich in den Gottesdiensten, zu denen die Menschen durch die großen, ewigen Geschichten von Liebe, Freude, Hoffnung und Frieden kommen, geistliche Armut erlebe oder eine Nachlässigkeit aus Arroganz oder Langeweile. Oder wenn eine Predigt vergessen wird. Oder ich ohne geistliche Nahrung nach Hause geschickt werde. Oder es nur modern, schick oder feierlich war.

erste Seite des Weihnachtsoratoriums
Ich habe den Traum, dass ich nach der Christvesper aufstehe, nach oben sehe, tief Atem hole und sicher bin, etwas Besonderes erlebt zu haben. Etwas, das mir in den nächsten Wochen etwas bedeutet und mir etwas mitgegeben hat auf meinem Weg, auf den mich der Segen geschickt hat. Das mich trägt und in mir den Funken und die Sehnsucht nach mehr und mehr richtigem Leben entzündet. Und mich früher als Ostern oder das nächste Weihnachten wieder hier hin zieht.

Oft fühlt es sich an, als wäre der Weihnachtsgottesdienst für die, die mich doch eingeladen haben, eine lästige Pflicht. Oft machen Ablauf und Predigt, wenn es denn überhaupt eine gibt, den Eindruck, als wäre dieser Gottesdienst nicht wirklich mit Herzblut vorbereitet. Dabei müsste es doch derjenige sein, der die meiste, frischeste, aufmerksamste Arbeit des gesamten Jahres bedeutet. Denn die große Geschichte, die Kampagne von der Rettung der Welt durch dieses kleine Kind, hat so viele offene Menschen wie sonst nie zu uns gebracht. Hier brauchen wir unsere besten Predigerinnen und Sänger, die begnadetsten Menschenfischer. Denn hier, einmal im Jahr, entscheidet sich, ob wir als Kirche eine Zukunft haben, ob uns die Menschen zutrauen, ihnen das zu geben, was sie suchen und brauchen und was Gott ihnen versprochen hat: Save Our Souls.

_____

Eine gekürzte Version dieses Textes erscheint in der aktuellen Ausgabe der Evangelische Zeitung, der Kirchenzeitung für Norddeutschland. Ich bin gespannt auf die Reaktionen. Die Christvesper werden wir wahrscheinlich in Volksdorf mitfeiern.

14.5.13

Nächste Runde der Disruption

Seit Anfang dieser Woche fahren eine Reihe von Onlinenachrichtenseiten, vor allem solche der traditionellen Verlage, eine Onlinekampagne auf ihren eigenen Seiten gegen Browser-Plug-Ins wie "Ad Block" und ähnliche.

In einer quasi persönlichen Botschaft an Besucherinnen ihrer Seite, die Adblocker installiert haben, bitten sie diese, die Adblocker abzuschalten. Ihre Kernbotschaft: Helft uns, uns zu refinanzieren über Werbung, damit wir weiterhin Nachrichten ins Internet schreiben können.

Was ich spannend fand, war, dass nach meiner Beobachtung die Reaktion darauf fast hälftig zweigeteilt war: Die einen fanden die Botschaft nett und freundlich.

Und die anderen haben sich sehr genau darüber geärgert.

Ich halte die Aktion, nachdem ich sie zunächst charmant fand, für falsch. Einerseits verstehe ich zwar den Punkt, den die Verlage machen (wollen). Und ebenso einerseits arbeite ich ja nun selbst in Kommunikation und "Reklame" (wie einer unserer Kunden Werbung nennt). Andererseits kann aber auch ich die Art der Werbung auf den klassischen Nachrichtenseiten der Verlage nicht ertragen.

