24.1.12

Rund um die Uhr online

Ich rede viel mit anderen Eltern über dieses Onlinedings. Gebe auch hin und wieder ehrenamtliche Fortbildungen für Eltern unter dem Motto "Was machen unsere Kinder eigentlich da im Internet?" Und ich mache mir immer wieder und immer neu Gedanken darüber, wie ich eigentlich meine Kinder da begleite und begleiten will. Zumal es auch Thema zu Hause ist. Zwischen meiner Frau und mir. Aber auch zwischen uns und den (teilweise ja schon jugendlichen) Kindern, mit denen es immer wieder auch ausgehandelt werden muss.

Weil ich immer wieder von anderen Eltern gefragt werde, wie wir es machen, was sozusagen unsere Systemarchitektur ist, schreibe ich den aktuellen Stand hier mal auf. Ich versuche, eine Balance zu finden zwischen Freiheit und Regeln, zwischen Selbstverantwortung der Kinder und Grenzen, die wir ziehen (müssen und wollen). Ja, ich weiß, dass meine Kinder es nur so mittelwitzig finden, dass sie wahrscheinlich weniger "dürfen" als andere, weil ich in der Lage bin, Regeln technisch zu setzen und eben nicht nur laissez-faire mache. Interessant finde ich immer, wenn ich mal Eltern fortbilde, dass nahezu alle zu Hause ein WLAN haben, bei all diesen Familien die Kinder Zugang zu diesem WLAN haben - und nahezu niemand weiß, was die dann online machen und wann.
I. Für die Jugendlichen

Die beiden Großen sind Jugendliche, nutzen also "das Internet" schon lange und intensiv. Spielen, Chatten, Telefonieren, Mail (ja auch noch), TV, teilweise Facebook (einer hat sich wieder abgemeldet da) - das sind typische Tätigkeiten. Hier fahren wir eine Mischung aus technischer Beschränkung und Selbstverpflichtungen.

Ihre Laptops sind mit der in Windows eingebauten "Kindersicherung" ausgestattet, die FSK-Grenzen bei Spielen enthält. Den Jungs steht ein Zeitkorridor zur Verfügung, in dem sie den Computer nutzen können: morgens von 6 Uhr bis 8 Uhr, und dann von 14 Uhr bis 22 Uhr (am Wochenende bis 24 Uhr). Verabredet haben wir, dass sie die Zeit, die sie mit MMORG (Onlinerollenspiele) verbringen, begrenzen, das regeln sie weitgehend selbst. Außerhalb dieser Zeiten können sie das WLAN mit ihren iPhones aufrufen, um Facebook zu nutzen, Skype oder was immer sie für Chat und Co brauchen. Denn mit ihren Freundinnen und Freunden sollen sie auch außerhalb der Korridore reden können.

Das WLAN selbst schränken wir nicht ein, filtern auch das Internet nicht vor.

II. Für den Zehnjährigen

Tertius hat auf dem Computer in seinem Zimmer keinen Internetzugang, er nutzt ihn für sein Schachprogramm oder wenn er mal was schreiben muss oder will. Die ins Applebetriebssystem eingebaute Kindersicherung regelt hier die Korridore und die Menge der Computerzeit. Auf einem alten iPhone, das er als iPod nutzt, hat er Zugang zum WLAN, so dass er vor allem YouTube nutzen kann und hin und wieder neue Apps runterladen.

Für Onlinerecherchen nutzt er eines der anderen Laptops, in der Regel eines der Eltern. Wir sind der Meinung, dass ein Zehnjähriger nicht zwingend unbeaufsichtigtes Internet braucht, insbesondere, wenn er nicht aktiv danach fragt. Er liest und spielt und hört viel. Und nutzt dazu andere Medienträger oder gar keine Medien.

III. Für die Sechsjährige

Quarta nutzt im Grunde keinen Computer, hin und wieder spielt sie auf dem iPod ihres Bruders oder lässt sich von ihm etwas auf YouTube zeigen. Wenn sie mal die Bibi-Blocksberg-Seite aufrufen will oder die Lern- und Arbeitsprogramme ihrer Deutsch- und Mathematerialien nutzen will, kann sie an eines der Laptops der Eltern.

