30.11.04

Zeit online

Also ein Relaunch für Zeit-online. Erster Eindruck: Nicht hilfreich.
Im Medienrauschen eine Diskussion darüber und mehr Einschätzungen.

fernsehn

Ich glaube, wir haben seit Jahren nicht mehr so viel fern gesehen wie in den letzten Tagen. Warum, weiß ich auch nicht so recht. Am Programm, das immer schlechter wird, kann es eigentlich nicht liegen (nein, das hier wird jetzt kein Kulturpessimismus). Aber dann bleiben wir irgendwie hängen oder suchen uns sogar bewusst so Retrokram raus:

* Am Wochenende im Zweiten (!) 50 Jahre Rock, Love Songs mit einem Gottschalk, dem man anmerkt, dass es ihm Spaß macht;
* oder die Landpartie (ja, wirklich, ich schäme mich nicht mal dafür), wo eine nette jüngere Frau mit dem Fahrrad durch Norddeutschland fährt und Kleinigkeiten entdeckt - bester Heimatfunk;
* oder gestern endlich mal das Best of Formel Eins - wobei das doppelt entschuldbar ist, weil wir ja immerhin beide mit Formel Eins aufgewachsen sind. Mein Gott, das war die erste Sendung nach der Sesamstraße und vor den Anfängen von MTV, die wirklich gut war.

Dass wir dann noch beim Retroquiz mit Karl Dall hängen blieben, wollte ich eigentlich verschweigen, aber irgendwas richtig doofes macht jeder ja mal...

29.11.04

Hochbetonik

Dafür könnte ich sie mal wieder küssen: Hochbetonik! Was für ein Wort, das die Kaltmamsell da prägt (oder vor Äonen geprägt hat, wie sich dann rausstellte).

Und fein, dass es noch andere gibt, die meine leicht abseitige Vorliebe für gute Architektur teilen. Und für das, was im Angelsächsischen als brutal style gehandelt wird...

btw: Warum muss mich eigentlich immer jede Grippe (oder was immer das jetzt sein mag) erwischen?

26.11.04

Toleranz endet mit z

Es ist schon spannend: Ganz neue Diskussionen um Liberalität und Toleranz. Und über (islamische) Parallelgesellschaften. Neulich beispielsweise sehr einig mit welchen aus einer anderen Parallelgesellschaft, die ja für viele Moslems und etliche Christen ein besonderes Problem darstellt oder vielmehr ein Zeichen für den dekandenten Verfall unserer Gesellschaft ist: die Schwulen.

Mich treibt das Thema vor allem deshalb so sehr um, weil es nicht nur die Grundfesten unseres Landes (als Gesellschaft) berührt, sondern insbesondere auch spannungsreich zu meinen Werten steht: Dem Verständnis für tiefe Religiosität einerseits. Und der Unaufgebbarkeit einer radikalen Liberalität andererseits. Jens Jessen hat dazu als Leitartikel für die Zeit der letzten Woche, den ich erst jetzt zu lesen geschafft habe, nochmal eindringlich an das z von Toleranz erinnert. Wichtige Anstöße.

In jener Ausgabe der Zeit einige Artikel, die dieses Thema ganz unterschiedlich beleuchten. Vor allem im Dossier, wo Leon de Winter das, was er vor einiger Zeit im Cicero schrob, noch mal ausführlich und differenzierter ausführt: Dass und warum es ein grundsätzliches Problem des beduinisch geprägten Islams in unseren liberalen Gesellschaften gibt. Diesmal geht er nicht auf sein Feind-Thema ein, sondern betrachtet sehr hellsichtig die Deformationen, die eine Schamkultur mit ihrem absurden Ehrbegriff selbst für die dritte Einwanderergeneration haben kann und hat.

Lesen!

25.11.04

Starkdeutsch. Heute: Verben

Über die aktuelle Zwiebelfisch-Kolumne (erst vor vier Tagen erfuhr ich, wer das ist und dass ich ihn seit Jahren kenne. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Obwohl es schon auch zu ihm passt) bin ich auf die Gesellschaft zur Stärkung der Verben gestoßen. Vor allem die sehr konkrete Liste der Verben, die zu stärken man sich vorgenommen hat, ist wundervoll. Neben so logischen Beugungen wie bilden, bald gebolden gibt es auch sehr abenteurliche Vorschläge wie antworten, wurt ant, antgewurten.

