31.1.05

Sauna

Wir sind am Sonntag mal wieder mit der ganzen Familie schwimmen gewesen. An sich hat das auch Spaß gemacht, wenn es nicht zu einer aufziehenden Migräne geführt hätte.
Und wir mal wieder gedacht hätten, um wie viel netter es wäre, ein eigenes Schwimmbad zu haben. OK, dafür fehlen uns ein paar wenige Euro. Aber nett wäre es doch...

Und wieder einmal hat die Sauna am Abend Wunder gewirkt. Mir geht ja ohnehin so, dass ich bei beginnender Erkältung und auch bei beginnendem Fieber liebend gerne sauniere - und meist ist es dann weg, ansonsten richtig da, was auch gut ist. Die Sauna im Haus ist so ziemlich das Beste, was passieren kann. Wir nutzen sie ein bis zweimal die Woche und es tut einfach nur gut.

Kein Wunder, dass in Finnland die Sauna der wichtigste Ort für wichtige geschäftliche Verhandlungen ist (wobei wir die Saunawurst, das Bier und den Wodka normalerweise weglassen).

Kishon

Als ich heute morgen las, dass Kishon tot ist, war ich vor allem deshalb überrascht, weil ich nicht wusste, dass er noch lebte. Obwohl mir nach etwas Nachdenken einfiel, dass ich es wohl mitbekommen hätte, wenn er gestorben wäre.

Für mich jedenfalls der Anlass, doch noch mal Torbergs Tante Jolesch in die Hand zu nehmen - geht doch das Gerücht, dass Kishon in Deutschland allein deshalb so erfolgreich war (und nirgendwo ja so erfolgreich wie hier im Übrigen), weil Torberg seine Satiren genial übersetzt und lektoriert habe. Nicht umsonst habe Kishon nach dessen Tod nichts Bahnbrechendes mehr veröffentlicht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich fand ihn faszinierend, als ich ihn das erste Mal traf. Damals machte ich gerade ein Schülerpraktikum an den Hamburger Kammerspielen. (Ida Ehre lebte noch und die Kammerspiele waren ein Puschentheater mit unausgegorenem Profil - Boulevard irgendwo zwischen Anspruch und Klamauk. Jedenfalls wurden gleichzeitig Kishons Es war die Lerche und Williams Katze geprobt. Aber mir fiel im Aufenthaltsraum des Hinterhauses erstmals ein Exemplar von Tempo in die Hände, ich weiß noch, wie irre ich das fand.) Elegant, witzig, interessiert, gar nicht arrogant. Es hat an den ersten Sprechproben teilgenommen und mit den Schauspielern (an den Mann kann ich mich nicht erinnern, die Frau war Grit Böttcher) geübt, gelacht und gegessen.

Beim zweiten Mal, fast zehn Jahre später, musste ich ein Interview mit ihm führen. Und obwohl mit seinem Management klar abgesprochen war, worum es gehen würde (wir hatten eine Sendereihe unter dem Titel Die Gretchenfrage, in der wir uns mit Prominenten über Religion unterhielten), war er total Jürgen-Fliege-mäßig arrogant und abweisend. Ein richtiges Arschloch. Merkwürdig. Aber ok, er war auch gerade unterwegs, um kein gutes Buch vorzustellen, und wollte eigentlich nur darüber reden. Oder er mochte keine Journalisten? Mühsam wars jedenfalls. Dabei moche ich seine Satiren und bin mit ihnen aufgewachsen.

28.1.05

Mein Sohn bloggt

Nicht nur, weil er heute sein erstes Noten-Zeugnis bekommen hat (obwohl das der Anlass war, weil wir doch nicht bis zu seinem Geburtstag warten wollten), sondern auch, weil wir den Eindruck hatten, dass er durchaus neben der Schule und dem Sport noch eine Anregung vertragen kann, habe ich heute meinem Großen ein eigenes Blog gebaut. Er will über Fußball, sein Spielen, seinen HSV und alles drum herum berichten. Und wenn der Service des Presseportal, mit dem ich hier eigentlich auch die jeweils aktuellen Meldungen der Zeit eingebunden habe, wieder funktioniert, gibt es in seinem Blog als Gimmick die Pressemitteilungen des HSV zu sehen...

Er war gleich ganz begeistert und hat losgelegt. Ich bin gespannt, ob das anhält. Es ist ein Experiment, ob ein so kleines Kind Lust hat und damit umgehen kann. Obwohl erst in der dritten Klasse, hat ihn sein Lehrer auch schon die ersten Schritte im Internet machen lassen bei Recherchen und so weiter. Insofern kann es gehen.

Blogs als Gedächtnis

Über Christiane bin ich auf ein wunderbares Beispiel gestoßen für das, was ich an Blogs so liebe: Dass Gespräche, Gerüchte, Kommentare verfügbar bleiben; dass Blogs ein wunderbare Gedächtnis des word of mouth sind.

Da schreibt einer über die Probleme, die eine saudumme Behandlung eines Gehörlosen durch Germanwings ausgelöst hat, Christiane findet das, schickt es an einen gehörlosen Freund, der es unter anderen Gehörlosen bekannt macht - und der Fluggast, um den der Wirbel entstand, konnte in den Kommentaren seinen Teil der Geschichte erzählen.

