2.12.10

Lost in Bureaucracy

Ich will nur eine Verpflichtungserklärung abgeben. Eine Freundin von uns, die einmal unser Au Pair war, studiert hier, hat ein gültiges Visum und so weiter. Die Geschichte ist nicht kompliziert, gehört aber nicht hier her.

Kompliziert dagegen ist es offenbar, die Auskunft zu erhalten, wie ich diese (kostenpflichtige) Erklärung abgeben kann, dass der Staat sich gegebenenfalls bei mir Kosten zurück holen kann, die ihm durch die junge Frau, nennen wir sie A., entstehen könnten.

Zuerst hat A. in der Ausländerbehörde nachgefragt, die im Bezirk, in dem sie wohnt, zuständig ist. Die haben sie offenbar nicht zu Ende ausreden lassen, sondern ihr die (natürlich falsche) Auskunft gegeben, ich solle zum Einwohneramt kommen, das für A. zuständig ist, da eine Unterschrift leisten - und fertig.

Nach eine halben Stunde Wartezeit guckt mich der nette Herr am Schalter verwirrt an. (Die gute Nachricht, zumindest die letzten Jahre über, ist, dass die Mitarbeiter in den Hamburger Einwohnerkundenzentren echt freundlich und nett sind.) Ich müsse zu dem Kundenzentrum gehen, in dessen Bereich ich wohne. Nein, wieso das jemand anders gesagt habe, wisse er nicht. Und nein, anders als jede normale Angelegenheit wie einen Reisepass zu beantragen oder so könne ich das nur in dem für mich nahezu nicht sinnvoll zu erreichenden Amt in Rahlstedt tun.

Vorsichtshalber rufe ich im Bezirksamt Wandsbek an, das dem Kundenzentrum Rahlstedt vorgesetzt ist, ob das so stimmt. Ja, das stimme, sagt man mir, ich brauche nur drei Gehaltsbescheinigungen mitnehmen und alles ginge wunderbar und einfach. Donnerstag sei es oft sehr voll. Danke für die Anfrage.

Ich also nach Rahlstedt. Immerhin ohne Wartezeit guckt mich der nette Herr am Schalter verwirrt an. Nein, da A. schon in Deutschland sei und ein bereits bestehendes Visum habe, könne er die Verpflichtungserklärung nicht ausstellen (oder annehmen oder was weiß ich wie das heißt). Das ginge nur, wenn sie noch im Ausland sei. Keine Ahnung, warum man uns das nicht gesagt habe. Das, was ich will, bekommt man nur im Bezirksamt Wandsbek (also da, wo ich angerufen hatte), unten im Erdgeschoss, bei den Ausländerangelegenheiten, nein, so weit er wisse, vergeben die keine Termine. Ich beginne zu ahnen, wie der Hase riecht und will das Pferd endgültig vom Eis bringen. Also, ich bin ja schlau, frage ich ihn noch einmal, ob es denn stimme, dass ich nur drei Gehaltsbescheinigungen brauche und sonst nix. Kommt mir latent komisch und allzu unbürokratisch vor. Trotz der 25 EUR Gebühr. Aber ja, das sei so.

Wandsbek ist für mich ganz praktisch, da kann ich auf dem Weg zur Arbeit aussteigen. Da in der Ausländerabteilung war ich schon. Als Deutscher wird man halbwegs normal behandelt, man will ja quasi nichts von denen. Darum sind wir mit unseren Au Pairs meistens mit hin gegangen, ist besser so, dann sind die da nett zu denen.

Ich also ins Wandsbeker Schloss. Mit mittlerer Wartezeit vor dem Zimmer, in dem man seine Wartenummer beantragen und bekommen kann (ja, so ist das da). Die nicht so nette Frau am Schalter guckt mich verwirrt an, als ich sage, ich habe das Formular, nach dem sie fragt, noch nicht ausgefüllt. Und außerdem brauche ich eine detailierte Aufstellung unserer laufenden Kosten, alle mit Nachweis, und einen Mietvertrag. Ach, Eigentum, oh, kompliziert, aber blablabla. Könne sie doch nichts für, dass man mir eine falsche Auskunft gegeben habe.



Kinners, das deutsche Ausländerrecht ist an sich schon mal grotesk, menschenunwürdig und falsch auf der ganzen Linie. Aber die fünf Stunden, die ich nun damit verbracht habe, zwischen Kümmelstraße, Amtsweg und Wandsbeker Schloss zu pendeln, fände ich selbst dann absurd, wenn die Bürokratie das Ziel verfolgen würde, zu verhindern, dass eine gut integrierte angehende Studentin hier bleiben darf. Vielleicht sollte ich A. doch raten, sich schnell einen Freund zu suchen und zu heiraten. Denn ihre geschiedene Freundin, mit der sie zusammen zur Schule gegangen ist am anderen Ende der Welt, hat diesen Ärger jetzt nicht mehr. Und sie ist ja nicht mehr katholisch.

2 Kommentare:

  1. Ich finde immer sehr schön, wenn Deutsche mal auf die Ausländerbehörde müssen, damit mal bekannter wird, was das eigentlich abgeht. Teiweise völlig unfreundliches, inkompetentes Personal und die Ausländergesetze passen super zu dem Buerokratie-Theater.
    Ich war da einmal, weil mein Freund (in Deutschland geboren, portugiesische Staatsangehörigkeit) darüber nachdachte, Deutscher zu werden.
    Dieses Vorhaben haben wir dann schnell sein lassen als uns die Frau in der Ausländerbehörde sagte, dass er (trotz 13 Jahre deutscher Schulbildung, Abitur und Diplom einer deutschen Hochschule) erst einmal zum Deutschtest müsse und doch bitte alle Schulzeugnisse ab 1. Klasse vorlegen solle, um nachzuweisen, dass er auch wirklich gut Deutsch könne. Deutsch ist eine seiner beiden Muttersprachen, aber die Frau sah sich außer Stande, das zu beurteilen.

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  2. Oh ja. Das skurrilste Erlebnis bisher war ja auch, als eine Deutsche mit sehr starkem russischen Akzent die Deutschkenntnisse unseres polnischen Au Pair überprüfen wollte, die gerade ihren Master in Germanistik gemacht hatte und nahezu akzentfreies und perfektes Deutsch sprach.

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