Mitglied werden!

hübsche Idee

Ein elektronischer Adventskalender. Entweder zum Selberbasteln, so richtig mit eigenen Fotos und Sprüchen und Überraschungen. Oder von der Stange. Jedenfalls kommt dann (hoffentlich) jeden Morgen vom ersten Dezember bis Heiligabend eine Mail mit einem "Türchen". Das ganze von den Seiten der Aktion Advent ist im Dezember. Mach ich.

Nie und nimmerwohl doch*

war es 1987, was Don Alphons beschreibt aus seiner Zeit als Ingolstädter Gymnasiast aus gutem Hause. Aber ja, diese ungebremste Dekadenz, diese wunderbare pubertäre Hybris von uns epigonalen Nichtmehrganzpoppern (unter denen ich karft meiner Herkunft geduldet, dank meines damaligen intensiven Marxstudiums, der Überzeugung, Kommunist sein zu müssen, und der insofern wohl unvermeidlichen Attitüde des überlegenen Intellekts aber doch nicht angenommen war) trifft er. Was haben wir für schöne Stunden mit Tempo verbracht, so lange, bis wir dann so erwachsen waren, dass wir lieber zu Zadek ins Schauspielhaus mussten.
Echt: So was wie Neon wäre für uns Trendsetter undenkbar gewesen. Kindisch. Ibäbäh.
Vielleicht ist es deshalb auch konsequent, wenn wir dann irgendwann froh waren, 30 zu werden und offiziell als Erwachsene anerkannt zu sein. Mitsamt der Doppelhaushälfte, den zwei Kindern und der wunderbaren Frau. Und die von uns, die er geschafft haben - und darunter auch einige Startupper der New Economy, diesem letzten Aufstand der Popper - haben von all dem dann ein bisschen mehr.

* wer hätte gedacht, dass Tempo erst 1986 auf den Markt kam? Langsam werde ich alt, scheint mir

24.11.04

Großartig

Mehr durch Zufall bin ich auf den neuesten Krimi von Tatjana Ustinowa gestoßen: Dass du nicht mehr lebst. Großartig. Ich habe lange keinen so leichten und zugleich beklemmenden und berührenden mehr gelesen. Die Autorin kannte ich vorher nicht. Und ich habs auch noch nicht durch, muss also etwas vorsichtig mit der Euphorie sein, verderben doch allzu viele ihr Buch noch auf den letzten Seiten.

Jedenfalls eine schöne Entdeckung.

20.11.04

Freundschaft

Es ist diese lange und wortlose Vertrautheit, die über Jahre gewachsen ist. Die eine Mischung aus schon und immer schon bekannten Standpunkten und jedes Mal doch wieder neuen Facetten ist. Die uns jedes Mal, auch nach wochenlanger Pause, wieder ohne Verzögerung in der Gegenwart anknüpfen lassen.

Heute abend mit den vielleicht längsten und liebsten Freunden Völlerei betrieben und dann auf die Galerie in die Sessel zurück gezogen. Noch die Spülmaschine einräumen und zufrieden ins Bett.

19.11.04

Hits und Trash

Da kommt man erschöpft vom Kongress und landet vorm Fernseher. Und dann läuft da auf N3 eine Sendung, bei der ich nicht nur be- und entgeistert hängen bleibe, sondern mir je länger desto mehr eingestehen muss, dass sie völlig irre und richtig gut ist: Wer kennt die Hits? (dort auch ein Trailer)
Nun mag ich zwei der SängerInnen von früher richtig (Joy Fleming und Heinz-Rudolf Kunze) und auch Gastgeber Joja Wendt ist nun mal kuhl. Aber auch das Konzept, vier Künstler in einer MIschung aus Quiz und Happening alle möglichen Dinge der 60er bis 90er live singen zu lassen, ist genial. Und eine faszinierende Abwandlung des albernen ewigen Rumqiuzzens...

Hieß Folge 2. Hoffentlich mehr davon. Sowas läuft nur im Dritten. Klar.

