mit unserem Volk nicht nur in einer großen Gemeinschaft der Leiden wissen, sondern auch in einer Solidarität der Schuld. Mit großem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Länder und Völker gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben. Stuttgarter Schulderklärung
Ich denke, dass diese sehr deutliche Formulierung bis heute eine große Leistung ist und die Richtschnur liefert, wie und warum ich mich in das einreihen kann, was die Erklärung als Solidarität der Schuld bezeichnet. Gegen alle Schlussstrich-Ideen ist hier bleibend gültig formuliert, wie das Bitten um Vergebung immer und immer wieder beginnen kann und muss.
Die Verfasser des Bekenntnisses, allen voran Martin Niemöller, der es formuliert hatte, mussten sich als Vaterlandsverräter schmähen lassen. Und das, obwohl mit den Bischöfen Wurm (Württemberg), Meiser (Bayern) und Dibelius (Berlin) und Pastor Asmussen mehrere bekennende Deutschnationale aus so genannten intakten Kirchen (ok, Dibelius nicht aus einer intakten Kirche) zum Rat der EKD gehörten, der das Bekenntnis gemeinsam abgegeben hat. Heute, nach 1968, wirkt es nicht sehr spektakulär und es fehlt völlig ein Bekenntnis zur Schuld am Holocaust. Das hat nicht nur Niemöller oft und schnell nachgeholt. Pervers an der deutschen Diskussion seinerzeit war, dass Schuldbekenntnisse vor allem von Menschen kamen, die sich persönlich nichts haben zuschulden kommen lassen, oder - wie Niemöller - im aktiven Widerstand waren - während die Schuldigen und die Passiven sich beschwerten ob solcher Bekenntnisse.
Die große Leistung des Textes aber bleibt für mich, dass er abseits von persönlicher Schuld die Verantwortung und auch die Schuld in die Gemeinschaft holt. Er ist die Basis, auf der auch heute noch jeden Tag um Vergebung gebeten werden kann und muss für das, was im Namen Jesu und im Namen des Volkes, zu dem ich gehöre, anderen Menschen angetan wurde.
ja, ja und nochmals ja
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