8.1.08

Noch einmal zum Knallfrosch und anderen kochenden Brandstiftern

Neben der Aufgeregtheit der Bild und der Schützenhilfe des Hamburger Abendblattes wirkt das, was ich in den letzten Tagen teilweise (ausgerechnet) auf NDR2 gehört habe, geradezu tiefschürfend. Der in Hamburg unvermeidliche Peter Struck (nein, nicht der Kasper, der andere) kam in den wenigen Minuten, die ich den Sender hörte, mehrfach vor, immer mit abgewogenen Aussagen wie: Erziehungscamps bringen nichts (außer da steht - die Ausnahme - eine besondere Persönlichkeit hinter), die Jugendkriminalität ist seit Jahren rückläufig usf.

Und gut gefallen hat mir auch der Artikel von Susanne Gaschke (die mag ich ohnehin) in der Zeit: Jugendkriminalität ist kein Ausländer-, sondern ein Unterschichtproblem. Leseempfehlung! Auszug:

Es sind ja nicht die Kinder türkischer Professoren, griechischer Ärzte und albanischer Juristen, die zigmal wegen Raub, Körperverletzung oder Drogenhandel verurteilt werden. Es sind Jugendliche aus Unterschichtfamilien, deren Mangel an Bildung, deren Gewalt- und Verwahrlosungsstrukturen nur allzu sehr den Problemen in den Familien junger deutscher Straftäter ähneln.

Wie unsere original deutschstämmigen Schläger, Räuber und Erpresser sind die Serkans und Mehmets Produkte dieser Gesellschaft. Sie sind durch unser Bildungssystem gegangen, unsere Kindergärten, unsere Schulen, unsere Jugendhilfeangebote und unser Jugendgerichtswesen. Und hier liegt der Unterschied: All diese Einrichtungen hatten jahrzehntelang kaum eine Vorstellung davon, wie man einem türkischen Kind auch nur Deutsch beibringt.

In dieser zentralen Frage war der Autopilot am Werk: Die Konservativen konnten den Gedanken nicht ertragen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist – und dachten deshalb über wirksame und dauerhafte (Sprach-)Integration am liebsten gar nicht nach. Die Linksliberalen schwelgten in multikultiromantischen Ideen vom »muttersprachlichen Unterricht« – und pflegten darüber hinaus einen unangebrachten Kulturrelativismus, etwa bei den patriarchalischen Gewaltverhältnissen in manchen Einwandererfamilien. Vielleicht war es in diesem anderen Kulturkreis ja normal, Frauen und Kinder zu schlagen? Bloß keine Werte aufzwingen!

Die Amokdebatte der Brandstifter um den Knallfrosch hilft dabei nichts. Und sie behindert uns Eltern (das ist zurzeit mein ceterum censeo) bei unserer ohnehin nicht leichten Aufgabe, unseren Jungs Werte und Zivilisation beizubringen.

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1 Kommentar:

  1. Anonym8.1.08

    Den Artikel von Susanne Gaschke wollte ich in meinem Blog eigentlich auch empfehlen, aber dann kamen mir ein paar Krankheitstage dazwischen. Ich würde mir einfach wünschen, dass noch mehr Journalisten dieses Problem ähnlich differenziert darstellen könnten...

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