18.11.04

Kongressbloggen

Zum ersten Mal also probiere ich heute und morgen Livebloggen aus. Als Gast des PR-Blogger versuche ich, wenigstens ein paar Kleinigkeiten vom Kommunikationskongress in Berlin aufzuschnappen. Morgen früh also wieder zurück nach Berlin...

16.11.04

Gute PR?

Das war mehr oder weniger gute PR - und alle, aber auch alle Medien haben mitgespielt.
Jeder weiß, dass der Murks, den Merkel und Stoiber vorgestellt haben und den sie Gesundheitsreform oder so nennen, niemals durchgesetzt, sondern da landen wird, wo er hingehört: Im Papierkorb der Ideengeschichte. Keine Verbündeten, kein Konzept, keine Argumente.

Feine E-Card meiner Partei:
(Mit der ich den Tag über haderte, nachdem Ströbele mal wieder Murks von sich gab, bis ich las, dass er von Göring-Eckardt zurück gepfiffen wurde. Meine Zeitung hatte vorher natürlich noch behauptet, dass Trittin ihm zugestimmt hätte. Amateure. Schnaub.)

15.11.04

btw

Im Grunde ein spontaner Nachtrag zur epidemischen Taschenkontrolle (beispielsweise oder auch oder so) Ende Oktober:

Woran man verheiratete Männer eindeutig von Singles unterscheiden kann?
Jedenfalls sofern sie Heten sind, für die anderen ist mir die mir zugängliche Kontrollgruppe zu klein für eine klare Aussage. Und Vorsicht: In unserem Alter gibt es ja eine Reihe von Männern die sowohl verheiratet als auch Singles sind. Auf die kann beides zutreffen, je nach Aufteilung des ehemaligen Hausstandes.
Die einen haben ihr Frühstück in so hübschen, praktischen und spießigen Dosen wie diesen niedlichen Mini-Twins dabei:



Die anderen ganz schnöde in Tüten oder sogar (horribile dictu) gar keins!

Klar

Kaum haben sie den letzten Laden in Deutschland zugemacht, bringt GAP eine Jacke mit eingebautem Radio auf den Markt. Schön ist doch das Bedienfeld, das völlig unpraktisch am Ellenbogen angebracht ist. Würde also bei meinen Jungs nicht lange halten. Ob ich die Kopfhörer in der Kapuze dezent nennen würde, muss ich noch mal überlegen:



via Janko Röttgers

14.11.04

Ehrenamt

Wenn ich ehrlich bin, war ich ja sogar ein bisschen enttäuscht, dass mich so lange niemand gefragt hat, ob ich in den Kirchenvorstand zu gehen bereit bin, nachdem wir nun schon dreieinhalb Monate hier leben. Dabei hätte ich sogar nicht mal zugesagt, weil es zurzeit einfach keinen Spaß macht (zumal man kaum noch etwas entscheiden darf, vom Geld mal ganz zu schweigen, das den Gemeinden ausgeht). Das war aber wohl auch schon durchgesickert.

Ebenso wie das Angebot, mich mit dem, was ich kann, zu engagieren: Also irgendwas rund um Öffentlichkeitsarbeit. Das werde ich tun. Der Pastorin, die möchte, dass ich das von ihr übernehme, ist es jedenfalls nicht gelungen, mir einen so großen Schrecken einzujagen, dass ich es lasse. Obwohl sie sich redlich Mühe gegeben hat und mich also nicht im Unklaren ließ darüber, wie mühsam es wird. Aber da sie wirklich und für ihren Beruf ungewöhnlich viel von Öffentlichkeitsarbeit versteht und viele gute Grundlagen gelegt hat, werde ich es versuchen. Und freu mich sogar darauf, zumal es meinen Ideen von Mission nahe kommt und nicht "nur" um den Gemeindebrief und so etwas wie Pressesprechung geht.

Dann wird es wohl bald die erste evangelische Gemeinde mit eigenem Blog geben. Hihi.

13.11.04

Essen als Parabel

Essen sagt mehr über fast alles aus. Gestern nach einem weiteren Mal Chocolat hab ich mich gefragt, was eigentlich das Besondere an diesem Film ist - darüber hinaus, dass er toll ist und Spaß macht und dass Johnny Depp mitspielt. Vielleicht ist es dieser ewige Kampf zwischen dem Bigotten und der Zügellosigkeit, die beide irgendwie falsch sind.