Einige Leute, denen ich online zuhöre, haben den Versuch gemacht, ihre Adblocker zu deaktivieren. Für so ungefähr eine Stunde, länger hielten sie es nicht aus - das Geblinke, die grauenhafte Optik, dass sich da was bewegte oder gar Töne von sich gab. Obwohl einige von ihnen und ich ja auch das Argument der Verlage einleuchtend fanden, waren die Erlebnisse mit Werbung dann doch allzu verstörend und eklig,

Insofern scheint mir eher ein (ungewollter?) Nebeneffekt der Kampagne der Verlage spannend zu sein: Dass eine längst überfällig Diskussion über gute und schlechte Onlinewerbung losgeht. Immerhin - was ja auch interessant ist - haben gestern und heute wahrscheinlich eine ganze Menge Onlineprofis (auch aus Kommunikation und Werbung) erstmals seit Jahren Onlinewerbung in freier Wildbahn gesehen. Also das, was Werber vielleicht (hoffentlich nicht, aber ich befürchte, da trügt meine Hoffnung) als State-of-the-art in der Onlinewerbung ansehen. Die meisten Leute, die erfahren mit dem Internet umgehen oder damit ernsthaft arbeiten, haben ja Adblocker (oder, wie ich, Flashblocker) in ihren Browsern. Warum wohl?

Der Schock der grausigen Realität könnte nun zu dieser Diskussion führen: Welche Art von Werbung online ist gut, ist akzeptabel? Jetzt. Oder zukünftig. Immerhin werden die meisten "von uns" ja durchaus im Prinzip wissen, dass Onlinejournalismus und sogar nur bloßes Publizieren online Einnahmen aus Werbung und dergleichen braucht. Denn die einzige Alternative, die Verlagen bisher dazu eingefallen ist, wären Paywalls.

Aber solange wie Verlage und Onlinewerber Ideen und Werbeformen aus der Vergangenheit, also der Zeit, in der Platz knapp war, einfach so auf einen Medienraum übertragen, in dem Platz nicht das Problem ist und in dem ich so schnell weg bin wie ich kam, wenn mir zu viel Geblinke dabei ist. Solange sie sogar noch auf Werbeformen setzen, die sich bewegen, blinken oder Töne spucken, ohne dass ich dafür geklickt hätte. Solange sie also nur nach Gnade rufen ohne darauf zu achten, dass ihre Leserinnen/Zuschauerinnen eine Sehnsucht nach Ruhe und Schönheit haben - solange werden sie unsere Herzen nicht gewinnen.

Immerhin - im Prinzip ist jetzt eine großartige Zeit für Menschen, die kreativ und zukunftsgerichtet über Onlinewerbung nachdenken. Fein, dass diese Diskussion beginnt.

ursprünglich auf Englisch im Text-Blog-Netzwerk Medium veröffentlicht.

Und erst danach gelesen: Tapios Blick auf das Thema von der anderen Seite - eine gute Ergänzung zu diesem Text.

22.3.13

Polarisierung

Mir scheint, dass zunehmende Polarisierungen ein Zeichen für Zeiten des Umbruchs sind. Vor allem, wenn Polarisierungen nicht mehr entlang der erwartbaren Linien verlaufen, sondern ich heute laut und stark mit welchen auf einer Seite der Linie stehe - und morgen mit anderen zusammen auf einer Seite einer anderen Linie.

Jahrelang habe ich mich geweigert, in die radikale Rhetorik vieler Beraterinnen, die Social Media für sich entdeckten, einzustimmen. Denn die ersten zehn Jahre haben neue (und eigentlich sehr alte, geradezu retroartige) Plattformen und Netzwerke keinen wirklichen Umbruch in der Kommunikation oder gar der Gesellschaft bedeutet.

Denn ich bin vollkommen beim großartigen Clay Shirky, der sagt: "Revolution doesn't happen when society adopts new tools. It happens when society adopts new behaviors". Und genau das passiert jetzt.


An zwei kleinen Geschichten wurde mir deutlich, wie sehr auch im Kommunikations- und Medienzirkus auf einmal alte Linien zerreißen und alte Reihen durcheinander gewirbelt werden. Niveas Stresstest. Und Katja Riemanns TV-Auftritt.