So wurde es rund, so lernen sich Zufallsbegegnungen kennen (oder sprechen zumindest miteinander). So bleibt es erinnert.

Pervers

Neulich gerade noch habe ich den vielleicht zweitunbeliebtesten Chefredakteur Deutschlands gelobt, da schreibt Stefan Baron doch wieder einen Kommentar, der erwartbar war: Nach einer peinlichen Selbstbeweihräucherung angesichts der Tatsache, dass er so wichtig sei, dass er schon immer in Davos dabei gewesen sei, kommt er auf den Punkt.
Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, diesem entweder kleinmütigen oder verlogenen Schauspiel beizuwohnen, diesem Ja-aber-Kapitalismus die Ehre zu geben, der überall Einzug zu halten droht: Ja zu Privateigentum und Marktwirtschaft, aber nur mit den Adjektiven "zivilisiert" oder "gezähmt" oder "sozial verantwortlich" ? als handelte es sich dabei um atavistische, unsoziale oder unmoralische Dinge.(Baron)

Schon klar. Und dann formuliert er eine Reihe von Wünschen, die erfüllt werden sollten, bevor er wieder hinfahre und schließt:
Ich fahre erst wieder nach Davos, wenn ich dort nicht mehr gut verdienende Unternehmensführer laut darüber nachdenken höre, wie sie "etwas an die Gesellschaft zurückgeben" können. So als hätten sie dieser mit ihrer Arbeit etwas gestohlen.(Baron)

Abgesehen davon, dass die Teilnehmer in Davos nun sicher wahnsinnig geknickt sein werden, dass der Baron da fehlt (wie schaffen sie es überhaupt, noch in die Kameras zu lächeln ob dieser Schmach?), ist ja auch wirklich verwerflich und schade, dass nun so unwichtige Dinge stattfinden, über die heute die taz schreibt:
Am ersten vollen Konferenztag gestern stand Afrika im Mittelpunkt - auch dies eine Neuerung. Die Präsidenten Südafrikas und Nigerias gesellten sich zu Prominenten wie Bill Gates und Bill Clinton, um gemeinsam für mehr internationale Aufmerksamkeit für Afrikas Probleme zu werben. "Wenn das, was in Afrika geschieht, während wir sprechen, irgendwo anders auf der Welt geschehen würde, gäbe es einen solchen Aufschrei, dass die Regierungen sich gegenseitig überbieten würden, um etwas zu tun", meint der britische Premierminister Tony Blair. (taz)

Den Hinweis auf den Artikel der taz hab ich aus Picking.de

Endlich

Nun hat es also geklappt: Gestern Abend - klar: Es hat länger gedauert als gedacht und geplant - haben wir unser WLAN zum Laufen bekommen, sogar mit Internetzugang. Und so wie es aussieht, bekommen wir sogar in allen Etagen hinreichendes Netz, trotz Monsterstahlbetondecken. Garten auszuprobieren, schenke ich mir, so lange es so kalt ist.

Fein jedenfalls. Und mal wieder typisch: Den Mac habe ich sofort und ohne Probleme anmelden können, den Rechner mit dem bekloppten XP drauf erstmal nicht. Wieso kann das nicht auch so einfach und für einen DAU benutzbar sein?

Jedenfalls kann B jetzt, wie sie es schon lange wollte, den Laptop in der Küche haben. Ist schließlich der zentrale Raum des Hauses.

27.1.05

Auschwitz

Auschwitz bleibt als Chiffre einer der entscheidenden Fixpunkte in der Geschichte unseres Landes. Auch und gerade in der Kulturgeschichte. Erst, als ich Ende der 80er das erste Mal in Prag war und wir Teresienstadt besuchten ("besuchten"?), wurde mir bewusst, dass ich als Kind und jüngerer Jugendlicher nie in einem KZ war - Neuengamme, sonst fester Bestandteil der antifaschistischen Erziehung in Hamburg, stand bei uns nicht auf dem Leerplan. Merkwürdig.

Für mich war das eigentlich aufwühlende Erlebnis damals übrigens der kurze Aufenthalt in Lidice, jenem Dorf, das brutalst von deutschen Einheiten (auch regulären) vernichtet wurde. Dort habe ich geheult und wirkliche Scham gespürt - auch für den Großvater, der immerhin mit uns über seine Zeit als Hitlerjunge sprach und über seine Faszination. (Anders als sein Schwager, mein Großonkel, nach dem mein Vater und auch ich benannt sind, und der als begeisterter SS-Mann schließlich am Ende "im Osten" fiel, war sein Erleben Thema. Das rechne ich ihm hoch an. Zumal er gestorben ist, bevor in den letzten Jahren die verständlichen und doch perversen Selbstmitleidsorgien meiner Großeltern-Generation einsetzten - "endlich dürfen wir mal über unser unsägliches Leid bei den Bomben auf Hamburg reden. Wird auch Zeit")

Nun hatte ich selbst das Glück, 68er als Eltern zu haben und immerhin einen Großvater, der als junger Mann bereits selbst gedacht hat und lange Haare trug. Dadurch war Auschwitz immer klar als Thema da und wir alle eindeutig dazu positioniert. Meine Zeit als Antifa-Aktivist hing auch damit zusammen (und dann war ich in den 80ern schließlich der Kontaktmensch des Juso-Kreisvorstandes zur Antifa-Arbeit und zu den Autonomen, bevor mein Interesse an dem Thema abebbte).