Und heute dann war nicht nur die Kaltmamsell Martinsgans essen, sondern wie jedes Jahr haben auch meine Schwiegereltern zur Gans geladen. Dieses Jahr ganz schlicht eine Dithmarscher Gans mit Salz, Pfeffer, nur leicht gespickt mit Apfel und wasweißich und dann sechs Stunden niedrig gegart. Grandios. Und dass B die nächsten Monate wieder fährt, ohne dass wir uns darüber einigen müssen, freut besonders angesichts eines leichten Dornfelders.

Es ist diese Tradition, die so viel mit dem Leben zu tun hat. Die Tradition an sich. Obwohl ich sie erst durch B kennen gelernt habe (denn wir Heiden im Norden haben die ja so nicht), möchte ich sie nicht missen. Wie alle Traditionen, in die ich mich bewusst stelle, geben sie dem Leben Struktur und Berechenbarkeit. So wie die Weckmänner, die man hier nicht beim Bäcker kaufen kann, sondern bei bofrost bestellen muss oder selbst machen...

12.11.04

Perfekt nun

Harald Schmidt kommt also wirklich zurück auf den Bildschirm. Endlich wieder eine gute Politiksendung in der ARD. Man sei sich heute einig geworden, schreibt die ARD.

Und noch eine gute Nachricht in dem Zusammenhang: Jobst Plog wird in der Meldung zitiert mit
Wir werden Schmidt durch Einsparungen vor allem bei Sportrechten finanzieren.

Fein.

Sein

Zwei wunderbare Antworten heute gelesen (von einem interessanten Menschen, der oft das ausspricht, was ich nicht präzise genug denke) auf beknackte Fragen. Ich schließe mich dem an und stimme zu.

Was heisst fuer dich Deutsch sein?

In Kurzform: eine Form der Nachdenklichkeit pflegen, die sich aus einer grossen demokratischen, geisteswissenschaftlichen Tradition unter Beruecksichtigung der feudalstaatlichen und totalitaeren Vergangenheit zugleich ergibt. Ich waere gerne so deutsch wie Adorno...

Was heisst fuer dich Amerikanisch sein?

In Kurzform: Sich gelassen einen pragmatischen Idealismus folgend in gemeindeaehnlichen Strkturen tummeln. Zu wissen, dass man nicht genau wissen muss, was "das Gute" ist, um Gutes zu tun bzw. sich darauf zu berufen.

PR als Service

Im Kern geht es aus meiner Sicht um die Frage nach der Professionalität von PR, was ich mit Thomas Pleil im PR-Blogger diskutiere. Sicher: Wissenschafts- und Innovations-PR ist kein leichtes Pflaster. Aber dennoch sollten auch dort rudimentäre Servicegedanken Einzug halten können, oder?

Statistik und Bedrohung

Hübsches Beispiel von Alarmismus durch Nicht-Lesen von Statistik bzw. deren wahrscheinlich sogar einfach nur aus Unvermögen passierte Missinterpretation bringt gestern das Bildblog: Erdbeben, die nicht zunehmen. Allerdings ist das nicht typisch Bild, sondern typisch für ignoranten Journalismus und dessen dann noch verkürztes Konsumieren, wie er in zig Fällen vorkommt (und wie er in vielen Beispielen - mit dem Schwerpunkt auf mangelnde Komplexität - in Dietrich Dörners Logik des Misslingens belegt wird).

Ähnlich ist es mit der real abnehmenden Gewalt (und ebenso abnehmenden Gewaltverbrechen) gegen Kinder, über die aber mehr berichtet wird, wodurch es auf viele wirkt, als nähme sie zu. Oder mit den Märchen über die angeblichen enormen Verwaltungskosten unserer Sozialsysteme - die zwar in der Tat zunehmen, aber weit weniger als die Verwaltungs- und Marketingkosten beispielsweise von Lebensversicherungen oder anderen kaptialdeckenden Altersvorsorgen. Oder mit der geschichtsklitternden Idee von einer Gegenwart, in der alles radikal neu und nie dagewesen sei.

