21.7.25

Faschismus ist toll

Während meines Studiums hatte die große Freude, zweimal an Sommerakademien der Studienstiftung teilzunehmen. Von beiden Themen und dem Arbeiten mit absoluten Top-Leuten profitiere ich noch heute, was sicher auch daran liegt, dass es jeweils ein Thema war, das sich zwanzig Studierende aller möglichen Fachrichtungen für die Ferien selbst ausgesucht hatten. Bei mir war es einmal meine allererste Beschäftigung mit Wirtschaftsethik. Und ein anderes Mal ging es um Visionen für Städte, Architektur und so weiter. Beim Leiter der damals aktuellen IBA und bei einem der tollsten Architekturhistoriker überhaupt. Neben meiner sehr kontroversen Liebe für Architektur und Städtebau der 50er habe ich von ihm vor allem gelernt, warum so irre viele Architekten (ich glaube, da gab es quasi keine Frauen in der Gruppe Speer, oder) Faschismus großartig fanden und finden. 

Und das ist ja auch logisch und der gleiche Grund, wieso so viele Milliardäre und Großunternehmen dieses Jahr innerhalb von weniger als sechs Monaten vollständig auf Faschismus gesetzt haben. Warum so viele von ihnen finden, dass Faschismus toll sei.

Der deutsche Faschismus war – ähnlich wie auch der italienische – ja ungewöhnlich modern. Nicht nur in der Kommunikation sondern auch in Design und Architektur. Und er hat es Architekt*innen ermöglicht, zu bauen. Alles, was im Weg war, wurde weggeräumt. Es konnte großzügig geplant werden. Das so genannte Wunder von Hannover wurde ja deutlich vor Kriegsende vorbereitet und im Grunde wurde "nur" die Planung aus der Gruppe Speer umgesetzt, nahtlos. Weil die Idee ja vorher schon war, radikal tabula rasa zu machen und alles neu zu schaffen. Und so weiter. Lest da mal was zu, mega frustrierend.

Für Menschen, die etwas machen wollen, ist ein faschistisches Regime fantastisch. Nichts steht im Weg,  keine Kritik, keine Gewerkschaft, keine Umweltprüfung. Während der Faschismus einen großen Bürokratieapparat für den Terror schafft (ICE aktuell beispielsweise, was zigfach besser finanziell und personell ausgestattet ist als die Gestapo), schleift er alle bürokratischen Hürden für die Industrie, für Innovator*innen, für Bauleute und so weiter. Es ist ja kein Zufall, dass "Bürokratieabbau" in jeder modernen Gesellschaft das Programm ist, mit dem sich die Milliardäre und weite Teile der Industrie den Faschismus herbeizureden versuchen und vorzubereiten versuchen.

Wir können gerade in den USA live beobachten (und so war es in den anderen Gesellschaften, die sich in den Faschismus gewählt haben, auch, aber da war es nicht so in unserem Fokus), dass die oft belächelte These der Linken im letzten Jahrhundert einfach stimmt – dass "der Kapitalismus" zwangsläufig in den Faschismus führt, wenn er nicht überwunden (oder aus halblinker Sicht: eingehegt) wird. 

Wer sich fragte, wieso es in Deutschland innerhalb von knapp neun Monaten von einer kapitalistischen Demokratie zu einer Zustimmungsdiktatur kommen konnte, ohne dass auch nur einmal in freien Wahlen die "popular vote" eine Mehrheit erbracht hätte, weiß es jetzt. Denn wir erleben seit sechs Monaten in den USA exakt das gleiche. Hier wie dort ist die Zustimmungsdiktatur von einem Teil der Großindustrie (auch wenn wir es heute nicht mehr so nennen) finanziert und an die Macht gebracht worden. Und quasi der gesamte Rest ist innerhalb von sehr wenigen Monaten in die Linie eingetreten – nicht zuletzt, weil es nur wenige Unternehmen und Milliardär*innen mit ansehen woll(t)en, dass sie beim Verteilen des nun bürokratiebefreiten Kuchens leer ausgehen.

Logisch, dass man dann Colbert feuern muss.

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