1.10.10

Schwarz-Grün ist am Ende

Es gibt in diesem Land zurzeit drei Parteien, die politisch interessant sind: Die CDU, die Linke und die Grünen. Die letzten Monate war das spannend zu beobachten. Die Linke als Partei der Modernisierungsverlierer hat einen in sich relativ geschlossenen Politikansatz, der sie faktisch aus der Diskussion ausschließt - und CDU und Grüne haben jeweils halbwegs konsistente Programme, die sie, gebremst von ihren populistischen und schlingernden Partnern, versuchen oder versucht haben umzusetzen. Dass ich das eine besser finde als das andere, ändert nichts an der Analyse, dass es die beiden konkurrierenden politischen Ideen sind, die zurzeit in Deutschland existieren. Die letzten Umfragen bringen das nur an die Oberfläche.

FDP und SPD, die früher einmal politische Parteien zu sein pflegten, sind in den letzten Jahren (SPD) oder Monaten (FDP) vollkommen von der ernstzunehmenden Bühne verschwunden, insbesondere die SPD schlingert tragisch und traurig vor sich hin (was wohl nicht mal explizit daran liegt, dass ihr Popularkulturlismusbeauftragter Vorsitzender ist. In Hamburg und Baden-Württemberg zeigt sich das ganze Drama in den grotesken Pirouetten rund um Familien- und Schulpolitik (Hamburg) und Stuttgart 21 (BaWü). Es kann kein Zufall sein, dass die Auseinandersetzung um Atomkraft, Hartz IV und Stuttgart eher CDU und Grüne als die eigentlichen Kontrahenten sieht, als die politischen Gegenpole, als die beiden Gruppen, die in diesen Fragen tatsächlich Vorschläge anzubieten haben, die sich nicht an Umfragewerten sondern an Programmarbeit und Überzeugungen orientieren.

In naher Zukunft halte ich es für möglich und wahrscheinlich, dass CDU udn Grüne die jeweils tragende Kraft von Regierungsbündnissen werden - und sich den zum jeweiligen Zeitpunkt halbwegs passenden Partner aus den anderen Parteien suchen, der sie am wenigsten behindert. Deshalb hat sich auch in vielen Politikbereichen so wenig geändert, als die SPD im Bund durch die FDP ersetzt wurde.

Und damit sind wir bei Schwarz-Grün. Ich war ein Anhänger dieses Bündnisses und halte es weiterhin für gut, dass wir es in Hamburg haben. Nicht nur, weil es Optionen erweitert hat, sondern vor allem, weil sich zeigt, dass eine programmatisch halbwegs kosistente Partei tatsächlich in einem Zweckbündnis einfache ist als eine populistische Schlingergemeinschaft. Die berühmte vertrauensvolle Stimmung, you know.

Aber Schwarz-Grün funktioniert nicht. Denn mit einer unsicheren, vor allem unpolitischen Partei zu regieren, ist dann trotz allem denkbarer als mit einer anderen sicheren, wertegetriebenen Partei, die tatsächlich ein politisches Ziel verfolgt. Während die so genannte Große Koalition funktionierte im Bund, weil es eben keine auf Augenhöhe war, leidet Schwarz-Grün faktisch am Große-Koalition-Syndrom - und kann nur ein Übergang sein.

Gerade die beiden politischen Antagonisten für die nächsten Jahre, eben CDU und Grüne, die bereits jetzt die politische Diskussion treiben, werden nur im Notfall koalieren können. Sicher: Hamburg ist genau dieser Notfall, da die Linke eine (wenn auch konsistente) Fundamentalopposition ist und die SPD, gerade hier in der Stadt, vollkommen regierungsunfähig, sowohl personell als auch programmatisch.

Es wird spannend werden: CDU und Grüne werden mehr und mehr um die gleichen Wähler buhlen - den Teil der Bevölkerung, der politisch interessiert ist und dem wichtig ist, dass Politik mit einer Haltung (sic!) und einer Position verbunden ist, die sich nicht alle drei Wochen ändert. Und beide werden sich für eine Regierung um Partner bemühen, die sie möglichst wenig behindern (und hier ist für die Grünen das eigentliche Dilemma, denn die SPD, die unser "natürlicher" Partner wäre, wird sich mit ihrer neuen Rolle a la FDP nicht so leicht abfinden). Ein Weg könnte sein, weiterhin auf den Regierungschef zu verzichten - und die an sich unsinnige Tradition (die ein deutscher Sonderweg ist) zu beenden, dass die größte Partei oder die inhaltiche führende diesen Posten besetzen muss.

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