Kann man beklagen - aber wahrscheinlich muss man bis zu einem gewissen Grade damit leben. Auch damit, dass das subjektive Bedrohungsgefühl in der Regel sich umgekehrt proportional verhält zur realen Wahrscheinlichkeit, Opfer von was auch immer zu werden...

11.11.04

Wertebestimmung

Nachdem sich der westliche Liberalismus allmählich vom Schock des zweiten November erholt, nehme ich zwei Reaktionsvarianten wahr: Auf der einen Seite die Fassungs- und Verständnislosigkeit für das, was da passiert ist. Und auf der anderen das ernsthafte Nachdenken, was es bedeuten kann. Religion spielt dabei eine Rolle. Das finde ich gut, denn es ist sicher ein besserer Schlüssel als anzunehmen, dass Korruption für Amerikaner ok sei.

In der aktuellen Zeit stellt Bernd Ulrich die richtigen Fragen - und nicht nur das: Er bezieht auch die eine oder andere Position. Vor allem den Verächtern der Religion schreibt er doch recht deutlich ins Stammbuch, was er von dem in historischer Perspektive geradezu marginalen Pseudotrend der Entreligionisierung hält:

Die wichtigsten geistigen Kämpfe unserer Zeit finden nicht zwischen Atheismus und Religion, sondern zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen statt. Wenn Europa hier eine wichtige Rolle spielen will, dann muss es sein liberales Christentum pflegen und seinen Beitrag zu einer Demokratisierung des Islam leisten. Insofern war die Ablehnung Buttigliones ein zwiespältiges, der Verzicht auf den Gottesbezug in der EU-Verfassung ein historisch falsches Signal.

Das ist auch deshalb spannend, weil schon letzte Woche für mich zunächst überraschend und dann aber in der Konsequenz überzeugend in der Zeit die Buttiglione-Entscheidung massiv kritisiert wurde (Artikel von Jan Ross leider nicht online) - als im Grunde ähnlich fundamentalistisch wie der Bushismus, weil Religion politisiert wird. Diese Nachdenklichkeit ist in einer liberalen Zeitung ja eher überraschend. Passt aber andererseits in die geschickte Positionierung der Zeit in der neuen nachdenklichen Bürgerlichkeit, wie sie beispielsweise Heinz Bude latent irritiert feststellt.

Ähnliches Nachdenken zieht sich durch viele Artikel diese Woche. Ob Thomas Kleine-Brockhoff, den ich immer gerne lese, über die Debatte bei den Demokraten schreibt, im Feuilleton Jörg Lau nicht online verfügbar beschreibt Wie amerikanische Intellektuelle Bushs Sieg interpretieren oder auf der selben Seite der US-Soziologe Mike Davis das Lebensgefühl beschreibt, das uns sicher teilweise fremd ist (obwohl ich mich allem Amusement zum Trotz auch nicht durch den Sex and the City-Lebensstil angesprochen fühle). Irgendwie trifft die Grundrichtung der Zeit zurzeit mein Denken und Fühlen.

10.11.04

Pop

Endlich mal wieder was Lesenswertes vom Don Alphonso: Ein kluger und relativ unpolemischer Versuch, Popliteratur zurückzuerobern. Ob es wirklich auf Blogs passt, sei mal dahin gestellt. Aber vielleicht hat er Recht und man sollte das Pferd nehmen und reiten, anstatt es (und sich gleich mit) zu erschlagen.

Lesenswert!

wahre Liebe

Völlig unromantisch und dennoch, wie ein Kommentar richtig anmerkt, herzergreifend, berichtet die wunderbare Kaltmamsell über ihre Hochzeit. Und ist damit sehr dicht an dem, was ich als wahre Liebe bezeichnen würde...

9.11.04

Ärgerlich

Warum muss die Kirche voll auf den Einheitsmeinungsbrei setzen? Da macht sie ein Schwerpunktthema über Familie und Generationen und so, und dann scheint es - zunächst zumindest - doch wieder stecken zu bleiben in dem, was scheinbar niemandem weh tut. Würde nicht EKD draufstehen, hätte die Pressemitteilung von jedem anderen sein können.

