27.8.07

Zivilcourage und Arbeitsverweigerung

Letzte Woche schon hat Nico via Twitter auf einen großartigen Kommentar in der FTD aufmerksam gemacht: Liebe Politiker. Ich selbst habe mich die letzten Wochen massiv geärgert über die Reaktionen nach der Nazihetzjagd auf Inder - und die Aussagen des örtlichen Bürgermeisters beispielsweise, es gebe kein Naziproblem. Wieder dieser Verlust von Koordinatensystem, wodurch Nazimeinungen als "nur normal rechts" gelten und rechte Meinungen als normal. Ich könnte kotzen.

Aber als Reaktion auf so etwas einfachg mal eben Zivilcourage einzufordern, wie es die Merkel gemacht hat, ärgert mich fast noch mehr. Dazu eben auch der eindeutige und sehr deutliche Kommentar in der FTD, in dem es am Ende heißt:
Eins noch zum Schluss: Zivilcourage ist wirklich toll. Laut zu protestieren, wenn der eigene Chef einen ausländischen Kollegen beleidigt, das ist mutig. Zivilcourage zu zeigen, auch wenn es den eigenen Job gefährdet. So etwas, da habt Ihr ja völlig recht, "muss auch mal ganz klar eingefordert werden". Aber: Sich in einer ostdeutschen Kleinstadt nachts einem marodierenden Nazi-Mob entgegenzustellen, das ist kein Fall von Zivilcourage, sondern von hochgradigem Schwachsinn.
Eben. Das, was da passiert, ist, so der Kommentator, ein Fall für die Polizei. Und die richtige Reaktion, die wir Eltern unseren Kindern beibringen werden, ist, die Polizei zu rufen und nicht selbst eizuschreiten. Am Wochenende ist mal wieder ein Jugendlicher in Hamburg gestorben beim Versuch, Zivilcourage zu zeigen.

Mich ärgert die Realitätsverweigerung, wie sie gepaart mit Arbeitsverweigerung auftritt - denn dafür zu sorgen, dass Menschen nicht vom Mob gejagd werden, ist Aufgabe der örtlichen Polizei, gesteuert von örtlichen Politikern, die kein Problem sehen. Stattdessen gefallen sich Innenminister und Bürgermeister in den Versuchen, die Verfassung auszuhebeln und vermeintlicher Terrorgefahren wegen die Schwerpunkte der Polizeiarbeit zu verändern.

3 Kommentare:

  1. Ich würde sagen, es kommt darauf an. Es kann ja auch Zivilcourage sein, die Polizei zu rufen. Viele der Leute da haben ja nicht einmal das getan, wenn ich den Medienberichten glauben darf. Und in Rheinland-Pfalz haben sich auch Leute den Rechten entgegen gestellt. Das hängt sicherlich von der Situation ab, aber Zivilcourage heißt ja nicht immer, sich körperlich zu wehren, sondern das zu tun, was man tun und verantworten kann. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Leute dazu tendieren zu mutig zu sein, sondern einfach wegschauen.

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  2. Ja, Christiane, das ist auch mein Eindruck - und ich plädiere auch ganz bestimmt nicht gegen Zivilcourage. Mich regt aber diese wohlfeile Plappern von Zivilcourage auf, wenn es Landstriche gibt, die fest in der Hand von Nazis sind (teilweise in Sachsen, aus eigenes Anschauung kenne ich es aus Vorpommern) - und die Polizei bzw. "der Staat" machtlos und auch, so mein Eindruck, von dem ich hoffe, dass er falsch ist, meinungslos ist.

    Siehe auch Marks Kommentar an der Facebook-Doublette dieses Beitrags über Lichtenhagen....

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