19.7.10

Beust hat die richtigen Gründe, das verdient Respekt

Ich bin nun wirklich kein großer Freund von Ole von Beust, noch nie gewesen, weder als er mir im Scherz einen Job anbot, noch als er mit mir flirtete, was ich aber erst merkte, als mir das jemand sagte, in solchen Sachen bin ich etwas taub, ist auch beides schon sehr, sehr lange her, er war damals Fraktionschef in der Bürgerschaft. Aber ich kann seinen Rückzug jetzt verstehen und finde die Begründung überzeugend.

Was ich weniger verstehe, sind die Kommentare in den Medien ("Das tut man nicht", "zu viel Köhler" etc) und teilweise auf Twitter & Co. Denn erstens hat jeder das Recht, aufzuhören, wann er es will. Zweitens ist es wirklich ein guter Zeitpunkt. Und drittens finde ich es mal ganz deutlich gesagt zum Kotzen, dass immer und überall niedere Motive unterstellt werden. Kann es nicht sein, dass es wirklich stimmt, was Beust gesagt hat? Dass er wirklich keine weitere hidden agenda hat? Call me naive. (Dass er nur einen so schrägen Nachfolger aufgebaut hat, ärgert mich, aber das ist ja nicht meine Partei...)

Hinterlässt er einen Scherbenhaufen, wie nun überall zu lesen ist? Ich weiß nicht. Ja, das Kernstück der Schulreform ist leider gescheitert, obwohl es glücklicherweise dennoch zu dem Modernisierungsschub kommen wird, den vor allem die Gymnasien so dringend brauchen (was eine der großen Ironien ist am Ergebnis des Volksentscheids, dass ausgerechnet bei den Schulen, an denen sich nach dem Willen der Gegner nicht ändern sollte, gerade dadurch, dass jetzt auch die Klassen fünf und sechs weiterhin dort sein werden, besonders viel, immerhin zum Besseren, ändern wird. Aber diese Art von Treppenwitzen mag die Geschichte ja gerne). Ja, Elbphilharmonie und HSH sind ein Desaster. Aber alle drei Punkte - denen eine große Anzahl positiver Entwicklungen zur Seite stehen - hängen nicht allein an Beust.

Interessant wird sein, ob und vor allem wie schwarz-grün (von dem ich schon länger ein Anhänger bin) ohne Beust sein wird. Denn das Personal der SPD - ich sag nur: Olaf Scholz - ist auch nicht überzeugender. Und die Positionen schon gar nicht. Insofern: Wieso Neuwahlen?

6 Kommentare:

  1. Aber wo sind denn die positiven Entwicklungen, die von Beust zu verdanken sind?

    Und warum keine Neuwahlen? Schließlich ging man davon aus, dass ca. 10% der Wählerstimmen in Hamburg keine Stimmen für die CDU waren, sondern eher Sympathien für von Beust geschuldet waren. Seine Beliebtheit war der Grund dafür, dass sich die CDU nun fast 10 Jahre an der Macht halten konnte, sein zweifelhaft qualifiziertes Senatorenpersonal von Schill, Mettbach, Horakova, Kusch, Freitag bis hin zu von Welck und Frigge ist es doch wohl nicht gewesen, was der Wähler wollte.

    Auch war er die tragende Säule der CDU für das Projekt Schwarz-Grün. Insofern sind die Voraussetzungen nach seinem Abgang ganz andere, als wohl zuletzt vom Wähler gewollt.

    Insofern: Warum jetzt nicht den Wähler neu entscheiden lassen?

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  2. Ich denke, dass weder die negativen noch die positiven Entwicklungen Beust zu verdanken sind.
    Und das, was schwarz und grün für diese Legislatur verabredet haben, ist zwar atmosphärisch nicht unabhängig von Beust, wohl aber politisch. Und was "der Wähler will"ist ja immer schwer zu sagen. Wähler wählen trotz allem immer noch Parteien. :)

    Ob das Ergebnis des Volksabstimmung Neuwahlen rechtfertigt, darüber kann man streiten (sehe ich nicht so), aber der Rücktritt des Senators, der Berügermeister ist? Ich bitte dich!

    Aber noch mal zu den positiven Dingen: Stadtbahn, Hamburg Energie, Elbphilharmonie (ja, finde ich), innerstädtische Nachverdichtung, Kreisverkehre, Justizreform, Volksgesetzgebung, Schulreform (auch ohne die Schulstrukturreform), Hapag Lloyd etc.

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  3. Aber wozu dann überhaupt erster Bürgermeister sein wollen, wenn von ihm gar keine Entwicklungen ausgehen? Von Beust hat zuwenig gestaltet: er hat seine Senatoren immer laufen lassen - und wenn es brenzlich wurde, hat er sie irgendwann ausgetauscht.