Das ist doch albern:
Die Vereinbarkeit von Kinderwunsch und Berufstätigkeit darf nicht länger das Privatproblem der betroffenen Familien sein. Lasten, die Kinder mit sich bringen, sollten auf die gesamte Gesellschaft verteilt werden. Dazu gehörten zum Beispiel die Schaffung von Möglichkeiten der Kinderbetreuung und das Angebot von Teilzeitarbeitsplätzen auch für Männer.

Wieder einmal werden Menschen wie wir, die sich bewusst (und auch aus Glaubensgründen) für viele Kinder entscheiden und dafür, dass sich Beruf und Kinder eben nicht für beide vereinbaren, als die Exoten hingestellt. Dabei machen wir damit nur gute Erfahrungen und genießen es beide. Was dort oben so verständnisvoll klingt, ist eine Missachtung von Familien mit "traditionellen" Rollen und der überlegten Entscheidung dafür. Und dazu noch lebensfremd.

Gerade aus dem Glauben heraus ist es doch möglich, nicht nur fröhlich und in Demut über die Aufgaben zu sprechen, sondern auch über die große Freude, die aus Verbindlichkeit und Verantwortung und Einschränkung erwächst. Das würde ich mir wünschen: Ein klares Votum für die Zwei-Eltern-Familie und ein Angebot, als Gemeinde und Kirche die Familien auch durch mühsame und schwere Zeiten zu tragen, damit sie nicht beim ersten leichten Wind auseinanderlaufen zu müssen meinen.

Merkwürdig

Immer noch 177 Pfund. Die letzten Male habe ich immer gleich und sofort mit zugenommen...

8.11.04

RSS und Blogs im Alltag

Ich finde es wirklich spannend, über RSS (und, mit Abstrichen, weil es einfach wiederum noch seltener vorkommt, über Blogs) zu erzählen. Selbst bei den Menschen, mit denen ich im Beruf täglich zu tun habe - und die sich oft Kommunikationsprofis nennen, was immer das sein mag -, hat vielleicht einer von fünfzig schon mal von RSS gehört. Und auch nicht viel mehr von Blogs.

Da wird nicht nur im PR-Blogger die Lanze für die Idee gebrochen, dass jede vernünftige Kommunikation Blogs und RSS wenigstens kennt und eigentlich auch nutzt - und dennoch sind es verschwindend wenige. Schön einerseits, denn damit bleibt für diejenigen von uns, die es schon auf dem Radar haben, mehr vom Kuchen. Und spannend andererseits, wenn in meinen Web-Statistiken immer mehr Leser nicht nur aus der eigenen Firma auftauchen, sondern auch aus der Branche. Scheint sich ja doch was zu bewegen...

5.11.04

haarscharf

Wieder einmal ist er so haarscharf am Infarkt vorbei geschrammt, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich erleichtert sein soll oder entsetzt. Er hat es gespürt. Obwohl das Belastungs-EKG gut war und nichts dafür sprach. Wahrscheinlich ist er für sein Alter und seinen Gesundheitszustand einfach zu gut in Form.

Jedenfalls hat er darauf bestanden, dass sie reingucken. Und bei der Untersuchung wurde der Arzt immer stiller. Bis er schließlich abbrach, ihm ein Medikament einflößte und zur Operation schritt. Die war dann sogar relativ aufwändig - und der Druck, der nötig war, um den Kalk aus der Arterie zu blasen, ist unvorstellbar, wenn man damit nicht täglich zu tun hat. Nun, da keine unmittelbare Gefahr mehr besteht, fasziniert es mich, dass er es so deutlich spürt. So war es beim letzten Mal auch, trotz scheinbar guter Werte in den Untersuchungen. Und inzwischen hört er nicht nur auf diese Signale, sondern tritt auch sofort kürzer.

Hoffentlich wird mir das auch gelingen, wenn ich so weit bin.

3.11.04

irgendwie egal

Nicht, dass es mir wirklich egal wäre. Aber irgendwie betrifft es mich auch nicht. Die Zeit, die morgen erscheint, titelt Warum wieder er?, der Leitartikel vom klugen und nun wirklich nicht liberalismusverdächtigen Joffe ist überschrieben mit Der ungeliebte Sieger. Das einzige, was ich spannend finde, ist, dass auf einmal in der europäischen Linken die Diskussion ums alte Europa wieder aufflammt. In meiner Partei fragen die ersten an der Basis (!), ob nicht ein starkes Europa gerade bei so einem Präsidenten wichtig wäre.