Sowohl im Studium als auch in der (theoretischen und praktischen) Auseinandersetzung mit Literatur und Musik stand dann Auschwitz wieder im Fokus. Obwohl heute theologisch eher konservativ, bin ich immer noch überzeugt, dass es nach Auschwitz nicht mehr möglich ist, von Gott zu sprechen wie vor Auschwitz. Das so genannte Theodizee-Problem - also die Frage, wie Gott so etwas zulassen kann, wie das schlechthin Böse in die Welt kommt - gab es schon immer. Aber billige Antworten sind seit 60 Jahren tabu. Dorothee Sölle hat mich mit ihrer radikalen Sicht auf den toten Gott und ihrer dennoch großen und tiefen Frömmigkeit da sehr geprägt. Und nicht umsonst hatte sie zwar eine Professur in den USA, wo sie auch akademisch akzeptiert ist, nicht aber in Deutschland.

Die Frage, wie nach Auschwitz Lyrik und Musik möglich ist und wie nach Auschwitz komponiert werden kann, habe ich noch während des Studiums intensiv mit Tobias Götting diskutiert, dem ich da viele Anregungen und Einsichten verdanke - klar, dass er am Wochenende in seiner Kirche einen besonderen Zugang zu dem Thema gefunden hat.

Für mich selbst ist das Thema unabgeschlossen geblieben und eine Herausforderung - gerade auch als Vater von Söhnen.

24.1.05

Bessergebärende

Hübsche Idee, die meine Bundesgeschäftsführerin da hatte. Nennt die Konkurrenz von der FDP die Partei der Bessergebärenden und schreibt in der Pressemitteilung von eben:
Wer wie Herr Bahr behauptet, dass in Deutschland "die Falschen Kinder kriegen" und dass wir mehr "Kinder von Frauen mit Hochschulabschluss als mit Hauptschulabschluss brauchen", hat ein grundverkehrtes Gesellschaftsbild. Hinter den dummdreisten Auslassungen von Daniel Bahr steckt das Bild einer Partei der Bessergebärenden, die gesellschaftliche Spaltung hinnimmt.

OK, wörtlich ist das, was der Kasper da von sich gibt, absurd und benackt (nachzulesen bei Bild-Online). Aber das Problem, das er anspricht, auf so dürftige Art und Weise polemisch abzubürsten, wie es Steffi Lembke da tut, ist armselig. Tut mir leid, aber zu leugnen, dass es gesellschaftlich problematisch ist, wenn besser ausgebildete Menschen noch weniger Kinder bekommen als der Durchschnitt, ist einfach saublöd. Das IST ein Problem, verdammt noch mal!
(Die Grünen-Seite ist zurzeit nicht erreichbar, darum ohne Links. Wird nachgeholt.)

Nichts destotrotz ist es genau so blöd, wie Bahr seine Aussage begründet:
Laut PISA-Studie hängt nämlich in Deutschland der Lernerfolg eines Kindes stark vom Bildungsniveau der Eltern ab. Wir brauchen mehr Kinder von Frauen mit Hochschulabschluß als von jenen mit Hauptschulabschluß. Dann stehen wir künftig auch in der PISA-Studie wieder besser da.

DNA und Moral

Schon aus grundsätzlichen Gründen ist mir die DNA-Hysterie suspekt, die vom zufälligen Fahdungserfolg im Fall Mosheimer (zufällig deshalb, weil die Daten noch gespeichert waren) ausgeht. Spannend darum, dass Ralf Grötker heute in Telepolis ausgerechnet das Argument, das unter liberalen Gesichtspunkten zunächst meist im Vordergrund stand (informationelle Selbstbestimmung), als das schwächste der möglichen entlarvt.

Noch spannender aber sein Aspekt der Freiheit zur Moral, der zumindest für mich überraschend ist - und umso überzeugender. Denn, so die Überlegung, eine DNA-Datei führt zu einer höheren Aufklärungs- und damit auch Strafquote. Das aber sei vor allem bei Bagatelldelikten problematisch:
Die "Bestrafungsgesellschaft", in der bereits kleinste Vergehen sofort aufgespürt und geahndet werden, würde sozusagen der Corporate Identity unserer Gesellschaft strikt zuwiderlaufen. Denn die Idee, dass wir unrechte Handlungen nicht nur dann unterlassen, wenn wir davon ausgehen können, mit Sicherheit ertappt und bestraft zu werden, ist ein Kernelement unseres moralischen Selbstverständnisses. Man könnte hier von einem Argument der "Freiheit zur Moral" sprechen.

In der Tat: Wer schon mal Kinder erzogen hat oder Verantwortung in beruflichen Prozessen übernehmen durfte, kann bestätigen: Allein die Androhung von Strafe kann es nicht sein - sie ist ineffizient, moralisch fragwürdig und motivationstötend.

