13.12.04

Meta-Ebene

Neulich fragte mich jemand, deren Meinung mir wichtig ist, warum ich eigentlich, anders als viele andere Blogger, nie über meine Partnerschaft/ Partnerin schriebe - außer dass sie hin und wieder in einem wir aufscheine.

Das war mir vorher gar nicht wirklich aufgefallen - und ich habe drüber nachgedacht. Also hier ein erklärungsartiger Versuch, der zugleich ein winziges bisschen hinter die Kulissen dieses Notizbuches schaut.

I.
Als ich vor bald zwei Jahren anfing mit diesem Blog, war es ein unbeholfenes Experiment, geboren aus einer bestimmten und mich verunsichernden Situation mit unglaublich viel Veränderung, die anstand oder anzustehen schien. Da kam es ganz recht, dass ich über eine Mailingsliste erstmals von Blogs hörte und die faszinierend fand. Zunächst war es von der URL auch eindeutig meinem Namen zugeordnet. Meine Frau fand es irgendwie komisch. Klar war aber die Absprache, dass ich weder etwas Intimes, noch irgendetwas schreiben würde, was uns gefährlich werden könnte. Deshalb (auch deshalb) bin ich dann ja nach einiger Zeit in Deckung gegangen und hab das Blog nicht nur anonymisiert, sondern auch die URL zunächst "geheim" gehalten. Da hatte es seinen Zweck - über eine Kommunikationsbande zu spielen - aber auch bereits erfüllt.

II.
Im Laufe der Zeit wurde dieses Blog dann wirklich zu einem Notizbuch, in dem ich Links und Gedanken sammelte. Wirklich persönlich wurde es nie, denke ich. Vielleicht, weil ich eher ein Distanzmensch bin? Oder weil ich immer schon ein bisschen zurückhaltend auf den allzu öffentlichen Austausch von Körperflüssigkeiten reagiert habe? Nach und nach jedenfalls wurde das Blog wieder öffentlicher - ich hab es verlinkt, mal den einen oder die andere drauf hingewiesen. Aber es lief im Grunde als drittes Leben neben den anderen beiden: So wie ich nahezu keine persönlichen Beziehungen aus der Arbeit heraus habe oder suche, mein Privatleben aber auch so wenig wie möglich mit zur Arbeit nehme (ich hatte noch nie - und egal, wo ich gearbeitet habe - das Bedürfnis, mit Kollegen einen Saufen zu gehen; oder meinen Freunden meine Arbeit zu zeigen), gab und gibt es hier ein Beziehungsgeflecht, das wiederum parallel dazu läuft und wenig mit den anderen beiden zu tun hat (weder beruflich noch privat kenne ich viele Blogger).

III.
Langsam ändert sich beides. Blogging wird gerade ein großer Trend (manche befürchten eine Blase) in dem Umfeld, in dem ich beruflich stehe. Und meine Frau beginnt, sich für dieses Thema leise zu interessieren. Sie liest aber dieses Blog beispielsweise immer noch fast gar nicht. Ändert sich aber wohl, wenn unser WLAN demnächst funktioniert (und wenn es weit genug reicht, hihi). Auch im weiteren privaten Umfeld gibt es inzwischen den einen oder die andere, die Blogs wahrnehmen. Ich selbst beginne, offensiver mit diesem Blog umzugehen und (noch weiter) aus der Schein-Anonymität herauszutreten, die ein mehr oder weniger gelungenes Pseudonym bietet oder bot. Wer will, kann schon lange sehr, sehr einfach herausfinden, wer ich im richtigen Leben bin. Was aber bleibt: Bei allem Narzissmus, den ich habe und ohne den ich weder bloggte, noch ein hin und wieder beinahe guter Verkäufer wäre oder früher hätte Radio machen können, tauge ich doch nicht zum Exhibitionisten. Ich bin Spießer genug, um Privates für privat zu halten, und zu untalentiert, um mich hinter einer brillanten Kunstfigur zu verstecken oder gar mit ihr spielerisch meine Beziehung zu leben.

