10.1.06

Unternehmer für Marx

Meine eigene marxistische Phase habe ich ja ungefähr mit der Geburt unseres Ersten abgeschlossen (ob das Zufall ist?) und hinter mir. Dennoch zehre ich bis heute von dem theoretischen und analytischen Rüstzeug, das ich in der Zeit mir habe aneignen können.

Jetzt nicht dieser Vulgärmarxismus der DDR oder gar der romantische Marixmus der bigotten Westlinken - sondern der klassische Marixmus und seine moderne, stark anarchistisch geprägte Version. Da habe ich von einem Freund und Vordenker der Berliner Autonomen Gewerkschaftsszene der 80er sehr viel gelernt. Noch meine große theologische Examensarbeit über die Option für die Armen aus lutherischer Sicht im Fach Sozialethik habe ich mit großen Rückgriffen auf die Analysen von Jacob und anderen bestreiten können.

Spannend finde ich aber zu beobachten, dass viele klassische Unternehmer heute wieder links stehen, so wie ich auch den Eindruck habe, dass meine Position wieder deutlich links von der Mitte angesiedelt ist, ohne dass ich mich groß geändert hätte in meinen Überzeugungen. Aber nicht nur liberale Geister sehen diesen grotesten Siegeszug des Neoliberalismus (müsste man auch mal ein neues Wort finden angesichts der Anmaßung, diese Poll-Position mit dem Wort liberal zu verbinden) massiv kritisch, sondern eben auch die eigentliche Zielgruppe der Gehirnwäscher an den deutschen Hochschulen: eben die Unternehmer. Ich erlebe viele klassische Unternehmer in ihrem Zorn auf die Auswüchse des Kapitalismus. Der Arbeitsheld mag nur als Beispiel stehen, er drückt aus, was ich in meinem Umfeld jeden Tag höre und erlebe.

Insofern ist mir auf lange Sicht nicht bange. Sie werden wieder verschwinden, die Jünger des Bösen. Irgendwann.

9 Kommentare:

  1. Anonym10.1.06

    eigentlich müsste doch friedrich engels das idol jedes unternehmers sein. jedenfalls, ich hätte nichts dagegen, schulen oder strassen nach ihm zu benennen, bei seinem freund, dem karl m., bin ich mir da schon nicht mehr so sicher...

    f. engels wurde reich geboren, gut, das könnte man auch von anderen sagen (leider nicht von mir). er bewies darüberhinaus persönliche fähigkeiten:

    f. engels war nicht nur theoretiker, sondern praktiker. er liess sich in england nieder, um dort deutsche trikotagen zu importieren. so wie wenn sich heute ein inder in seattle niederlassen und dort indische software vertreiben würde. täte auch unseren freunden von attac nichts schaden, sich mit f. engels zu beschäftigen.

    f. engels war erfolgreich und konnte sich nach einigen jahre ohne anstrengung verbrachter kaufmännischer tätigkeit ("hündischer kommerz") als wohlhabender privatier ins privatleben zurückziehen. davon könnte das alles, was heute so den unternehmer gibt, nur lernen.

    AntwortenLöschen
  2. Anonym10.1.06

    die stellungnahme zu dr, luther, dem sozialrevolutionär spare ich mir, ausser es besteht der wunsch, meine vorstellungen korrigieren zu wollen.

    aber: was ist denn eigentlich links?


    ich denke doch die forderung nach eigenbestimmtheit und sozialer teilhabe.

    das mit der eigenbestimmtheit, befreiung des menschen aus seiner selbstverschuldeten (ja, kant sah das so) unmündigkeit ist weiter ein thema. aber nicht nur bei der linken sondern beim ganzen bürgerlichen lager.

    die soziale teilhabe ist eigentlich die ins wirtschaftliche und politische gekehrte mündigkeit, und insofern nicht nur ein linkes sondern ein bürgerliches thema. und wenn mich nicht alles täuscht, ist das bürgertum dabei, wieder auf diesen punkt gestoßen zu werden.

    mit anderen worten, einiges, was heute als links gilt, siehe die grünen, oder was sich links nennt, siehe linkspartei, ist das nicht. ein verein wie die wassersportgruppe wasg, die allen enstes ihren mitgliedern abhängige erwerbsarbeit und hilfsweise soziale gerechtigkeit verspricht, ist weder links noch rechts, allenfalls traurige ausgeburt der hirme abgelutschter funktionäre.

    dass viele unternehmer heute "linke" positione vertreten -es werden zunächst, nun, antioligopolistische interessen sein, ich nenne das einmal so, wenn sich jemand dahingehend äußert, dass er eigentlich die melkkuh des staates und der gossen unternehmen ist. das ist er, der kleine unternehmer, das sieht er schon richtig. schlagworte steuerchaos, bürokratie, eg-erweiterung, globalisierung. aber damit ist er zumächst einmal unzzufrieden, aber das macht ihn noch nicht zum linken.

