7.2.20

#unverzeihlich

Bei Angela Merkel sind es oft die kleinen, beiläufigen Dinge, die wirken. Das war bei ihrem vielleicht berühmtesten Nebensatz vom Wir und vom Schaffen so. Und das war so, als sie die eigentliche Dimension des Dammbruchs benannte, den CDU und FDP in Thüringen ausgelöst haben: dass es unverzeihlich ist.

Unverzeihlich. Das ist ein hartes Wort, das so gar nicht zu pragmatischer Politik zu passen scheint. Unverzeihlich heißt, dass selbst dann, wenn jemand um Entschuldigung bittet und einräumt, dass es ein Fehler gewesen sei – dass selbst dann keine Vergebung erfolgen kann. Weil es nicht verziehen werden darf. Weil es unverzeihlich ist.

Was Merkel hier macht, ist größer noch als die schnellen, klaren und unmissverständlichen Worte von Söder und Ziemiak unmittelbar nach der Tat. Worte, für die ich dankbar war und die mir großen Respekt eingeflößt haben. Und zu deren Klarheit sich bis heute beispielsweise Lindner nicht durchringen konnte. Merkel geht einen Schritt weiter. Und das wird kein Zufall sein.

Machen wir es konkret am Beispiel eines Regierungsmitglieds, das viele (auch viele nicht-konservative) Menschen in meinem beruflichen und privaten Umfeld gut finden: Dorothee Bär, mit der ihr euch so gerne fotografiert und die ihr ob ihrer Digital- und Social-Media-Kompetenz bewundert. Sie gratulierte (spontan) freudig zum Dammbruch. Legte auf Nachfrage (nicht mehr so spontan) explizit nach. Löschte das später. Und nannte es einen Fehler. Fehler passieren. Meine Leute wissen, dass ich ihnen bei Fehlern nicht den Kopf abreiße, wenn sie aktiv mit ihren Fehlern umgehen. Es ist gut, um Entschuldigung zu bitten.

Es gibt aber Fehler, die sind unverzeihlich. Und Angela Merkel hat meines Erachtens Recht, wenn sie  den Dammbruch so qualifiziert. Denn es ist unverzeihlich, dieses nicht sofort zu sehen. Es ist eben nicht nur unüberlegt – sondern niemand, die einen funktionierenden Kompass hat, die einen antifaschistischen Autopilot hat, würde selbst unter Fieber oder Drogen feiern, wenn sich jemand von Nazis in ein Amt wählen lässt. Das kann nur passieren, wenn es keine innere Brandmauer gegen Faschisten gibt. Oder wenn jemand Faschisten nicht für Faschisten hält (wie die Funktionärinnen meines Berufsverbandes, die nicht verstehen wollten, wieso ich die Einladung eines Faschisten als Festredner nicht so super finde).

Unverzeihlich heißt, dass einer Bitte um Entschuldigung nicht entsprochen wird. Punkt. Oder, wie es in einem meiner Lieblingsfilme heißt: Im Urlaub kauft man Lederjacken zu weit überhöhten Preisen. Aber man verliebt sich nicht in faschistische Diktatoren.

1 Kommentar:

  1. Und weil diese innere Brandmauer gegen Menschenfeinde immer mehr zu bröckeln scheint, fragen sich immer mehr Leute innerhalb der jüdischen Community, ob es richtig war in diesem Land zu bleiben bzw. in dieses Land zu kommen ...

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