Tatsächlich bin ich sehr froh, dass Robert Habeck zum Abschied aus dem Bundestag dann noch mal ein typisches Interview (diesmal mit der taz) gegeben hat. Denn sein Abschied macht mir nochmal deutlich, wo er mich verloren hat und wieso ich mich innerlich verabschiedet habe. Obwohl mich sein Stil kulturell und intellektuell elektrisiert. Da war es wieder, was mich so anzieht. So sehr, wie seit Björn Engholm niemand mehr in der Politik. Und zugleich stößt mich fast jeder politische Schluss, den er dabei heute zieht, zurück. Finde ich fast alles, was er politisch nach vorne formuliert, falsch. Was übrigens nicht ein Jota wegnimmt von seinen Leistungen oder davon, dass er meines Erachtens wirklich sehr viel und sehr Gutes als Minister bewirkt hat. Teil der Tragik ist, dass er ein großartiger Minister war, der dieses Land sehr positiv verändert hat - und zugleich aus meiner Sicht im Wahlkampf und in dem, was er als Ausrichtung der Partei vererbt hat, wirklich sehr falsch lag.
25.8.25
21.7.25
Faschismus ist toll
Während meines Studiums hatte die große Freude, zweimal an Sommerakademien der Studienstiftung teilzunehmen. Von beiden Themen und dem Arbeiten mit absoluten Top-Leuten profitiere ich noch heute, was sicher auch daran liegt, dass es jeweils ein Thema war, das sich zwanzig Studierende aller möglichen Fachrichtungen für die Ferien selbst ausgesucht hatten. Bei mir war es einmal meine allererste Beschäftigung mit Wirtschaftsethik. Und ein anderes Mal ging es um Visionen für Städte, Architektur und so weiter. Beim Leiter der damals aktuellen IBA und bei einem der tollsten Architekturhistoriker überhaupt. Neben meiner sehr kontroversen Liebe für Architektur und Städtebau der 50er habe ich von ihm vor allem gelernt, warum so irre viele Architekten (ich glaube, da gab es quasi keine Frauen in der Gruppe Speer, oder) Faschismus großartig fanden und finden.
Und das ist ja auch logisch und der gleiche Grund, wieso so viele Milliardäre und Großunternehmen dieses Jahr innerhalb von weniger als sechs Monaten vollständig auf Faschismus gesetzt haben. Warum so viele von ihnen finden, dass Faschismus toll sei.
6.6.24
Fatique
Mein ganzes Leben (naja, mein ganzes Leben seit ich ein älterer Jugendlicher war) habe ich morgens Deutschlandfunk gehört. Es gehörte für mich einfach dazu. Halbstündliche Nachrichten, eine Presseschau, einige von den Interviews und einige Berichte, gerne auch die Kurzberichte als Zusammenfassung des Morgens, die Ausschnitte aus den Interviews und Berichten, gegen Ende der Morgensendung.
Dann merkte ich vor einiger Zeit (interessanterweise ungefähr zur gleichen Zeit zu der mein jahrelanger Heimatraum Twitter kaputt gemacht wurde), dass ich sehr schlechte Laune bekomme und – zunächst bei der Presseschau und nach und nach auch bei anderen Dingen – es immer schwerer zu ertragen war. Einerseits genoss ich, bei einigen Redakteur*innen im Studio zumindest, wie sie versuchten, bei den schlimmsten Lügen gegenzuhalten, aber ich hatte den Eindruck, dass ich eher schlechter informiert in den Tag ging.
