16.2.18

Wurst

Über die letzten, sagen wir mal, fünfzehn Jahre bin ich objektiv betrachtet deutlich konservativer geworden. Das erschreckt mich manchmal. Ich merke es deutlich, wenn ich alte Texte in diesem Blog lese, das am Sonntag seit fünfzehn Jahren online ist, und wenn ich mit dem einen oder anderen meiner Söhne diskutiere.

In einer größeren Gruppe von Menschen, die ich seit Jahren unregelmäßig sehe und die hohe und sehr hohe Führungspositionen inne haben, gibt es einen, der immer sehr klar zu seiner sehr konservativen Position gestanden hat. Die er als einer der wenigen in dieser Gruppe laut und deutlich vertrat und immer noch vertritt. Er hat seine Position in den letzten, sagen wir mal, fünfzehn Jahren, in denen wir uns in diesem Rahmen begegnen, nicht wesentlich geändert und bezeichnet sich selbst übrigens ebenfalls als "sehr konservativ".

Als diese Gruppe vor einige Zeit und nach längerer Pause, über ein Jahr, wieder einmal zusammenkam, war etwas sehr Merkwürdiges passiert. Oder eigentlich drei merkwürdige Dinge. 

Zum einen wurde sehr viel mehr über Politik geredet als jemals zuvor. Zum anderen waren die Frauen in dieser Gruppe so schweigsam wie seit Jahren nicht mehr. Und zum dritten war jener sehr konservative Mann auf einem Koordinatensystem, das von rechts nach links sortiert wäre, derjenige, der von allen dort im Raum mir am nächsten war. Und von den Männern, die sich lautstark äußerten, der einzige, der keine Selbstviktimisierung betrieb. Wir beide wurden im Laufe des Abends immer schweigsamer.

Tatsächlich ist meine Erschütterung über dieses Erlebnis größer, als ich zunächst dachte. Wie es passieren konnte, dass so viele verstummten, macht mir Angst. Und die Wurstwerdung von Stahlträgern des Systems irritiert mich sehr.

Symbolbild: Würste

14.2.18

Wie ich das zweite Mal aus der SPD austrat

Zweimal bin ich aus der SPD ausgetreten. Nachdem ich, seit ich 14 war, in ihr mitgearbeitet hatte. Das erste Mal nach den Petersberger Beschlüssen 1992, in denen die Partei die Schleusen öffnete für den Rechtsruck der Gesellschaft. Ich denke, dass es nicht völlig abwegig ist, Engholm, den ich ansonsten sehr verehre, als einen der Wegbereiter des Klimas zu bezeichnen, das schließlich zum Aufstand und Aufruhr der Autoritären führte. Und dann das zweite Mal, als niemand bereit war, wenigstens den Versuch zu unternehmen, Schröders Unterwerfung der Partei zu verhindern. Womit wir bei Nahles wären.

Ich finde es gut, dass sie Vorsitzende werden will und aus Sicht des Vorstandes soll. Ich hätte mir nur gewünscht, sie wäre es schon 1999 geworden. Da hätte es gepasst. Damals habe ich es ihr und anderen Linken (damals gehörte sie formal zu den Linken in der Partei, daher kommt wahrscheinlich heute noch dieses Etikett) sehr übel genommen, dass sie nicht den Versuch unternahmen, die Partei unabhängig von der Regierung zu positionieren.

Dieses Zurückzucken vor der Macht habe ich nie verstanden, schon 1990 nicht, als Lafontaine den ihm von Vogel angetragenen Parteivorsitz ausschlug. Dass Nahes heute weiter ist, finde ich super. Es wird ihrer Partei gut tun, an der ich mich ja auch nur deshalb immer noch und immer wieder abarbeite, weil sie mir im tiefen Herzen wichtig ist. Und ich es sehr bedauern würde, wenn sie wie in vielen anderen Ländern Europas unterginge.