Und sonst? Unsere Kinder erleben, dass wir im Grunde jederzeit online sind oder sein können, sie haben direkten Zugang zu ihren Großeltern und (sehr viel älteren) Cousins via Skype und Facebook. Sie erleben, dass wir mal eben googlen oder bei Wikipedia nachgucken, wenn wir etwas wissen wollen, wir führen sie an bezahlte Musik und Filme im Web heran (in unserem Fall über iTunes). Und reden intensiv über Quellenkritik. Und googlen hin und wieder mal den Volltext ihrer Schulreferate, um nachzugucken, wo sie ihn abgeschrieben haben. Oder so.

Die Herausforderung bleibt, immer wieder die Balance zu finden zwischen Selbstbestimmung und Regeln, zwischen Bewusstsein für das aktuelle Rechtssystem und Privatsphäre und den eigenen Bedürfnissen. Darum begleite ich meine Kinder durch den Anmeldeprozess bei Netzwerken und erklären ihnen, was welche Haken bedeuten - und lasse ihnen die Freiheit, da zu sein oder auch nicht. Zur Not bin ich 80% des Tages ohnehin nur einen Klick von ihnen entfernt, so dass sie mich um Hilfe bitten können oder nachfragen.

Wie macht ihr das?

Update
Gut, dass Uwe mich daran erinnert, wie er es - ganz anders - löst. Er schrob neulich mal darüber.

10 Kommentare:

  1. Keines unserer Kinder hat einen MP3-Player oder WLAN-Smartphone.
    Das Spielen an meinem Smartphone habe ich mit dem Handywechsel abgeschafft.

    Es gibt ein 'Familienlaptop' im Gäste-/Medienzimmer (unser TV steht nicht im Wohnzimmer). Hier hat jedes Kind einen passwortfreien Netzzugang. Die Windows-Kindersicherung ist aktiv.

    W 9.5 ist kaum interessiert den Computer zum spielen oder gar zur Kommunikation zu nutzen. Sie hat ein Mailkonto, das sie aber nicht benutzt.
    Sie macht am Computer ihre Tastenkursübungen oder Deutsch-Hausaufgaben und benutzt die Dropbox, um sie mir zum Ausdruck zu senden. (Bald hat der Computer oben ggf. einen Drucker.) Gelegentlich schaut sie iCarly auf dem Laptop. (Glaub ich ;) )

    M 11.5 spielt (offline) 'Battle of Wesnoth' oder 'Stronghold' und hat (online) Runescape gespielt - bei disabletem Chat/ nur Formalchat. Zudem nutzt er vereinzelt Spieleseiten und guckt TVF_Serien auf deren Brand-Pages (Pokemon, Yu-Gi-Oh u.ä.). Er hat zwar einen Wunsch nach einem Facebookaccount geäußert und auf Klassenkameraden verweisen, dei einen hätten, ich habe das mit der altersbegründung abgelehnt.
    Er hat einen Mailaccount und nutzt ihn. ich motoviere ihn dazu auch durch Zusendung von Star Wars- oder Legovideos ;)
    Beide Kinder haben einen Nintendo (Sohn 2, einen 3D), der Shn nutzt ihn intensiver, aber beide sind nicht im WLAN.

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  2. Sowohl Tochter (6, noch Kindergarten) als auch Sohn (2,75) nutzen das iPad und manchmal das iPhone meiner Frau zum Spielen und - als es noch interessant war - zum Gucken von "Oh wie schön ist Panama".

    Die Nutzzeit schränken wir nicht ein, auch, wenn der Kleine manchmal ziemlich lange dabei ist. Bei der Großen haben wir nämlich die Erfahrung gemacht, dass diverse Apps irgendwann auch wieder ihren Reiz verlieren. Sie malt und bastelt mehr, als dass sie mit dem iPad beschäftigt ist.

    Zudem nutzt sie eine Menge "pädagogosch wertvolle" Apps, etwa zum Rechnen, Lesen und Englisch lernen. Das trägt tatsächlich Früchte, von daher unterstützen wir das natürlich.

    Da beide weder richtig lesen noch schreiben können, ist ein Computer noch relativ uninteressant für beide. Die Große surft jetzt Abends ab und zu mit Mama oder Papa auf die Seiten von Wissen macht Ah! oder Pur plus, weil in den Sendungen darauf verwiesen wird und diese Steinzeitseiten völlig Flash-verseucht sind.

