Alle drei Aspekte verdichten sich in wenigen Sätzen in der Mitte des Editorials von Peer Brockhöfer:
(Es entstehen) nach und nach immer mehr so genannte PR-Blogs. ... Aber kann das gut gehen? Nein. Denn PR zeichnet sich gerade durch strategische und taktische Ausrichtung der Kommunikation aus. Ein Blog ist aber nun mal das Gegenteil davon.
my2c:
(1) Ich stimme zu: Ich persönlich glaube auch nicht, dass PR-Blogs funktionieren. Aber weniger, weil - das ist Brockhöfers eigentliche Einschätzung im Verlauf des Artikels - sie zu offen für Kommentare sind, die dem Ziel der PR zuwiderlaufen, sondern weil sie schlicht langweilig sind. Oder kennt irgendwer ein spannendes PR-Blog?
Abgesehen davon, dass ich natürlich jedes Blog, das von einem Blogger nichtanonym verfasst wird, der irgendwie berufstätig ist, prinzipell als PR-Blog bezeichnen könnte, also auch dieses hier. Aber das wäre wohl etwas grob gesprochen.
(2) Ich reibe mich am Adjektiv taktisch. Nein: PR ist wohl strategisch, aber wenn sie taktiert, geht sie in die Hose. Brockhöfer argumentiert, so scheint mir, als ob er all denen zustimmen möchte, die das Vorurteil gegen PR kolportieren, es sei deren Aufgabe zu tricksen und zu täuschen und zu taktieren. Gute PR wird das aber nicht tun. Allerdings kann gute PR nur greifen, wenn das Objekt der PR gut ist. Sein Beispiel, das (neue?) Blog der Schweizer Kommunikationsagentur Klaus J. Stöhlker, ist jedenfalls entweder unverständlich oder aufgebauscht. Anlässlich eines kritischen (?) aber inhaltsfreien Kommentars, der eher klassische Troll-Qualitäten aufweist, vermutet er jedenfalls:
... schlagen die Kommentare sogleich aus dem Ruder. ... Es wird nicht lange dauern, bis in solchen Blogs Unliebsames herausgestrichen wird.
(3) Da frage ich mich dann schon, was er denn für eine merkwürdige Auffassung von Kommunikation hat, wenn so etwas ein Problem darstellt. Vielleicht hängt Brockhöfer ja der alten und inzwischen einfach irrigen Meinung an, PR könne oder wolle Kommunikation kontrollieren?
Abgesehen davon übrigens, dass ich nicht erkennen kann, was am Stöhlker-Blog ein PR-Blog sein soll. Aber jetzt werde ich vielleicht etwas spitzfindig.
Ich meine, dass er richtig auf den Wert der Authentizität hinweist, auf die sich Leser verlassen können müssen, wenn ein Blog kein Rohrkrepierer werden soll. Und wenn ich auch unqualifizierte Kritik nicht öffentlich auszuhalten bereit bin, sollte ich ohnehin nicht bloggen. Wenn ich sie aber nicht mal hören und ertragen mag, dann bin ich kein PR-Profi, sondern ein Autist. Schon mal von Cluetrain gehört?
Ein - wie ich finde - tolles Beispiel für ein Blog, das auch Trolle und Gegner aushält, führt die EU-Kommissarin Margot Wallström, die sich in ihrem aktuellsten Eintrag sogar explizit ihren Dauerkritikern stellt, die nahezu jeden ihrer Einträge nutzen, um gegen die Europäische Verfassung zu stänkern. Respekt (und kein PR-Blog)!
Die Homepage von Frau Wallström ist wirklich klasse. Sie legt auch ihre finanziellen Verhältnisse in einer Weise offen (welche Grundstücke ihr gehören, welches Auto undsoweiter), wie es mir von keinem deutschen Politiker bekannt ist. Vielen Dank.
