3.2.05

Wanderarbeit

Einmal die Woche, wenn ich unseren zurzeit noch Kleinsten mit dem Anhänger zu seinen Tages(groß)eltern gebracht habe, fahre ich jene lange, gerade Straße mit dem Rad zur U-Bahn, die eine Wohlstandsinsel in unserem Stadtteil ist - selbst für Hamburger Speckgürtelverhältnisse. Und immer ziehen dann die Frauen zu Fuß in entgegengesetzter Richtung von der U-Bahn rauf zu den großen Häusern.

Es ist ein Typ. Das Gesicht etwas zu alt für ihr Alter, die Dauerwelle nicht mehr ganz frisch, meist in etwas ungeschicktem Rot zu den hohen, blassen Wangen. In der Hand einen Stoffbeutel mit den Puschen, der Blick gesenkt. Zehn habe ich heute morgen gezählt.

Keine von ihnen ist legal beschäftigt, fast jede hat ein paar huntert Kilometer weiter einen arbeitslosen Mann sitzen und ein paar schulpflichtige Kinder, die für sich selbst sorgen müssen, weil es unter der Würde des Manner wäre, es zu tun. Sie pendeln alle vier Wochen für einen Tag nach Hause - jeweils 30 Stunden im Bus. Und manche von ihnen haben eine Zuhälterin, die mitkassiert.

Und trotzdem sind viele von ihnen zufrieden. Sie verdienen mehr als je zuvor in ihrem Leben, lernen eine neue Sprache, die ihnen auch weiter hilft, wenn sie, wie sie hoffen, wieder näher an ihren Kindern einen Job finden. Sie werden gebraucht und gut behandelt. Es darf nur keiner wissen.

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