16.2.24
... und es wird so viel besser, jeden Tag
Gestern schrieb ich darüber, wie mir dauernd das Herz in die Hose rutscht gerade. Und das ist ja auch oft so. Und dann sehe ich doch, wie viel besser so vieles wird, tatsächlich jeden Tag. Wie wir immer noch mehr sind, dauerhaft. Wenn ich lese und wiederlese und höre und erlebe, wie und wo überall Hoffnung und Veränderung ist, wie sich eine Zukunft Bahn bricht, die die, derentwegen mir mulmig ist, nicht werden aufhalten können. Sie werden viele Menschen zu quälen versuchen, etliche töten, andere einsperren, schlagen, versuchen zu zerstören. Für die muss ich, will ich, werde ich kämpfen und für die werde ich diese bösen Menschen, die alles hassen, was ich liebe, hassen, worin ich eine Zukunft sehe, diese werde ich mit allem, was ich kann, bekämpfen. Denn sie werden nicht siegen. Niemals wieder.
15.2.24
Mulmig
Als mich vor ein paar Tagen ein Freund fragte, wohin wir auswandern, war das nicht wirklich lustig gemeint. In seinem Bezirk hatten gerade einige tausend Menschen eine Reichsbürgerin gewählt. Einige Tage vorher quoll zum ersten Mal der blanke Hass auf alles, was grün ist, aus dem Mund zweier Stammtischbrüder. Und wieder einige Tage später schäumten die WhatsApp-Gruppen der Berufskolleg*innen hier auf dem Land vor Wut, weil im NDR eine Expertin, die, wie sie meinten, noch nie eine Schaufel in der Hand hatte, sagte, dass ihr geliebter Anführer in der Vergangenheit schon mal rechtspopulistische Dinge gesagt hätte, was aber nicht stimme, weil er nämlich nicht rechts sei. Damit meinten sie so was offenbar, das nicht rechts sei.
4.1.24
Im Regen
Ja, ich weiß, dass diese Form von Regen und Überschwemmungen nicht überraschend oder unvorhergesehen kommt. Alles, was es zum Wasser in Norddeutschland zu wissen gibt, hat Lars Fischer ja aufgeschrieben. Wir haben auch auf zwei unserer Weiden jedes Jahr jeweils einen See. Die nutzen wir darum im Winter nicht.
Aber so ein irrer Tag im strammen Dauerregen ist dennoch selten bei uns. Vor allem nach einer Phase, in der ohnehin schon sehr viel Wasser da war. Interessanterweise war es gar nicht so übertrieben viel Regen, "nur" 33mm in 24 Stunden. Klingt mittelviel, wobei der letzte, nasse Monat auch nur insgesamt knapp 50mm gebracht hatte. Aber das Wasser fließt nicht ab. Und das, obwohl weiter unten ein gutes Stück des Flusses, zu dem der Bach, der durch unsere Weiden fließt, der Quellfluss ist, mit neuen alten Auen versehen und renaturiert wurde. Wir sind also relativ gesehen gut dran.
9.10.23
Verzweifelter Mut
Das letzte Mal, habe ich den Eindruck, ging es mir so, als ich noch ein Jugendlicher war, vor 35 Jahren oder 40. Diese merkwürdige nagende Gleichzeitigkeit von freudiger, die Zukunft liebender Erregung und gleichzeitiger tiefer Verzweiflung angesichts der Welt und der Menschen um mich herum.
Damals waren es auf der Habenseite eher so Sachen wie Verliebtsein oder Musik oder Lesen. Und auf der Sollseite die entstehende Festung Europa, die Ignoranz der Erwachsenen für Frieden und Umwelt, die immer dreisteren Nazis. Als mir das bewusst wurde, machte mich das in der letzten Woche sehr, sehr traurig. Weil es sich so anfühlte, als wären wir wieder an der gleichen Stelle. Nur irgendwie krasser.
22.8.23
Vom Fach
Groß geworden bin ich mit Fachinformationen, die, als ich sie kennenlernte, noch lose geheftete DIN A4 Blätter waren, die mit der Post geschickt wurden, für eine erheblichen Aufpreis auch per Fax, ich stand mal in einem Ferienjob an dem Faxgerät, über das einer verschickt wurde, bevor ich die Ausdrucke dann eintütete. Preis Punkt: mehrere tausend Mark im Jahr, dafür exklusive Infos, Klatsch, Meinung - und ein erheblicher Wettbewerbsvorteil, beispielsweise in einer Branche wie Rüstungsgüter. Fuchsbriefe, Täglicher Hafenbericht, Platowbriefe, Text Intern. Um nur einige zu nennen.
