30.10.10

Die peinliche Woche für die Berater

Es ist schon witzig. Die meisten, die Unternehmen und Marken zu Social Media beraten, sind sich einig: das Wichtigste ist zunächst das Zuhören. Aber einige scheinen das zu vergessen, wenn sie die Chance zu einem Scoop wittern. Das kann auch nach hinten losgehen und im Ernstfall sogar massiv die eigene Reputation beschädigen. Ich denke, genau das ist einigen in den vergangenen beiden Wochen passiert.

Auf der einen Seite sind da die Berater, die nicht aus der Praxis kommen, sondern vor allem mit Vorträgen und Workshops glänzen (was absolut ok ist, kein Problem damit). Denen kann und will ich nicht vorwerfen, dass sie nicht erkennen, was die Deutsche Bahn mit dem Chefticket will, was Sinn und Unsinn davon war - und dass sie dann zu dem übereilten Schluss kommen, es sei ein PR-Gau oder so was oder komme von Anjatanjas. Dass gerade deren Blogs von Journalisten gerne gelesen werden, führt dann halt auch mal zu absurden, recherchefreien Artikeln wie dem bei heute.de oder dessen lauwarmen Aufguss bei kress.de (den ich vor lauter Fremdschämen nicht mal verlinken mag).

Und dann ist da der tragische Fall des PR-Bloggers, der so fest mit dem Namen des Kollegen Klaus Eck verknüpft ist, dass der unterirdische Schnellschuss seines Gastautors Jochen Hencke sogar geeignet ist, Klaus' Reputation zu beschädigen (was doppelt ironisch ist angesichts seines Tätigkeitsfeldes Reputationsmanagement).

Ernsthaft bestürzt war ich von Anfang an darüber, dass viele, viele aus dem so genannten "Berater-Mob" (nicht mein Wort, es fiel in diesem Zusammenhang mehrfach auf der Social Media Conference in München) von einem Zwang zum Dialog faselten, davon, dass hier eine Krise sei oder so was. Dass die Lautsprecher sich nicht die Mühe machten, mal zu gucken, ob das vielleicht einkalkuliert war, vielleicht sogar unter Kontrolle, oder - oh Schreck - bewusst provoziert. Sondern dann hektische Was-die-Bahn-jetzt-machen-muss-Artikel gebloggt haben oder mit E-Mails um sich warfen.

Diese Woche nun, also die Woche, in der die Verkaufsaktion für das Chefticket begann,hat gezeigt, dass alle die Recht hatten, die schon von Anfang an den Kopf über die Schreihälse geschüttelt hatten. Denn auf einmal geht auch die Kampagne los, beispielsweise mit einigem Media-Aufwand, beispielsweise mit einem Wallpaper auf bild.de:

Werbung für das Chefticket

Im besten Fall wird den Beratern, die sich allzu schnell zu allzu voreiliger Kritik haben verleiten lassen, das Ganze peinlich sein. Im schlechtesten rennen sie unter Absehung der Fakten noch ein paar Monate über Konferenzen und haben das Chefticket als Negativbeispiel dabei (wie diese Woche beim Social Media Club Hamburg und bei der Social Media Conference München). Im realistischen und nicht minder absurden Fall werden sie das Ganze so drehen, dass sie Recht hatten und es trotzdem ein Erfolg war. Viel Spaß.

Ich denke, dass einige von den "Beratern" deshalb so verschreckt auf die Chefticket-Aktion reagiert haben, weil sie Social Media bisher fast ausschließlich durch die PR-Brille betrachtet haben. Es waren ja auch vor allem Leute aus der PR oder dem Journalismus, die so geschrieen haben. Und für viele PR-Leute ist ja merkwürdigerweise "Dialog" immer noch die Monstranz ihrer Arbeit und für einige sogar immer noch ein Ziel. Was sie nicht erkennen, ist, dass Dialog immer nur ein Instrument zu einem wichtigeren Ziel ist, so wie PR immer nur ein (oft kleines, weshalb die Budgets auch so klein sind) Instrumentenfeld innerhalb der Gesamtkommunikation und vor allem innerhalb von Marketing und/oder Vertrieb ist.

