16.11.05

Klare Sprache

Was ich an Leon de Winter schon lange mag, seit ich häufiger seine Auseinandersetzung mit dem Islam lese, ist, dass er einerseits klar benennt, was er denkt und sieht - und andererseits nicht in eine Sprache des Hasses oder der radikalen Verkürzung abgleitet.

Ja, er hat einen speziellen Blick auf das Thema - und das liegt nicht nur daran, dass er Jude ist, wie ich es mit leicht antijudaistischem Unterton hin und wieder höre, wenn ich seine Thesen vorstelle. Er unterscheidet sich in der Attitüde auch sehr deutlich von den deutschen Neocons und ihren Kreisen, die einfach nur flach und pubertär sind meistens. Ich bin mit ihm, wie jüngst in der Respekt-Frage, oft einer Meinung. Erstmals ging mir das sehr deutlich so, als er - leider finde ich den Link nicht mehr, nein ich meine nicht das Spiegel-Interview - darüber schrieb, dass wir anerkennen müssen, dass wir für viele Moslems nun mal Feinde wären (und sie damit unsere Feinde sind, ob wir es wollen oder nicht).

In der Auseinandersetzung mit dem Islam - und nicht nur mit dem verbrecherischen Teil - hilft mir das, was er schreibt, immer wieder, eine sowohl klare als auch abgewogene Position zu beziehen, die nicht in rechtes Gewäsch abgleitet und trotzdem auch nicht von der schwächlichen "Dialog"-Rhetorik geblendet wird, die keinen klaren eigenen Standort bezieht.

Zwei aktuelle Beispiele aus seinem Blog zeigen die Sprache und den Angang an dieses Thema gut, finde ich:
(1) eine entlarvende Analyse von Wirklichkeitsverzerrung, die so zwar auch imemr wieder bei uns vorkommt, aber doch erwähnt werden muss, wenn ich verstehen will, was wirklich los ist.
(2) eine poetische Meditation über die Verbrecherin, die in Jordanien gewütet hat.

Es tut gut, so etwas Klares und Pointiertes zu lesen. Ich würde mir wünschen, dass mehr Linke und Liberale sich zu so einer klaren Position durchringen könnten.

1 Kommentar:

  1. Ich bin kein richtiger Linker, aber als Gegner von pauschaliernden Ressentiments möchte ich da doch gerne etwas dazu sagen.

    Vielleicht schätzen Sie meine Worte - es würde mich freuen - aaalso:

    Es schadet nicht, zu unterscheiden zwischen

    (1) Muslimen bei uns und Muslimen in rückständigen Ländern
    (2) einer oft rückständigen Kultur bei Migranten und ihrer Religion
    (3) den verschiedenen Richtungen im Islam. Ulkigerweise kennt unsere öffentliche Diskussion selten mehr als "Sunnit" und "Schiit".
    (4) den jeweils unterschiedlichen kulturellen Überprägungen "des" Islam - auch im Verlauf der Geschichte
    (5) Migrant und Muslim

    Bei Winter verwischen diese Unterschiede, und ich unterstelle ihm, sorry, Absicht, so positiv deutliche Unterschiede zu den primitiven Neocon-Imitatoren auch ausfallen mögen.

    Es mag zum Beispiel hilfreich sein zu wissen, dass sich nur 74% aller türkischen Migranten als "Muslime" betrachten.

    Dazu kommt, dass von diesen 74% wiederum die Mehrzahl ein eher säkulares Verhältnis zu ihrer Religion pflegt - ähnlich wie die Christen.

    Die Stereotypisierungsstrategie von Winter, doch so sehe ich das, ist in meinen Augen nicht nur dem Inhalt nach fragwürdig, sondern vor allem dadurch, dass er damit eine Schneise für Ressentiments schlägt.

    Man kann deutliche Worte auch ohne überflüssige Stereotypen aussprechen.

    Muslimische Eiferer sind bei unseren Migranten (im Unterschied z.B. zu Frankreich - was Winter m.E. kaum begreift) eher selten, was wiederum wenig an den rückständigen Verhältnissen in hiesigen Migrantenfamilien ändert - oder auch wenig an den dort bedenklich weit verbreiteten seltsamen Vorstellungen über "Ehre" und "Respekt".

    Manches davon hat jedoch - hier gibt es wiederum eine Ähnlichkeit zwischen französischen und deutschen Verhältnissen - mit der typischen Haltung in einer zunehmend verfestigten Subkultur von Underdogs zu tun.

    Die wollen - oft - "Respekt", auch, oder sogar gerade in Kenntnis, dass sie Ankerkennung für ihren Wert als Person sich in unserer zunehmend undurchlässig gewordenen Gesellschaft nur unter großen, oftmals nicht überwindbaren Schwierigkeiten erarbeiten können.

    Vieles in ihren Haltungen mag bei diesen Migranten paranoid sein - ich jedenfalls sehe das so. Man kann darüber lachen, man kann sich davor fürchten. Ich gebe nur eine Kleinigkeit zu bedenken:

    Versuchen Sie sich einmal bei einer deutschen Firma um einen Ausbildungsplatz zu bewerben, wenn Sie den Vornamen "Nuria" oder "Ahmed" haben.

    Und dann bitte überlege man, ob Dinge wie diese dazu beitragen können, dass jemand in unsinnigster Weise "Respekt" einfordert - oder ob (wie Winter meint) "der" Islam ein wichtiger Teil dieses Problems darstellt.

    P.S.
    Ich werfe Winter auch vor, dass er den deutschen Neocon-Imitatoren (seine Fans!) nicht mit Argumenten entgegen tritt, sondern sich wie ein Verbündeter aufführt.

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