Später, Mitte der 90er, hab ich selbst auch mal so ein Produkt für einen Verlag entwickelt, jede Woche sechs Seiten, davon ein langes Interview und eine lange Analyse, zu einem neuen Spezialthema und mit eine Zielgruppe von vielleicht maximal 400 Personen deutschlandweit. Flog allerdings nicht, das modische Thema war auch schnell aus der Mode.
17.8.23
Umstieg
Ich steige von Tesla auf einen Volvo um. Volvo und ich, das ist irgendwie wie Miele. Die hatten mich damals, als im Fachgeschäft dieser kleine Aufsteller stand mit dem Satz: "Irgendwann ist es Zeit für eine Miele" – und ich fand, dass sie Recht haben und genau jetzt diese Zeit ist.
Vier Jahre bin ich nun ein Model 3 von Tesla gefahren, in einigen Tagen geht es zurück. Und seit einer Woche steht der XC40 als vollelektrische Variante bei uns. Und damit sind wir direkt in die Gegend von Eindhoven gefahren. Noch ist alles ganz frisch, aber immerhin schon mehr als 1500km, so dass wir schon ein bisschen was beurteilen können. Und was soll ich sagen: es ist kompliziert.
17.7.23
Dreißig
10.957 Tage sind wir nun verheiratet. Und 10.018 Tage davon haben wir mit Kindern gelebt. Ein Drittel eines Lebens. Das wurde uns mit einem etwas komischen Gefühl in der Magengrube bewusst, als wir vor ein paar Tagen diesen Tag für uns planten. Denn dieser Tag ist schon immer unser Tag. Auch, weil ich dich so liebe.
Dieses Gefühl da unten war wohl ein doppeltes oder dreifaches. Die Freude über die vielen Jahre. Die Wehmut über die Veränderung, die irgendwie so plötzlich passiert, wenn auch nicht überraschend. Der Stolz, die vier Kinder ziehen lassen zu können.
10.7.23
Kollateralschaden
Letzte Woche bin ich sehr wenig zum Schreiben gekommen. Arbeit vor allem. Und dann auch noch das Abi der Jüngsten. Und die Einrichtung der Wohnung, in die sie zieht, wenn sie zur Ausbildung geht. Und dann noch Abiball und 80er Party bei Freund*innen. Und das Wetter sowieso. Also ist das Tagebuch etwas ins Stocken geraten. Dabei wollte ich doch noch unbedingt über den großen politischen Aufreger der letzten Woche geschrieben haben, also die Frage, wo ich das Problem sehe bei der Diskussion rund um die Kappung des Elterngeldes für hohe Einkommen.
21.6.23
Scham
Ich wollte darüber schon lange schreiben. Vor allem, weil mir einfach nicht in den Kopf will, wie Konservative seit Jahren immer wieder den gleichen Fehler machen, also den strategischen Fehler. Konservative hier im weiteren Sinne, aber dazu gleich mehr. Jedenfalls sind die begeisterten Reaktionen und die Tontaubheit von führenden CDU-Leuten nach dem grotesken Auftritt von Claudia Pechstein auf dem CDU-Konvent, oder wie der heißt, jetzt der Anlass. Denn dass Merz ("brillant") und Co nicht mal merken, was sie da tun, wenn sie reaktionäre, alltagsrassistische Bemerkungen bejubeln, halte ich auf der einen Seite für wenig überraschend. Auf der anderen Seite für ein Problem. Beides hat allerdings mit meinen Erfahrungen in einer Vorort-SPD in Hamburg in den Achtzigern zu tun.