Die Reaktion der PR-Social-Media-Blase auf das Chefticket zeigt mir: Auch wenn der kritikfeste Dialog, die Heimat der PR, vor allem in den ersten Jahren ein sehr hilfreiches Instrument war, um in den Social Media zu bestehen, so ist er eben immer noch notwendig - aber längst nicht mehr hinreichend. Die guten und erfolgreichen Social-Media-Projekte kommen immer weniger aus der PR und immer mehr aus anderen Bereichen (siehe Chefticket, siehe "Telekom_hilft", siehe 1&1, siehe - jaja, pro domo, weil unsere Projekte - Hornbach und Carlsen). Und weil vor allem die Social-Media-Spezis, die aus der PR kommen, sich auch immer noch so schwer tun mit der Frage nach dem ROI (Return on Investment) schon ihrer Herkunftsdisziplin und erst Recht ihrer Social-Media-Maßnahmen, weil es ihnen so schwer fällt, zu benennen, was "bottom line" rauskommt, werden sie - das ist meine Prognose - auch dieses Feld wieder an andere verlieren. Und zwar im kommenden Jahr. Hear my words.

Zu meiner Einschätzung des Chefticket bisher habe ich mit Alex Wunschel übrigens auch den jüngsten Brouhaha aufgenommen. Und wenn ich es mal so unbescheiden sagen darf: Ich finde, es ist einer der besten, die wir bisher gemacht haben.





Download MP3 (24:27; 22.6MB)


[disclosure: Ich leite den Bereich "digitale Strategie" bei achtung! und einer unserer größten Kunden ist die Deutsche Bahn AG. Wir haben mit dieser Kampagne nichts zu tun, waren nicht involviert und nicht betroffen. Aber ich kenne den einen und die andere, die damit zu tun hatten. Das habe ich übrigens mit einigen der heftigen Kritiker dieser Kampagne gemeinsam, von denen sogar welche zum engeren Zirkel gehörten, die diese Aktion geplant hatten.]

13 Kommentare:

  1. Die Kommunikation auf der FB-Seite war vorhersehbar. Zu Beginn melden sich alle möglichen Kritikaster lautstark zu Wort. Mit Wachsen der Community wehrt sich diese gegen das Gestänker und moderiert (im Wortsinn) selber. Das Angebot der Bahn ist günstig, viele Kunden nehmen es gerne wahr, die Kritik von "Experten" interessiert sie überhaupt nicht.

    Ein anderes Thema ist die PR-Brille. Ich verstehe nicht, wie jemand die noch aufhaben kann. Unseren Kunden ist es völlig egal, mit welchem Handwerk wir ihr Problem lösen. Ob das PR, Marketing, Vertriebsunterstützung, Werbung, SEO oder SM heißt, bedeutet ihnen nichts. Sie sind an Lösungen interessiert, wir müssen uns darum kümmern. Und wie wir uns dann selber nennen, ist auch völlig egal.

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  2. Hallo Wolfgang,

    ich wollte zu dem Thema schon lange etwas schrieben bzw. Euch dann auf den Brouhaha-Podcast antworten, aber leider nur sehr wenig Zeit und deshalb auch hier nur kurz:
    1. Social Media gehört nicht der PR, wie keinem anderem, da hast du recht, genauso wenig wie der Buchrdruck etc., aber für erfolgreiche Social Media Engagements, egal welcher Art, sind ein paar klassische PR-Skills nicht schlecht, deshalb kaufen ja die janzen Marketing/Werbe/FullService etc. Agenturen in letzter Zeit so viele PR Leute ein ;) Und das hat jetzt per se erstmal nix mit Dialog zu tun.
    2. Man muß/sollte Social Media, wie alle kommunikativen (und auch sonstigen) Engagements auch immer (nicht nur) durch die klassische PR-Brille sehen: „Handlungsrahmen für das Unternehmen erhalten“ & „Management von Meinungsbildungsprozessen“
    3. Und genau dass, (2.), ist der Punkt wo ich bei der Cheftcket-Aktion, wenn wir sie als Case betrachten wollen und nicht als Einzelaktion von der DB (Sonderrolle: Staatsunternehmen, Monopolist etc.), ich sach mal Optimierungsmöglichkeiten sehe
    4. Das Ganze hat dann was mit „(Stellen)Wert der Kommunikation“, mit Issuesmanagement und wieder klassischer PR (siehe 2.) und Folgekosten für verlorene/eingeengte Handlungsrahmen und kritische Meinungsbildung (siehe S21) und Positionierung im Wettbewerb und Marktumfeld (hier konkret ja eher weniger) zu tun. Darauf seit Ihr beim brouhaha leider nicht eingegangen.
    5. Ich mach ja viel Issues- und Kriesenmanagement und da warten wir ganz oft, gerade online erstmal ab, nicht immer, manchmal muss man auch ganz schnell sein, aber oft kann man auch abwarten oder auch Dinge in „kontrollierten Umfeldern“ zur „Explosion“ bringen. Das ist Alltagswerkzeug im Issues- und Kriesenmanagement, allerdings sollte man dann, wie sonst auch, immer das ganze Bild betrachten und durch die (Meta-)Kommunikationsbrille sehen, statt nur durch eine Verkaufs-, Marketing-, Vertriebs-, Regional-; Medien- oder sonst was Brille. Und hier, genau hier, wie gesagt, sehe ich diverse Optimierungsmöglichkeiten und würde das Ganze nicht gerade als super gelungen bezeichnen.