AntwortenLöschenHi, der Link zu Fr. Wallström klappt bei mir nicht? Ich würd's doch auch so gerne sehen ;-)
AntwortenLöschenJa, opak, ich komme auch seit zwei Tagen nicht mehr auf ihr Blog. Vielleicht ist es ihr oder ihrem Büro doch zu heftig geworden mit den Trollen und Europagegnern?
AntwortenLöschenSchade! Aber auch ein spannender Fall, dass eben Blogs schon ein Risiko sein können. Der Herr schreibt ja auch nicht wirklich viel in letzter Zeit...
ich bin auch genervt von der Kommentarfunktion bei blogger.com. Ja. Wirklich. Erst erlauben die mir html und dann schlucken sie die Hälfte.
AntwortenLöschenAlso: Der Link oben sollte mit "der Herr ottomdb" beschriftet sein. So.
Wallström ist wieder verfügbar!
AntwortenLöschenGuten Tag,
AntwortenLöschenich bin's, der Brockhöfer.
Zunächst einmal finde ich es gut, dass sich jemand mit dem auseinander setzt, was ich für den PR Report verfasse. Danke!
Ich muss zugeben, dass der Stöhlker-Blog nicht das Paradebeispiel für ein Unternehmens-Blog ist. Diese Kritik nehme ich gerne an. Ich hätte eher ein Beispiel wie den frotsa-Blog (www.blog-frosta.de) wählen sollen.
Dort schreiben selbst Mitglieder der Geschäftsführung, dass ein TK-Gericht nicht schmeckt, wenn man es in der Mirkowelle zubereitet. Solche Selbstkritik kann dazu beitragen, das Vertrauen der Konsumenten in das Unternehmen zu stärken ("Das Unternehmen ist ehrlich, schönt nichts, stellt sich den Problemen .. "). Allerdings, bei allem guten Willen der PR, birgt das natürlich auch Risiken: Der Leser des Blogs muss nicht unbedingt den Eindruck gewinnen, das Unternehmen öffne sich auf ehrlicher und sympathischer Weise der Öffentlichkeit, sondern könnte zu der Auffassund gelangen, dass die TK-Kost von frosta einfach nicht schmeckt.
Die Behauptung, negative Aussagen der Frosta-Geschäftsführung zur TK-Mahlzeit, wäre positiv für die Produktkommunikation, wird schwer zu halten sein.
Man muss sich nur in die Rolle des Verantwortlichen für die Produkt-PR versetzen, um solche Selbstbekenntnisse als wenig hilfreich zu empfinden.
Aus meiner Sicht ist es ein Fehler, Kommunikation als theoretisches Gedankengebäude zu verstehen. Es ist eine reale Aufgabe in einem realen Unternehmen, in dem reale Menschen Verantwortung tragen. Ihr Weiterkommen hängt oft vom direkten Erfolg ihrer Arbeit ab. Eitelkeiten und eine Vielzahl anderer persönlicher Empfindsamkeiten eine Rolle spielen und so weiter (interne PR).
Wenn ein Vorstandsvorsitzender im Unternehmensblog dem Rest der Welt mitteilt, dass das Produkt xy leider nicht gelungen sei, wird das intern Unruhe schaffen, Menschen werden sich persönlich angegriffen fühlen, innerbetriebliche Konkurrenz kann sich die Kritik von oberster Stelle zunutze machen. Es ist schwer, so etwas zu vermeiden.
Deswegen glaube ich nicht, dass sich Unternehmens-Blogs wirklich durchsetzen werden. Sie werden harmlos bleiben und in seichten Gewässern treiben.
Soviel zu den Unternehmensblogs.
Und nun noch ein paar Worte zur PR im Allgemeinen, das diese Ebene auch in der Kritik auf meinen Kommentar erreicht wurde.