12.6.23
Nicht aufgeben
Ist der grauenhafte europäische Beschluss, das Asylrecht abzuschaffen, das 1992 der Grünen? Das habe ich mich die letzten Tage immer wieder gefragt. 1992 war, als die SPD vor den Rechten eingeknickt ist und das deutsche Asylrecht abzuschaffen zustimmte. Danach trat ich aus der Partei aus. Es war meine rote Linie. Das Thema ist es bis heute, es ist eine der mir wichtigsten ethischen Gewissensfragen.
Was ist dieses Mal anders, dass ich nicht austrete? Vor allem, was ich aus meiner Partei, den Grünen, dazu höre. Schon vor dem Beschluss gab es sichtbaren Protest, unter anderem getragen von der Hamburger Senatorin Anna Gallina, mit der ich schon viele gute Dinge zusammen gemacht hab. Und nach dem unsäglichen Beschluss der Innenminister*innen der EU bin ich dankbar für viele laute Wortmeldungen.
12.5.23
Parallelgesellschaft
Am meisten fasziniert mich in den letzten Wochen, wie sehr quasi alle journalistischen Medien mitsamt einem Teil "der Politik" nur noch eine Parallelgesellschaft abbilden – und wie verschwindend deren Relevanz in der Breite zu sein scheint. Aufgefallen ist mir das als Medienextremnutzer inklusive Diskussionsmedien im Kommunalwahlkampf auf dem Land in einer CDU-Hochburg.
Beispielsweise spielte die Desinformationskampagne der CDU über privates Heizen exakt keine Rolle in Gesprächen. Und wenn jemand das Thema ansprach, war es ganz anders als erwartet – eher ein "Ist irgendwie doof für mich, aber muss ja sein". Selbstverständlich haben einige CDU-Kandidaten hier auf den Dörfern in ihren alten Häusern in den letzten Jahren Photovoltaik und Wärmepumpen eingebaut. Was zum Teil auch daran liegt, dass eine bestimmte soziale Schicht für die kandidiert, klar. Selbstverständlich waren nur drei CDU-Gemeindevertreter als befangen rausgegangen, als das Konzept für die PV-Freiflächenanlagen in der Gemeinde beraten wurde. Weil sie nämlich schon mal ihren Bedarf angemeldet haben. So wie die meisten Landwirt*innen.
9.5.23
Gefahr
Ungefähr drei Wochen, bevor die Kampagne losging, die zumindest für mich erst im Laufe der Zeit und mit der plötzlichen Erinnerung an dieses drei Wochen vorher als Kampagne wirklich erkennbar wurde; mit ungefähr diesem Vorlauf hörte ich die ersten Gerüchte und „Fragen“ aus dem Umfeld einiger Verbände.
Interessanterweise als erstes über die Finanzierung des Think Tanks oder wie immer man das bezeichnete. Erstmal nur Geraune über amerikanische Philanthropen und so was. Wahrscheinlich testweise, ob es nicht eine gute Vaterlandslosegesellengeschichte werden könnte.
8.5.23
Gutes Wetter
Und fällt immer wieder auf, wie sehr sich unsere Vorstellung von „gutem Wetter“ verändert hat, seit wir in Weidewirtschaft machen. Ja, so was wie Sonnabend mit 7 Grad und Feuchtigkeit, Regen war es dann ja irgendwie nicht mehr, finden wir auch nicht so cool. Das gleiche Wetter bei 10-15 Grad aber nennen wir „gutes Wetter“. Jedenfalls eher als 20 Grad mit leichtem Wind und null Regen über Tage im Frühjahr. Das ist kein gutes Wetter. Da wächst dann zu wenig, da vertrocknet zu viel.
Darum sind auch unsere Emotionen dem Wetter gegenüber oft andere als die im Radio. Das sind ja meistens Menschen aus der Stadt, die sich über wochenlange Trockenheit bei strahlender Sonne freuen. Glücklicherweise finden unsere Pferde übrigens Regen und auch Kälte sehr viel besser als Sommer und Staub. Passen wir halbwegs zusammen. Und wenn wir sie zur Ausbildung ans Haus holen, können wir sie bei so mittelgutem Wetter durchs Fenster beobachten.