Grötker fährt deshalb fort:
Aus dieser Überlegung lässt sich ein überraschender Schluss ziehen. Es sind nicht nur etwaige "Nebenwirkungen", derentwegen wir den Umgang mit DNA-Analysen beschränken sollten. Es ist, im Gegenteil, die Hauptwirkung, die herbeizuführen - wie bei einer Medizin - nur in Maßen zuträglich ist. Der Traum einer Gesellschaft, wo jedes Vergehen aufgeklärt und geahndet wird, ist ein Albtraum, weil er eine Welt beschreibt, in der ein völlig instrumentalisiertes Verständnis von Moral und Gesetzestreue vorherrscht. Von daher haben wir einen Grund, bei der Aufklärung von Delikten den Rahmen des technisch Möglichkeiten nicht immer voll auszuschöpfen. Und es sieht so aus, als würden die technischen Möglichkeiten uns bereits heute mehr erlauben, als für eine freie Gesellschaft zuträglich ist.

Es wundert mich nicht sehr, dass dieses Argument kaum stattfindet. Ethik und Moral sind ja nun seit längerem aus dem politischen und ökonomischen Diskurs verbannt. Dass das nicht nur dumm ist, sondern auch kontraproduktiv, ist eine andere Geschichte. Allerdings bin ich davon wirklich überzeugt.

21.1.05

Vertrauen

Vielleicht weil ich selbst einige Jahre Radio gemacht hab? Jedenfalls bin ich jedesmal wieder überrascht, wenn bei Umfragen rauskommt, Radio sei das Medium, dem die Menschen noch am meisten vertrauen. Wie mag das kommen? Die Realität ist da ja anders: In keinem Medium ist es so leicht möglich zu lügen, keines wird mit so wenig Personal hergestellt, keines ist so flüchtig.

Ich mag Radio (auch wenn ich es kaum höre, aber ich sehe ja auch kaum fern und lese so gut wie nicht Tageszeitungen). Ich finde es auch wirklich großartig, es fordert Kreativität, es ist emotional. Aber glaubwürdig?

20.1.05

Bzzzz

Ich bin, wie jeder weiß, der mich etwas kennt, ein Verkäufer aus Leidenschaft. Eben weil ich wirklich gerne verkaufe. Und weil Verkaufen nicht nur das ist, was ich kann, sondern auch das, was sich durch meinen gesamten Lebenslauf zieht.

Umso mehr ärgert es mich, wenn nicht ehrliches Verkaufen passiert, sondern ein Kampf gegen mögliche Kunden geführt wird, wie es viele klassische Ansätze im Marketing tun, die ja auch nicht umsonst sich der militärischen Sprache bedienen. Die Galle kommt mir auch hoch, wenn die an sich grandiose Idee des viralen Marketing - also die Idee, dass nichts so sinnvoll und effektiv ist, wie wenn Menschen über mein Produkt reden und es sich gegenseitig empfehlen, jetzt mal sehr holzschnittartig und verkürzt - kaputt gemacht wird durch verdeckte Aktionen. Markus Breuer beschreibt es (wieder einmal) ausführlich und kompetent - auch, was das Problem damit ist.

Was ich nicht verstehe: Wieso es immer noch Menschen gibt, die glauben, mit so einem Konzept heute noch wirklich durch zu kommen. Klar - die Faszination in Zeiten der Massenindividualisierung für Ansätze, in denen Menschen (ohne zu sagen, dass sie dazu beautragt sind) ihren Freunden Produkte empfehlen, kann ich verstehen. Aber einmal mehr nachdenken und einmal so etwas mit der eigenen Haltung zu vergleichen, das kann schon helfen. Und wer so was dann nicht aus Gedankenlosigkeit gut findet, sondern ernsthaft der Meinung ist, mit verdeckten Operationen und Lügen sinnvoll agieren zu sollen, kann mir mal den Buckel runter rutschen...

Uniform

Mir ist es noch nie vorher so extrem aufgefallen wie gestern abend, als ich am Münchner Flughafen aus der S-Bahn stieg (Vielleicht war es auch einfach ein besonders verkehrsreicher Tag? Oder eine Messe zu Ende? Oder ich zu einer ungewöhnlichen Zeit? Ich bin vorher auch noch nie auf der Strecke mit einem komplett voll besetzten Flieger unterwegs gewesen): So weit das Auge reicht Männer in Mänteln, entweder einen dieser Alurollkoffer hinter sich herziehend und eine Notebooktasche in der Hand - oder eine Notebooktasche in der einen Hand und in der anderen den Kleidersack oder etwas, das beinahe wie eine Reisetaschenkofferkreuzung aussieht.

In allem diese Stimmung einer Grunderschöpfung, die Vorfreude auf das letzte Bier. Noch ein Anruf zu Hause: Auf einmal brüllen sie nicht in ihr Handy, sondern sprechen dezent, ein untrügliches Zeichen also. Und fast keine Frauen. Der Flieger stank dann nach wenigen Minuten unglaublich nach Bier. Ich hab gerade noch das letzte Beck´s abbekommen.

14.1.05

Neoliberale Ideologie

Nun habe ich mich doch noch durch Albrecht Müllers Buch Reformlüge gekämpft. Auslöser war aktuell ein Artikel in telepolis, der sich mit den eschatologischen und ideologischen Aspekten des Neoliberalismus beschäftigt (und dabei positiv sich aufs Buch bezieht).

