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11.7.25

Et tu, Felix

Als die Sache mit dem Pulli damals aktuell war, wollte ich noch nicht drüber schreiben. Vielleicht, weil ich mich so unglaublich geärgert habe. Vielleicht, weil ich fand, dass Jette Nietzard in dem Moment nicht noch mehr Aufmerksamkeit brauchte, die Solidarisierung auf Bluesky musste reichen. 

Klar, unser Grüner Gerhard Schröder, der es nicht mal schafft, seinem designierten Nachfolger als Ministerpräsident eine Rampe zu bauen, den habe ich schon lange aufgegeben. Aber Felix, du? 

Felix ist ein Bundesvorsitzender, in den ich wirklich große Hoffnung setzte. Daran, wie sehr Ricarda Lang jetzt wieder aufblüht, seit sie dieses Amt los ist, könnt ihr ablesen, was dieses Amt mit einer macht. Ich hatte die Hoffnung, dass Felix Banaszak es schafft, bei sich zu bleiben oder zumindest nicht im Strudel der Angst vor dem rechten Mob zu versinken, die so furchtbar viele in meiner Partei haben. Zumindest ist das die wohlwollende Interpretation, die ich immer noch machen will.

Manchmal fällt mir das schwer, so wie neulich, als doch allen Ernstes ein Grüner in der Grünen-Signal-Gruppe meine Idee empört zurück wies, ob es nicht vielleicht gut wäre, mit unserer örtlichen recht aktiven Antifa gemeinsam zu überlegen, wie wir dagegen vorgehen, dass die Nazis im Nachbarort ein Ladenlokal in der Bahnhofstraße gemietet haben, um dort das Wahlkreisbüro ihres Nazis im Bundestag einzurichten, da er in einem der Dörfer dort lebt.

Am Ende ist das aber vielleicht auch nur ein Symptom, dass es auch den (uns) Grünen so schwer fällt, die eigene Rolle in einer politischen Arena zu finden, die von einer Nazipartei und einer rechten Partei dominiert wird, die mehr und mehr nach dem Playbook Make Germany Great Again ("Wieder nach vorne") handelt inklusive der Politisierung des obersten Gerichts. Die SPD hat sich in dieser Lage ja offenbar schon aufgegeben. 

Zurück zu dir, Felix. 

Ja, eine Bündnispartei ist breit. Das ist auch gut. Ich war nie einer von denen, die sich von nicht-ganz-so-Linken abgrenzen mussten oder wollten. Ich bin massiv für ein breites Bündnis. Aber ich hatte immer auch eine Heimat bei den Grünen, seit die SPD mich verlassen hatte. Die realpolitischen Exzesse (lustigerweise habe ich das schon 2011 nach der großen Niederlage der Grünen in Hamburg so genannt) habe ich ertragen, weil es eine Reihe vor allem junger Abgeordneter gab, vor allem junge Frauen, die für mich einen Orientierungspunkt bildeten. Eine der heute noch sichtbaren ist meine Islandpferde-Kollegin Marlene Schönberger aus Bayern. In der letzten Zeit ist es fast nur noch Jette Nietzard, die Bundessprecherin der Grünen Jugend, die mich in der Partei hält und nicht an ihr verzweifeln lässt. Vielleicht noch die beiden Podcaster*innen von Das nehme ich mal mit, ja, die auch irgendwie ein bisschen.

Die Wut, die ich bei vielen Grünen erlebe, bis hin zu dir, Felix, denn anders kann ich deine Entgleisung Jette gegenüber nicht lesen, diese Wut macht mir Angst. Denn sie trifft mich, weil ich, ja, nicht in allen Mini-Details, in jeder Formulierung und so weiter, aber doch weitgehend mit Jette einer Meinung bin. Ihren Stil, ihren Politikstil richtig finde. Ihre Wortwahl meistens korrekt. Ihre Radikalität nicht ein einziges mal drüber. 

Dass führende Grüne sie dem rechtsradikalen Mob zum Fraß vorwerfen, ist falsch, bösartig und strategisch dumm. Aus Angst vor einem sich radikalisierenden Konservatismus denen, die Widerstand leisten, die Solidarität zu verweigern, ist armselig. 

Ich bin das zweite Mal aus der SPD ausgetreten, als niemand von den etwas linkeren bereit war, gegen Schröder um den Parteivorsitz zu kandidieren. Als die Partei diejenige, die es damals hätte machen können, später aus dem Amt gemobbt hat, wurde mir klar, dass ich da auch nie hingehörte. An der Frage, wie ihr mit so großartigen Talenten wie Jette und Menschen umgeht, die ihre Positionen teilen, die ja nun wirklich nicht radikal sind (fragt mal einige meiner erwachsenen Kinder, die finden Jette eher immer noch zu soft und nachgiebig), an dieser Frage wird sich aus meiner Sicht die Zukunft der Grünen entscheiden.

Ich dachte, Felix sei Teil der Zukunft. Falsch gedacht. Et tu, Felix.

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