Folge vier der Blogposts rund um meine sechs Ansagen für 2012. Damit es nicht langweilig wird. Mir zumindest nicht. Der erste Teil ging um den privacy divide und der zweite um Zielgruppen und dann hab ich ja gestern grad was zu Social Commerce fabriziert.
Wichtigster Grund ist, dass die Zusammenfassung so unterschiedlicher Dinge wie Blogs, Foren, Twitter und Facebook (und noch etlicher wiederum sehr anderer mehr) unter dem Begriff “Social Media” zwar zunächst halbwegs hilfreich war, um anzuzeigen, dass es sich um Services und Plattformen handelt, mit und auf denen Nutzerinnen sozial interagieren. Aber eigentlich trotzdem nie passend. Zumal schon diese Erklärung, was denn Social Media sein könnte (so wie jede andere der dreihundert, die ich bisher kennen gelernt habe), die Schwäche zeigt - und warum wir tunlichst vermeiden sollten, das Wort über Gebühr zu benutzen. Denn an sich wären - etwas holzschnittartig formuliert - auch Partys oder Demonstrationen dann “Social Media”. Da lernen sich Leute niedrigschwellig kennen. Oder da verschaffen sie sich kollektiv Gehör.
Wie unbrauchbar für professionelle Kommunikation der Sammelbegriff “Social Media” ist, wird noch deutlicher, wenn einige der Plattformen heute bereits Mainstream sind (Facebook, YouTube) und im Laufe des Jahres rund die Hälfte der Erwachsenen in diesem Land sie nutzen - und andere in der Nische bleiben, spezielle Gruppen versammeln oder gar (was für Kommunikatorinnen ja immer besonders spannend ist) vor allem von Multiplikatorinnen genutzt werden. Sie haben quasi nichts gemeinsam, wenn wir etwas genauer hinsehen. Schon in den letzten Jahren war es im Grunde absurd, wenn Agenturen gebrieft wurden, sie sollen doch mal was mit Social Media vorschlagen. Denn am Ende hieß dies: “Macht mal was online, am besten eine Wollmilchsau”. Dann sagt das doch gleich!
Und “der oder die nutzt Social Media” ist als Beschreibung ungefähr so sinnvoll wie “die oder der sieht fern”. Aussagekraft gleich null. Ja, das ist nicht neu. Ja, das hat der immer sehr hellsichtige Markus Breuer schon damals, so um 2005 rum, in Bezug auf Bloggerinnen gesagt:
Der einzige Satz, der mit “die Blogger...” beginnt und dennoch wahr ist, geht weiter: “... schreiben ein Weblog”.Aber darum ist es ja nicht falscher.
Was wir, wenn wir unseren Beruf ernst nehmen, machen, ist, dass wir uns angucken, ob die Menschen, denen wir zuhören, was erzählen oder mit denen wir reden wollen, besonders häufig in einem bestimmten Medium zu finden sind, besonders oft eine bestimmte Plattform oder einen Service nutzen - und unsere Kommunikationsprogramme daran orientieren. Nicht weil die zu dem gehören, was wir mal “Social Media” genannt haben, sondern weil es sinnvoll ist. Weil wir sie da erreichen. Weil sie sich da unterhalten.
Ich denke, dass es Profis sogar schadet, wenn sie von “Social Media” reden. Denn es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ich Mikrozielgruppen anspreche und Blogger Relations mache oder Community Management oder ob ich Aktivierungen auf Facebook entwickele und umsetze. Kann ich alles aus einer Hand anbieten, ja. Aber eben so, wie ich auch Pressearbeit, interne Kommunikation und Corporate Publishing aus einer Hand anbieten kann. Es sind jeweils (technisch) andere Fähigkeiten gefordert, die sich nicht mal eben unter “die kann Social Media” zusammenfassen lassen. Denn die Generalistinnen “können” eben “mehr” als Social Media, die können Kommunikation. Und die Spezialistinnen “können” eben “weniger” als Social Media, die können ein, zwei dieser Spezialdinge, wenn sie darin exzellent sein wollen.
Mein Freund Nico Lumma hat schon im Frühsommer 2010 auf der next Conference gesagt, Social Media sei tot - und damit genau dieses gemeint: Dass wir lieber vom “Internet” reden sollten. Er hatte damals schon Recht, war nur mal wieder recht zeitig dran (das ist die PR-Formulierung für “zu früh”). Denn aus Marketinggründen brauchten wir den Begriff damals noch. Jetzt nicht mehr. Denn jede, mit der ich beruflich zu tun habe, weiß, dass wir was mit diesem Internetz machen müssen, wenn wir Kommunikation machen wollen. Fein. Das machen wir dann mal.
Klug gebrüllt Löwe. Dass der Begriff tot ist, ist klar. Die Zusammenfassung von Parties und Demos ist dabei die richtige Metapher.
AntwortenLöschenIch sprech ja immer lieber von 'Social Web', da steckt dann immerhin 'web' schon drin, das ja an sich auch nur ein tel des Internets ist.
AntwortenLöschenFrüher hab ich immer gesagt: "Web 2.0 (haha) heißt eigentlich nur: 'Endlich funktioniert das Internet, wie es soll [= alle können schreiben].'"
Ehrlich gesagt kann ich das das Wort Social Media auch nicht mehr hören. Ist wirklich sehr allgemein und óberflächlich
AntwortenLöschenSorry, ich halte den Begriff für sinnvoll. Schon die Tatsache, dass er so oft benutzt wird, zeigt, dass auch etwas da ist, das die Menschen damit benennen wollen. Die Party-Geschichte ist eine Metapher, nicht wirklich das gleiche, denn dort fehlt nun mal das Medium (abgesehen von Sprache), über das man sich austauscht. Also: Social Media = Alle Medien, mit deren Hilfe Menschen in Dialog treten. Eine simple Internetseite wird mit Einführung eines Feedback- oder Empfehlungselements sozial.
AntwortenLöschenDieser Impetus, bestimmte Termini für veraltet zu erklären, scheint mir nicht mehr zu sein, alsein Versuch, alle, die ihn noch benutzen, abzuqualifizieren. Lasst doch die Leute die Worte benutzen, die ihnen am geeignetsten erscheinen!
@Tilo: Nun, ich hab eien präsi, dei hat 50 Slies und dauert 5 Minuten und erklärt 'Wierso Web 2.0 ein blöder Begriff ist'. (also: an sich gar kein begriff und deswegen eher zur Verwirrung als zur Klareit beiträgt). eine ähnliceh Präsi könnte man zu 'Social Media' machen. nach deiner Definition ist Briefpost oder Telefon Social Media. (anders: Über alle Medien treten menschen in Kommunikation, das ist die Definition von medium ;) -> indirekte Kommunikation (sehr sehr grob, an sich geht die "richtige" Definition anders ;) ))
AntwortenLöschenAlso: Der Begriff ist ungeeignet weil verwirrend weil unzureichend definiert.
Jeder Begriff, der aus dem Kämmerlein der Experten herausdringt, wird zwangsläufig unscharf und schwammig. Oder sind "Print-" und "Massenmedien" genau das, was wir darunter verstehen? Müsste nicht eigentlich das Teleskop zu den Fernsehern zählen? Wir haben die Deutungshoheit längst verloren. Das Schöne ist doch, das dennoch jeder sofort versteht, was damit gemeint ist, und deshalb, um mich mit meinen Kunden verständigen zu können, werde ich den Begriff weiterverwenden. Alles andere wäre ziemlich arrogant (auch von Augenhöhe aus gesehen ;-)).
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