26.4.23
Ein Ende nach über zwanzig Jahren
Gestern war der letzte richtige Schultag, den ich als Vater miterlebt habe. Nach über zwanzig Jahren geht Schule zu Ende. Quarta hat das Pech, dass es immer sie trifft. Das Ende der Kindergartenzeit. Das Ende der Grundschule für alle. Und jetzt das Ende der Schule (also der Schule, die mich als Eltern betrifft, denn die Berufsschule war bei Secundus und Primus irgendwie anders und wird bei Quarta auch anders sein).
Fast jeden Schultag die letzten über zwanzig Jahre habe ich Schulbrote geschmiert, das war nicht nur meine Aufgabe, sondern das habe ich auch wirklich gerne gemacht. Ja, ich habe immer wieder mit den retournierten Pausenbroten gehadert (wo ist eigentlich das Tumblr-Blog hin??), aber ich habe es treu gemacht. Und seit jenem Blogtext, ich glaube von Frau Antonmann, als es das Blog noch gab, seit jenem Blogtext auch gerne, in dem sie davon erzählte, dass sie sich noch immer gerne daran erinnert, wie ihr Vater ihr jeden Tag stoisch das Pausenbrot gemacht hat und es sie darum heute mit ebensolcher Stoik macht. So wie ich seit dem Tag. Was haben wir experimentiert, damit häufiger mal was gegessen wird davon. Oft hat das auch geklappt, irgendwie.
Jedenfalls eine absurde Situation. Heute die zweite schriftliche Prüfung, dann eine Woche später noch eine, dann nur noch einmal die Woche zwei Stunden im Fach der mündlichen Prüfung, es trudelt irgendwie so aus, komischerweise. Aber es ist vorbei. In diesen Minuten beginnt Quarta, die Prüfung zu schreiben. Drücken wir ihr die Daumen.
Wahrscheinlich bin ich jetzt offiziell alt. Und ein bisschen wehmütig bin ich auch. Tatsächlich. Denn es hat den Tagesanfang so schön strukturiert. Und es hat dem Leben und dem Jahr einen Rhythmus gegeben. Und nun haben wir alle vier Kinder durch die Schule gebracht, die haben es überlebt, mehr oder weniger gut, wir haben es überlebt, ziemlich gut. Kein Elternabend mehr für mich. Wie soll ich Twitter jetzt ertragen?
18.4.23
Grünes Bosau (Kommunalwahl)
Bisher habe ich mich ja vor allem in Eutin, also in der Kleinstadt, in deren Nähe ich wohne, politisch engagiert und dort bin ich auch Mitglied der Grünen vor Ort. Vor allem, weil mir die Offenheit gefällt und wie wir dort gemeinsam Politik und Wahlkämpfe gestalten. Den erfolgreichen Wahlkampf für den tollen grünen Bürgermeister Sven Radestock im letzten Sommer zu entwickeln und zu gestalten, hat irre Spaß gemacht.
Bei der Kommunalwahl am 14. Mai 2023 kandidiere ich aber in meiner Heimatgemeinde Bosau, zu der das Dorf gehört, in dem wir leben, auch, wenn es viel dichter an Eutin ist als an den anderen Dörfern der Gemeinde. Es sind einige "neue" dabei, so wie ich auch, vor allem unsere Spitzenkandidatin ist mega.
