11.10.23

Ich frag ja nur

Mich macht es wirklich fertig, wenn ich die Berichte von Menschen in Israel lese oder von ihnen höre. Wie wirklich alle, zu denen ich Kontakt habe, jemanden verloren haben oder jemanden kennen, die jemanden verloren haben. Und schon "verloren" ist so falsch. Denn das klingt so passiv, niemand ist ja wirklich schuld, wenn ich etwas verliere. Mir ist Sprache wichtig, mir sind Worte und ihre Wirkung wichtig. Darum einige Fragen und Anmerkungen. Und im Übrigen ein Verweise darauf, dass ich dazu schon häufiger was geschrieben habe die letzten vielen Jahre.

1. "Die Palästinenser*innen" 

Damit fängt es ja schon an, dass Leute die Erzählung und Selbstbezeichnung der Araber*innen weitererzählen, die sich anfingen, Palästinenser*innen zu nennen, nachdem sie erfolglos versucht haben, alle Jüd*innen in Palästina zu töten oder zu vertreiben. Bevor ihr Terror und Krieg gegen die Jüd*innen so krachend scheiterte, gab es noch kein "Volk" mit diesem Namen. Aber damit die Menschen aus Palästina, die sich am Krieg der umliegenden Länder gegen die Jüd*innen beteiligt hatten, nicht in ihren Ländern aufgenommen werden mussten, haben sie schnell ein Volk erfunden, das sie in Flüchtlingslager sperren konnten. Ich finde ja nicht, dass wir diese Erzählung einfach so kommentarlos übernehmen sollten.

2. Aber die Autonomiebehörde

Immer wieder höre ich in der Berichterstattung, beispielsweise, wenn der EU-Außenbeauftragte Borell zu Wort kommt, dass es ja um die Hamas gehe und die Autonomiebehörde die "Guten" wäre. Also die Institution, deren Chef sein ganzes Leben Vernichtungsfantasien über Jüd*innen hatte und hat, der ein astreiner und eindeutiger Antisemit ist. Erinnert sich noch jemand an den Skandal, als Scholz gepennt hat neulich, als Abbas in Berlin war? Das ist die Autonomiebehörde.

Dazu kommt: Ja, vielleicht habe ich es nicht gesehen, bitte gerne, zeigt mir, wo das stattfand – aber wo waren die Demonstrationen, die Proteste der Menschen in Gaza oder der Westbank, als am Sonnabend und die anderen Tage seitdem Israel mit Krieg überzogen wurde? Selbst in Russland gab es nach dem Überfall auf die Ukraine Proteste. Da mag es einen gewissen Sinn ergeben, zwischen einem Terrorregime und der Bevölkerung zu unterscheiden. Aber wo kann ich das bei den Menschen in Gaza oder der Westbank? Ich habe eher den Eindruck, dass dort eine Zustimmungsdiktatur herrscht, also wie damals in Deutschland.

3. Konflikt? Terror? Krieg?

Ich weiß nicht, wie ich das nennen soll, das gerade gegen Israel stattfindet. Aber bestimmt nicht "Nahost-Konflikt" oder "Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas" oder so. Denn das benennt nicht, wer hier wen überfallen hat. Terror könnte es sein, auf der gleichen Ebene wie Utøya. Wie Christchurch. Ein Krieg ist es sicher, ein Krieg gegen Israel und nicht zwischen Israel und anderen. Was mich etwas zögern lässt bei dieser Formulierung ist nur, dass das Zentralorgan der Niedertracht diese auch nutzt. Vielleicht sollte ich "Angriff auf Israel" sagen.

4. Solidarität, ABER...

Für mich ist immer der wichtigste Test, die wichtigste Frage, die ich Menschen stelle, die sich zu Israel äußern, ob sie das gleiche, die gleiche Forderung etc. auch an - sagen wir mal - die Ukraine stellen. Wenn nicht, spricht aus ihnen Antisemitismus, so als grobe Richtschnur. Denn dann ist es die Spielart des Antisemitismus, die wir historisch als die des "ewigen Juden" bezeichnen. Die Fixierung auf Israel. Wie oft wurde die Ukraine ermahnt, sich doch bitte schön an das Völkerrecht zu halten? Ja, es gibt Spinner*innen, die von der Ukraine eine Kapitulationsfrieden erwarten. Die Schnittmenge zu den Antisemit*innen ist da sehr groß. Erschreckenderweise auch aus den beiden gleichen politischen Milieus.

Wer sich nur mit einem "aber" zu Solidarität durchringen kann, meint es nun mal nicht Ernst. Solidarität ist bedingungslos, in dem Sinne, dass es keine Bedingung geben kann, die meine Solidarität mit einem Vorbehalt versieht. Ich darf alle, mit denen ich solidarisch bin, kritisieren. Immer. In ihr Gesicht, nicht hinter ihrem Rücken. Aber ich bin immer solidarisch. 

5. Die Zivilist*innen

Dies lässt mich ratlos zurück, also ratlos darüber, wieso jemand so spricht. Es ist falsch, immer wieder zu betonen, der Angriff sei vor allem deshalb so abscheulich, weil er Zivilist*innen traf. Was heißt denn das? Er wäre ok, wenn er "nur" Soldat*innen gegolten hätte? Oder Beamt*innen? 

Und: Wer mit der Logik des Kriegsrechts auf den Angriff auf Israel blickt, verschleiert sich und anderen, dass die Angreifer*innen die Jüd*innen VERNICHTEN wollen. Ins Meer treiben. Das Land von ihnen "säubern". Da kann es keinen Krieg von Armeen gegen Armeen geben. Da gibt es nur den totalen Krieg. Und zwar exakt so, wie Goebbels ihn verstanden hat in seiner Sportpalast-Rede. Das ist exakt die Tradition, in der Abbas und die Fatah und auch die Hamas stehen. Beide. Gemeinsam. Das ist die Tradition, in der Kinder in Gaza und in der Westbank von europäischem Geld bezahlt unterrichtet und erzogen werden in den Schulen. 

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