    My short 2 cents, gerne bei Gelegenheit Vertiefung.

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  3. Jens Best1.11.10

    Hmm, der Chefticket-Aufschrei ging zum Glück an mir vorbei. Die Kommunikation von DB auf facebook ist aber sicher insgesamt noch entwicklungsbedürftigt.

    Unterstelle ich mal, dass die facebook-Seite mit dem Titel "Deutsche Bahn" mit den meisten "Gefällt-Personen" tatsächlich von DB ist, findet da nichts an Öffentlichkeitsarbeit statt.

    Aber irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass die fb-Seite garnicht von DB betreut wird, sondern ein ähnlicher Fakeeintrag wie die DHL-Seite mit über 11.000 Menschen ist. (Ein Anruf bei DHL vor ein paar Monaten bestätige mir, dass die nach wie vor nicht wissen, was es da an negativem und positivem Potential gibt, aber es werden wohl gerade neue PR-Leute eingestellt.....na dann.)

    Zurück zur Bahn: Das Thema Bahn und Transparenz zum Bürger u.a. via digitalen Dialogweg sollte auch nicht singulär mit einer piefigen facebook-Seite geschehen.

    Schaut man sich die Website von Pro Bahn an, immerhin die aktivste Verbraucherinitiative in dem Bereich, ergibt sich für den geübten Blick auch hier "Upgrade-Möglichkeiten". Aber die Arbeit als wirtschaftslobby-freie Zivilgesellschaft ist nicht einfach und immerhin zeigen sie Humor in ihren FAQs (z.B. "Macht PRO BAHN reich und schön? Reich? nein! schön? vielleicht."). http://www.pro-bahn.de/

    Zu der Fake-Veranstaltung "Kundenbeirat", den die Deutsche Bahn sich seit 2004 hält (mit nicht-öffentlichen Sitzungen natürlich, die in 6 Jahren kein einziges kritisches Papier produziert haben...), will ich mal nichts sagen. http://de.wikipedia.org/wiki/Kundenbeirat_(Deutsche_Bahn)

    Dass die Bahn Innovative internet-basierte Mobilitätsideen unterdrückt statt fördert, zeigt ihre doch sehr dreiste Klage gegen das Start-Up deinbus.de http://www.deinbus.de/klage/

    Die Eier auch Mercedes-Benz zu verklagen hat die Bahn dann aber anscheinend nicht, denn gegen dieses coole Projekt haben sie noch nicht geklagt: http://blog.mercedes-benz-passion.com/2010/09/daimler-ag-startet-weiteres-pilotprojekt-in-ulm-%E2%80%93-%E2%80%9Emitfahren-2-0%E2%80%9C-mit-car2gether/

    Indeed, eine peinliche Woche für den "Berater-Mob" #ilike - aber auch eine weitere peinliche Woche für die transparente Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Bahn. Herzlichen Glückwunsch für ein paar verkaufte Online-Tickets.
    Well, well, dann nur noch schnell neugierig gefragt: Für welchen Bereich der DB arbeitest du denn jetzt?

