21.9.09

Das Märchen von den Nerds

Irgendwie schreibt Jens Scholz immer wieder die großen Artikel, die im Grunde vollständig zitiert werden müssen. So wie gestern mal wieder mit seinem Nerd-Beitrag als Antwort auf Schirrmachers länglichen und wie immer etwas verschwurbelten Nerd-Beitrag.

Ja, was Jens da schreibt, ist subjektiv. Aber wir sind ungefähr ein Alter und ich fühle mich - nicht in allen Details, aber doch im Prinzip - an mich erinnert. Und das, obwohl ich kein Nerd im engeren Sinne war. Sondern eher so:
Klar, wir saßen zwar immer etwas abseits, das lag aber weniger daran, daß wir Angst vor Menschen hatten sondern daran, daß wir z.B. in Ruhe lesen oder über ein interessantes Thema reden wollten. Das macht man halt nicht in Gruppen pubertär herumschnatternder Cliquen. Ich habe mich dabei auch nie ausgegrenzt gefühlt. Klar konnten andere eventuell nicht so viel mit den Themen anfangen, die ich toll fand, aber wenn ich mir den Blick von euch Nicht-Nerds auf uns so betrachte, scheint ihr zu glauben, wir hätten darunter gelitten. Haben wir nicht. Wir haben es noch nicht einmal bemerkt, für uns war das eine gegenseitige Toleranz: Wir haben uns nicht für Fußball interessiert, warum also sollte sich jemand mit unseren Interessen beschäftigen, wenn er damit nichts anfangen kann?

(Jens Scholz)
Computer waren nix für mich damals, sie waren mir selbst irgendwie zu langweilig (und meine Eltern haben, wie ich ja immer wieder zum Besten gebe, auf meinem Rücken den Kulturkampf gegen Computer geführt, obwohl wir einer der ersten Haushalte mit BTX waren, aber das ist eine andere Geschichte). Ich habe aus einer Kombination aus Lego, Bauklötzen, dem alten Plattenspieler meiner Eltern und meinem Kassettenrekorder eine stylische Kompaktanlage gebaut und mit dem Schmeil-Fitschen Pflanzen bestimmt. Alle Dostojewski-Romane gelesen und so was wie Kampf um Rom oder Krieg und Frieden. Ich wusste alles über die Römer, konnte lateinische Stehgreifreden halten und hatte zu allem eine Meinung.

Ja, ich war irgendwie ein Nerd, auch wenn ich mich bis gestern eher als intellektuellen Snob bezeichnet habe. Aber abgesehen davon, dass ich keinen Aktenkoffer hatte, sondern bis zum Abitur mit meinem roten Scoutranzen aus der ersten Klasse rumlief, finde ich mich in Jens' Beschreibung wieder.

Lesebefehl, falls ihr es noch nicht getan habt.

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