Ist der grauenhafte europäische Beschluss, das Asylrecht abzuschaffen, das 1992 der Grünen? Das habe ich mich die letzten Tage immer wieder gefragt. 1992 war, als die SPD vor den Rechten eingeknickt ist und das deutsche Asylrecht abzuschaffen zustimmte. Danach trat ich aus der Partei aus. Es war meine rote Linie. Das Thema ist es bis heute, es ist eine der mir wichtigsten ethischen Gewissensfragen.
Was ist dieses Mal anders, dass ich nicht austrete? Vor allem, was ich aus meiner Partei, den Grünen, dazu höre. Schon vor dem Beschluss gab es sichtbaren Protest, unter anderem getragen von der Hamburger Senatorin Anna Gallina, mit der ich schon viele gute Dinge zusammen gemacht hab. Und nach dem unsäglichen Beschluss der Innenminister*innen der EU bin ich dankbar für viele laute Wortmeldungen.
Aus meinem Land und meiner Landespolitik sind beispielsweise Aminata Touré und Lasse Petersdotter sehr klar. Luise Amtsberg, auch von hier und mit wichtiger Funktion in der Bundesregierung. Viele der jüngeren Bundestagsabgeordneten, die ich auf Instagram habe, sind super klar und deutlich.
Der wichtigste Unterschied zur SPD 1992 ist wohl, dass die Partei diesen Kurs nicht mitgeht. Im Parlament würde dieser Beschluss keine Mehrheit in den Regierungsfraktionen bekommen, weshalb er da nicht reingeht. Und anders als die Innenministerin, die den Beschluss schönredet und geradezu feiert, sind die, die ich aus den Grünen bisher höre, ehrlich: es ist grausam, aber mehr war in der EU nicht drin. Weil nicht nur viele Länder inzwischen nach rechts gekippt sind (vor allem in Skandinavien in letzter Zeit), sondern auch Sozialdemokrat*innen in dieser Frage eben europaweit nicht auf der Seite der Menschenrechte stehen. Dass Scholz nicht mal merkt, wie bigott seine Forderung nach Willkommenskultur in Ostdeutschland am Sonntag angesichts seiner Position zu Menschenrechten ist, erschreckt mich.
Für mich ist dies ein Schlüsselthema für die politische Identität. War es immer, wird es immer sein. Weit mehr als Umwelt- und Verkehrspolitik. Auch, weil hier das Einknicken vor dem rechten Terror und seiner hübschen Schwester, dem Normalitarismus, so besonders eklig und dramatisch ist. War es schon bei Engholm. Ist es auch heute.
So lange aus der Partei genug klare Stimmen kommen, bleibe ich.
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