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  4. Inhaltlich steige ich später noch mal in die Diskussion ein, nur schon mal auf Jens' Frage geantwortet am Ende seines Kommentars: Ich persönlich bin in keinem Projektteam für die Bahn, aber bei allen den Projekten involviert, die mit Social Media und/oder digitalen Kanälen zu tun haben. Einige Beispiele findest du hier, wenn du das Kundenlogo aufrufst: http://www.achtung.de/referenzen/projektbeispiele/index.php

    (und ja, blogger.com ist doof, aber als ich damals mit dem Bloggen anfing, hatten wir noch nix anderes - und ich wollte nie umziehen, konservativ wie ich bin)

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  5. ich zitiere mich an der stelle mal selbst

    (tweet vom 19. okt.) typisch deutsch? jeder case in social media wird direkt kaputt geredet. ihr theoretiker freut euch lieber, dass jmd mal was macht #db

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  6. Den Artikel kann ich so unterschreiben. Die Social Media Schreihälse sind unerträglich ...

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  7. "Die guten und erfolgreichen Social-Media-Projekte kommen immer weniger aus der PR und immer mehr aus anderen Bereichen"? Was heißt hier "immer weniger". Gab es schon einmal "erfolgreiche" Social Media Projekte (aus der PR)?

    Meine These: Du kratzt wieder mal nur an der Oberfläche. Du denkst nur in Kampagnen. Der Witz an "Social Media" (oh, wie ich inzwischen dieses Wort hasse) ist, dass Unternehmen mit Volkes Stimme umgehen lernen - nicht Kampagnen zu kreieren. Der Witz an Social Media ist "Beziehungen aufzubauen" (= Relations). Der wirkliche Erfolg von Social Media ist selten ein "sensationeller", kurzfristiger sondern ein langfristiger und nachhaltiger. Und den sieht man eben nicht so.

    Und ganz nebenbei: Sowohl Telekom_hilft als auch 1&1 sind übrigens in erster Linie PR-Kampagnen. Oder wie willst Du den "Erfolg" begründen? Support ist für Unternehmen ein reiner Kostenfaktor. Und der ist durch Social Media nicht geringer geworden. Da wette ich 'ne Flasche Schampus drauf. Und ob das Chefticket ein "Erfolg" wird muss sich auch noch beweisen. 50.000 Fans sind noch nicht ein Erfolg. Noch nicht einmal 50.000 verkaufte Tickets. Jedenfalls nicht, wenn man die mit der 1 Million Tickets ins Verhältnis setzt, die die Bahn mit Lidl abgesetzt hat.

    Und Hornbach? Du meinst dieses komische Haus? Ein Erfolg? Warum denn?

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  8. Verstehe das alles nur bedingt. Warum soll der massiv beworbene Abverkauf von Tickets auf einer reichweitenstarken Plattform in einer reiseschwachen Zeit, in der nur noch die Business-Kasper nachts in Zügen rumhängen, denn was Besonderes sein? Ob das strategisch klug gedacht oder überhaupt mal strategisch gedacht war seitens der Bahn, kann ich nicht beurteilen. Der Gedanke, den Ihr im Podcast verfolgt, mag seinen Wahrheitsgehalt haben, ob es so geplant war - nun ja, keine Ahnung.

    An dieser Abverkaufsaktion ist so gar nix "Social Media", und es hilf auch nix, wenn man es behauptet, nur weil es auf Facebook stattfindet. Es geht um's Verkaufen, nicht um's Quatschen. Es geht um Aufmerksamkeit, Reichweite und Transaktionen, nicht um Dialog und Beziehungen. Die Leute von Ogilvy - und das kann ich sagen, weil ich da mal gearbeitet habe - wären nicht so dämlich, ein solches Video zu der Aktion zu produzieren, wenn es um Dialog ginge.

    Das Chefticket ist eine klar vertrieblich orientierte Marketing-Aktion. Was hier besonders gut funktioniert, ist die enge Verzahnung von Marketing und Vertrieb, ermöglicht durch die Kommunikationsmechanismen des Social Web. Das ist auch schon alles. Diese Kommunikationsmechanismen zu nutzen bedeutet in der Konsequenz nicht mal annähernd, dass wir es hier mit einem sog. "Social Media Projekt" zu tun haben.

    Und - Leute! - es wäre klug, sauber zwischen PR, Marketing und Vertrieb zu unterscheiden. In einem großen Konzern ist Public Relations NIE Marketing und NIE Vertrieb. Wer das nicht weiß, hat noch kein vertriebsorientiertes Projekt in einem Großkonzern gemacht oder versteht nix von Marketing. Begriffsverwirrung führt zu unsauberen Kriterien und Methoden sowie zu Meta-Diskussionen, man kann's kaum noch ertragen.