    Natürlich wählen Bürger immer noch Parteien - aber dennoch ist doch nicht zu leugnen, dass die Personen letzendlich den Ausschlag geben: Was wäre denn die Schill-Partei damals ohne Schill gewesen? Genauso fraglich ist doch, ob in einem jahrelang SPD-dominierten Land wie Hamburg ein Hardliner der CDU so gute Karten gehabt hätte wieder liberale Sonnyboy von Beust? Man wird es ja bei der nächsten Wahl sehen, wenn sein blasser Nachfolger Ahlhaus in den Ring tritt.

    Die Elbphilharmonie war mit breiter politischer gewollt, aber doch nicht diese stümperhafte Umsetzung. Schulreform, Justizreform (ging ja unter Kusch in eine ganz andere Richtung), Stadtbahn - alles grüne Projekte. Konzept der wachsenden Stadt: noch von der SPD erfunden. Was bleibt: schlechtes Krisenmanagement bei der HSH-Nordbank und ein neuer Finanzsenator mit einem Parteispendenaffäre an der Backe.

    Die CDU in Hamburg hat abgewirtschaftet.

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  4. Was ist mit der Elbvertiefung, Moorburg, Rettung von Hapag Lloyd? Waren das auch Projekte der Grünen?
    Und abgesehen davon: Der jetzige Zustand der SPD wird ein Schlachtfest bei Neuwahlen. Nicht nur lässt sich die Angst vor einer Koalition der SPD mit Der Linken hervorragend ausschlachten, auch gibt es ausser Scholz nicht mehr so wirklich viele sichtbare SPD-Politiker. Gibts die SPD in Eimbüttel noch? Wird die Affäre um Ciftlik nicht ausgenutzt werden?

    Strategisch ausserdem: In 2 Jahren lassen sich innerhalb der Regierung schon einige Leute ganz gut aufbauen, die Wirtschaft (und damit auch der Hafen) werden wieder gut angezogen haben und die Elbphilharmonie wird durch Fertigstellung viel an Brisanz verloren haben. Spricht aus CDU-Sicht nicht wirklich für Neuwahlen.

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  5. @bosch: dass ich vor allem grüne Projekte aufzähle, wird dich nicht wirklich überraschen :)
    Ehrlich gesagt, ist mir fast egal, mit welchem Bürgermeister und welchem Koalitionspartner grüne Projekte umgesetzt werden. Und da stehen schon einige mehr auf der Habenseite bisher als in jeder Koalition mit der SPD (zumindest von den Sachen, die mir besonders wichtig sind).
    Beust hat den Übergang aus dem Lagerghetto organisiert, ja - ohne ihn wäre weder bei den Grünen noch in der CDU dieses Bündnis möglich gewesen, das stimmt. Aber warum soll es nicht gehen, dass die Erfahrung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit (muss ja keine Liebe sein) auch ohne ihn geht? Gerade mit Althaus, so doof der ist imho, ist die Zusammenarbeit ja erstaunlich sachlich, entspannt und vertrauensvoll. Das würde ich beispielsweise mit Scholz nicht erwarten - was ist mit Scholz schon sachlich oder entspannt?

    Ob CDU oder SPD, das ist mir persönlich egal. Nur für Neuwahlen aufgrund eines normalen Wechsels im Bürgermeisteramt sehe ich irgendwie nicht den Grund. Wenn die CDU nun auseinanderdriftet, was ja passieren kann, und kein verlässlicher Partner mehr sein sollte, dann wäre ein Ende der Koalition sinnvoll - ob mit oder ohne Neuwahlen....

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  6. Dieses Neuwahlen-Geschrei finde ich merkwürdig - es ist doch ein völlig normaler Vorgang, in der Mitte der zweiten oder dritten Legislatur zurückzutreten?

    Schwierig ist es für seine Partei, der ein wirklicher Nachfolger fehlt, nachdem Freytag gegangen ist - aber die ist mir egal.

    Ob die Koalition Ahlhaus aushalten kann, weiß ich nicht. Die außergewöhnliche Atmosphäre zwischen Schwarz und Grün ist ja vermutlich zu einem Großteil Temperament und Wesen des Bürgermeister zu verdanken. Und die Goetsch ist böse angeschlagen, nachdem bedauerlicherweise die Barbourjacken aus Othmarschen am Sonntag gewonnen haben.

    Mir kommt in der Berichterstattung ein bißchen zu kurz, daß der Beruf Politiker schlicht unattraktiv geworden ist. Früher hat man Berufspolitikern gerne das Kleben and der Macht vorgeworfen, heute versteht man nicht, daß sie vorzeitig gehen. Dabei muß man doch wirklich Masochist sein, sich einen Job auszusuchen, in dem man statt Anerkennung nichts als Häme und böse Unterstellungen erfährt.

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