Umstieg

Ich steige von Tesla auf einen Volvo um. Volvo und ich, das ist irgendwie wie Miele. Die hatten mich damals, als im Fachgeschäft dieser kleine Aufsteller stand mit dem Satz: "Irgendwann ist es Zeit für eine Miele" – und ich fand, dass sie Recht haben und genau jetzt diese Zeit ist.

Vier Jahre bin ich nun ein Model 3 von Tesla gefahren, in einigen Tagen geht es zurück. Und seit einer Woche steht der XC40 als vollelektrische Variante bei uns. Und damit sind wir direkt in die Gegend von Eindhoven gefahren. Noch ist alles ganz frisch, aber immerhin schon mehr als 1500km, so dass wir schon ein bisschen was beurteilen können. Und was soll ich sagen: es ist kompliziert. 

Einerseits ist es das eindeutig viel, viel bessere Auto. Eben wieder ein "echtes" Auto, in dem ich mich sicher fühle, das sich wie ein Auto anfühlt, eine hohe Laufruhe hat, wie ich es gerne mag (ich fahre ja auch nicht gerne BMW beispielsweise, das ist nun mal Geschmacksache). Andererseits hat es ein Android-Betriebssystem und eine UX, an die ich mich echt gewöhnen muss. Wie viel mehr Tesla auf heutige (meine?) Bedürfnisse an UX angepasst ist, fasziniert mich. Das absurdeste (was aber wahrscheinlich nicht an Android sondern an Volvo liegt) – dass ich wieder einen Autoschlüssel, also ein 4x5x1cm großes Teil, mit mir rumschleppen muss, weil er in der Nähe sein muss, damit das Auto funktioniert. Nix nur App oder Handy. Oder dass ich das Auto berühren muss, wenn ich weggehe, damit es sich verschließt.

Dagegen haben wir uns bewusst für ein Auto entschieden, das wieder mehr Knöpfe und Hebel hat, bei dem nicht alles über den Bildschirm bedient wird. Das hat mich in den letzten vier Jahren am Tesla tatsächlich mehr und mehr genervt. Vor allem nach jedem größeren Update, in dem die Funktionen, die ich brauche, jedesmal neu und woanders versteckt wurden. Und vor allem: ich konnte das Auto de facto nicht ohne Lesebrille bedienen, obwohl ich beim Fahren selbst keine Brille brauche, sondern die eher stört.

Dennoch, und das ist ja auch bei anderen Android-Systemen so, ist die UX eben so gar nicht intuitiv, ist es im Volvo irgendwie so merkwürdig und kompliziert. Und funktionieren die Apps nur so mittelgut. Easypark beispielsweise beendet eben nicht wirklich jedes Mal zuverlässig den Parkvorgang, wenn ich losfahre. Muss ich wieder auf die Handy- oder Watch-App umsteigen, glaube ich. Dabei fand ist das eigentlich besonders gut, dass es einen App-Store gibt, ich meinen Audible- und Amazon-Music-Account und eben auch Easypark einfach mitnehmen und im Auto direkt bedienen kann.

Unentschieden bin ich in der Frage, ob ich die inzwischen doch sehr umfangreiche App-Bedienung des Autos vermisse. Die Volvo-Car-App ist schon sehr basal mit nur sehr rudimentären Funktionen. Die Ladeüberwachung ist unzuverlässig und zeigt mir beispielsweise keine Ladegeschwindigkeit an, was mich erheblich stört, wenn ich ehrlich bin. Bisher habe ich auch noch keine Push-Benachrichtigungen erlebt.

Großartig ist dagegen der Assistent im Tempomat mit halbautomatisierter Lenkung und Spurhaltung. Der ist deutlich ausgereifter als bei Tesla, wahrscheinlich weil es nicht auf autonomes Fahren optimiert und vorbereitet ist. Sondern beispielsweise Spurwechsel auf der Autobahn elegant zulässt und sich nicht jedes Mal abschaltet, wenn ich blinke und die Spur wechsele.

Der Volvo ist beim Fahren sehr viel leiser, also innen. Und die Fenster schließen richtig und so weiter. Es ist eben ein Volvo und nicht so eine kalifornische Schön-Wetter-Schaukel. Auch höhere Geschwindigkeiten macht er ruhig und sicher mit. Vielleicht liegt das daran, dass ich ohnehin lieber nicht so dicht auf der Fahrbahn sitze. Und der Totwinkel-Assistent ist mir auch lieber im Seitenspiegel als mit der Kamera und der Visualisierung im Display. Aber das ist wahrscheinlich Geschmacksache oder eine Frage des Alters, jaja. One Pedal Drive funktioniert erheblich besser und wirklich toll, nur die ganz neue dritte Einstellung "auto" überzeugt mich nicht, hab ich wieder auf "ein" gewechselt.

Unglücklich bin ich bisher mit der Routenplanung inklusive Ladeplanung. Beide nehmen ja Google Maps als Grundlage, aber der Volvo ist da wirklich nicht gut (oder ich kann es nicht richtig bedienen). Ja, Tesla kann im Grunde nur die eigenen Supercharger, als wir zwischendurch aus Kostengründen Allego oder Ionity nutzen wollten, war das auch kompliziert. Aber dass uns das System auf der Rückfahrt von Holland eine vorsintflutliche 50KW-Anlage in Bremen ansteuern ließ, die total kakke war, ist echt extrem ärgerlich. Und dass Volvo zwar in Kooperation mit Plugsurfing (ich konnte dafür allerdings, sehr nervig, nicht meinen bestehenden Account bei denen nutzen) Ionity für 45ct anbietet, ich das aber bei der Navigation nicht als bevorzugten Anbieter konfigurieren kann, nervt mega. Zumal dann auch noch nicht mal alle Ionity-Standorte, die für uns in Frage kamen, angezeigt wurden. Dass wir also bei längeren Fahrten (im Alltag laden wir mit 11KW zu Hause, da ist das alles irrelevant) irgendwie noch mal anders und neu planen müssen – und sich dann noch nicht mal Google-Maps-Standorte vom iPhone auf den Volvo schicken lassen (anders als beim Tesla), finde ich richtig anstrengend. Oder geht das und ich habe, Android, jaja, die Funktion nur noch nicht entdeckt?

Neben den allgemeinen Gründen, von Tesla wegzugehen, war der Hauptgrund für den XC40 allerdings, dass er geländegängig ist und eine Geländeeinstellung hat (die ich noch nicht genutzt habe), ich ihn also auch für Fahrten auf die Weide einsetzen kann, hoffentlich. Und dass er 1,8to ziehen kann. Das haben wir noch nicht ausprobiert, kennen es aber aus Erzählungen von Freund*innen von anderen guten Elektroautos, die so viel ziehen können. Bin ich mal gespannt. Denn 0 auf 100 in 6sec oder so mit zwei Pferden ist für die zumindest ja nicht soooo toll...