    Also, @luebue, weitestgehend Zustimmung, bin gespannt auf die angekündigte Kommentarstellungnahme.

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  9. Zitat: "Und - Leute! - es wäre klug, sauber zwischen PR, Marketing und Vertrieb zu unterscheiden. In einem großen Konzern ist Public Relations NIE Marketing und NIE Vertrieb."

    Falls das eine Replik auf meinen Post sein: Da haben wir keinen Dissens. Aber wieviele große Konzerne haben wir in Deutschland? In KMU wird das nur selten unterschieden. Der Mittelstand braucht Lösungen, keine klugen, sauberen Unterscheidungen und schon gar keine Meta-Debatten. Haben wir nicht lange genug über "integrierte Kommunikation" (90er Jahre) bzw. "360 Grad-Kommunikation" (laufende Dekade) geredet?

    Im übrigen ist auch für mich die FB-Aktion der Bahn Vertrieb auf einer SM-Plattform.

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  10. @Markus: Ich glaube niemand (zumindest hier) bestreitet, dass es sich augenscheinlich (genau wissen wir es anscheinend alle nicht) beim chefticket um eine reine Vertriebsaktion handelt bzw. einen Absatzgetriebenen „Testballon“ bzw. „eine vertrieblich orientierte Marketing-Aktion“. Und die Frage die ich bzw. zum Teil wir hier interessant finden, ist aber genau das: War es strategisch und operativ klug gedacht und gemacht?

    Mit „Social Media“ hat das ganze erstmal alleine deswegen etwas zu tun, weil es halt bei Facebook stattfindet. Ich weiß nicht, wie deine Definition von einem „Social Media Projekt“ ist, aber Facebook ist eine Social Media Plattform/Arena/Kanal (wie immer man es nennen mag) und genau deshalb hat das Chefticket erstmal etwas mit Social Media zu tun – nicht mehr und nicht weniger. Warum alle immer auf dem Dialog rumreiten weiß ich auch nicht, Dialog ist einer und nur einer von vielen optionalen Bausteinen.

    Natürlich ist Public Relations kein Marketing und kein Vertrieb, niemals, nein, ABER Public Relations trägt wichtige Teile zur Zielerreichung des Vertriebs und des Marketings bei und sichert diese ab – und das auf diversen Ebenen. Und das ist jetzt kein theoretischer Schnackerkram, det ist täglich erlebte Wirklichkeit. Es gibt hier, zumindest aus meiner Sicht, keine Begriffsverwirrung. Es gibt hier nur eine immer komplexer werdende (u.a. kommunikative und unternehmerische) Welt, welche z.B. die Notwendigkeit von integrierter Kommunikation und einem strategisch verankertem Issuesmanagement immer wichtiger macht. Genau deshalb habe ich, als „klassischer“ Public Relations Mann ja immer öfter mit dem Marketing & Vertrieb & diversen weiteren Abteilungen von Großkonzernen zu tun – und das nicht nur in Krisenzeiten – und wer das nicht weißt, versteht nix von Public Relations ;) … Und genau deshalb arbeite ich, wo immer möglich, so eng mit dem Marketing und Vertrieb zusammen, genau deshalb muss ich als Public Relations Mann Marketing und Vertreib Wirklichkeiten und Denke verstanden haben und Ihnen meine erklären. Und klar muss ich da immer mal wieder mit Public Relations Verständnissen aus BWL-Büchern der 80ern aufräumen, ok, da gibt es dann zuweilen Begriffsverwirrung, die man aber schnell aufklären kann und ich denke hier bei luebue im Blog wissen wir, wovon wir reden, wenn wir Public Relations sagen. Aber sicher es gibt auch immer noch die Public Relations = PR = Press Relations oder sonst was denke. Und klar, vor allem deutsche Journalisten haben noch immer keine Ahnung was Public Relations eigentlich wirklich ist und macht. Aber da müssen wir hier doch jetzt nicht rein oder?
    Und Meta-Diskussionen bzw. der „Blick aufs Ganze“ würde einigen Leuten & Unternehmen immer noch mal ganz gut tun ;)

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  11. @Jürgen - mein Reden ;)

    @Timo - das bedarf einer längeren Diskussion, da hast du Recht. Ich bin bei vielen Punkten bei dir, wenn es um Public Relations geht, bei vielen anderen Punkten hat Markus unten das gesagt, was imho gesagt werden muss. Gerade, dass die Werbe- und Abverkaufsagentur einen sehr guten Social-Media-Berater (ja, auch das gibt es) mit reingeholt hat, zeigt ja, dass es hier strategisch mitgedacht und - meine Meinung - gut umgesetzt war. Aber ja, gerne später mal mehr.
    Denn auch hier wieder der Verweis auf Markus mit seinem Kommentar.