Zunächst angestoßen von Müllers Website NachDenkSeiten, hatte ich sein Werk irgendwann beiseite gelegt, weil es mir vom Tonfall teilweise zu gekränkt war und sich durch den Aufbau - es werden die Kernsätze der Reformcamarilla nacheinander seziert - immer wieder Doppler in den Argumenten ergaben. Nun bin ich also doch fertig geworden damit, auch weil es immerhin leicht und flüssig ist.

Gerade aus der Kombination des telepolis-Artikels (zu dem eine Fortsetzung angekündigt ist) und dem Buch sind mir zwei Punkte wichtig geblieben, die auch eine Anfrage an mein eigenes Denken darstellen:

(1) Der Neoliberalismus als Ideologie
Es ist wohl der radikal-monokausale Ansatz des Neoliberalismus, der ihn so attraktiv macht - gerade für gewendete Ex-Linke, die gewohnt sind, ein einfaches Weltbild zu haben. Ein Punkt, an dem ich mich ertappt fühle. Spannend deshalb auch die historische Einordnung der ersten Protagonisten dieser Ideologie, die gegen die antiliberalen Konzepte in Europa und den USA opponierten, die für die Überwindung der Weltwirtschaftskrise nach 1930 um sich griffen. Sicher ist es mehr als heikel, die frühe Wirtschaftspolitik von Schacht aus dem Gesamtzusammenhang der Hitlerregierung zu lösen. Spannend aber ja schon, dass sie sich fast im Gleichklang mit den anderen Industrienationen befand, nachdem Brüning die Krise durch eine ähnlich absurde Politik wie die der Kohlregierung nach 1990 verschärft hatte. Ich weiß, dass dieser Brüning-Vergleich zurzeit vor allem von neoliberalen Systemveränderern genutzt wird und von Goppel (CSU). Lustig aber, dass der Blick auf Brünings Wirtschaftspolitik zeigt, dass es genau anders herum ist...
Ebenso spannend und für mich neu: Die zwanzig Jahre neoliberale Wirtschaftspolitik in Deutschland stehen mit ihren Effekten nicht allein, sondern neoliberale Konzpte haben bisher weltweit immer die gleichen Auswirkungen: Das, was sie bekämpfen wollen, verstärken sie. Vor allem aus dem Grund, der sich aus dem zweiten Punkt ergibt:

(2) BWL vs. VWL
Das, was mir - denn beileibe nicht alle Schlüsse, die Müller zieht, kann ich teilen, oft sa ich auch nur kopfschüttelnd davor - besonders einleuchtet, ist die Kritik daran, volkswirtschaftlichen Fragestellungen mit Antworten zu begegnen, die betriebswirtschaftlich sinnvoll und erprobt sind - und die betriebs- oder familienwirtschaftlich ja auch oft sinnvoll sind (Sparen, prozyklisches Handeln etc.). Müller und auch Bofinger beispielsweise wird oft vorgeworfen, sie würden allein makroökonomisch argumentieren. Da frage ich mich schon, was daran ein Vorwurf ist.

Ich merke, dass ich von VWL noch weniger Ahnung habe als von BWL. Müllers Buch hat mir aber zumindest geholfen, für mich das eine oder andere Unbehagen klarer benennen zu können. Meine Skepsis, ob Neoliberalismus wirklich etwas mit Liberalismus zu tun habe, hat sich bestätigt. Hier muss ich für mich selbst und in der politischen Arbeit genauer differenzieren.

Schön Blöd

OK. Da ist also jemand, der einen Guerilla-Marketing-Kongress macht. Super. Und dann hat der die Idee, für den mit Guerilla-PR zu werben. Sehr super. Und dann macht er das dermaßen beknackt, dass es voll nach hinten losgeht. Blöd. Martin Röll, also nicht irgendwer, sondern einer, von dem so ziemlich jeder, der sein Blog hin und wieder liest, weiß, dass Marketing eines seiner wichtigsten Themen ist, lässt sich erst auf die Idee ein und wird dann doch ausgeladen, weil sein Blog sich nicht so mit Marketing beschäftigt, wie der Kongress das will. Richtig Blöd.

Damit hat der Kongress so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Erst schreibt Röll dazu. Und dann nehmen es sofort zwei der meistgelesenen Blogs auf: der Schockwellenreiter und IT&W. Paradebeispiel, wie man innerhalb kürzester Zeit jede Menge Erde verbrennen kann.

EDIT Oder auch nicht. Vielleicht ist es auch Konzept. Oder Zufall. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich das Wort nicht mag, weil es an der militärischen Marketing-Sprache festhält, die mir nicht einleuchtet. Kommt mir immer mehr gestig vor, diese Art, von Menschen und Zielen und Kommunikation zu sprechen. Aber vielleicht bin ich auch einfach immer noch zu sehr auf dem Cluetrain-Trip und träume davon, dass Massenindividualisierung wirklich der neue Trend im Marketing wird.

13.1.05

zur FamilienAnalyse

Da sind wir also analysiert worden - und das Medienecho ist riesig: Ob FAZ (wobei das nicht der Link auf den Artikel Das Zeitfenster wird immer enger von heute ist, den ich nicht finden kann - und das ePaper will ich mir nicht geben), Welt I, Welt II, Welt, Hamburg, dortiger Kommentar, tazzwei, Tagesspiegel, dort auch ein Kommentar von Hans Monath, den ich schon mochte, als wir noch zusammen gearbeitet haben, oder - logo - der Idiot vom Dienst.

