Seiten

30.12.19

Voll elektrisch

Eine der besten Entscheidungen des zu Ende gehenden Jahres (neben der, mich beruflich und privat mit Menschen zu umgeben, denen ich vertraue) war die, ein Elektroauto zu kaufen (oder, ehrlich gesagt, zu leasen, weil wer weiß schon, wo die Technik in vier Jahren steht). Ich gehörte ja nie zu den first movern, mein erster CD-Player war zwar noch ein Marantz, aber da hatten die echten Freaks schon länger einen. Ebenso damals der Computer. Und auch mit der Datenübertragung zwischen zu Hause und der Redaktion habe ich erst zu Beginn 1998 angefangen. Darum habe ich viel zu lange gezögert, vollelektrisch zu fahren.

Nun, dreieinhalb Monate und rund 9.000km später, bin ich super froh, dass wir es getan haben. Ich selbst fahre ja nicht so viel, denn ich pendele mit der Bahn. Aber die Liebste kann nur mit dem Auto die Schule erreichen (tatsächlich) und Langstrecken machen wir mal so mal so. Voll elektrisch fahren ist nicht nur echt cool, sondern auch vollkommen problemlos. Aber dazu gleich. Vorher noch kurz, wieso ich ein Tesla Model 3 fahre(n muss).

Denn in das Projekt Vollelektrisch sind wir erstmal markenoffen reingegangen. Sogar Marken, die ich gar nicht mag, kamen in Frage. Und weil wir als Arbeits- und Geländewagen für 3,5to Anhängerziehen einen Land Rover fahren, wollte ich sogar deren (Jaguar) Vollelektrischen ausprobieren. Ebenso wie einen BMW. Jaguar konnte mir keine Probefahrt ermöglichen. Nun. Und BMW und Tesla habe ich zur selben Zeit per Mail angeschrieben (vorsichtshalber von der Arbeitsmail, so dass sie direkt sahen, dass ich CEO bin, also was entscheiden kann). Tesla rief mich 50 min später an - und weitere zwei Stunden später saß ich in der Mittagspause in einem Model 3. Von BMW kam: nichts. Habe ich mich also mit dem Model 3 beschäftigt. Und am Wochenende (anders geht es ja nicht) beim örtlichen BMW-Händler reingeschaut. Da war der eine Mitarbeiter dabei, zwei Geländewagen zu verkaufen und der Azubi wusste von nix. Und hatte keinen Schlüssel zur Werkstatt, in der der i3 stand, den ich gerne mal ansehen wollte. Und wollte den Chef nicht fragen, weil der ja gerade zwei Geländewagen einem Paar verkaufte, das zur Generation der Großeltern meiner Kinder gehört.

Exakt die Ausstattung des Model 3, die wir gerne wollten (große Batterie, aber nur ein Motor - also maximale Reichweite, weil wir voll Angst hatten, dass die nicht so weit reichen könnte), war im Bestand. Zwar in blau, aber irgendwas ist ja immer. Bestellt. Und die Möglichkeit bekommen, ihn eine Woche später in München abzuholen, wenn wir es schaffen sollten, bis dahin das Leasing fest zu haben und den Wagen zuzulassen. Hat geklappt. Drei Mal am Wochenende mit Tesla telefoniert dazu, aber: hat geklappt. Vier Wochen von erster Mail bis Auto zu Hause.

Eine Woche, nachdem ich den Wagen hatte, schickte mir der Filialleiter von BMW bei mir in der Gegend eine Mail, dass er meine Anfrage "über Umwege" nun bekommen habe. Wie er mir helfen könnte. Habe ihm erklärt, dass ich die Alternative zu seinem Auto seit einer Woche fahre. Dazu hat er sich nicht noch mal gemeldet. Hätte ich wahrscheinlich auch nicht.

Aber eigentlich geht es ja um die beste Entscheidung.