    @Jens - genau das, was du beschreibst, ist ja das extrem herausfordernde Spannungsfeld, in das die Bahn immer hinein sprechen muss und wird, egal, was sie tut (weshalb PR eben, und hier widerspreche ich Markus ein klein wenig, auch immer mitgedacht werden muss, hier imho auch wurde).
    Nur: In diesem Spannungsfeld kann die Bahn als Unternehmen nicht "gewinnen", weshalb ich es richtig finde, dass kein ergebnisoffener Dialog an dieser Stelle über alles und jeden geführt wird. Ich denke: Der Balanceakt ist hier vorbildlich gelungen (und klar kann man immer irgendwas besser machen, weshalb ja auch Mathematiker so gerne Doppelkopf spielen).

    @Mirko - Die Frage nach erfolgreichen Social Media Projekten stellst du nicht wirklich, oder? Oder ist mein erster Eindruck doch richtig gewesen, dass dein gesamter Kommentar Comedy ist (so wie du auch, siehe 1&1, behauptest, JvM sei eine PR-Agentur)??? Nehmen wir mal spaßeshalber an, du meinst deinen Kommentar ernst, dann würde ja eigentlich ein "QED" als Antwort reichen. Denn mit den Aussagen würdest du dann ja hinreichend zeigen, dass ich (von Details, über die man streiten kann, abgesehen) im Großen und Ganzen Recht habe.
    Und übrigens: Ich denke nicht "nur" in Kampagnen, sondern habe lediglich in den letzten Jahren dazu gelernt. Denn auch Kampagnen sind möglich. Das sehen viele Social-Media-Anfänger nicht, habe ich auch nicht gesehen, als ich angefangen habe, weil mir ebenso wie jetzt vielen, die in den letzten Jahren erst angefangen haben, sich mit Social Media zu beschäftigen, zunächst das revolutionäre Element aufgefallen ist.
    Nur: Wenn man dann mal ein paar Jahre dabei ist und mit den unterschiedlichsten Kunden an dem Thema (und oft, sorry to be such a smartass, erfolgreich) gearbeitet hat, dann versteht man irgendwann, dass nicht Social Media die Veränderungen bewirkt, sondern dass Social Media ein Ausdruck der Veränderungen ist. Gehört wohl zum Prozess des Erwachsenwerdens mit dem Thema.

    @Markus - Du hast, fast muss ich sagen: wie immer, Recht. Und vor allem dein Hinweis, dass PR in Großunternehmen als Funktion nicht dem Marketing zugehört, stimmt natürlich (da war mir meine Arbeit mit FMCG etwas im Weg, wo das oft so ist). Wo ich etwas anderer Meinung und Erfahrung bin, und das zeigt, siehe oben, auch dieses Beispiel: Dass eine Marketingaktion oder eine Vertriebsaktion auch PR-Implikationen hat, wissen heute immer mehr Kunden und Unternehmen. Und darum ist das hier nach meiner Beobachtung mitgedacht worden, wenn auch nur am Rande. Ansonsten kann dein richtiger Hinweis, dass wir es hier nicht mit Social Media zu tun haben, erklären helfen, warum die Social-Media-Berater, die sich peinlich gemacht haben rund um das Chefticket, sich peinlich gemacht haben. :)
    (disclosure: Markus und ich haben gemeinsam an einem extrem erfolgreichen Social-Media-Projekt für ein DAX-Unternehmen gearbeitet)

    @all - Danke für das viele Feedback, auch per Twitter oder direkt oder im richtigen Leben oder per Chat. Und danke für die vielen Besuche hier.

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  12. So, da sich der Autor des Artikels ja selbst als erfahrener und erfolgreicher Social Media Mann (oder Berater, wenn man in einer Agentur arbeitet???) bezeichnet, versuche ich das ganze mal als jemand zu bewerten, der auf Unternehmens- und Agenturseite gearbeitet hat - KMU wie Dax. So, da habt Ihr's jetzt erstmal.