    AntwortenLöschen
  3. Anonym10.1.06

    Die neuen Jünger der Gerechtigkeit sind schon unterwegs: siehe wikipedia "Post-autistische Ökonomie".

    Nur so kann man den neoliberalen Gehirnwäschern an den deutschen Hochschulen das Handwerk legen: indem neue Köpfe mit einem neuen Denken die ökonomistischen Betonköpfe nach und nach ersetzen; in der Lehre UND in der Wirtschaft (und in der Politik).

    Als freier Unternehmensberater helfe ich mittlerweile den "Kleinen" - den Hartz IV-Bedrohten Arbeitslosen - auf dem Weg in die Selbständigkeit. Hier geht es wenigstens um "ehrliche" Dinge, wie Existenzen und Broterwerb, und nicht um Effizienz und Gewinnmaximierung, wie bei den "Großen".

    Im übrigen kenn ich die reine Lehre der Ökonomik recht gut; habe ich doch mein Handwerk an einer amerikanischen "Business School" gelernt. Aber irgendwann habe ich halt mal ein bischen weiter gedacht ...

    AntwortenLöschen
  4. Na hoffentlich verschwinden sie. Rechtzeitig. Und nicht erst, wenn wirklich nichts mehr da ist.

    Und ja, auch ich bin "Unternehmer". Und möchte diese neoliberalen Überkapitalisten lieber heute als morgen auf einer einsamen Insel ausgesetzt sehen.

    AntwortenLöschen
  5. P.S.: wie wär's eigentlich mal mit 'ner linken Unternehmerpartei? FDP in Rot und mit Freude am Gemeinwohl statt nur Spaß mit sich selbst?

    AntwortenLöschen
  6. Herr Hellblazer, gibt es doch: Die Grünen. Warum wohl wählen so viele Selbstständige die? Weit mehr als im Durchschnitt jedenfalls, neulich mal um die 18%...

    (Tschuldigung, aber bei der Vorlage musste das sein, oder? hihi)

    AntwortenLöschen
  7. Anonym11.1.06

    da warte ich eigentlich schon seit drei legislaturperioden drauf, dass die grünen endlich erkennen, wo noch wählerpotential zu holen ist.

    klar wählen unternehmer die grünen. solche die zur klientel gehören, und entsprechend bedient werden: mit der möglichkeit, als gutachter qua stempel oder siegel geld zu verdienen, als zuarbeiter für die ganzen fraktionen, gruppierungen, dienststellen, beauftragten und vereine.

    aber solange für einen grossteil der grünen die wirtschaft bäbä ist, die bezüge kommen ja pünktlich zum monatsanfang aufs konto, wird sich da nichts ändern.

    schade eigentlich, eine partei für die wahrnehmung des aufgeklärten unternehmerinteresses hätte schon was für sich.

    AntwortenLöschen
  8. Anonym12.1.06

    Vielleicht liegt es auch daran, daß "klassische Unternehmer" ein anderes Verhältnis zur Arbeit, zum Unternehmen, zum Geld haben.

    Menschen wie der oft gescholtene Herr Ackermann sind für mich keine Unternehmer - jeder Einzelgesellschafter einer GbR übernimmt mehr persönliches Risiko als diese angestellten "Manager".

    Ich war selber einige Zeit selbständig und konnte damals schon nicht verstehen, wie sehr gejammert wurde - das größte Übel war aus unserer Sicht immernoch die IHK und die damit verbundene Zwangsmitgliedschaft.

    "Links" und "Rechts" sind mir zudem viel zu einfache Begriffe; ein einigen Dingen bin ich persönlich sicher sehr konservativ, aber bezogen auf den - mit Verlaub: Unfug, der gerade in Berlin produziert wird bin ich vermutlich wieder "Links" und möglicherweise auch "Liberal", aber nur ein bißchen :-)

    AntwortenLöschen

Immer dran denken: Sag nix Dummes. Und anonyme (also nicht mit einem Blog, Profil etc verknüpfte) Kommentare lösche ich vielleicht. Antworte auf jeden Fall nicht.
Und auch immer dran denken: Kommentieren erzeugt Daten, ich verweise dazu auf meine Datenschutzerklärung.