Die Hysterie angesichts einer teilweise sicher grotesk anmutenden, aber doch wenigstens festen Gläubigkeit bei Bush teile ich jedenfalls nicht. In ethischen Fragen bin ich persönlich ja sogar in vielen Punkten mit ihm einig (nur nicht darin, dass das auch für alle gelten solle). Ich finde es eher schade, dass sich dieses tolle Land so an eine kleine Clique korrupter Arschlöcher ausliefert, die - anders als der liberale Teil der Finanzaristokratie - der Meinung ist, das Land sei ihr etwas schuldig.

Neben dieser bigotten Führung ist mir die andere Spielart des imperialen Verfalls, die wir in Europa außerhalb Italiens erleben weit lieber: Die Dekadenz, die ich so liebe, und die wenigstens in ihrer Lethargie großartige kulturelle Leistungen hervorzubringen in der Lage ist. Und vielleicht ist schläfrige Wertelosigkeit und Lotterheit auch die richtige Antwort auf markige Bigotterie. Unter beiden wächst ja doch im Schatten der Macht die Zivilgesellschaft heran. Noch als Projekt der Eliten, aber sicher irgendwann mit Ausstrahlung.

2.11.04

Erinnerung

Es gehört zu den schönsten Erinnerungen aus meiner Kindheit: Beim Geburtstag meiner ziemlich jungen Großeltern gab es nach dem Kaffeetrinken (und nachdem meine Schwester und ich auf dem großen Spielplatz auf der anderen Straßenseite waren, der heute so runter gekommen ist, weil das Slum sich inzwischen bis vor die Haustür geschlichen hat) ein Abendbrot am runden Tisch in der Küche. Die war immer schon so groß, wie man heute wieder in Mietswohnungen welche baut, frühe 50er eben - und meine Mutter hat dort auch ihr Bett gehabt und ihren Schrank, als sie Kind und Jugendliche war (kein Wunder, dass sie so früh es ging ausgezogen ist).

Wir saßen jedenfalls um diesen Tisch, mein Opa auf einem Hocker, weil sie nicht genug Stühle hatten, und der bog sich unter so tollen Sachen wie Beefsteakhack und Schwedenhappen und Krabbensalat und fingerdick geschnittenem Emmentaler. Das Brot war dafür so dünn geschnitten, dass man durchgucken konnte. Was für eine wundervolle Umkehrung der üblichen Gewohnheiten.

Wenn wir wegfuhren, standen sie am Küchenfenster oben im dritten Stock und winkten, bis wir um die letzte Ecke waren und sie uns nicht mehr sehen konnten. Irgendwann wurde dann auf der Brache ein weiteres Mietshaus mit Sozialwohnungen gebaut (in das meine Frau und ich dann für drei (?) Jahre einzogen), so dass man das Auto nicht mehr so lange sehen konnte.

Heute können sie es nicht mehr, sagen sie, und laden in eni Restaurant ein, obwohl es ihnen da nicht mal wirklich schmeckt. Die Erinnerung aber wird immer bleiben, und ich spüre sogar so etwas wie den Geschmack und Geruch.

1.11.04

Meine Beiträge in anderen Blogs

PR 2.0
Ich bin Gastgeber im Edelman-Blog PR 2.0, in dem unsere Führungsetage schreiben wird und später sicher auch der eine oder die andere von unseren Kunden.

sixtysecondview.com
11.04.2007: Gastbeitrag über die neue Welt Online

MSV 95
Im Blog zur Fußballmannschaft meines Großen, das ich führe...

Medienforum-Blog 2006
Das Blog zum 18. Medienforum NRW im Mai 2006 habe ich organisiert und gemeinsam mit Felix und Mario befüllt...

