@luebue gequirlte Klischeekakke
— Tapio Liller (@tapioliller) February 11, 2014
die ich Montag in der HuffPost lesen musste. Darüber, wie die Generation Y den Arbeitsmarkt revolutionieren wird.Eigentlich wollte ich direkt nach dem zweiten Absatz aufhören zu lesen, in dem dieser bemerkenswerte und historisch ungebildete Satz steht:
Und haben sich so den Spitznamen "Generation Y" eingefangen - weil sich Y im Englischen wie das Fragewort "Why" spricht.Nein, lieber Tobias Fülbeck, sie heißt so, weil sie die Generation nach der Generation X ist und weil das Y nach dem X kommt. Aber wahrscheinlich hast du Douglas Couplands Bücher nie gelesen (darum hier der Link auf den Wikipediaartikel über diesen Autor) und nie die Kohlzeiten und die Reaganomics erlebt.
Und auch sonst ist mir nicht ganz klar, wo der Kollege lebt und arbeitet. Und ob er schon jemals in einem Unternehmen war. Oder Leute aus - sagen wir mal - Versicherungen oder Sanitärfachbetrieben kennt. Oder ist es mit diesem "die Generation Y wird alles revolutionieren" Gesülze vielleicht so wie damals mit der "Generation Praktikum", die es außerhalb der Gruppe von Menschen, die was mit Medien machen wollten, nicht gab? Die also zwar von Medienschaffenden nicht erfunden wurde, aber aus ihrer individuellen Erfahrung unzulässig für die auch auf andere zutreffende Realität gehalten wurde?
Jedenfalls wird dann ein Popanz aufgebaut, den es schon lange nicht mehr gibt. Um ihn mithilfe der Generation Y dann scheinbar umzubringen, obwohl er schon lange tot ist. Lustiger rhetorischer Trick. Aber irgendwie auch billig.
Die Bewerbungsgespräche der Zukunft werden anders verlaufen. Arrogante Bemerkungen wie „Warum sollten wir bitte ausgerechnet Sie in unserem Unternehmen einstellen?“ können nach hinten losgehen.Ach nee. Wer stellt denn solche Fragen? Dass sich hier was geändert hat, hat ja nun wirklich nicht mit dieser neuen Generation zu tun - sondern eher damit, dass schon die 68er und die Generation X dies nicht mehr ertrugen. Und beide heute die Vorgesetzten stellen.
Ähnlich ist der Bullshit, den Fülbeck über den angeblichen Bullshit von der Work-Life-Balance schreibt.
Die Mitarbeiter werden sich ihren eigenen Stundenplan machen. Sie haben kein schlechtes Gewissen, wenn sie auf der Arbeit mit ihren Eltern telefonieren oder wenn sie mittags zwei Stunden joggen gehen. Die Arbeit wird nachgeholt. Und sie bestimmen wann.Ja, Hammer aber auch. So ist das in Bürojobs im Umfeld von kreativen Branchen und im Vertrieb schon immer oder zumindest schon lange. Und meine Freundinnen, die bei Versicherungen arbeiten oder Handwerkerinnen sind, lachen über diese Idee. Ob Fülbeck weiß, an wie vielen Arbeitsplätzen in Deutschland es weder einen Internetanschluss gibt noch ein Telefon? In vielen Bereichen hochgradig arbeitsteilig gearbeitet wird oder die Kundinnen den Takt bestimmen und nicht die Chefin? Hat Fülbeck jemals irgendwas gesehen außerhalb Schule, Uni und was mit Medien?
Und dann die - wie nannte es Tapio oben so schön - Klischeekakke.
Nicht geschimpft ist schon gelobt – mit diesem Motto werden Führungskräfte in der Zukunft scheitern.Glaubst du ernsthaft, die Tatsache, dass dieses Motto seit rund zehn Jahren Führungskräfte en gros scheitern lässt, liegt an euch Jungen? Echt? Naja, du glaubst ja auch, wir haben euch "Y" genannt, weil es so schön nach "Warum" klingt. Hihi.
Was mich am meisten
Und irgendwie habe ich darum auch keine Lust mehr, mich mit den weiteren vielen Allgemeinplätzen zu beschäftigen, die der Autor dann noch hinterherschiebt. Die Hälfte ist bereits Realität, die andere Hälfte wird auf den größten Teil der Menschen nie zutreffen, weil sie nicht in dieser was mit Medien Blase gefangen sind.
Nur zwei Dinge noch.
1. Wer glaubt, Alumni-Dingens seien was Neues. Oder glaubt, entspannte Trennungen in der Arbeitswelt und Selbstbewusstsein von guten Leuten sei etwas, das überraschend wäre. Ist. Etwas. Dumm.
2. Es ist das Privileg der Pubertät, alles selbst zu entdecken, was andere vorher auch schon entdeckt haben, und es für neu und bahnbrechend zu halten. Es ist sogar wichtig, dieses in der Pubertät zu tun. Wenn jemand dann erwachsen wird, reflektiert sie dieses Erleben und Entdecken mithilfe dessen, was gut dokumentiert vorher war. Ordnet sich ein in die Geschichte, findet den gegenwärtigen Ort. Was nichts mit Ruhe und Zufriedenheit zu tun hat sondern nur damit, die Krümmung der Lernkurve zu steigern. Das ist ja auch der vielleicht wichtigste Aspekt des "Erwachsenwerdens". Niemand zwingt irgendwen erwachsen zu werden, siehe Neo. Aber dann beschwert euch nicht, wenn euch auch niemand so behandelt, als wäret ihr erwachsen.
Was liest Du denn auch so'n Zeug?
AntwortenLöschenGutes Ding. Wirklich: Gutes Ding.
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