12.2.15

Dies ist die Stunde der PR

(english summary below as a tl;dr)

In der Tat. Der Gedanke hinter native advertising ist charmant. Und richtig. Ebenso der Gedanke hinter Content Marketing. Der Gedanke, dass es doch möglich sein müsste, (Marketing-, Werbe-) Botschaften so in Apps, Games, Medienangeboten, Netzwerken unterzubringen, dass sie quasi "natürlich" daher kommen (was eigentlich ein beknacktes Wort ist, weil es suggeriert, menschengemachte Technik sei der Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten ähnlich, was ja auch kein Wunder ist, wenn ich den Kontext bedenke, aus dem das Wort stammt, aber das ist eine andere Geschichte). Dass sie sich, um es präziser zu formulieren, so in ihre Umgebung einfügen, dass sie von den Nutzerinnen als Teil des Angebots wahrgenommen werden und nicht als Störenfriede.

Nun haben wir ungefähr ein Jahr Experimente mit so was hinter uns.
Und die sind sehr ernüchternd. Ehrlich gesagt, war ich tatsächlich gespannt, was den Kolleginnen so einfällt rund um native advertising. Und raus kam entweder das, was wir früher Schleichwerbung genannt haben (und was nicht funktioniert, mal die rechtlichen und/oder ethischen Fragen außen vor) - oder schlecht kaschierte Advertorials, die ihre Wirt beschädigen. Trauriges Beispiel ist die Computerwoche mit ihrem Business Expert Circle. Auf der Startseite ist noch nicht mal das minikleine Wort Anzeige zu sehen, das auf der Detailseite im Header steht aber kaum als dazu verbunden wahrgenommen wird. Native eben. Problem ist (neben allem anderen), dass die Qualität - sprachlich, argumentativ etc - teilweise so schwach ist, dass die native advertising-Artikel tatsächlich nicht etwa als natürlich im redaktionellen Content eingebunden daher kommen. Sondern so stark abfallen (aber nicht als Fremdcontent erkennbar sind), dass die geneigte Leserin am Verstand der Redaktion zu zweifeln beginnt. So zerstört der Parasit den Wirt, um in der Naturmetapher zu bleiben. Die Implosion von YouTube-Vermarktungsnetzwerken wie Mediakraft ist da nur ein weiteres Symptom.

Oder Magazine wie Curved (E-Plus) oder Featured (Vodafone), die versuchen, mit einer Art Wohlfühljournalismussimulation native daher zu kommen, offenbar auch Traffic ziehen durch sehr gute Performance in Suchmaschinen (zumindest bei Curved, Featured ist dafür noch zu jung) und einer gelungenen Vermarktung des Contents (weshalb sie getrost als Beispiel für Content Marketing herhalten dürfen), aber doch so glaubwürdig sind wie es andere Wohlfühljournalismussimulationen schon immer waren.

Beide Ansätze sind bestimmt kurzfristig erfolgreich, wenn ich die richtigen Key Performance Indikatoren zu Grunde lege. Dass sie beim Brand Building (also Marketing) helfen, bezweifele ich.

Dabei finde ich es richtig - um das klar zu sagen -, dass Kommunikatorinnen versuchen, das Problem zu lösen, dass ihre Botschaften und die Art, wie sie präsentiert werden, als störend und irrelevant empfunden werden von zu vielen, die sie erreichen wollen mit eben diesen Botschaften.

Und darum: Ich teile die Idee hinter Native Advertising und Content Marketing.
Aber ich glaube an eine andere Lösung für das Problem. Call me naiv, aber ich glaube an mehr Intelligenz und Substanz. Ich glaube an Argumente und nicht an Relevanzsimulation. Und darum gehe ich zurück in die PR.

Denn moderne, zeitgemäße PR ist die richtige und nachhaltige Lösung für die Herausforderungen des Marketings in der Zeit nach der kurzen, knapp 175 Jahre langen Zwischenepisode der Massenmediendominanz. Etwas holzschnittartig geht es eben nicht darum, Geschichten zu erzählen oder zu tun - sondern in den Geschichten der Menschen vorzukommen.

Wer nur Botschaften weniger störend, mehr native, präsentieren will, wer nur diese Botschaften über eigenen Content besser vermarkten will, hat das, denke ich, nicht verstanden.

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tl;dr Native Advertising sucks. Content Marketing fails. PR is it.


11.2.15

Ich bin Norddeutscher

Ich bin Alexander Otto dankbar. Denn mit seiner beknackten schönen Lichtinstallation über dem AEZ, die mich immer stört ich jeden Abend sehe, wenn ich die Fensterläden im Schlafzimmer schließe und noch einmal rüber über den Mellenberg gucken will, erinnert er mich jeden Abend daran, dass und wieso ich gegen die Olympiabewerbung meiner liebsten Heimatstadt bin. Aber das ist eigentlich noch mal eine andere Geschichte.

Aber die 1374 Euro 10, die so ein Blog so im Monat an Kosten verursacht (und da sind die ganzen Kosten für meine vier Pferde und meine vier Kinder und so noch gar nicht mit drin), müssen ja auch gut investiert sein, weshalb ich eigentlich nur endlich mal wieder was in dieses Blog reinschreiben wolle. Was aber eigentlich auch noch mal wieder eine andere Geschichte ist.

Und dann bin ich über Moritz Neumeier gestolpert. Der hat so ein Blogdings bei der Zeit jetzt irgendwie neu. Und ist Norddeutscher. Bin ich ja auch.