Das Ganze ausgehend von einer Initiative von Eltern und Eltern for Family - die Pressemitteilungen dazu gibts hier. Eines zog sich durch die gesamte Berichterstattung: Die Menschen halten dieses Land für kinderfeindlich. Lustigerweise sind es aber vor allem die Kinderlosen, die dieser Meinung sind. Das deckt sich auch mit meiner Privatempirie: Von Familien höre ich das selten. Als Grund, keine Kinder haben zu wollen - oder als Begründung, keine zu haben - höre ich es oft.
Selbst wenn ich noch keinen wirklich kinderfreundlichen Arbeitgeber erlebt habe (vor allem Frauen gegenüber im Sinne von Vereinbarkeit und Flexibilität und so, Männern gegenüber dann schon eher. Merkwürdig), sondern wenn dann nur kinderfreundliche Personen als Chefs - was toll aber ja leider nicht dasselbe ist -, kann ich dieses Land nun wirklich nicht an sich kinderfeindlich finden. OK, ich habe mir immer weniger mit Kinderlosen zu sagen - aber das ist ein beiderseitiges Kommunikationsproblem und ein Verschieben der Prioritäten.

Lustig übrigens, dass wir als kinderreiche Familie formal im Schnitt alt, arm und ungebildet sind. Dabei geht in den Speckgürteln dieser reichen Stadt der Trend zum Dritt- und Viertkind als Statussymbol. Muss man sich auch erstmal leisten können wahrscheinlich.

Hotels

Ja, davon kommt mir so viel bekannt vor (obwohl ich offenbar in der Regel ein paar Euro unterhalb der Preisgrenze von Herrn Praschl übernachten muss):
Sofa über die leicht schabbeligen Busidingsbumshotels in diesem Land

via Vorspeisenplatte

12.1.05

Himmel und Hölle

Die wunderbare Kaltmamsell stellt in den Kommentaren zu einem anderen Thema die Frage, ob wir Protestanten eigentlich eine Hölle haben. Das ist ein weites Feld.

Es fängt schon bei den Protestanten an: Die Angelikaner sind ja halb katholisch. Nehmen wir also mal nur die Evangelen und lassen dann noch Baptisten und Sekten weg. Selbst dann wird und bleibt es ein entschiedenes Jein.

Die Reformierten - das sind die mit Calvin und Barth und so - kennen inzwischen keine Hölle mehr, sondern haben die so genannte All-Versöhnung, also die Vorstellung, dass alle Menschen in den Himmel kommen. Sehr populär so was.

Die Lutheraner - zu deren konservativem Flügel ich theologisch gehöre - kennen traditionell den Dualismus zwischen Himmel und Hölle, wobei es etwas umstritten ist, ob das Böse in Gott selber liegt (so meines Erachtens der späte Luther in de servo arbitrio, der Schrift gegen Erasmus von Rotterdam) und die Spannung also in ihm begründet, oder ob es einen Widersacher gibt, wie es auch die Katholen glauben. Jedenfalls glauben mindestens die konservativen Lutheraner daran, dass wohl jeder gerettet werden (und damit in den Himmel kommen) soll - dass aber Menschen, die Gott und sein Versöhnungswerk nicht für sich annehmen, durchaus ewig verdammt sind.

Wobei der von der Kaltmamsell konkret angefragte Fall davon nicht betroffen ist, da in lutherischer Vorstellung nicht nach den Werken, also dem, was ich tue oder lasse, gerichtet wird, sondern nach dem Glauben: Pecca fortiter sed fortius crede (Sündige kräftig, doch glaube kräftiger). Im Übrigen wird die Ehe, das nur am Rande, nach christlicher Vorstellung - und da sind sich alle Denominationen einig - im Himmel nicht fortgesetzt, sondern ist eine rein irdische Angelegenheit.

11.1.05

Keine Option

Manchmal - eigentlich sogar viel öfter als nur manchmal - bin ich froh, dass eine Trennung so oder so keine Option für uns ist. Ich weiß, dass es etwas selbstgerecht klingt, das zu sagen, wenn und so lange alles in Ordnung ist (Aber: ist es das jemals?). Aber bei uns hängt es nun mal auch mit unserem Glauben zusammen, dass eine Trennung, komme was wolle, für uns nicht möglich ist.

Vielleicht sehen wir deshalb beide realistischer auf uns und das, was wir gemeinsam haben und was uns trennt. Vielleicht lässt es uns auch einfach nur bescheidener sein in den egoistischen Ansprüchen an den anderen. Es muss nicht permanent prickeln. Und ich will vermeiden, sie zu verletzen - eben weil das Kitten (und das müsste ja in jedem Fall sein mangels Alternative) auch wieder schmerzhaft und mühsam wäre.

Es sind die traurigen Beobachtungen wie die von DonDahlmann, der mit Familienresten U-Bahn fährt, die mir Gewissheit geben, dass wir da nicht alles falsch machen. Auch, wenn es schon so für die Kinder nicht immer nur leicht ist (Aber: muss es das sein?). Dass sich alle drei auf das Geschwisterchen freuen (und NEIN, man konnte noch nicht sehen, was es wird. Seufz.), zeigt doch, dass es auch anders geht.

