18.4.08

Panikattacken in unserem Gymnasium

Der Koalitionsvertrag, den CDU und Grüne in Hamburg gestern unterzeichnet haben (als pdf hier in der Box zum Download, wenn es euch interessiert) - und dem die Parteien noch zustimmen müssen, was gerade bei uns Grünen noch keineswegs ausgemacht ist - hat vor allem bei einigen Gymnasien geradezu Panikattacken ausgelöst. Die Lehrerkonferenz unserer Schule (in der ich im Elternrat, der Elternmitbestimmung, bin) hat beispielsweise den Brief an den Bürgermeister geschickt, der ebenfalls in der Box zum Download bereitsteht.



Meine Meinung dazu ist diese:

Ich empfinde solche Schreiben von Kollegien ähnlich defensiv und unkreativ wie die Diskussionen, die ich (damals noch als Grundschulvater) rund um das Lehrerarbeitszeitmodell erlebt habe, in der ich ähnlich kopfschüttelnd auf Tenor und Inhalte von Beschlüssen reagiert habe.

Was ist jetzt von der Politik beschlossen worden?
  • Eine sechsjährige Primarschule, wie sie erfolgreich in Berlin, Brandenburg, der Schweiz und jahrelang in Hessen praktiziert wird oder wurde.
  • Eine hohe Flexibilität in den Schulbezirken, was die Gestaltung angeht – insbesondere soll offenbar unter Federführung der regionalen Schulgremien und in Mitwirkung der Behörde eines von drei möglichen Modellen ausgewählt werden können.
  • Das Elternwahlrecht, das nach der sechsten Klasse ja ohnehin nicht bestand, wird offenbar nicht wieder eingeführt.
Vor diesem Hintergrund kann ich den Alarmismus nicht nachvollziehen (wohl teilweise verstehen, weil es eine Umstellung bedeutet, die jedem Arbeitnehmer schwer fällt, aber eben nicht nachvollziehen), der aus dem Schreiben der Lehrerinnen spricht.

Was war meine erste Reaktion auf die Beschlüsse der Parteien?

Mein erster Gedanke war, dass es gerade für unsere Schule eine großartige Chance ist! Vor allem, wenn man sich ansieht, wie die jetzigen fünften Klassen sich verteilen, ist es ja mehr als naheliegend, entweder die gesamte Primarschule oder die Klassen vier bis sechs dem Gymnasium Meiendorf anzugliedern. Der brachliegende Schulstandort direkt neben unserem Gymnasium kann wunderbar dafür eingesetzt werden – beispielsweise indem die Klassen VSK bis drei an der aktuellen Grundschule an einem anderen Standort unterrichtet werden und die Klassen vier bis sechs direkt neben dem Gymnasium. Das würde bedeuten, dass der gerade angeschaffte Musikschwerpunkt an der Grundschule durch uns wiederbelebt werden könnte.

Alle Schwerpunkte, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben, können so noch besser umgesetzt werden als bisher – allerdings um den Preis, dass eine an Grundschulen übliche Binnendifferenzierung auch von Gymnasiallehrerinnen auf einmal erlernt und praktiziert werden muss, was bei den langen Vorläufen aber ja kein Problem darstellen sollte und – so weit ich weiß – ja ohnehin als Prozess bereits begonnen hat.

Angesichts der Tatsache, dass die Mehrheit der Wählerinnen in dieser Stadt Parteien gewählt hat, die eigentlich sogar eine gemeinsame Schule bis Klasse 9 als Ziel formuliert haben, kommt mir eine Frontstellung, wie sie nun eröffnet wird, töricht vor. Das erste Feedback, das ich von anderen Eltern auf meine Intervention bekomme, bestätigt mich darin, dass sich das Kollegium hier in eine Konfrontation zu manövrieren droht, die der Schule aus meiner Sicht schaden könnte.

Denn ich bin mir sicher, dass die Schule, die als erstes überlegte, kreative und konstruktive Vorschläge macht, wie die Primarschule im Stadtteil umgesetzt werden könnte, die Nase vorn haben wird. Wenn es beim Jammern bleibt, wird genau das eintreten, was der Brief befürchtet. Das ist dann aber hausgemacht und allein dem Handeln der Schule geschuldet und nicht etwa den Beschlüssen der Politik. Nur wer handelt, kann gestalten.

Von meiner Seite besteht ein unbedingtes Gesprächsangebot, auch mit dem Kollegium. Ich hoffe, dass wir ins Gespräch kommen. Und ich hoffe, dass es uns als Gremien der Schule gelingt, uns in einen konstruktiven Dialog mit der Politik und untereinander zu begeben.

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3 Kommentare:

  1. Anonym18.4.08

    "Eine sechsjährige Primarschule, wie sie erfolgreich in Berlin, Brandenburg, der Schweiz und jahrelang in Hessen praktiziert wird oder wurde."

    Erfolgreich? Nicht wirklich: spon, welt.

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  2. Äh, Niels, wenn du dir die von dir verlinkten Artikel durchliest, ist das von diesem einen Forscher eine Einzelmeinung. Zitat aus dem SpOn-Artikel: "Den Beweis kann Lehmann vorerst allerdings nicht antreten - der Endbericht seiner Studie über die lange Berliner Grundschule ist nicht veröffentlicht und ein alter Zwischenbericht zeigt das Gegenteil."

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  3. Anonym19.4.08

    Nunja. In der FAZ war zu lesen, dass die Ergebnisse bislang nicht veröffentlich würden, weil sie in der Senatsverwaltung der Abnahme harren. Dass die Berliner Schulverwaltung, die die Studie einst in Auftrag gab in der Hoffnung, dass der Erfolg der sechsjährigen Grundschule bestätigt würde, damit keine besondere Eile hat, ist nicht sonderlich überraschend.

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