13.10.11

Ich will doch wohl nicht schmarotzen

Ich will gar nichts vom Amt. Ich will nur bestätigen, dass ich bereit wäre, für die Kosten aufzukommen, falls unsere Freundin A. wider Erwarten goldene Löffel klaut und ans andere Ende der Welt abgeschoben werden muss. Oder sie, falls sie zu verhungern droht oder aus anderen Gründen dem Staat auf die Tasche geraten könnte, zu füttern. Also will ich dem Staat helfen. Was ich gerne tue. Denn ich mag diesen Staat irgendwie. Und A. sowieso. Und dass sie nun endlich hier studieren darf und Lehrerin werden, finde ich super.

Zuletzt habe ich ja vor etwa einem Jahr über die Wirrungen der Ausländerbürokratie geschrieben. Es ist schlimmer geworden. Dabei dachte ich, ich bin mal ganz schlau. In den Tiefen meiner Mailbox habe ich noch die Adresse einer Mitarbeiterin im für mich zuständigen Ausländeramt. Die frage ich mal, ob und wie es geht. Und die nimmt mir auch gleich jeden Mut (wofür sie persönlich nichts kann). Denn die neuen elektronischen Aufenthaltstitel haben alles viel komplizierter gemacht, irre lange Wartezeiten, sehr früh müsse man kommen, denn die Wartenummern für einen Tag sind sehr schnell vergeben. Nein, einen Termin dürfe sie mir nicht geben, leider, tut ihr leid.

Ich also hin. 200 Leute im Foyer des Bezirksamtes. Am Tresen erklärt mir ein Mitarbeiter ohne jede Zweifelsfalte auf der Stirn, dass ich ohnehin ins Einwohneramt müsse. Nein, nein, er habe da jahrelang gearbeitet, das stimme, ich sei falsch informiert. Offenbar hatte er noch nie von Verpflichtungserklärungen gehört, die für länger als drei Monate gelten sollen und nicht der Familienzusammenführung dienen. Er hat übrigens (selbstverständlich) nicht Recht mit seiner Auskunft, das aber nur am Rande, ich hab mich ja auch nicht drauf verlassen, denn ich bin ja Profi. Und habe selbst recherchiert.

Prognostizierte Wartezeit, um in Zimmer 5 eine Wartenummer (!) zu bekommen, die vielleicht bis 16 Uhr (es war 7:45 Uhr) dran kommen könnte: Minimum 30 Minuten, eher länger. Bis 16 Uhr allerdings kann ich nicht warten, denn ich kann mir keinen Tag frei nehmen zurzeit, ich will nämlich nicht schmarotzen.

Neben allen grundsätzlichen Zweifeln am Ausländerrecht und der Ausländerbürokratie (beispielsweise dass junge Menschen in die Schwarzarbeit getrieben werden, beispielsweise wie teilweise der Tonfall ist und so weiter) ärgert mich diese nun langsam unendliche Geschichte sehr:
  • Ich will eine Erklärung abgeben, die sehr klar geregelt ist. Dazu muss ich nachweisen, dass ich mir A. "leisten" könnte, dass also meine wirtschaftliche Situation dazu angetan ist, anzunehmen, dass ich ihr das Essen bezahlen könnte, wenn es hart auf hart kommt. Könnte man zur Not aus meinen Steuerdaten ablesen, kann ich jedenfalls nachweisen.
  • Dazu kann ich nicht etwa, wie für alle anderen Behördendingens, in eine für mich bequem erreichbare Dienststelle gehen (ob in Volksdorf oder in Eimsbüttel), sondern muss in die chronisch unterbesetzte, selten öffnende Ausländerabteilung meines Bezirksamtes.
  • Aber obwohl ich - und so eine Erklärung habe ich bereits für Au Pairs abgegeben - für diesen Akt maximal 6 Minuten brauche, die planbar und prognostizierbar sind, kann ich dafür keinen Termin bekommen, sondern muss mich mit denen anstellen, die seit Wochen versuchen, ihren Aufenthaltstitel zu verlängern (was auch unwürdig ist übrigens).
  • Was ich zu tun habe und wo ich welches Formular bekomme, ist für nicht ganz so erfahrene und onlinesichere Zeitgenossen nahezu unmöglich zu erfahren.
(Und dass - als Treppenwitz des Ganzen - dann auch noch umstritten ist, ob diese Erklärung dann überhaupt notwendig sei, macht es noch absurder. Denn die Sachbearbeiter in den Bezirken sind unterschiedlicher Meinung, ob A. von mir eine solche braucht, da sie vom letzten Visum eine hat, die damals von einer Dorfbehörde in Schläfrig-Holstein leicht falsch ausgefüllt wurde - ohne Ablaufdatum und Zweckbindung -, so dass sie eigentlich gar nicht hätte anerkannt werden können, nun aber im Prinzip unendlich lange gültig ist, weil sie jemand ins System eingetragen hat.)

Vielleicht sollten wir A. adoptieren. Oder ist das bei einer, deren Eltern keinen deutschen Schäferhund hatten, auch nicht möglich?

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