Beide Geschichten haben in meinem Umfeld massiv polarisiert. In beiden Fällen gab es wenige, die ruhig blieben. Und in beiden Fällen verlief die Polarisierung quer zu den üblichen Seilschaften, Freundschaften, Übereinstimmungen.

Die einen fanden den Nivea Stresstest großartig und genial und super passend für die Marke.
Die anderen peinlich und übergriffig und vollkommen unpassend für die Marke.
Und sagten das jeweils sehr laut und bestimmt.



Die einen fanden die Riemann unmöglich, peinlich und zickig.
Die anderen den Moderator überfordert, unmöglich.
Und sagten das jeweils sehr laut und bestimmt.



Und in beiden Fällen fanden sich in beiden "Lagern" Leute, die ich sehr schätze und für professionell, schlau, geschmackvoll, kreativ und so weiter halte.

Vielleicht gab es und gibt es das auch schon vorher immer wieder, vielleicht bin ich in meiner Resonanzblase gefangen - aber so extrem ist es mir lange nicht aufgefallen. Dass ich nicht vorhersagen konnte, wie geschätzte Kolleginnen etwas sehen, zu dem auch ich eine starke und polarisierende Meinung und Haltung entwickelte.

Wenn alte Lager sich auflösen und noch keine neuen entstehen, dann ist eine Zeit des Umbruchs.

21.12.09

Location and Gaming

It's not that often that I think there is something really smart coming around that will be the next big thing. But when it comes to Foursquare I said this from the first day I saw it, some months back, long before they have been active in any city I am normally in. So I signed up pretending I was in Amsterdam. Then I moved virtually to Berlin - and some weeks ago it finally came to Hamburg and other cities I visit more often.

Just to tell you: I am convinced that Foursquare will be the next big thing. There are some more localizing services like Gowalla - that e.g. some of my German friends like better than Foursquare - but imho 4sq (as its shorturl on twitter is) is today not only the by far best but in trend setting cities by far most popular service.

Some things about 4sq in this interview with the founder:



Why am I convinced it will fly - and why am I as a digital communications strategist so excited about it?

Just because it's so damn easy to use and so much fun - and because they have a smart business model that is extremely attractive for a lot of businesses: You can target and offer special offers to people that are just around the corner of your shop, restaurant or any other venue.

You can bring people to play and compete and to become "Mayor" (visit a place more often than anyone else) of your venue, the first shops have special discounts for Mayors or battles. Just see the battle that is going on between a colleague and me on who will be mayor of our office (I will beat her, b/c she is on holiday now, ha!). Think about what will be possible next year.

One cute example from Germany - and I have to admit: chapeau for bringing the first client to forquare to the executing agency - is right now Vodafone. Take a look at the Hamburg example, they do this in some other cities as well.

I would not call 4sq kind of "Twitter 2.0" - but a real smart social game and business tool that uses twitter (and other realtime web services) to get some speed. As I use to say: It's not about twitter as a company or service but as a new infrastructure for social interacting. Fourquare is just the first hot example of how to use this new layer of communications for something cool, that works.

16.7.09

Was ich gerne mag an diesem Interweb

Ja, auch Kampagnen, an denen meine Kolleginnen beteiligt waren, sind schon "Opfer" der Kreativität derer geworden, die Vodafone nun die Generation Upload nennt. Das kann auch weh tun.

Was ich aber immer wieder erstaunlich finde, ist, mit welcher Hingabe, Genauigkeit und eben - ja - Kreativität Menschen sich über Werbung, Kommunikation, Ideen hermachen und sie umdeuten, beispielsweise weil sie sie nicht für glaubwürdig halten. Als jemand, der selbst Kommunikation als Beruf hat, habe ich mich mit der Vodafone-Debatte zurück gehalten und nur drüben in meinem PR-Blog mehrfach die Implikationen jenseits des konkreten Falles beleuchtet.

