5.11.10

Mit Verlaub, Herr Minister, Sie sind ein Arschloch

Politisch bin ich kein Freund von Herrn Schäuble. Aber ich hatte immer etwas übrig für seinen scharfen Verstand, für seine Haltung zu vielem (ja, ich weiß, ihr könnt das nicht verstehen), für seinen Versuch, seinen Glauben in der Politik nicht zu verstecken.

Gestern habe ich jeden Respekt (auch wenn ich das Wort nicht mag) vor ihm verloren.

Ja, er hat eine gesundheitlich extrem schwere Zeit hinter sich oder ist noch drin. Ich finde es fahrlässig, wie sie Kanzlerin ihn immer noch zwingt, im Amt zu bleiben (wenn es so ist) oder er nicht loslassen kann (falls das so sein sollte). Und jeder kann einen schlechten Tag haben. Und sein Sprecher Offer hat einen Fehler gemacht und macht auch wirklich keine gute Figur in diesem Filmausschnitt.

Aber einem Mann von Format und Erfahrung und Haltung eines Schäuble darf das trotzdem nicht passieren. Das ist nur noch arschlochig. Das "macht man nicht" - schon gar nicht, wenn man eigentlich ja so etwas wie eine Kinderstube genossen hat, was ich bei Schäubles Herkunft und Alter unterstelle. Da würde ich bei einigen jüngeren Proleten nicht den gleichen Maßstab anlegen.

Schäubles Verhalten und - fast mehr noch - das anbiedernd beifällige Gemurmel der Journalisten im Hintergrund sind eine Grenzüberschreitung, die nicht sein darf. Die einen grotesken und sehr gefährlichen Mangel an Haltung offenbart. Die zeigt, dass da einer ganzen Reihe von Leuten der Kompass abhanden gekommen ist.

Ich denke, man darf mit harten Bandagen streiten. Mache ich auch. Und wenn man dazu neigt, Menschen, die langsamer sind oder langsamer denken als man selbst, schwer ertragen zu können (und das geht mir auch oft so), wird es immer mal wieder vorkommen, dass man sich arrogant im Ton vergreift. Doof, aber das passiert.

Aber Mitarbeiter vor anderen zur Schnecke zu machen, ist selbst für etablierte Arschlöcher ein Schritt zu viel. Jemand, der so etwas macht, verliert meinen Respekt für immer (kleine Reminiszenz an Mr Darcy). So geht es mir nicht nur bei Schäuble jetzt gerade, so ging es mir vor langer Zeit schon mit einem der in unserer Szene bekannten und beklatschten Kommunikationschefs, den ich als Gast einmal erleben "durfte", wie er eine Mitarbeiterin im All-Staff-Meeting und vor uns Gästen rund gemacht hat.

So etwas ist stil- und würdelos. Und im Fall von Schäuble kratzt es zusätzlich an seinem selbstgebastelten Teflon-Image.

Mit Verlaub, Herr Minister, Sie sind ein Arschloch.



Mit dem einen oder anderen Kollegen habe ich (auf Twitter) andiskutiert, was die Konsequenz für Herrn Offen sein müsste. Ich denke, dass ich an seiner Stelle kündigen würde. Nach allem, was man hört, sollte er einen guten alternativen Job finden können. Meine Selbstachtung würde das zumindest verlangen. Und ich hätte auch keine Lust, für ein Arschloch zu arbeiten.

Update 9.11., 10:25 Uhr
Herr Offer hat genau diese Konsequenz nun gezogen. Mein Respekt! Edit: Djure hat Recht, Respekt ist zu viel. Aber gut und richtig ist es. Und verständlich in der Form.

17 Kommentare:

  1. Nach allem, was ich so höre, ist Schäuble oft - nicht immer, er kann auch ganz anders (fürsorglich) sein - genau so, wie er sich gegenüber Offer verhält.
    Daher halte ich es für wahrscheinlich, dass es auch öffentlich schön öfter zu solchen Szenen gekommen ist.

    Neu ist lediglich, dass die guten (?!) Berliner Sitten bröckeln. Solche Szenen wären noch vor kurzem nie (NIE!) im Fernsehen gelandet. Genauso wenig wie kürzlich das Gestammel der Ministerin Köhler. @tknuewer hat sich ja schon in ähnlicher Weise geäußert.