    Wenn die Tochter dieses Jahr in die Schule geht, bekommt sie ein altes Netbook mit einer geeigneten Kinder-Linux-Distribution.

    Alles andere werden wir sehen. Internet ist aber in den nächsten Jahren kein so großes Thema, nehme ich an (evtl. Video-Chat, wer weiß?).

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  3. Unsere Tochter ist erst 4 und mit gemeinsamen Youtube-Vidoes zufrieden. Wir werden es später im Grunde so machen, wie ihr das für euch beschrieben habt - mit einer wesentlichen Erweiterung, das Thema Online-Identität und der Aspekt Cybermobbing werden sehr ausführlich behandelt werden bei uns. Nicht zuletzt, weil ich schon mehrfach in der Nachbarschaft "beratend" zur Seite gestanden habe, wenn ein Mädchen im Knuddels-Chat niedergemacht oder bei Facebook verleumdet wurde, und zwar immer erst, wenn schon die ganz harten Sachen gelaufen waren, weil die Eltern es dann überhaupt erst mitbekommen haben, wenn das Teenie-Kind schon total verzweifelt war, obwohl das Mobbing teilweise schon seit Jahren lief.

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  4. Ja, das ist manchmal sehr schwierig. Unsere beiden Großen (14 und 17 Jahre) nutzen das Internet natürlich regelmäßig.
    Aber ich beschränke nichts und hoffe auf das Verständnis der Beiden. Das klappt auch bisher ganz gut. Es wird nie zuviel "gesurft". Auch Facebook und Co. wird so genutzt, wie wir es besprochen haben.
    Bleiben noch die "Mittleren":
    W 8 Jahre und M 7 Jahre - Manchmal, aber ganz selten, möchten sie mal etwas online spielen. Und hier brauche ich mir keine Sorgen machen: Wenn gesagt wird 30 Minuten, dann ist das auch so.
    Auch das offline spielen mit der Wii ist zeitlich begrenzt und das wird akzeptiert.

    Die beiden Kleinen M 5 Jahre und W 1.5 Jahre haben da noch keine Ambitionen. Der 5-Jährige spielt auch mal Wii und die Kleine will dann ebenfalls die Fernbedienung haben, aber wie gesagt, alles zeitlich begrenzt.

    Und es liegt naturgemäß wahrscheinlich an der Größe unserer Familie, denn hier ist immer etwas los, da muss man die Zeit nicht unbedingt am PC oder vor der Konsole verbringen!

    Die beiden Großen haben Smartphones, jedoch buchen sie selten bis gar nicht die Flat-Funktion für das mobile Internet, glaube beide bisher nur einmal. Doch über W-Lan wird es schon genutzt. Doch auch hier brauche ich mir bisher keine Sorgen machen. Ich hoffe, dass bleibt alles so sehr entspannt :-)

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  5. Hallo , du kennst ja meinen eigenen Blogartikel schon, wie ich das für unsere Familie zu hause regele.
    Generell gilt. Der Älteste darf im Schnitt pro Woche ca 3 Stunden an den Rehcner, wobei er sich die Zeit selbst einteilt. Die Tochter und der Jüngste gehen jeweils Freitags nach Wahl etwas Online oder spielen Computerspiele ODER fernsehen ca. 45 Min. Nicht mehr. Unser WLan ist wie in meinem Artikel http://www.livingthefuture.de/?p=4115 ja beschrieben abgesichert, so daß nicht geeignete Inhalte gefiltert werden. Der Älteste darf da schon mehr, aber nur begleitet durch Gespräche mit mir und hat ein Smartphone, das aber nur zu hause ins WLan kann. Die Kinder bekommen ein Smartphone mit dem Wechsel in die weiterführende Schule, weil sie da den Schulweg per Bus/Rad zurücklegen und deshalb auch mal anrufen können sollen, wenn was ist. Und natürlich gemeinsam mit mir oder meiner Frau machen wir die eine oder andere Recherche oder Aufgabe für die Schule. Mehr aber nicht. Und schön, dass ich da nach deiner Beschreibung und denen anderer in den Kommentaren gar nicht so alleine bin. Ach ja, und der Spielecomputer steht beim Papa im Heimbüro. Wenn sie Rechner fürs Zimmer kriegen, dann max. mit Linux drauf ;)

