5.7.09

Hamburger Aufruf für längeres gemeinsames Lernen

Ich habe ja schon häufiger für die aktuelle Hamburger Schulpolitik geschrieben. Als jemand, der mit bisher einem eigenen Kind erlebt hat, dass es nach der vierten Klasse zu schwer ist, eine verantwortliche Entscheidung zur Schullaufbahn zu treffen (weshalb wir Secundus im Laufe der sechsten Klasse die Schule und Schulform haben wechseln lassen). Dass den meisten Gymnasien darüber hinaus die Zumutungen der Schulreform pädagogisch gut tun werden, ist meine Überzeugung nicht nur aus dem Erleben als Vater und Elternfunktionär, denn von allen aktuellen Schulformen ist das Gymnasium zwar die am meisten von Familien angewählte aber auch die rückständigste und pädagogisch und organisatorisch absurdeste.

Darum unterstütze ich den Hamburger Aufruf:

Unser Schulwesen, wie es derzeit organisiert ist,
verlangt Eltern von Viertklässlern eine Entscheidung darüber ab, welche weiterführende Schulform ihr Kind besuchen soll. Diese Trennung von Zehnjährigen ist äußerst fragwürdig, denn es gibt keine zuverlässigen Kriterien für eine solch frühe Aufteilung. In diesem Alter können weder Lehrer noch Eltern die Entwicklungsmöglichkeiten des einzelnen Kindes angemessen einschätzen.

Diese frühe Entscheidung hat zur Folge,
dass Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern eher nicht fürs Gymnasium angemeldet werden, auch wenn ihre Leistungen in der Grundschule nicht schlechter sind als die anderer. Hier werden für viele die Weichen  falsch gestellt: Spätentwickler und potenzielle Talente werden hier leichtfertig aufgegeben.

Unsere Kinder sind unsere Zukunft
– das darf kein hohles Schlagwort bleiben! Unsere Kinder sind die Leistungsträger von morgen, darum ist es unsere Aufgabe heute, ein modernes Schulwesen zu entwickeln, das dem Rechnung trägt. Andere europäische und außereuropäische Länder machen es uns vor: längeres gemeinsames Lernen führt zu einer besseren Förderung aller – der Leistungsstärkeren und der Leistungsschwächeren. Die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen führen es uns regelmäßig vor Augen.

Hamburg bereitet jetzt eine Schulreform vor, die
Primarschule, die uns erstmals die Möglichkeit bietet, in Sachen Bildung Anschluss an die internationale Entwicklung zu finden. Es besteht nun die Chance, allen Schülerinnen und Schülern mehr gemeinsame Lernzeit einzuräumen. Unsere Kinder können hier ohne Vorauslese individuell gefördert und gefordert werden, um ihre Fähigkeiten zu entdecken und zu entwickeln. Die so genannte Primarschule verbindet die Kompetenzen der Grundschule mit den Anforderungen der ersten Jahrgänge der weiterführenden Schulen. Alle Kinder bekommen hier deutlich bessere Startchancen für den weiteren Bildungsweg, unser Bildungssystem wird gerechter und mehr Kinder schaffen einen Schulabschluss.

Diese Schulreform verlangt von uns Veränderungen von Strukturen und Denkgewohnheiten
, mit denen wir jahrzehntelang gelebt haben – das kann Verunsicherung und Ängste auslösen.  Solche Gefühle dürfen uns allerdings aber nicht daran hindern, ein überaltertes, ungerechtes Schulsystem zu modernisieren. Unverantwortlich ist es, diese Verunsicherungen und Ängste zu schüren, um zu erreichen, dass alles bleibt, wie es ist. Das kann sich eine weltoffene Stadt wie Hamburg nicht leisten. Deshalb haben sich nun Hamburger Bürgerinnen und Bürger zusammengeschlossen, um öffentlich dafür einzutreten, der Primarschule zum Wohle unserer Kinder und aller Hamburger zum Erfolg zu verhelfen.

Helfen auch Sie mit Ihrer Unterschrift.

Ich unterstütze die sechsjährige Primarschule als einen sinnvollen ersten Schritt hin zum längeren gemeinsamen Lernen, bei dem alle Kinder und Jugendliche individuell gefördert werden.

Update 7.7.:
Wer den Aufruf auch unterschreiben mag, schicke eine Email an Sabine Boeddinghaus. Ja, ich weiß, kompliziert, aber macht das mal trotzdem....

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