    Ich bin daher nicht sicher, ob ich Dir in Deiner Arschloch-These folgen soll. Vielleicht ist es auch einfach so, dass seine Mitarbeiter wissen, das ihnen so etwas mit ihm passieren kann. Und es akzeptieren, weil sie seine andere Seite schätzen.

    Denn eines ist klar: Der Mann ist schlauer als wir alle zusammen. Ihm beim Denken zuzusehen, bereitet einfach Freude. Auch wenn er aufgrund eines Wertegerüsts, das nicht das meine (unsere ;) ist, zu politischen Folgerungen, die mich schaudern lassen.

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  2. Mir Verlaub, Wolfgang, wir sind alle nur Menschen (auch Wolfgang Sch.). Ja, in dieser Situation sind Grenzen überschritten worden. Aber, Schäuble hat versucht, dies wieder einzufangen, und dass er nicht die Größe hatte, sich förmlich zu entschuldigen, sagt mehr über ihn aus,als über seinen Pressesprecher.

    Dennoch hielte ich die von Dir vorgeschlagenen Konsequenz für übertrieben, denn vergleichbare Grenzüberschreitungen werden wir vermutlich in Zukunft häufiger erleben, und vor allem medial verbreitet sehen. Das ist das Internet. Es zeigt uns wie wir sind, und wir sollten uns fragen, wie wir damit umgehen wollen.

    Was ist eigentlich passiert? Pressesprecher Offer hat - aus welchen Gründen auch immer - Dokumente nicht verteilt (und mein Eindruck ist, dass er, schon bevor Schäuble etwas sagt, weiß, dass er es hätte tun sollen) und ich glaube, er schämt sich, versucht aber, sich rauszureden. Was Sprechern ja sonst ganz gut gelingt, misslingt hier, weil Schäuble sich über diesen Fehler ärgert, diesen Ärger kund tut und seinen Sprecher damit beschämt, was wiederum dazu führt, dass die Journalisten recht unverschämt (und ja, beschämend) reagieren.

    Warum ist das so? Zum Einen, weil die Journalisten vielleicht die Nase voll haben von PR (und sich dabei an einem liebgewonnen Feindbild orientieren), zum anderen aber, weil dies ein sektener Moment von Authentizität war. Und zwar nicht der inszenierten Authentizität, sonder derjenigen, die entsteht, wenn Menschen aus ihren professionellen Rollen fallen.

    Genau hier ist mein Punkt. In einer durch das Internet geprägten Welt, sind wir ständig auf der Bühne. Dabei tun wir gut daran, uns darüber klar zu werden, in welcher Identität/Rolle wir das sind. Dann können wir kontrolliert performen. Dummer Weise (bzw. zum Glück) sind wir alle Individuen (ich nicht!, ruft Brian hier), unsere Rollen sind unteilbar an uns als Menschen gebunden. Als solche sind wir empathisch, gierig, leibenswert oder dämlich.

    Bei Schäuble zeigt sich nun hier, wie er (auch) als Mensch ist. Das erzeugt den Bruch und provoziert das Verhalten anderer, die uns zeigen, wie sie sind, persönlich oder als Kollektiv, und das macht, das wir hingucken und uns selbst erkennen (wie bei dem Verlagserben aus Köln, der uns so viele Rollen angeboten hat, dass wir die als Medienmanager nicht mehr ernst nehmen können).

    In dieser Welt zu leben ist unsere Aufgabe, und nur, weil wir in einer unserer vielen Rollen, einen Fehler gemacht haben, bzw. aus den Rollen gefallen sind (und andere auch), ist das kein Grund zurückzutreten. Wir müssen es einordnen und weiter machen.

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  3. Djure und Sascha, ihr sprecht ja im Grunde das gleiche an - nämlich dass es von Schäuble, jetzt etwas zugespitzt, geradezu authentisch und menschlich und eben so sei, wie er ist. OK, das mag ich gerne zugeben. Das macht es aber auch noch schlimmer. Denn dann ist Schäuble eben nicht nur in dieser Situation ein Arschloch, sondern überhaupt. Nun ja.