    Zum Inhalt: Es gibt einen Grund, warum in großen Konzernen PR in der Regel direkt an Geschäftsführung oder Vorstand berichtet. Die Konzernführung will oftmals eine Bewertung aller anderen Maßnahmen und auch eine Sicherheit vor kommunikativen Krisen bzw. eine Beratung für den Umgang damit. Dies mag für das Marketing bedeuten, ohne PR auszukommen - es bedeutet für das Unternehmen insgesamt aber genau das GEGENTEIL!

    Wenn ich nun die Bahn nehme, deren Image in diesem Sommer besonders stark öffentlich beschädigt wurde, so kann niemand ernsthaft versuchen, öffentliche Initiativen nicht auf das kommunikative Gefährdungspotenzial abzuprüfen. Das hat auch mit allgemeinen Regeln nichts zu tun, sondern einzig mit der speziellen Bewertung eines speziellen Unternehmens in einer speziellen Situation.

    Und niemand kann behaupten, das eine FB Seite nicht eine besondere kommunikative Wirkung hätte - sonst hätte der Autor dieses Artikels ja auch nicht von möglichen KAMPAGNEN gesprochen.

    Die Frage einzig ist und muss es auch für die Bahn sein: Was ist der Mehrwert dieser Aktion fürs Unternehmen? Verkaufte Tickets? Wäre wohl über Lidl auch möglich gewesen. Eine Menge Fans? Sind das wirklich Fans oder eher Leute, die ein Tickets wollten, die Seite als Kundendienst benutzt haben, oder auch einfach nur mal meckern wollten. Sind 50.000 Fans für die Bahn eine relevante Größenordnung?

    Mittlerweile gibt es eine Aktion "DeinBus" gegen die Bahn. Mehrere Twitter Fake Accounts. Ich stelle die Frage, ob dies nicht auch eine Reaktion auf die FB Offensive der Bahn ist. In der Kommunikation ist es meist so: Offensiven bewirken Gegen-Offensiven, gerade bei polarisierenden Unternehmen.

    Und die Chefticket Seite der Bahn ist eine Kommunikations-Offensive. Da spielt es überhaut keine Rolle, ob sie rein marketing- oder vertriebsgesteuert ist.

    Aus reiner Vetriebssicht mag man das Cheftiket dann als Erfolg werten. Aber der Vertrieb sollte ein Unternehmen nicht in anderen Bereichen gefährden. Eine solche Sichtweise können nur Spezialisten haben. Eine Unternehmensführung muss ganzheitlich bewerten.

    Deshalb plädiere ich nach wie vor dafür, dass nicht Social Media Berater (ob einzeln, in Agenturen oder Unternehmen) Entscheidungsgewalt haben, sondern strategische Kommunikatoren, die weitsichtig denken können und verstanden haben, dass Social Media immer Kommunikation und somit nicht von PR im allgemeinen zu trennen ist.

    P.S. Eine erfolgreiche Kampagne schützt nicht vor großen Fehlern in der Zukunft. Nur wer immer wieder kritisch prüft und neu bewertet, wird erfolgreich sein!

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  13. Darf mich nochmal der Diskussion anschließen: Wichtige Hinweise bzw. Klarstellungen zum Verhältnis von Marketing und PR, ja! Darum habe ich auch von "unterscheiden" geschrieben und nicht von "trennen".

    @Jürgen: Gute Hinweis auf die kleineren Unternehmen, da liegt der Fall in der Tat nochmal anders.

    @Timo: Ich bin völlig einverstanden, was die Verbindungsstellen angeht. Weder PR noch Marketing führen ein isoliertes Eigenleben, aber sie sind in Bezug auf Kommunikationsziele und Wertbeitrag in der Kommunikation zu unterscheiden. Meta-Diskussionen kann ich auch vertragen, nur nicht, wenn sie auf unscharfen Kriterien beruhen. Ich denke, das haben wir erlebt, und da hat der Luebue völlig recht.

    Und schön zu lesen, dass es Umfeld dieser ganze Bahn-Geschichte die Gelegenheit gibt, Leute wahrzunehmen, die nicht nur über die Kommunikationsmechanismen reden, sondern die Kommunikationsziele im Blick haben. :-))

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