10.1.05

Stufenmodelle

Stufenmodelle haben neben dem unschätzbaren Vorteil, dass sie Entwicklungslinien sichtbar machen können, den entscheidenden Nachteil des Schematischen. Dennoch spannend, was Markus Breuer heute zum Kohlberg-Modell schreibt, das verschiedene Entwicklungsstufen im Bereich Moral/ Ethik skizziert.

Abgesehen von der Unschäfe in Markus Beschreibung der Stufe drei (Konventionell) - die Goldene Regel ist eher ein Prinzip, also auf der "höchsten" Stufe angesiedelt und nicht etwa für die Beschreibung von Konvention und Clan-Verhalten geeignet - sehr erhellend und auch in der Fragestellung spannend:

In der Tat kommen ja alle, die sich intensiver mit Ethik und ihrer Verargumentierung beschäftigen an diesen Punkt, dass ein Austausch mit anderen nicht mehr funktioniert, weil entweder die a priori Entscheidungen nicht gesprächsfähig sind, oder das grundsätzliche Herangehen an Ethik oder Moral (hier mal nicht differenziert, was an sich nötig wäre) derart unterschiedlich, dass keine Verständigung gelingen kann. Hier hilft das Kohlbergsche Modell, Licht in die Gründe für das Scheitern zu bringen.

Meine persönlichen Anfragen an das Modell kommen aus zwei Punkten:
(1) Ich bin mir nicht so sicher, ob die Regelorientierung wirklich eine höhere Entwicklungsstufe darstellt als die Konvention. Das Modell mag schlüssig und in gewisser Weise auf Plausibilität überprüft sein - im täglichen Leben ist ein Zusammensein mit regelorientierten Menschen (die nach anderen Schätzungen rund 20% aller Erwachsenen ausmachen sollen - Quelle hab ich vergessen und reiche sie nach, wenn ich sie finde) weit nervtötender und schwieriger als mit konventionell veranlagten, die eine Clan-Moral haben.
(2) Markus Breuer spricht es auch an: Selbst- und Fremdeinschätzung gehen oft extrem auseinander. Er stellt es anhand von religiösen Überzeugungen dar - von der anderen Skala her kommend geht es mir mit vor allem ethisch angelsächsisch geprägten Agnostikern ähnlich.

Spannend dann aber vor allem eine Frage in seinem Fazit:
Ein Fazit solcher Beobachtungen ist schwer zu ziehen. Was mich interessieren würde: ist es überhaupt denkbar, dass sich eine ganze Gesellschaft im Sinne der Kolhlberg'schen Stufen "weiter" entwickelt?

Nun komme ich von der Sozialethik her und habe selbst viel über Strukturen und ihre Auswirkung auf Ethik gearbeitet. Zunehmend bin ich aber dem sozialethischen Ansatz gegenüber skeptisch geworden. Aktuell ist meine Antwort auf die Frage oben eher: Nein, es ist nicht denkbar. Heraklitsche Ansätze ("die Summe ist mehr als die Teile") überzeugen mich nicht. Mit Blick auf Ethik tendiere ich eher zu der vielleicht etwas steilen Aussage: Eine größere Gruppe ist nur so ethisch wie ihr schwächstes Glied.

Ethik (nicht Moral) ist dem Einzelnen aufgegeben. Und, hier stimme ich Markus wieder sehr, sehr zu, eine große auch pädagogische Herausforderung...

via Agenturblog

Kunst im Bau

Vielleicht ist es ihr Meisterstück. Sicher nicht das handwerklich Anspruchvollste, was sie bisher gemacht haben - aber von der Wirkung und dem wow-Effekt her schon das Aufregendste. Bs Eltern sind auf Gebrauchskunst vom Handwebstuhl spezialisiert. Und nun ist es soweit: Gestern haben wir am Ende eines Wochenendes voller Ausmisten und Aufräumen (Wer hätte gedacht, dass das noch nicht mal ein halbes Jahr nach dem Einzug nötig ist?) endlich jene Schallschlucker und Kunstwerke angebracht, die ich schon angekündigt hatte und die wir zu Geburtstag und Weihnachten nun bekommen haben - hier kurz bevor ich dann die Rouladen auf den Tisch gebracht hab (auch die Tisch-Schals stammen aus ihrer Werkstatt, das Service ist Teema von Arabia):



Es ist Papier in zwei Rot-Tönen, sehr locker gewebt auf ein paar Streifen Baumwollbindung. Das nimmt kaum Licht und eine Menge Schall. Jedenfalls haben wir die beiden Seitenteile des Erkers und zwei der Fenster damit geschmückt. Der Anblick ist ziemlich atemberaubend, finde ich.