    Und das Phänomen, dass "klassische Medien" auf einmal einen Social-Media-ähnlichen Ansatz von "draufhalten und zeigen" haben, mag tatsächlich etwas anderes sein als früher - führt dann aber dazu, dass sich die guten und die schlechten Eigenschaften von Menschen auf der Bühne verstärken. Man mag sagen, dass der Schäuble aus einer anderen Zeit stammt. Aber als Entschuldigung für arschlochiges Verhalten (und seine Mitarbeiter vor versammelter Mannschaft bloßzustellen, war auch vor 60 Jahren schon arschlochig, frag mal meinen Opa, 85 Jahre alt, immer ein Querkopf, der so was schon damals zum Kotzen fand) taugt das nicht.

    Insofern: Ja, ihr mögt Recht haben (sorry, dass ich euch zusammen werfe) - aber das machte es dann eher schlimmer....

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  4. Das sind wir dann wieder bei "Social Media is like cocaine" (http://jamiebeckland.com/2010/05/social-media-is-like-cocaine/#axzz14Q5KW2A5) und der Bill Cosby-Antwort zur verstärkenden Wirkung von Drogen "“Yes, but what if you’re an asshole?”

    Das Dumme ist nur, niemand schützt uns davor, dass mal irgendjemand uns des AL-Seins verdächtigt - berechtigt oder unberechtigt. Und während wir uns recht einig darüber sind, dass wir in einer ähnlichen Situation nicht wie Schäuble reagieren bzw. uns wie Offer fühlen wollen, gibt es nichts bis wenig, dass uns davor beschützt - außer unserer professionellen Rolle, die eben verhindert, dass wir auf ewig beleidigt sind.

    Ich bin im Übrigen auch der Auffassung, dass Schäuble die Nummer auch etwas peinlich ist, er aber nicht den Weg zu einer direkten Entschuldigung findet. Im Gegenteil: er hat fast schon eine diebische Freude daran, immer noch ein bisschen mehr zu sticheln. Aber wer kennt das nicht?

    Grundsätzlich plädiere ich aber dafür, erstmal nur das Verhalten von Schäuble in dieser Situation zu bewerten und nicht davon auf sein gesamtes Wesen zu schließen. Und selbst wenn er immer so wäre, finden sich genug, die mit ihm bzw. für ihn arbeiten. Warum? Ehrgeiz etc. Und wie geht es? Indem man eine professionelle Rolle einnimmt, Aus dieser heraus kann man dann auch immer sachliche Gründe finden, um die professionelle Beziehung zu beenden. Im Fall Schäuble - Offer kommt es also darauf an, ob sie das Thema klären können.

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  5. Für mich eine Diskussion aus dem Elfenbeinturm. Ich erlebe solche und ähnliche Situationen beinahe täglich. Meistens ist so ein Verhalten, wie es Schäuble an den Tag legt, das Ergebnis einer ganzen Reihe von Fehlern die der Mitarbeiter bereits im Vorfeld gemacht hatte. Dann kommt noch ein kleiner Lapsus hinzu und der bringt das Fass dann zum überlaufen. Dies passiert dann halt "auch mal" vor versammelter Mannschaft.
    Dabei sollte man bedenken das für Menschen wie Schäuble die Situation ganz anders ist. Schäuble lebt in der Öffentlichkeit. Für ihn gehören Journalisten und laufende Kameras zum Alltag wie für uns der Haufen Hundekacke auf dem Gehweg. Was für uns Normalsterbliche eine Ausnahmesituation ist, ist für Menschen die in der Öffentlichkeit leben Normalität. Und dann kann man davon ausgehen das sie sich auch in der Öffentlichkeit gewissermaßen "normal", besser gesagt, menschlich verhalten.
    Als Arschloch würde ich Schäuble deswegen nicht bezeichnen, mangelnde Professionalität könnte man ihm hier eher vorwerfen. Aber man möge mir mal den Menschen zeigen, der in jeder Lebenslage und 24 Stunden am Tag Vollprofi ist.