PR-Blogger
18.11.2004: Live vom Kommunikationskongress
19.11.2004: Schwankende Qulität
19.11.2004: Doch Blogs auf dem Kommunikationskongress
26.11.2004: Ausgewählte PR-Inhalte nicht nur für Blogs
10.12.2004: Können CEOs überhaupt bloggen?
14.12.2004: Jamba: PR-Krise durch Blogs? - der erste Artikel über den Jamba-Fall.
14.12.2004: Jamba II: Krisen-Handling
27.12.2004: Online-Kommunikation
11.01.2005: Mainstream - über fischerAppelts plötzliche Positionierung im Bereich Blogs.
24.01.2005: Ketchum, Blogger und die fehlende Krisenkommunikation
31.01.2005: Blog Sponsoring
18.03.2005: Über Blog-Statistiken und den nicht vorhandenen Einfluss von Blogs
21.03.2005: Thesen zu Blog-Seminaren
29.03.2005: Werbung in Blogs?
02.09.2005: Newsreader2go
02.10.2005: Preview auf das OpenBC-Blog (Auszug aus meinem Newsletter)

Wahlblog
02.06.2005: Die "Wir"-Gesellschaft? Woher denn?
03.06.2005: Wollt ihr den totalen Wulffbeust?
05.06.2005: Diesseits der Schubladen
07.06.2005: Nichtangriffspakt aus Geldnot
09.06.2005: Neuwahlen wahrscheinlicher
10.06.2005: Grüne positionieren sich zu Softwarepatenten
12.06.2005: Wen soll ich als Vater mit Familie wählen?
14.06.2005: Der Links-Konservatismus ist reaktionär
21.06.2005: Wahlprogrammentwurf der Grünen liegt vor
22.06.2005: Diskussionen an der grünen Basis
27.06.2005: Ich bin für eine höhere Mehrwertsteuer!
28.06.2005: Wo stehen die Parteien im Wertekanon?
01.07.2005: Aufstand der Neoliberalen
18.07.2005: Ironie der Gechichte
31.07.2005: www.gruene-aktion.de funktioniert
11.08.2005: Weimar und anderes Parallelgeschrei
11.08.2005: Voll unter (Öko-) Strom: das grüne "Spitzenblog"
15.08.2005: Realitäts-Check: Meine Großeltern
29.08.2005: Parteiprogramme als Podcasts
31.08.2005: Warum das mit Kirchhof und Pierer Quark ist
02.09.2005: Die Wirkungen der Neocons
07.09.2005: Was Hetze bewirkt
13.09.2005: Immer noch unsicher...
14.09.2005: Warum Kirchhof nicht Minister werden darf
18.09.2005: Keine Gewinne für Schwarzgelb
20.09.2005: Was trotz meiner kulturellen Bedenken für Jamaika spricht
01.11.2005: Endlich mal wieder Respekt vor der alten Tante

zurück

Es gehört dazu, wenn man zurück kehrt: Dass auf einmal hier und dort bekannte Gesichter auftauchen. Mein Problem ist dabei, dass ich mich recht gut an Gesichter erinnern kann - aber oft nicht mehr die Verknüpfung hinbekomme, woher ich die kenne und wer das sein mag.

Dabei ist es an sich ja ein uns schon aus dem letzten "Dorf" bekanntes Phänomen, dass eine ungewöhnlich große Anzahl von Menschen zum Nestbau an den Ort ihrer Jugend zurück kehren. Meine Güte hat es gedauert, bis wir damals rausbekommen hatten, wer alles mit wem verwandt ist....

Da sitzt mir beim Elternabend eine Frau gegenüber, die ich kenne. Und später stellt sich heraus, es ist die damals beste Freundin meiner ersten Großen Liebe. Wir waren sogar mal zusammen im Kino und so. Da bin ich mir sicher, die eine Mutter beim Fußball schon mal gesehen zu haben. Und tatsächlich: Ihr Vater ist ein Urgestein des Vereins und sie hier aufgewachsen. Den (neuen) Schulleiter meiner Kinder kanne ich noch aus der Rebellion gegen den konservativen Parteichef des Ortsvereins, als er der Anführer im Hintergrund war. Und am örtlichen Gymnasium ist mein alter Deutschlehrer jetzt Schulleiter.

Den einen oder die andere mag so etwas grausen. Und noch vor ein paar Jahren hatte ich auf dem Weg nach Hause immer gehofft, niemanden von früher in der U-Bahn zu treffen. Aber man wird ja doch irgendwie erwachsen...