10.7.23

Kollateralschaden

Letzte Woche bin ich sehr wenig zum Schreiben gekommen. Arbeit vor allem. Und dann auch noch das Abi der Jüngsten. Und die Einrichtung der Wohnung, in die sie zieht, wenn sie zur Ausbildung geht. Und dann noch Abiball und 80er Party bei Freund*innen. Und das Wetter sowieso. Also ist das Tagebuch etwas ins Stocken geraten. Dabei wollte ich doch noch unbedingt über den großen politischen Aufreger der letzten Woche geschrieben haben, also die Frage, wo ich das Problem sehe bei der Diskussion rund um die Kappung des Elterngeldes für hohe Einkommen.

Denn was ich daran faszinierend fand, war, dass ich (und nicht nur ich, auch viele andere in meinem Umfeld) auf die Diskursverschiebung zunächst reingefallen bin. Was sicher auch dadurch begünstigt wurde, dass reiche Menschen sofort eine Petition starteten. Ich habe die nicht durchgelesen sondern nur drüber gelesen. Das nur zur Erläuterung.

Jedenfalls war mein emotionaler Impuls zunächst, dass, wenn nun mal das Geld nicht reicht, es doch gut sei, oben zu kappen. Und der Protest dagegen, zumal aus der Ecke, aus der ich ihn sah, schon ziemlich schräg sei. Worauf wir alle, die wir dieses Thema diskutieren, allerdings reinfallen, ist doch, dass die FDP mit ihren international weitgehend geächteten Grundannahmen zur Fiskalpolitik die Parameter auf eine absurde Seite gesetzt hat, indem sie keine politischen Leitplanken setzt sondern durchsetzt, dass wir alle diese Punkte in Silos diskutieren. Weil wir ja sonst ohne weiteres das Dienstwagenprivileg zur Finanzierung von Kinderpolitik anziehen könnten, um mal ein Beispiel zu nehmen.

Zusätzlich (und auch innerhalb der an sich grundfalschen Logik) aber ist Sozialpolitik nicht das einzige, worum es hier geht aus meiner Sicht. Womit wir beim Titel dieses Textes sind, dem Kollateralschaden.

In dieser Diskussion rächt sich, dass wir auf Bundesebene immer noch kein Gender Budgeting haben. Anders als in Schleswig-Holstein. Und, das nur am Rande, darum kämpfe ich auch beispielsweise auf Ebene meiner Gemeinde für Gender Budgeting. Was mich nämlich sehr interessieren würde (und ich finde dazu nur in Ansätzen Antworten in den Beiträgen von Frau Paus, in den Schnipseln aus Anne Will oder so), ist, wie sich die Absenkung der Grenze für Elterngeld auf die berufliche und wirtschaftliche Teilhabe der Geschlechter auswirkt. Also genau die Antworten, die Gender Budgeting gibt in der Planungsphase. Zementiert dieser Vorschlag, wenn er umgesetzt würde, traditionelle Rollenbilder und Einkommensverteilungen in Familien? Hilft er, sie zu verändern? Wen trifft diese Änderung besonders? Auf welches Einkommen kann für eine Zeit in der Familie verzichtet werden? Auf welches schwieriger? Wie wird sich dadurch die Verteilung von Elternzeit verändern?

Selbst wenn ich fände (was ich nicht tue), dass die Neujustierung von Kinderleistungen vor allem innerhalb des Familienleistungssystems finanziert werden soll, ist es ohne die Instrumente des Gender Budgetings so gut wie unmöglich, zu einer verantwortungsvollen Entscheidung zu kommen. Ich weiß schlicht nicht, ob und wie die ungewollten Kollateralschäden dieses Vorschlags aussehen, weil dieses Instrument fehlt.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Immer dran denken: Sag nix Dummes. Und anonyme (also nicht mit einem Blog, Profil etc verknüpfte) Kommentare lösche ich vielleicht. Antworte auf jeden Fall nicht.
Und auch immer dran denken: Kommentieren erzeugt Daten, ich verweise dazu auf meine Datenschutzerklärung.