    Aus meiner Sicht war es auch noch nicht einmal ein rund machen. Vielleicht ein verschärfter Anschiss mit unpassendem Frotzeln. Zum rund machen gehört schon eine ganze Menge mehr dazu als jemanden einen Fehler vor zu halten. Hätte Schäuble sich noch über Dinge ausgelassen die hinter verschlossenen Türen passiert sind, wäre er lauter geworden oder hätte gar im weiteren verlauf der PK auf Offers Anwesenheit verzichtet, es wäre, zumindest in meinen Augen, ein rund machen gewesen.

    Mit Verlaub Herr Haltungsturner, Sie sind zimperlich. Leider ist es so wie meine Vorredner es bereits gesagt haben. Es gibt immer mehr Kameras, es gibt immer mehr Öffentlichkeit. Und dementsprechend wird es auch immer öfters solche Bilder geben. So traurig es vielleicht auch für den einen oder anderen sein mag, aber daran wird man sich gewöhnen müssen.

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  6. Mal ganz unabhängig von der Diskussion über Fehlverhalten, Konseqenzen, Menschlichkeit und so (ich denke, dazu sind wir uns fast alle einig):

    Ich stehe total auf Menschen mit einer klaren Meinung, mit starkem Rückgrat und mut, auch polarisierende Meinungen öffentlich zu vertreten, daher schätze ich Deine Tweets & den Blog sehr - dennoch muss ich nachfragen, ob die Kritik in diesem Fall nicht auch ohne das A-Wort möglich gewesen wäre.

    Ist es angemessen, einen Menschen für öffentliche Beleidigung zu kritisieren, indem man ihn öffentlich beleidigt? Auch wenn Herr Schäuble nicht direkt in einem Angestelltenverhältnis zu Dir steht, finde ich ich es dennoch fragwürdig, hier mit den gleichen Mitteln zu kämpfen.

    Denn gerade wir als Kommunikationsberater sollten mit dem guten Beispiel voran gehen, es ist unser Job, unsere Worte bedacht auszuwählen, emotionale Entgleisungen in der öffentlichen Kommunikation zu vermeiden und insbesondere beim Thema Social Media nicht das Vorurteil zu bekräftigen, dass in so einem Blog ja jeder sagt, was er will und dass das meistens negativ ist.

    Was meinst Du?

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  7. @Nina - Nein, ich glaube, dass das Wort Arschloch genau für Menschen erfunden wurde, die sich so verhalten wie Schäuble in diesem Fall. Und wenn man sich anguckt, wie er in den letzten paar Tagen kritisiert wurde, finde ich mich noch sehr zivil. "Unter Drogen", wie Kubicki es nennt, oder "ein typischer Schäuble", wie Leute sagen, die ihn gut kennen, finde ich sehr viel krasser (denn wenn das sein Normalverhalten sein sollte, wofür nach dem, was ich per Mail bekomme und was ich in Medien lese, immer mehr spricht, dann ist das ja noch ekliger als ich dachte).
    Auch ein politischer Kampfbegriff wie "Stasi 2.0" hat für mich eine noch weitergehende, weil tendenziell ehrabschneidende Dimension, auch wenn ich ihn damals auch verwendet hab.
    Du bist ja nicht die einzige, die die Wortwahl kritisiert, das sehe ich schon - ich stehe aber dazu und finde sie je länger desto mehr angemessen. :)

    @Ralf - Sorry, aber wenn du so ein Verhalten tagtäglich erlebst, dann tust du mir mehr als leid. Wie hältst du das aus? Ich halte ein solches Verhalten für krank. Und eine Umgebung, in der er regelmäßig vorkommt, wie offenbar deine berufliche oder private, für pervers. Ich wäre nicht bereit, in einer solchen Umgebung zu leben oder zu arbeiten.
    Was ich sehr irritierend finde, ist, an so einer Situation nicht zu leiden, sondern sie als normal zu empfinden. Ich bin gottfroh, dass es jetzt mehr Kameras gibt, dass das Gentlemenagreement nicht mehr gilt, das die Hauptstadtpresse einem wie Schäuble so etwas durchgehen lässt (denn wo kommen denn auf einmal all die (halb)anonymen Hinweise her, dass er sich immer so verhalte etc).

    Nenn mich naiv oder im Elfenbeinturm, gerne. Aber ich will und werde mich nicht daran gewöhnen, wenn sich Arschlöcher wie Arschlöcher verhalten.