Schon die Fahrt von München nach Hause, nördlich von Hamburg, war ein Traum. Zweimal "tanken", jeweils für eine halbe Stunde. Die totale Ruhe, vor allem im Stau. Das Fahren bei Dunkelheit, wenn kein Licht im Cockpit stört. Ein Abend und eine Nacht im Model 3 und die letzten Zweifel waren verflogen. Denn ehrlich gesagt, habe ich vor allem darum erst gezögert und den i3 für meinen Favoriten gehalten, weil ich in einem Alter bin, in dem ein Sportwagen (und so sieht er nun mal aus und fährt er sich) echt das falsche Signal aussendet.

Jetzt nach, wie gesagt, 9.000 km würde ich sagen: wer auf dem Land oder (im eigenen Haus) am Stadtrand lebt, hat keinen Grund gegen vollelektrisch. Denn mit einer realen Reichweite von deutlich über 400km (nicht die 550km, die versprochen sind, logo) kann ich mir kein Alltagsszenario vorstellen, in dem es nicht funktioniert, wenn ich den Wagen abends an die Steckdose hänge. Und wir hängen ihn "nur" an die normale Hausstromsteckdose. Wir fahren ihn zwischen 100 und 150km am Tag, also geht er alle zwei Nächte an den Strom. Vor langen Reisen wird er etwas voller geladen (so dass er tatsächlich gut 500km hält).

Wer nicht nur Mittelstreckenalltag hat, kommt wahrscheinlich zurzeit nicht um Tesla rum, wenn es elektrisch sein soll. Und das liegt an den extrem faszinierenden Superchargern. Zu Hause lädst du das Auto mit etwa 3KW auf, das bringt bei uns so 17-19km Reichweite pro Stunde. An den öffentlichen Säulen in der Stadt mit 11KW oder (meistens) 22KW, also über 90km pro Stunde. Und an den Superchargern mit 150KW. Da kannste zugucken. Als wir in die Rhön fuhren, hatten wir den Latte Macchiato im McCafé noch nicht geordert, als der quasi leere Wagen wieder bei 80% war. Das ist schon irre.

Ich weiß, dass viele vor diesem "Tanken" unterwegs Sorge haben. Und ja, selbst am Supercharger klingt 20 oder 30 Minuten erstmal lang. Nur dass es ja anders ist als traditionelles Tanken - du bleibst nicht daneben stehen sondern kannst weg gehen. Oder Netflix gucken, was ich auch schon mal gemacht hab, abends, als ich alleine unterwegs war. Netflix ist inzwischen integriert, geiler Sound.

Wir dachten, die Umstellung sei größer, es sei deutlich unkomfortabler. Wir waren bereit, Einschränkungen zu machen dafür, dass wir zum einen sehr viel billiger unterwegs sind - und zum anderen eben nicht mehr mit dem Verbrenner (den wir nur noch fürs Händerziehen haben oder wenn wir zu sechst unterwegs sind). Nur: es ist viel besser als wir dachten.

Und ja, es ist ein Auto der oberen Mittelklasse, so preislich. Aber das Model 3 ist auch da erstaunlicherweise mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ausgestattet, finde ich. Für den gleichen Komfort/die gleiche Ausstattung zahle ich bei anderen Marken etwa das gleiche. Einziger Unterschied: die Updates bei Tesla sind direkt über das Internet. Seit wir ihn haben fünf oder sechs, glaube ich. Darunter auch echte Verbesserungen: der Regensensor war echt Grütze. Und ist jetzt echt gut. Nur mal so als Beispiel.

Sagte ich schon, dass ich die Entscheidung für Vollelektrisch für eine der besten halte, die wir dieses Jahr getroffen haben?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Immer dran denken: Sag nix Dummes. Und anonyme (also nicht mit einem Blog, Profil etc verknüpfte) Kommentare lösche ich vielleicht. Antworte auf jeden Fall nicht.
Und auch immer dran denken: Kommentieren erzeugt Daten, ich verweise dazu auf meine Datenschutzerklärung.