8.1.05

Neu

Doch noch nachtragen muss ich eine Erkenntnis von Silvester, die für mich geradezu beglückend war. Zum Hintergrund sollte ich dabei erwähnen, dass ich mir das ausgiebige Sumpfen in den letzten Jahren am Samstag so weit es ging verkniffen habe (und wie so viele auf den Freitag ausgewichen bin), weil ich einfach zu lange brauche, um wieder halbwegs einsatzfähig zu sein. Ausschlafen ist ja nicht wirklich.
Neujahr jedenfalls ging es mir nach rund vier Stunden Schlaf so gut wie noch nie - trotz stundenlangem Tanzen, Völlerei und allem. Nur dass ich weitesgehend auf Akohol verzichtet hatte (abgesehen von ein bisschen Sekt zum Jahreswechsel, klar). Tat der Stimmung am Abend keinen Abbruch, der Stimmung am Morgen aber sehr gut.

Sicher, immer würde ich es nicht wollen. Und nach gutem Essen noch ein bisschen Jule Aquavit ist nett und nicht verkehrt. Aber doch spannend und für mich in dieser Form eine neue Erfahrung.

5.1.05

Top

Ich bin also einer der knapp 2.000 Top-Entscheider oder Top-Kreativen in Zeitschriftenredaktionen, Werbeagenturen oder Industrie in diesem Land. Super! Ich mein, das stimmt schon, klar. Aber nett, das mal so offiziell gesagt zu bekommen. Jedenfalls bin ich durch eine mir nicht ersichtliche Auswahl auf die entsprechende Liste gerutscht und darf jetzt schon im zweiten Jahr mitmachen bei der Umfrage zu den Lead-Awards. Also brav die wirklich guten Zeitschriften ankreuzen und hinfaxen:
A & W
Country
Mare
Technology Review
Zeit Wissen
Brand eins
Finanztest
Novum
Cicero
Chrismon
mehr fallen mir nicht ein oder auf von der angebotenen Liste.

Dabei würde ich noch lieber auf die dazu gehörende Party...

4.1.05

Ich bin schuld

am Tsunami. Wusste ich es doch. Jedenfalls in der Logik von Bild. Dann ist das ja schon mal geklärt. Ansonsten sagt Herr Kantel das dazu Nötige.

Sau

Jedes Jahr (und diesmal dann halt gleich in der ersten Woche) wird die Sau durchs Internet-Dorf getrieben, mit der man bald (sehr bald) das Weltwissen automatisch auslesen könne. Heute also in der FTD...

Dass wir ziemlich exakt die Vorhersage, es sei in wenigen Jahren so weit, ungefähr seit Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts mit schöner Regelmäßigkeit hören, muss ja noch nicht an sich schlimm sein. So ist es halt mit komplexen Projekten.

Auch wenn viel im Bereich künstlicher Intelligenz geschafft ist inzwischen - das implizite Wissen und die nicht kodifizierten Sprachtrends (um nur zwei Beispiele zu nennen) sind aus heutiger Sicht nahezu nicht beherrschbar. Oder wie ein Kollege, der diese Diskussion seit rund zwanzig Jahren verfolgt und auch in dem Bereich geforscht hat, sagt:
"Alle Versuche mit hohen Forschungsmitteln ein solches Weltwissen digitalisiert aufzubauen, sind an der Menge gescheitert. Ein Projekt hat sogar die gesamte Encyclopedia Britannica nicht nur digitalisiert, sondern auch in Zusammenhangsbäume umgeordnet, aber selbst damit ist man nicht weit gekommen."

Insofern ist zwar die Aussage
Google und Co chancenlos

fein für eine (Zwischen-) Schlagzeile. Aber genau das, was sich die in der FTD zitierten IBM-Forscher verbitten: Pure Science Fiction. Wobei die ja durchaus auch etwas für sich hat...

Nur am Rande:
Das Beispiel Medizin, das die FTD heranzieht, mag gehen - da dort eine international recht gut kodifizierte Fachsprache mit wenig Abweichungen existiert. Insofern mag es auch für manch andere wissenschaftliche Disziplin hinkommen. Aber bereits das Einstiegsbeispiel mit den CD-Charts hinkt gewaltig: Gerade die Blogs und Seiten von Schülern setzen ja nicht nur Musiktrends, sondern schaffen auch eine neue Sprache, die zu verstehen eine Maschine aus dem Nichts heraus nicht leisten kann - man müsste sie mit viel implizitem Wissen füttern...

3.1.05

Kraftvoll

Wieder einmal auf dem Osterberg. Es war das dritte Mal im letzten oder das erste Mal in diesem Jahr - und eine wundervolle Silvesterfeier.

Auch wenn ich persönlich für Symbolhandlungen nicht beliebig empfänglich bin, war es ein toller Jahresübergang: Noch einmal zurück reisen ins vergangene Jahr, das Schöne aufbewahren und das identifizieren, was gerne zurück bleiben darf. Wir haben das dann dem Feuer übergeben - auch die Kinder voller Ernst -, und die Wünsche fürs neue Jahr auf selbstgebaute Boote gepackt. Die in der Dämmerung des Silvesterabends auf den See zu schicken, war eindrucksvoll und eine bleibende Erinnerung.

In einer bunten und liebevollen Gruppe die Party vorzuubereiten und zu feiern, war schön - vielleicht eines der schönsten Silvester bisher überhaupt. Vor allem, weil wir jede und jeder unsere nicht so einfach übereinstimmenden Bedürfnisse an eine Silvesterfeier ausleben konnten.

Wir werden es wieder tun, nächstes Jahr. Auch, weil auf den Osterberg ganz überwiegend nette Menschen kommen...