    Wie mir jemand, die ich sehr schätze, per Mail in Erinnerung brachte: Am Umgang mit Bediensteten (und Untergebenen) erkennen wir am besten den wahren Charakter eines Menschen. Pfuideibel.

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  8. Zwei Dinge, eins im Jokus, eins im ernst.
    Schäuble hat sich aufgeregt, weil er im letzten halben Jahr gefühlt ungefähr zwei Wochen im Büro war und sich geärgert hat, dass seine ohnehin schon knappe Zeit ihm nun auch noch gefühlt gestohlen wird.

    Ich sehe es ähnlich wie Wolfgang (ob Arschloch oder nicht, möglicherweise würde Wolfgang mehr Gehör bekommen, wenn er sanfter formuliert hätte): Und wenn Schäuble viermal schlauer als ich ist, dann gehört sich das nicht. Ein Witz auf Offers Kosten vielleicht, ok. Alles Weitere wird intern besprochen.

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  9. Ich bin Berufskraftfahrer und habe ursprünglich in der Baubranche gelernt. Das nur nebenbei.
    Ich wüsste jedoch nicht was daran pervers sein sollte. Es ist offen und ehrlich. Pervers ist es, wenn sich jemand in der Öffentlichkeit als Plüschtier gibt und hinter der Bühne das Monster ist.
    An dieser stelle muss man sich auch mal fragen ob wir Schauspieler oder Politiker haben wollen. Ich zumindest kann als Mensch und Wähler besser mit einem ehrlichen als mit einem hinterhältigen Arschloch leben. Von dem einen weiß ich wie ich ihn zu nehmen habe. Von dem anderen weiß ich nicht ob er mir nicht bei nächster Gelegenheit ein Messer in den Rücken rammt.

    Hatte eigentlich jemand über Joschka Fischer gesagt er sei ein Arschloch weil er ausfallend und beleidigend zu einem Minister war? Oder hatte er den David-Gegen-Goliath-Bonus. Quasi kleiner Grüner gegen großen Schwarzen?

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  10. ok, Ralf, dann reden wir wohl aneinander vorbei. Ich dachte, ich hätte hinreichend deutlich gemacht, dass ich die öffentliche Bloßstellung eines Untergebenen als arschlochig bezeichne. Lässt sich weder mit einem rauen Umgangston (und ja, ich kenne das auch) unter Kollegen oder in der Linie aber nicht vor anderen vergleichen noch mit dem öffentlichen Beschimpfen eines Menschen, der nicht mein Angestellter oder Untergebener ist.

    Wer in der Öffentlichkeit oder vor anderen Mitarbeitern seinen Untergebenen demütigt, ist ein Arschloch imho. Punkt. Und wenn der Schäuble nach dem ersten Ärger abgerauscht wäre, ok, Schwamm drüber. Was ihn zum Arschloch machte, war vor allem das weitere Rumprügeln nach der Pause. Niemand kann sagen, dass er da noch im Affekt und im (sicher vorher verständlichen) Zorn gehandelt habe.

    Und Sebastian - ich denke, dass ich so viel Gehör gefunden habe (immerhin einer meiner meist gelesenen und meist betwitterten Artikel seit langem), hängt gerade damit zusammen, dass ich es mit diesem Fischer-Zitat zugespitzt habe. Zumal: im Artikel selbst betrachte ich es ja halbwegs differenziert, denke ich - denn mich hat es ja gerade deshalb so geschockt, WEIL ich von Schäuble jenseits aller politischen Meinungen und Programme so viel gehalten habe. Was, wie ich nun merke, blauäugig war.

    Interessant auch Prantls Artikel in der Süddeutschen dazu, finde ich, der noch weitere arschlochigen Ex-Minister aufführt.

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  11. Wieso mögen Sie das Wort "Respekt" eigentlich nicht? Was würde es besser beschreiben?

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  12. Jürgen Braatz9.11.10

    Lieber Luebue, ich finde die Wortwahl in der Headline würdelos. Damit hast du Dir auch selbst die Würde genommen, genauso wie Schäuble.

