22.12.11

Orale Tradition

(Nein, nicht was ihr wieder denkt)

Hermeneutik und orale Tradition ist ja etwas, das mir als Theologe geläufig ist. Insofern sind die PISA-Dings mit dem sinnentnehmenden Lesen für mich immer sehr spannend gewesen und bleiben es auch. Zugleich lehrt die Beschäftigung mit Erzähltradition und Überlieferung und Deutungsgeschichte, wie sehr die eigene (oft: Zwergen-) Perspektive bestimmt, was ich aus einem Text lese oder in ihn hinein.

Besonders interessant war das immer dann, wenn Epigonen eine Geschichte aus ihrer Spät-Bekehrten-Sicht betrachteten - während die Erzählenden schon längst einige Stufen weiter gezogen waren.

Die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem gab es schon in den ältesten biblischen Erzähltraditionen und machen es heute so mühsam, die Kerne ihrer (Weiter- und manchmal auch Gegen-) Erzählungen zu identifizieren. Vor allem hatten es die mit der Naherwartung an Erlösung schwer, die zu verstehen, die schon länger dabei waren und schon gemerkt haben, dass die Erlösung noch etwas auf sich warten lässt.

(Das nur, weil gleich mein Weihnachtsurlaub beginnt. Und ja, dies mag auch ein Gleichnis sein)



Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest, gehabt euch wohl, nehmt euch etwas Zeit für eure Familien, die konnten sich die meisten von uns ja nicht aussuchen.

1 Kommentar:

  1. Anonym27.12.11

    Die Parusieverzögerung und die erst später aufgeschriebene angebliche Logienquelle werfen aber die Frage auf: wie können diejenigen, die dem Religionsstifter (mal ganz allgemein gesprochen - denn ähnliches lässt sich auch bei anderen religiösen "Führern", "Propheten" oder "Erscheinungen" im allgemeinsten Sinne beobachten - es gibt sozusagen eine weltweite "legena aurea" und Kim Jong Il versuchte sich auch schon ein Scheibchen davon abzuschneiden), werfen also die Frage auf: wie konnten die unmittelbaren Weggefährten den Eindruck gewinnen, Aufschreiben sei eher unnötig, mündliche Tradition genüge, da das Weltenende nahe sei und dann war's doch nicht so, und erst spätere Generationen massten sich dann Deutungshoheiten an, die die Zeitgenossen des jeweiligen Heiligen eher abgelehnt hätten?

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