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  6. Wir haben fünf Kinder im Alter von 15, 13, 12 und 10 (Zwillinge). Die Computerzeiten sind reguliert und reglementiert: Für die vier Kleinen grundsätzlich nur an den Wochenenden für jeweils ca. zwei Stunden (Samstag und Sonntag). Wird nicht strikt auf die Minute durchexerziert, aber weitestgehend. Darüber hinaus dürfen die Kinder ihre Rechner unter der Woche nutzen, wenn es für die Schule notwendig ist.
    Der Große kann den Computer unter der Woche frei nutzen, ebenso das wlan für iphone und ipod. Wir "kontrollieren" von keinem die Inhalte und haben auch keine Software zur Begrenzung installiert. Das ganze beruht auf Vertrauen; natürlich wird auch mal länger gespielt, wenn die Eltern nicht zu Hause sind, vom Prinzip halten sich aber alle an die Vorgaben. Über Ballerspiele und andere ungeeignete Spiele haben wir gesprochen und vertrauen auf Einsichtsfähigkeit. Wenn die Kinder spielen, schauen wir regelmäßig mal vorbei und allein aus den Gesprächen ergeben sich die bevorzugten Spieleseiten (aktuell Howrse bei den drei Mädchen). Zusätzlich dürfen die Kinder unter der Woche ab und zu noch am elterlichen ipad spielen, wenn dies nicht extensiv ausgenutzt wird. Allerdings haben unsere Kinder so viele Aktivitäten inklusive Schule, so dass ohnehin unter der Woche nur wenig Zeit für Computerspiele bleibt. Alle machen mindestens zweimal die Woche Sport; die beiden "computergefährdesten" Jungs sogar vier- bzw. fünfmal die Woche und dazu kommen am Wochenende noch Wettkämpfe. Insgesamt: Grundlage ist Vertrauen; wir wissen, dass wir nicht immer mit allem einverstanden wären, aber das gehört irgendwie zum Erwachsen werden dazu.

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  7. tim (13) hat ein macbook, ein iphone und keinerlei systematische internet- oder zeitbeschränkungen zu erdulden. letzteres hatte er im übrigen noch nie.

    stattdessen sprechen wir viel mit ihm, was ihn bewegt, was er da so treibt im netzt. manchmal erzählt er von dingen, die ihn wundern oder irritieren, dann erklären wir ihm das.

    wenn er aus unserer sicht allzu lange am screen klebt, sprechen wir ihn an und versuchen, ihm ein alternativprogramm schmackhaft zu machen. das funktioniert (komischerweise?) ganz gut.

    unterm strich läuft das alles auf eine sehr moderate, aus meiner sicht sinnvolle nutzung und erlebung des internet hinaus.

    kann sein, dass wir totales glück haben, kann aber auch sein, dass das genau der richtige weg ist. schwer zu sagen ...

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  8. Anonym26.1.12

    Klingt so ähnlich wie bei uns.

    Im Moment ist bei uns die neue, demnächst obligatorische Chronik bei FB Thema.
    Ich möchte nicht, dass die Kinder dazu gezwungen werden, da ich das Gefühl hab, dass sie dadurch endgültig die Übersicht verlieren, was sie von sich preisgeben.
    Denn das Kleingedruckte lesen oder ständig irgendwelche Sicherheitseinstellungen ändern ist nicht das, womit sie und ihre Freundinnen und Freunde sich beschäftigen (wollen).
    Darf ich mal fragen, wie das bei Ihnen gesehen und gehandhabt wird?
    Danke.
    Chris

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  9. Meine Kollegin Janine Kamman-Anyiam hat in unserem netzofanten-Blog berichtet, was man tun kann, damit die 8-Jährige Tochter auch mal allein an den Computer darf: http://www.netzofant.de/oh-je-mein-kind-mochte-alleine-an-den-pc/

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  10. Danke euch allen für eure Erfahrungen und Berichte - die Bandbreite ist ja nicht so riesig, das finde ich spannend. Ich verfolge das weiter...

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