    DIE WELT hat es in einer seltenen Anwandlung gestern auf den Punkt gebracht: "Indem S. dem Sprecher die Würde nahm, nahm er sie sich selbst."

    Das Gefühl für Etikette, Stil und Würde nimmt zwar ab, aber immer wieder flackert es auf, wie bei dieser Mini-Affaire. Wir erwarten von einem Minister nicht, dass er sich wie ein normaler Mensch geriert, sondern von ihm verlangen wir mehr. So wie ich im übrigen - kühne Wende - von Köhler erwartet hätte, sich den lächerlichen Rücktritt zu verkneifen.

    Obendrein finde ich die von Dir gewählte Headline eitel, denn sie ist bekanntlich ein Zitat von Joschka Fischer, mit dem so mancher sich gerne auf eine Stufe stellen möchte.

    Traffic kann nicht alles sein.

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  13. Andreas - Dazu habe ich 2005 mal was gebloggt ;) Das falsche Wort zur falschen Sache. Mien Problem mit dem Wort Respekt ist, dass es oft missbräuchlich (im Sinne der Forderung nach Respekt) verwendet wird, was nicht verträglich ist mit einer demokratischen Meritokratie (um es mal verschwurbelt auszudrücken).
    Ja, ich verwende es, aber ich habe jedes Mal Bauchschmerzen.

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  14. Jürgen - eitel ja, das gebe ich gerne zu. Und auch arrogant übrigens. Die Überschrift ist geboren aus den ersten Reaktionen auf Twitter, wo ich zunächst nur (ungefähr, genau müsste ich nachgucken und das will ich nicht) "boah, was für ein Arschloch" gesagt habe, und jemand ironisch ein "aus rechtlichen Gründen schiebe ich ein mit Verlaub nach" dazu sagte.
    Jeder, der politisch interessiert ist, kann das Zitat direkt Fischer zuordnen, insofern ist es auch für jeden, der politisch nicht unter einem Stein lebt, als Zitat dem Sinne und der Form nach erkennbar, oder?

    Und ganz klar zu deinem Satz: "Wir erwarten von einem Minister nicht, dass er sich wie ein normaler Mensch geriert, sondern von ihm verlangen wir mehr." - Nein, das würde ich nie erwarten. Nur mich würde sehr erschrecken, wenn du oder irgendjemand sonst, den ich schätze, Schäubles Verhalten als "wie ein normaler Mensch geriert" bezeichnen würdest. Mein Punkt ist doch genau der: Kein normaler Mensch, der eine gute Kinderstube genossen hat und über Herzensbildung verfügt, würde jemals einen Untergebenen vor versammelter Mannschaft so behandeln. DARUM war ich so erschreckt.

    Also, wie auch schon in der Diskussion mit Nina Galla: Ich bin davon überzeugt, dass das Wort Arschloch genau für Menschen geschaffen wurde, die sich so verhalten wie Schäuble hier. Und es entspricht meinem (hey, das hier ist mein Wohnzimmer) Gefühl von Würde und Stil, es so zu benennen. Und damit fühle ich mich gut und auch gut verstanden. :)

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  15. Also ich finde ehrlich gesagt die dümmlichen Äußerungen von Ministerin Köhler zum Feminismus gravierender als Schäubles authentischen Ausbruch. Ersteres offenbart intellektuelle Defizite, letzteres menschliche Schwächen.

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  16. Wie witzig, Sascha, genau die habe ich eben gerade gelesen, also das ganze Interview. Und finde sie genau richtig. Ich hätte nie gedacht, dass ich der Schröder jemals bei irgendwas zustimmen würde. Huch?

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  17. Nochmal Widerspruch, lieber Wolfgang. Die Bezeichnung "Arschloch" ist völlig unangemessen. Was du denkst und möglicherweise im stillen Kämmerlein aussprichst und was Du in der Öffentlichkeit sagen bzw. schreiben kannst, sind zwei Paar Schuhe. Die Bezeichnung "Arschloch" ist eine justitiable Beleidigung. Schau mal, was es kostet, wenn
    Du einen Polizisten so titulierst. http://www.talkteria.de/forum/topic-5603.html
    Wenn Du das Niveau von Schäuble zu niedrig findest, sollte Deines höher sein.

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