24.5.05

Eigenständige Positionen

Nicht nur die SPD tut gut daran, ohne Koalitionsaussage in die Wahl zu gehen. Auch für die Grünen ist das wichtig und richtig. Ich denke, in der jetzigen Situation ist es falsch, nur auf "weiche" Themen zu setzen. Es wird vielmehr darauf ankommen, eine klare wirtschaftspolitische Position zu beziehen. Sonst wird leicht der Eindruck entstehen, die Grünen dächten da wie Oswald Metzger. Das tun sie aber nicht.

Nicht umsonst bin ich ein Kind des Boulevard. Hier meine ersten Gedanken:

Wie könnte eine plakative Position aussehen?
* Die deutsche Krankheit hängt damit zusammen, dass die deutsche Wirtschaftspolitik seit 20 Jahren einen Sonderweg in der Welt geht. Damit muss Schluss sein.
* Eine grüne Wirtschaftspolitik orientiert sich an skandinavischen Vorbildern und ganz besonders an der US-Politik der Clinton-Ära.
* Wir sind die einzige Partei, die in dieser Frage europäisch denkt und handelt und bereit ist, von Amerika zu lernen.

Das feine ist ja, dass es außer in Chile kein Land gibt, das so sehr auf neoliberale Konzepte setzt wie Deutschland. Im Kern wird es in der Auseinandersetzung darum gehen, ob wir weiterhin uns diesen Sonderweg leisten wollen (SPDCDUFDP mit allerdings noch klaren Nuancen), oder ob wir den Anschluss finden wollen an die internationale Diskussion und Praxis. Dafür stehen allein Grüne und manche (wenige) linke Sozialdemokraten.

Grüne sollten eine Regierungsbeteiligung davon abhängig machen, ob mit der neoliberalen Politik der letzten 20 Jahre gebrochen wird und auf ein skandinavisches oder amrikanisches Modell umgeschwenkt wird. Sonst hat es keinen Sinn. Deshalb wird es sich dann auch lohnen, für starke Grüne zu kämpfen.

3 Kommentare:

  1. Anonym25.5.05

    Hmm, Deutschland hat in den letzten 20 Jahren auf neoliberale Konzepte gesetzt ? Und das mehr als jedes andere Land außer Chile ??

    Also solange man Pinochets Folterkeller nicht als konsequent zu Ende gedachte neoliberale Politik versteht, würde ich das doch bezweifeln. Wie schaut es denn z.B. mit Großbritannien aus ? Das dürfte, auch nach 8 (?) Jahren Tony Blair, immer noch das neoliberalste Land in Westeuropa sein - mit allen Vor- aber sicher auch Nachteilen.

    Und Vorbild Skandinavien ? z.B. Dänemark ? Jederzeit gern !

    Aber ich sehe niemanden hierzulande, der den Mut hätte durchzusetzen, was man dort in den letzten 10 Jahren getan hat - nicht bei der CDU, aber ganz sicher auch nicht bei den Grünen !

    Oder sollte ich mich da täuschen ?

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  2. Hallo Björn,
    mir geht es um die Wirtschaftspolitik und vor allem um die akademische Diskussion in den Ländern. Chile beispielsweise hat weit konsequenter als Deutshcland eine völlig gescheiterte neoliberale Deform der sozialen Sicherungssysteme hinter sich. Und in den Hochschulen einen ähnlichen Trend wie bei uns: Weg von der Volkswirtschaftslehre, hin zu einer neoliberal enggeführten Betriebswirtschaftslehre.

    Ob Dänemark mit seiner konservativ-faschistischen Koalition in Fragen der offene Gesellschaft ein Vorbild ist? Ob Schweden mit seinem desaströsen Gesundheitssystem ein Vorbild ist? Nein - wohl aber mit deren Haushalts- und Wirtschaftspolitik der letzten rund zehn Jahre, die ebenso wie Clinton auf einen Mix aus Keynsianismus und angebotsorientierten Maßnahmen gesetzt hat.

    Das Problem des Neoliberalismus, vor allem in seiner deutschen Prägung, ist imho, dass er (1) betriebswirtschaftlich sinnvolle Erkenntnisse fahrlässig auf die Volkswirtschaft überträgt und (2) prozyklisch agiert.

    Das ist übrigens auch in GB anders! GB ist zwar das Land neben Portugal mit der geringsten ordnungspolitischen Durchdringung von Wirtschaft - die Wirtschaftspolitik ist aber unter Blair eben gerade nicht so ausschließlich neoliberal gewesen wie in D. Aber er hat ja auch - anders als Schröder, seit auch Flaßbeck (?) ihm an die UNO abhanden gekommen ist - kompetente Wirtschaftsberater...

    Weder in GB noch in Skandinavien hat es die letzten 20 Jahre eine so konsequente weitere Umverteilung der realen Steuerlast und der realen Einkommen gegeben. Sowohl reale Unternehmenssteuern als auch (was ja überraschend ist) Vermögens- und Erbschaftssteuern sind in GB signifikant höher!

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  3. Anonym25.5.05

    Also wenn ich neoliberale Politik & akademische Diskussionen höre, dann denke ich an Milton Friedman - viel neoliberaler geht es wohl nicht, oder ? Der würde mit Sicherheit nicht sagen, dass das, was wir hierzulande in den letzten 20 Jahren getan haben, neoliberal war. Neoliberal bedeutet etwas vollkommen anderes, als panisch durchgeführte Notamputationen am Sozialsystem, weil aufgrund inkompetenter Politik das Geld knapp wird.

    Und was Dänemark angeht: vergessen wir mal die aktuelle Regierung. Die hatte mit den Reformen über die wir hier reden ja nix zu tun, sondern profitiert nur davon. Würdest Du sagen, dass die zweifellos erfolgreiche dänische Arbeitsmarktpolitik der letzten 10 Jahre ins grüne Wahlprogramm gehört ?

    Ach ja, noch zu Heiner Flassbeck: mag ja sein, dass der bei Christiansen kompetent rüberkommt. Aber ich habe ihn mal 1998, kurz vor seinem Jobwechsel ins Oskar-Ministerium, in einem kleinen, überschaubaren volkswirtschaftlichen Doktoranden-Kolloquium erlebt, in dem jede Menge nicht-neoliberale Doktoranden (u.a. ich) und Professoren sassen und ihn mit seinen zweifelhaften Thesen (Motto: die Zinsen sind Schuld!) um den Overhead-Projektor jagten. Sorry, aber von Kompetenz war da nichts zu spüren ! Das hätten wir gemerkt !!

    Aber vielleicht stimmen wir ja darin überein, dass Eichel halt kein Robert Rubin und Bofinger kein Robert Reich ist und wir genau solche Kompetenz bräuchten...

    ...aber ob so kompetente Leute in Deutschland in die Politik gehen würden ? für die Grünen ??

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