1) "PR ist wohl strategisch, aber wenn sie taktiert, geht sie in die Hose. Brockhöfer argumentiert, so scheint mir, als ob er all denen zustimmen möchte, die das Vorurteil gegen PR kolportieren, es sei deren Aufgabe zu tricksen und zu täuschen und zu taktieren. Gute PR wird das aber nicht tun. "
Ja, eine schöne ideale Welt! Fein. Ich fürchte aber, die Realität sieht anders aus. Eine gute Strategie ist elementar für eine PR-Kampagne. Aber wer sagt, PR, dei taktiert geht in die Hose, übersieht einen großen Teil der PR-Aktivitäten in Deutschland. Beispielsweise ist bei Krisen-PR sehr wohl eine gute Taktik gefragt.
Die Frage, was "gute" und was "schlechte" PR ist, ist dabei mehr als müßig. Die Frage, welche PR erfolgreicher ist, wäre da sinnvoller.
Übrigens: Man muss es ja nicht gleich ?tricksen?, ?täuschen? und ?taktieren? nennen, nur weil einige PRler möglichst die positiven Seiten der von ihnen vertretenen Unternehmen und Produkte hervorheben wollen. Dass die negativen Aspekte nicht die gleiche Aufmerksamkeit erhalten sollen, liegt in der Natur des Menschen und ist mitunter auch Sinn und Zweck von PR. Oder hat schon irgendwer in einer Pressemitteilungen Formulierungen gelesen wie ?... so sehr wir auch von unserem Produkt überzeugt sind, ist der Nachteil daran ...??
2) "Allerdings kann gute PR nur greifen, wenn das Objekt der PR gut ist."
Aha. Und was ist, wenn das Objekt der PR gerade mal nicht so gut ist? -> Krisen-PR
Im Übrigen würde diese Aussage bedeuten, dass sich PR für nicht gute "Objekte" sinnlos ist. Und das widerspricht absolut meinem Verständnis für PR und wohl auch der Realität.
3) ?Da frage ich mich dann schon, was er denn für eine merkwürdige Auffassung von Kommunikation hat, wenn so etwas ein Problem darstellt. Vielleicht hängt Brockhöfer ja der alten und inzwischen einfach irrigen Meinung an, PR könne oder wolle Kommunikation kontrollieren??
Ob PR Kommunikation kontrollieren kann, will nicht unbedingt bestätigen. Aber dass es ihr Anspruch ist, es zu wollen, unterschreibe ich sofort. Allerdings wird von den PR-Schaffenden es anders formuliert. In zahlreichen Konzepten, die mir bekannt sind, wird durchaus das Ziel verfolgt, Kommunikation zu ?steuern?. Wozu sonst braucht man eine PR-Strategie?
Der Sinn von PR liegt nicht nur darin, einen Dialog herzustellen, sondern auch dafür zu sorgen, dass dieser Dialog für eine der beiden Seiten Sinn macht.
Insofern halte ich meine Auffassung von PR nicht für ?merkwürdig? sondern sie ist realistisch. Wenige PR-Verantwortliche werden ein Forum schaffen wollen, dass dazu dient, die Kritik am eigenen Unternehmen und den Produkten zusätzlich öffentlich macht. Das bedeutet nicht, dass Kommunikationsbeauftragte nicht an der Kritik interessiert seinen. Im Gegenteil ? sie ist wichtig für ihre Arbeit. Nur ob das öffentlich geschehen muss, ist die Frage.
Daher halte ich die Auffassung meines Kritikers für unrealitätsfern und universitär. Es wäre schön, wenn PR ein Synonym für Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit wäre ? das ist sie aber oftmals nicht.
Aber das ist nicht schlimm ? so ist das nun mal. Man muss es nur wissen.
Grüße
Brockhöfer
PS/Bevor ich es vergesse: Der Wallström-Blog ist kein Unternehmensblog und gehört demnach nicht in die Diskussion. Wenn Frau Wallström ihre Meinung vertritt, ist das ihre Sache. Sie ist als Politikerin nur ihrem Gewissen verpflichtet. Da kann sie dann auch von dem Geburtstag ihres Sohns berichten. Der ist grad 12 Jahre alt geworden. J