20.11.17

Auf dem Weg nach Österreich

Und nicht nach Jamaika. Nun ja. Ein paar erste unsortierte Gedanken:
  • Es war schon auffällig, dass in der letzten Woche eigentlich nur Sozialdemokratinnen in meinem Umfeld noch an Jamaika glaubten. Sagt auch sehr viel über Gefühlshaushalt und Politikverständnis da.
  • 70% bis 90% der Bevölkerung stimmen mit den Grünen überein, was Klimaschutz und Flüchtlingspolitik angeht - mit der FDP stimmt in der Form, wie sie (bei Klimaschutz sogar auf der gleichen Fake-News-Ebene) argumentiert, nur die AfD überein. Das gibt einem schon zu denken, finde ich.
  • Vielleicht war es nur so mittelschlau, den einzigen erfahrenen Verhandler bei der FDP kurz vor dem Ende so stark anzuzählen (Kubicki wegen seiner Cum-Ex-Positionen und -Verstrickungen), denn es stellt sich raus, dass Alter und Erfahrung in schwierigen Situationen eben doch kein Nachteil ist. Außer (was wir heute Nacht ja von etlichen Teilnehmenden an den Verhandlungen hören) Lindner hatte schon seit Wochen (ich höre, seit vier Wochen) genau diese Plan und hoffte nur, dass die Grünen vor ihm die Nerven verlieren.
  • Es ist gut, dass es mit diesen Nervenwracks von der FDP, die noch nicht mal verhandeln mögen, keine Regierung gibt.
  • Wenn man bedenkt, dass eigentlich nur zwei Parteien richtig Angst vor Neuwahlen haben müssen, wäre es eigentlich logisch, welche Regierung wir bekommen: denn nach Nachwahlen würde es wahrscheinlich ja nicht mal mehr reichen für eine Koalition aus Union und SPD.
  • Sofort machbar wäre sicher eine Koalition aus CDU (ohne CSU), SPD und Grünen. Wäre auch eine echte Option.
  • Ich schätze Merkels Politikstil, der ja sehr davon geprägt ist, dass sie Wissenschaftlerin ist. Heute Nacht, muss man wohl zugeben, ist der gescheitert. Dieses auf Falsifizierbarkeit ausgelegte Vortasten und Testen, das ihr Stil ist, scheint eben – wie so oft bei Naturwissenschaften – doch allzu unterkomplex zu sein. 
  • Naheliegend wäre auch eine Regierung aus Union, FDP und Linken. Denn auf die Punkte, die der FDP wichtig sind, könnte sie sich sofort mit der Linken einigen (Anti-Europa, kein echter Klimaschutz, inhumane Flüchtlingspolitik). Schwierig ist nur, dass die Linke als einzige dieser drei Parteien was von Wirtschaft versteht, das würde ja eher schaden.
  • Es ist einfach zum Kotzen, dass die FDP lieber nach Österreich will als nach Jamaika. Aber Liberale sind bei den Grünen herzlich willkommen.
Und: Am Ende der Sondierungen merke ich, dass ich in der richtigen Partei bin. Nicht der Provokation der CSU erlegen. Nicht dem Spieler Lindner auf den Leim gegangen, so dass er am Ende niemandem anders die Schuld für sein von Anfang an geplantes Szenario geben kann. Ernsthaft verhandelt und mit der CDU, der einzigen anderen seriösen Partei im Bundestag, die Chancen ausgelotet.

Die Grünen sind so geeint wie nie und so gestärkt wie fast nicht denkbar hier rausgekommen. Danke denen, die das so toll und ruhig und professionell gemacht haben.

1 Kommentar:

  1. Anonym29.9.24

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