Nun sind Medien in Deutschland immer sehr voller Meinungen. Aber während die sich sonst oft fast unkenntlich in "normaler" Berichterstattung verstecken oder - überzeichnet - in Kommentaren latent bigott gefeiert werden, hat die FTD Kolumnen ihrer Redakteure und Experten. Das ist was anderes. Und es ist oft überraschend.
Hin und wieder stolpere ich beispielsweise über ihren "Chefökonom" Thomas Fricke. Heute beispielsweise schreibt er über beknackte Reformpäpste und klügere Wähler:
Seit Sonntag wird über uneinsichtige, weil angeblich reformunwillige Wähler lamentiert. Dabei sind die Leute womöglich ziemlich schlau gewesen, und Deutschland bräuchte dringend bessere Reformpäpste. (FTD)
Und dann führt er noch einmal kompakt vor, dass es unplausibel ist, dass die Allheilrezepte, die seit Jahren angewendet werden, nun endlich das bringen sollen, was sie seit Jahren nicht gebracht haben. Das mir einleuchtendste Beispiel hat er aus Dänemark.
(Ich bring das mal hier, weil ja die Skandinavier von uns Grünen Reformern immer als Beispiel gebracht werden und dann die Neoliberalen einwenden, dass dort ja sehr schmerzhafte Reformen gemacht worden seien, die hier nie durchkämen, was nur dann stimmt, wenn man eben einzelne Maßnahmen betrachtet und nicht auch die Trostpflaster, die mitverteilt wurden, Björn)
Im viel gelobten Dänemark gibt es keinen Kündigungsschutz, dafür erhalten Entlassene vier Jahre Arbeitslosengeld bis zu 90 Prozent des letzten Gehalts. Auf so einen Deal ließen sich wohl auch die angeblich so scheuen Deutschen ein; hier soll es weniger Kündigungsschutz und weniger Leistung geben. Das fänden auch die Dänen nicht so prima. (FTD)
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Auffällig an den Dänemark-Vergleichen fand ich immer, dass uns immer nur die eine Hälfte (kein Kündigungsschutz) erzählt wird und daraus dann die Arbeitsmarktverhältnisse abgeleitet werden.
AntwortenLöschenAllerdings kann man Dänemark oder Österreich oder die Niederlande nicht auf Deutschland übertragen, denn die Länder sind nunmal viel kleiner und haben daher andere Möglichkeiten. Aber auch Abhängigkeiten. Österreich würde sich nämlich freuen, wenn es bei uns besser liefe, denn dann könnten sie mehr nach D exportieren.
Ja, Fricke ist genial. Die Kolumne zwei Tage vor der Wahl (http://www.ftd.de/me/cl/22546.html?eid=17) war auch köstlich.
AntwortenLöschenUnd, mit Verlaub, ich finde, dass du bei der Vergabe des Etiketts neoliberal etwas zu freigiebig bist.
IMHO ist der Wirtschaftsteil der FAZ wirklich neoliberal - alles soll so werden wie in den USA - bis auf das, was Rot-Grün an Ähnlichem plant (Mindestlohn, AntidiskriminierungsG, Offenlegung von Vorstandsbezügen, Lockerung des Bankgeheimnisses etc.).