Aber der dürre und - so finde ich es - dumme Post im Vodafoneblog zum Vorwurf, dass Vodafone allzu willfährig auf die Zensurwünsche der Regierung reagiert habe (siehe dazu Vetters law blog, da ist alles gesagt), hat mich doch mehr als nur kopfschüttelnd zurück gelassen. Zumal ich, obwohl ja am Thema interessiert und halbwegs engagiert, Vodafones Verhalten gar nicht mitbekommen hatte, sondern erst im Zuge der aktuellen Kampagne darauf gestoßen bin (übrigens auch ein interessanter Nebeneffekt, wenn man sich auf den Spielplatz Social Media begibt).

Was ich eigentlich sagen will, ist dies: Ich finde - aus dem politischen Kontext der Anti-Zensur-Aktion heraus - diese Version des Werbespots großartig und kreativ:

Vodafone-Werbung "Heroes" Satire from Generation Upload on Vimeo.

8.7.09

Helden für einen Tag

... erlebe ich immer wieder. Im Büro, zu Hause, in den Schulen. Jede Menge Kleinigkeiten, auf die ich bei meinen Kindern stolz bin beispielsweise.

... und aus gegebenem Anlass das wirklich großartige Lied von David Bowie, danke an Uwe Knaus (disclosure: Kunde), dass er es getwittert hat:

20.2.09

Stille

Nein, ich hab nicht geheult, aber er ist wunderschön erzählt, wirklich großartig. Und nachdem ich neulich zum ersten Mal seit Ewigkeiten nach einer Folge Gilmore Girls in einen Werbeblock gerutscht war (Super-RTL war noch eingestellt, weil meine Jungs da was gesehen hatten, und nachdem der DVD-Player aus war, sprang dieser Sender an), hatte ich schon jede Hoffnung aufgegeben, dass es Werbung gebe, für dich ich mich nicht fremdschämen müsste.

Sozusagen eine in einem wunder-wunderschönen Mädchenkurzfilm versteckte Markenbotschaft.


schweppes short film festival - signs from mr. cnqt on Vimeo.

20.12.07

Human Rights Day

Vor zehn Tagen war Human Rights Day. Ich habe dazu eine besondere Beziehung. Denn 1995, als ich mein Examen machte, haben wir an diesem Tag unsere Klausur in Systematischer Theologie geschrieben - und das Prüfungsamt und das entsprechende Institut haben in einem (seltenen) Anflug von Zeitgefühl in ihrer ganzen Weisheit ein Thema über die theologische Begründung der Menschenrechte gewählt. Was im Übrigens alles andere als trivial und eindeutig ist, aber das ist eine andere Geschichte, die mit der sehr umstrittenen Handhabung des liberalen Toleranzbegriffs zu tun hat.

Am Vorabend des 59. Jahrestages der Deklaration der Allgemeinen Menschenrechte habe ich (im Rahmen einer pro bono Arbeit) als Zuhörer einer Telefonkonferenz mit einem Idol meiner Jugend, zwei anderen Elders und einer Reihe anderer Blogger teilgenommen.
six Global Voices bloggers on different continents participated in a conference call with Desmond Tutu, Mary Robinson, and Graça Machel. You can listen to an audio recording of the conversation here (thanks to Preetam Rai).
Global Voices Online » Happy Human Rights Day

Es war spannend - und bei Solana ist auch ein Link auf den Audiomitschnitt dieses Gesprächs.

Und dann, einen Tag später, sah ich zum ersten Mal das Plakat der neuen Kampagne von Pilsner Urquell (ein Bier, das ich sehr mag btw). Und das hat mich ähnlich stark geärgert wie seinerzeit die Redefreiheit-Kampagne von Eplus. Ich bin nun wirklich nicht zart besaitet. Und ich habe für Anspielungen und Wortspiele und kulturelle Meme sehr viel übrig. Aber mit Werten, die mir so wichtig sind wie Redefreiheit und Menschenwürde - und die zugleich in so vielen Gegenden der Welt, und wirklich nicht nur weit weg, mit Füßen getreten werden - so billig zu spielen, finde ich - ganz ehrlich - schäbig.