Wir sind angetreten, in unserer Partei echt was zu ändern hier vor Ort, so dass es wieder Spaß macht, dabei zu sein. Und wir können auch in den Dörfern unserer Gemeinde was bewegen. Weil endlich Menschen mitmachen, die was bewegen wollen. Darum habe ich auch am Wahlprogramm für unsere Gemeinde mitgeschrieben und mache in meinen Dörfern Wahlkampf. Das hier ist das Programm:
Kommunalwahl in Schleswig-Holstein funktioniert so, dass es zwar Listen der Parteien gibt, aber zu wählen eigentlich Personen in den Wahlkreisen sind. Für uns kleinere Parteien (bisher war nur die CDU eine große Partei) heißt das dennoch, dass die Plätze in der Gemeindevertretung vor allem über die Liste vergeben werden. Aber in "meinem" Wahlkreis will ich es dennoch versuchen, eines der Direktmandate zu bekommen. Dafür legen wir in dem, was wir an den Haustüren verteilen werden, ein Extrablatt bei (in den anderen Wahlkreisen auch, wenn die Kandidat*innen das wollen). Das hier:
29.3.23
I feel you, SPD
Damals, ja, damals hab ich nur den Kopf geschüttelt und mich gefragt, wieso sie sich das immer weiter antun, diejenigen in der SPD, die mehr (inhaltliche, politische) Ambitionen hatten als einfach nur zu regieren, egal wie. Die knirschten und litten wie die Hunde in der so genannten Großen Koalition. Seit dem merkwürdigen Koalitionsausschuss diese Woche verstehe ich, glaube ich, etwas besser, wie es euch damals, ja, damals ging.
Tatsächlich bin ich ratlos. Ob und wann es Zeit für Widerstand ist, durchzieht als Frage ja seit zwanzig Jahren dieses Blog. Und ich würde mich ja weder kommunalpolitisch engagieren noch bei den Grünen Mitglied bleiben, wenn ich nicht irgendwie die Hoffnung habe, dass ich (im Kleinen, im Mittleren) etwas dazu beitragen könnte, dass es morgen besser ist als heute.
Zugleich denke ich immer wieder und seit Jahren – hier beispielsweise etwas aus dem September 2016 – darüber nach, wie wir es ertragen mögen, wenn viele Menschen einfach den Kopf in den Sand stecken. Oder den Sand in den Kopf. Je nachdem. Zusammen machen die dann ja die Mehrheit aus. Sozusagen die Dauerfrage, die Jochen Wegner im Podcast Alles Gesagt mit allen diskutieren will, also ob Demokratie wirklich taugt angesichts der Situation der Welt. Das ist ja auch die Frage der Letzten Generation. Und die Frage schon immer all derer, die in den aktiven Widerstand gingen. Wobei die diese Frage für sich ja beantwortet haben, was ich für mich nicht kann.
Wo ich heute die SPD von damals fühle, ist diese Wut und diese Ohnmacht angesichts der winzigen Schritte, die gar nichts nützen aber besser sind als gar keine Schritte, also besser als es wäre, wenn Grüne nicht mit dabei wären, wenn wir aussteigen aus der Regierung, was wir eigentlich müssten, wenn wir auch nur einen Funken Selbstachtung hätten, es aber nicht tun, weil dann alles noch schlimmer wäre, was dann wirklich schlimm wäre, obwohl es auch so ziemlich schlimm, aber vielleicht nicht wirklich schlimm ist. Oder so.
15.11.22
Das Ende der Mehrheit
Vor einigen Wochen habe ich in Österreich einen Vortrag halten dürfen – zum Jubiläum einer lutherischen Kirche, die in ihrer Gegend, wie überall in Österreich, in einer sehr kleinen Minderheit ist. Es war für mich ein Anlass, weiter über mein schon lange in immer neuen Varianten ventiliertes Thema der Minderheiten-Mehrheit, also der Veränderung der Gesellschaft, wenn es keine Mehrheit mehr gibt, nachzudenken.
Die Rede, die fast eine halbe Stunde dauerte und die ich im Parlament der Bundeslandes Niederösterreich halten durfte, dokumentiere ich hier leicht adaptiert, also etwas von den sehr spezifischen Passagen bereinigt, die sich auf die konkrete Kirche und ihre Situation bezogen. Am Tag nach der Rede habe ich mit rund vierzig Menschen noch einen Workshop zu dem Thema gestaltet, was weiteres sehr wertvolles Feedback bedeutete, das in das Nachdenken und Weiterschreiben einfloss und einfließt.
