6.9.11

Hilfe, die Welt geht schockierend unter

Denn 17% der Deutschen zwischen 16 und 74 sind noch nie in ihrem Leben online gewesen. Durch Twitter oder so rauscht es mit Worten wie "schockierend". Ich hielt diese Wortwahl erst für Ironie, aber beispielsweise Sachar Kriwoj von E-Plus meinte das, sagte er mir, durchaus ernst. Da frage ich mich dann schon, ob das an Berlin liegt oder an seinem jugendlichen Alter oder seinem Job oder ob er einfach der reißerischen und meines Erachtens latent merkbefreiten Aufmachung der FTD und anderer zu dem Thema aufgesessen ist (denn er ist ja, das schätze ich an ihm, auch wenn wir sehr oft nicht einer Meinung sind, des Denkens normalerweise sehr fähig).

Stellt euch vor, es wären alle Deutsche in diese Statistik eingeflossen. Immerhin sind rund 20% der Deutschen 2009 65 Jahre und älter gewesen. Und 13,6% 16 Jahre und jünger. Schockierend! Da wären dann bestimmt 25% insgesamt noch nie online.

Mich überrascht die Zahl auch immer wieder. Aber eher, wie online wir in diesem Land sind. Ich hab ja beruflich durchaus immer mal mit anderen Ländern zu tun, in denen es ganz anders aussieht - und in denen dann trotzdem "Facebook-Revolutionen" stattfinden. Naja.

Bei allen selbstreferenziellen Onlinegedönsgeschichten sollten wir aus meiner Sicht zwei Dinge nicht vergessen:
  • Die ARD/ZDF-Onlinestudie, die eine wichtige (konservative) Reichweitenreferenz ist, nennt online die Leute, die ich offline nennen würde (mindestens einmal monatlich online).
  • Außerhalb einer Gruppe, die ich "digitale Elite" nenne, ist Online immer nur ein Teil eines persönlichen Medienmixes. Selbst Kinder und junge Jugendliche nutzen ja andere Medien ebenfalls noch und echte Reichweiten auch in diesen Zielgruppen kann ich mit "online only" nicht aufbauen.
Oder anekdotisch, weil Sachar im oben verlinkten Tweet so schön spitz formulierte, 17% seien nicht neugierig:

Meine Großeltern sind Mitte 80. Fallen also aus dieser Studie raus. Waren noch nie online (auch wenn ich ihnen das Internet schon gezeigt habe und meine Seiten, Bilder, Blog, Twitter und so). Sie sind trotzdem sehr neugierig und sehr informiert. Durch einen Medienmix aus Boulevardzeitung, Spiegel, TV, Radio, Gespräche, hin und wieder richtige Zeitung. Und sie sind trotzdem sehr neugierig, fragen ihre Enkel und Urenkel regelmäßig, wie das mit dem Internet geht, was da so geht und so weiter. Wir waren kurz davor, ihnen ein einfaches Internetzugangsgerät wie ein iPad oder so anzuschaffen. Aber motorisch und logisch sind sie schon mit dem voll konfigurierten Telefon-only-Senioren-Handy überfordert, zu dem ich sie gezwungen habe, weil ich möchte, dass sie Hilfe holen können, wenn sie im Wald unterwegs sind.

Oder auch: Get a life.

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