Blogged with Flock

21.8.07

12.7.07

Ein iPhone blenden...

Ja, Blendtec fährt eine irre gute Online-Kampagne. Aber dieser Spot von gestern ist einfach nur Klasse (selbst wenn er - nun ja - ein bisschen an David Pogues Blackberry's Magic aus dem März erinnert):

Aus iPhone wird nach iBrick ein iSmoke - dank Blendtec....



Und ja, tatsächlich, das iSmoke steht bei eBay nun schon bei 570 $ - es hat sich also selbst finanziell gelohnt....

(via David Brain)


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25.5.07

Schein und sein

Ich hatte irgendwann mal nur sparsam irritiert geguckt, als mich jemand, nachdem ich gesagt hatte, dass ich endlich zu sauberem Strom gewechselt sei, fragte, ob ich zu diesen Heftigwerbern mit dem lekkeren Strom gegangen sei. Und nun reden wir gerade über gute Menschen und so und da sagt jemand, dass Nuon ja Ökostrom sei. Konnte ich mir nicht vorstellen, weil ich das noch nie gehört hatte. Und tatsächlich: Sie verzichten auf Atomkraft, aber das war's. 60% kommen aus ganz normalen CO2-Schleudern. Besser als Vattenfall also (unser lokaler Quasi-Monopolist), aber eben seeehr weit weg von Ökostrom.



(Nur mal als Vergleich, was mein Stromanbieter macht: 100% erneuerbare Energien)



Spannend also: Die massive Werbung führt bei überdurchschnittlich intelligenten Menschen mit einem ethischen Anspruch (so welche waren das, mit denen ich sprach) zu einem völlig verzerrten Bild dessen, was sie tun. Denn lecker finde ich deren Strom nun wirklich nicht.



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24.4.07

DU kannst das Drama aufhalten!

Ja, es ist schon doof, wenn man wie wir irgendwie nichts richtiges gelernt hat. Bevor ihr da draußen über uns aus den Agenturen herzieht (ja, ich bekenne mich schuldig, ich habs auch oft getan), bedenkt, was das für Folgen haben kann:



(via reine Formsache » Da muss ein Ruck…)

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2.4.07

Endlich das Buch veröffentlicht: Dir würde ich auch einen Staubsauger abkaufen



Ja, ich weiß, ich hab lange drüber geredet. Ich denke, sogar länger, als ich blogge. Und nun hab ich es doch endlich fertig gestellt: Mein Buch übers Verkaufen. Dir würde ich auch einen Staubsauger abkaufen heißt es und ich hab es bei Lulu.com reingestellt. Das hat gut geklappt, finde ich.

Als pdf hab ich es unter eine cc-Lizenz gestellt, denn ich denke, dass man es ruhig weitergeben darf. Kostet dann 1,50. Als Paperback 7,90.

Worum es geht? Um meine Leidenschaft, das Verkaufen - und darum, was Verkaufen vom Vertrieb unterscheidet. Denn Vertrieb finde ich doof und Verkaufen toll. Es geht ums Geschichten erzählen, um Haltungsturnen (logo), um Gonzo Marketing und um Cluetrain. Also um all das, was mich beim Verkaufen die letzten Jahre begleitet hat. Und ich verspreche allen meinen Kunden und Ex-Kollegen, dass sie nur stark verfremdet vorkommen. Hihi. Also ist es doch eine Ecke fiktional.

Full disclosure: Lulu.com in Deutschland ist ein Edelman-Kunde. Ich arbeite zurzeit nicht für ihn, habe es aber schon getan und werde es bestimmt auch wieder tun. Ich habe Lulu.com durch diese Arbeit kennen gelernt. Und nachdem ich es jetzt genutzt habe, finde lulu nicht mehr nur aus professionellen Gründen gut. Ein echtes Long Tail Unternehmen übrigens.


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