9.8.11

Die Neue Volkspartei erleben und ausprobieren

Als ich das Promovideo von Metaio zur Wahlkampf-App der Berliner Grünen sah, war ich sehr aufgeregt. Und das liegt nur zum Teil an dem Video und der sehr gut umgesetzten Mitmachidee, seht selbst:



Noch mehr liegt es daran, dass zusammen mit der Website diese App ein Symbol für einen neuen Politikansatz ist. Ehrlich gesagt, wäre ich mir nicht sicher, ob die Berliner Grünen sich wirklich bewusst sind, was da passiert. Die Diskussionsansätze, die dieses Dingens im internen Forum meines Landesverbands ausgelöst hat, zeigen mir, wie sehr Website und App tatsächlich für das stehen, was ich Neue Volkspartei oder Volkspartei neuen Typs nenne (meine gesammelten Ergüsse dazu hier im Blog unter dem Label "grüne").

Denn tatsächlich war die erwartbare (interne) Kritik die nach den eigenen Inhalten und Positionen und den "Mühen der Ebene". Tatsächlich ist der Charme und das Elektrisierende dieser Mitsprachestadt nicht mehr in den - jetzt mal bös überzeichnet - Weltbeglückungsansätzen traditioneller grüner Politik erklärbar. Wahrscheinlich kann auch wirklich nicht begreifen, was da passiert, wer grüne Politik als die Durchsetzung von Positionen begreift.

Mit einer Position und Haltung zu den Problemen der Stadt (das ja!) geht ein solches neues Konzept den Weg, Menschen zu beteiligen, ihre Wünsche zu moderieren, politische Beteiligung zu managen. Das ist nicht sexy und führt vielleicht nicht dazu, dass 150% überzeugte Grüne zufrieden sein werden - aber es trifft den Geist der neuen Bürgerlichkeit, des neuen Engagierens und der Rationalität aus dem Gefühl heraus. (Und im Übrigens ist dies wohl auch mittelfristig der einzige Weg, Gewalteruptionen vielleicht zu verhindern, London grüßt.)

Tatsächlich ist die "Neue Politische Kultur", die Renate Künast ausgerufen hat, weit radikaler als es uns heute auf der Oberfläche erscheint. Und sie lässt sich auch nicht kaputt machen durch so dummerhaftige Anfängerfehler, wie sie Andreas gemacht hat (den ich mag und mit dem ich zusammen gearbeitet habe).

Grüne haben die Chance, die echte Alternative zu werden, die sie so lange im Namen und als Monstranz vor sich her getragen haben. Ironischerweise gerade jetzt, wo ihnen vorgeworfen wird, sie seien so bürgerlich geworden und hätten ihre Wurzeln oder so was verraten, lösen sie erstmals mit einem echten alternativen Politikansatz ein, was sie versprochen haben: eben andere Politik.

Dieses, was ich hier sehe, ist sehr umstritten. Mir wird in der Partei vorgeworfen, es sei inhaltsfrei oder beliebig, wenn es mir um einen anderen politischen Prozess und eine Haltung zu Politik an sich geht, die die Neue Volkspartei ausmachen. Aber das mag daran liegen, dass mir der Bündnis 90 Teil eh immer näher lag als der Grüne. Grüne Volkspartei bedient ein emanzipatorisches Lebensgefühl und ein bürgerliches Engagement, das dazu führen kann, diese Republik radikaler zu verändern als es jede Projektorientierung der Grünen bisher vermocht hat.

Das finde ich so aufregend gerade.

(disclosure: Ich bin funktionsloses Mitglied bei den Grünen in Hamburg. Und ich mag metaio und habe bei zwei Kundenprojekten mit ihnen zusammen gearbeitet.)

2 Kommentare:

  1. Lieber Wolfgang, "Astroturfing" ist kein dummerhafter Anfängerfehler ... nicht wenn er von professionellen PR-Agenten gemacht wird: http://lumma.de/2011/08/10/gruenes-astroturfing-am-fahrradweg/

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  2. Nein, Karl-Heinz, Astroturfing wäre in der Tat so etwas nicht. Nur dass ich es nicht Astroturfing nennen würde. Da bin ich mit Nico nicht einer Meinung. Das ist das, wo ich ihm seine Agenda vorwerfe, während wir uns ja einig sind, dass es selten dämlich war und Andreas sich mit seinem Rechtfertigungsversuch noch weiter reingeritten hat. Hab ich da ja auch so kommentiert, also bei newthinking.

    (Astroturfing ist die Vorspiegelung einer Graswurzelbewegung durch Profis. Von Astroturf, einer Kunstrasenmarke in den USA)

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