Gespannt bin ich allerdings, wo dieses Notizbuch mich noch hinführt...

6 Kommentare:

  1. Hmm, Alltag mit den Söhnen, die ja hin und wieder auftauchen, ist also weniger intim als Alltag mit der Partnerin. Ich merke, dass ich von Familienleben keine Ahnung habe.

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  2. Ich weiß nicht. Kommen meine Söhne wirklich vor in diesem Blog? Und tatsächlich mehr als meine Frau? Ehrlich gesagt, habe ich da nicht so direkt einen Überblick. Sicher bin ich mir aber, dass ich sie noch nie wirklich erwähnt habe. Also mit Namen oder mit etwas Eindeutigem.Eher ganz egozentrisch doch, wenn sie etwas von mir erzählen.
    Aber vielleicht hast du auch einfach nur Recht, und ich finde das weniger intim. Abgesehen davon, dass mich die ganze Sache etwas nachdenklich gemacht hat. :-)

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  3. doch, die söhne kommen häufig vor und auch "benannt" mit "der ältere" oder "der jüngste". wer also weiß, wer du bist, weiß sozusagen auch, wer deine söhne sind.

    als ich das las, fragte ich mich, ob du die ebenen wirklich so trennen kannst. ich meine, dein gegenüber bestimmt doch auch im kontakt, welche ebenen er/sie dir anbietet. ganz konkret: wir kennen uns aus dem virtuellen raum, sehen uns selten, sprechen über verschiedenes. welche ebene ist das nun?

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  4. ok, was immer ich dazu sage: Ich reite mich noch tiefer rein...

    Was ich eigentlich damit zu sagen versuchte: Es ist lustig zu sehen, dass es wenige Überschneidungen in meinen Lebenskreisen gibt zwischen alten Freunden (oder neuen offline), Beruf und Online-Bekannten und -Freunden. Langsam wachsen da welche zusammen, schon klar. Und auch klar, dass das im Grunde trivial ist, denn wer lebt schon so klar umgrenzt, dass er nur einen Bezugskreis hat. Aber dennoch bleibt auffällig, wie wenig diese drei Kreise auch thematisch mit einander zu tun habe.

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  5. Anonym28.9.05

    Auf die Gefahr hin, Dich dauerhaft zu verschrecken ;-))... Deine Kinder gewinnen schon recht schön an Profil, vor allem auch die prägnanten Bilder und kleinen Geschichten. Da ist nicht die Quantität, sondern die Qualität ausschlaggebend. Ich habe mich mit meiner Familie ziemlich außer Deckung begeben, allerdings ist das aus sicherer geographischer Entfernung vielleicht auch einfacher. Ich freue mich jedenfalls über jeden kleinen Pottgucker oder Fußballer und reagiere auch fast immer... ich finde, Eure Welt sieht sehr heil aus, und das sehe ich einfach sehr, sehr gern.

    Kannst doch stolz sein auf Deine Familie! findet Lila

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  6. Dank, Lila - und auch dafür, dass es für mich Anlass war, jetzt (28.9.2005) noch einmal zu lesen, was ich hier geschrieben habe und so prominent von der Startseite verlinkt. Und es hat sich wirklich etwas verändert:
    * Ja, meine Familie tritt etwas mehr aus der Anonymität heraus. Mit den beiden Großen ist das auch besprochen, denn die sollen und können widersprechen können, wenn ich etwas von ihnen veröffentliche.
    * Ja, das Blog bildet inzwischen mehr von mir selbst ab und ist aus dem experimentellen Stadium halbwegs raus - zumal ich ja auch Seminare gebe und Newsletter schreibe rund um das Thema "Blog".
    * Und ganz konkret bin ich, seit ich die Namen deiner vier Kinder in deinem Blog kapiert habe, neidisch auf diese Idee, die so toll ist, dass ich Scheu habe, sie zu kopieren (für die anderen: Lest Lilas Blog, dann wisst ihr, was ich meine...).

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